Industriegleise im Fabrikviertel Darmstadt
Spurensuche zwischen Schenckallee und Löcherwiese
Ergänzende Dokumentation zum Industriestammgleis „G“, Teil 3
1872 wurde in der damaligen Blumenthalstraße, der heutigen Kasinostraße, ein erstes Industriestammgleis gelegt. Westlich davon entstand im letzten Quartal des 19. Jahrhunderts eine neue Werkstätten- und Industrielandschaft, das sogenannte Fabrikviertel. Die Geschichte der Erschließung des Fabrikviertels mit Gleisanlagen wird gesondert dargestellt. Von den Mitte der 50er Jahre rund dreißig, Anschlußgleisen sind nur noch vier oder fünf übriggeblieben.
Das Industriestammgleis „G“ verlief von der Landwehrstraße am 2000 geschlossenen Ausbesserungswerk auf der Knell vorbei bis zur ehemaligen Blockstelle Löcherwiese. Dieses Industriegleis kann als umfunktioniertes Relikt der bis 1912 betriebenen Einführung der Riedbahn und der Main-Rhein-Bahn in den Ludwigsbahnhof betrachtet werden. Überschneidungen mit der Darstellung Vom Ludwigsbahnhof zum Riedbahnabzweig sind daher unvermeidlich. Abgesehen von einigen Gleisresten an der Landwehrstraße waren bei Abfassung dieser Darstellung 2012 Spuren nur noch nördlich des Carl-Schenck-Rings (auch Schenckallee genannt) zu entdecken. Die hier gezeigten Bilder versuchen, diese Reste einzufangen, bevor auch sie gänzlich verschwinden. Die Bilder stammen, sofen nicht anders vermerkt, vom November 2012.
Der Prellbock an der Schenckallee auf OpenStreetMap.
Bildergalerie
Bild 1: Blick auf die Nordseite des Carl-Schenck-Rings mit der ehemaligen Halle der Samengroßhandlung Nungesser und dem Prellbock, der derzeit das Zufahrtsgleis zum Ausbesserungswerk abschließt.
Bild 2: Der Prellbock an Weiche 521 mit (fast) allen notwendigen Utensilien, um einen Bahnübergang technisch einwandfrei überqueren zu können. Rechts neben den Gleisen die Kleingartenanlage der Bundesbahn, die sich zum Teil auf der früheren Gleistrasse der Strecken nach Worms und Mainz befindet.
Bild 3 (links): Eingang zur Bundesbahn-Kleingartenanlage Sensfelder Weg / Schenckallee. Die Deutschlandfahne macht die Anlage auch nicht schöner.
Bild 4 (rechts): Der Gleisabschluß an der Schenckallee mit Rautentafel, Haltzeichen für die Rangierabteilung, dem Schlüsselschalter zum Bedienen der Warnblinkanlage des Bahnübergangs und der Weichenhebel für Weiche 521. Im Hintergrund der eingemauerte Entsorgungshof des städtischen Müll- und Entsorgungsbetriebes EAD und einer der beiden Winkeltürme, die als Schutzbunker kurz vor oder im Zweiten Weltkrieg gebaut wurden.
Bild 5 (links): Trapeztafel vor dem Bahnübergang. Auf der gegenüber liegenden Straßenseite liegen gestapelte Gleisjoche. Aufnahme vom August 2008.
Bild 6 (rechts): Prellbock mit noch vorhandener Signaltafel Sh 2, aufgenommen im Juni 2008.
Bild 7 (links): 2008 war das ehemalige Anschlußgleis noch ordnungsgemäß mit einer Signaltafel Sh 2 abgeschlossen. Inzwischen ist dieser Abschnitt bis zur ehemaligen Blockstelle Löcherwiese derart von kleinen Bäumchen und Brombeerranken zugwuchert, daß sich hierhin ohnehin keine Lok mehr verirren wird. Manchmal werden an der Löcherwiese Güterwaggons abgestellt. Sollten sich diese einmal losreißen, werden sie sich kaum durch ein Schutzhaltsignal beeindrucken lassen. Insofern mag es ruhig fehlen.
Bild 8 (rechts): Schlüsselschalter für die Signalanlage. Normalerweise war der Bahnübergang durch zwei im Gleisbett verlegte Sensoren gesichert. Wurden jedoch die Gleisanschlüsse über die Weiche 521 angefahren, mußte das Warnlicht des Bahnübergangs manuell ein- und ausgeschaltet werden. Rechts neben dem Schalter steht auf eigenen Schild die Anweisung: „RS-Schlüssel solang umgedreht lassen, bis Rangierarb. im Bereich des Bü beendet.“
Bild 9 (links): Schwellennagel mit Einprägung „76“ am Prellbock.
Bild 10 (rechts): Weiche 521.
Bild 11: Walzzeichen auf dem Zufahrtsgleis zum Ausbesserungswerk: „RSW 1925“, gefertigt von den Rheinischen Stahlwerken aus dem 1905 nach Duisburg eingemeindeten Meiderich.
Bild 12 (links): Bahnfernsprecher neben der Weiche zum Anschluß Nungesser. Links im Hintergrund der zweite Winkelturm.
Bild 13 (rechts): Ehemaliges Anschlußgleis zur Spiefagro mit Werkstor.
Bild 14 (links): Ladegleis auf dem Mücksch-Gelände.
Bild 15 (rechts): Geschwindigkeitstafel auf dem Stammgleis oberhalb des Spiefagro-Anschlusses.
Bild 16: Walzzeichen auf dem Zufahrtsgleis zum Ausbesserungswerk: „G M W OSNABRUECK 1930“, gefertigt von den Georgs-Marien-Werken im Landkreis Osnabrück.
Bild 17: Walzzeichen auf dem Zufahrtsgleis zum Ausbesserungswerk: „KRUPP 1930“. Möglicherweise Zweitverwertung. In der Nähe gibt es auch Schienen mit den Prägejahren 1949 oder 1958.
Bild 18 (links): Schwellennagel von 1981 auf dem Anschlußgleis Mücksch.
Bild 19 (rechts): Schwellennagel aus dem Jahr 1960 nahe der ehemaligen Blockstelle Löcherwiese. Die Schwellennägel aus dem Bereich zwischen Schenckallee und Löcherwiese, inklusive der Anschlußgleise, umfassen den Zeitraum von 1957 bis 1981. Während die älteren Exemplare eher auf dem Zufahrtsgleis zu den „Alten Bahnhöfen“ zu finden sind, befinden sich jüngere Ausprägungen vor allem auf dem Anschlußgleis zur Firma Mücksch. Davon ausgehend, daß dieses Gleis etwa 1968 errichtet wurde, werden mit den jüngeren Nägeln wohl eher Tränkungsdaten als Schwelleneinbauten bezeichnet worden sein.
Bild 20: Und mit einem winterlich angehauchten Bild mag dieser Überblick auf die eher unspektakulären Fundstücke zu Ende gehen.