Luftbild auf das Fabrikviertel 1966.
Industriegleise im Fabrikviertel Darmstadt
Walter Kuhl
Luftbild auf das Fabrikviertel 1966.
Das Fabrikviertel 1966.
Deutschlandkurve in der Landwehrstraße.
Eine Deutschlandkurve.
Kreuzung Straßenbahn- mit Industriegleis.
Einfahrt zur Kirschenallee.
Abholung eines Kesselwaggons.
Ein Kesselwaggontransport.
Gleisabbau an der Schenckallee.
Abgewrackt.

Industriegleise im Fabrikviertel Darmstadt

Das Industrie­stamm­gleis „B“

entlang der Mainzer Straße und der Kirschenallee

1872 wurde in der damaligen Blumenthal­straße, der heutigen Kasino­straße, ein erstes Industrie­stamm­gleis gelegt. Westlich davon entstand im letzten Quartal des 19. Jahr­hunderts eine neue Werkstätten- und Industrie­landschaft, das sogenannte Fabrikviertel. Nach jahrelangem Klagen erhielten einige dieser Unternehmen entlang der Landwehr­straße 1894 einen eigenen Gleis­anschluß seitens der Main-Neckar-Eisenbahn. Die Geschichte der Erschließung des Fabrikviertels mit Gleisanlagen wird gesondert dargestellt.

Von den Mitte der 1950er Jahre noch rund dreißig Anschluß­gleisen sind nur wenige übrig geblieben. 2023 werden nur noch die Autologistik am ehemaligen Bahn­betriebs­werk, Hofmann-Rieg und Evonik an der Kreuzung Mainzer und Landwehr­straße mit der Kirschenallee, sowie am Nord­bahnhof Merck angefahren. Ob Donges wenigstens ab und zu noch bedient wird, ist mir nicht bekannt; deren (hier besprochenes) Zufahrts­gleis auf der Nordseite der Mainzer Straße ist jedenfalls noch befahrbar.

Zum Zwecke der Darstellung habe ich den Industrie­stamm­gleisen fiktive Buchstaben von A bis H zugewiesen. Sie tauchen daher weder in zeit­genössischen Planungen noch in Plänen und Dokumenten auf. Für das hier vorgestellte Gleis in der Mainzer Straße verwende ich den Buchstaben „B“. Die hiermit hergestellte Verbindung zum Güter­bahnhof wurde 1912 gebaut.

Das Industriestammgleis „B“ auf OpenStreetMap.

Auf dem Lageplan von 1906 befindet sich dieses Stammgleis bei [⇒ H3], auf der Übersichtskarte zum Fabrikviertel ist es mit dem Buchstaben „B“ bezeichnet.

Das Gleis „B“ beginnt an der Rampe zu den Bahngleisen, quert die Mainzer Straße und verläuft anschließend parallel zum Straßen­raum derselben. Bis etwa 1970 spaltete es sich an der „Spinne“ in das nach Osten zur Landwehr­straße verlaufende Gleis „C“ und in das nach Süden am östlichen Rand der Kirschen­allee verlaufende Gleis, das auf dem Betriebs­gelände der Herdfabrik Roeder und der Maschinen­fabrik Goebel endete.

Die Rampe

Die Gleiskurve, welche die Verbindung zum Güter­bahnhof herstellt, wurde bei der Verlegung des Darmstädter Haupt­bahnhofs vom Steubenplatz zum heutigen Standort zwischen 1907 und 1912 (hier eher 1912) angelegt. Zunächst wurde damit allein das Industrie­stammgleis „B“ auf der Nordseite der damals noch Weiterstädter Straße genannten Mainzer Straße angebunden, welches in die Landwehrstraße fortgeführt wurde. 1912 beschloß die Darmstädter Stadt­verordneten­versammlung, auch auf der Südseite ein Stammgleis herzustellen, um weitere Industrie­betriebe anzulocken. Zwei Jahre später wurde ein drittes Gleis beschlossen, das in Richtung Pallaswiesen- und Gräfenhäuser Straße verlaufen sollte. Damit wurde im Prinzip der Zustand hergestellt, wie wir ihn heute vorfinden.

Rampe vom Gleisvorfeld.

Bild 1: Rampe des Zuführungs­gleises vom nördlichen Gleis­vorfeld (des Haupt­bahnhofs) her. Links die Geräte­sammel­stelle, nach dem Zweiten Weltkrieg auch Bahn­meisterei, dahinter die ehemalige Turmwagen­halle, heute ebenfalls eine Event-Location. Hinter der Mauer links lag das Anschluß­gleis von Reinhardt & Co. Aufnahme vom Dezember 2009.

Partylocation.

Bild 2: Lange Jahre, nachdem das Gebäude als Bahn­meisterei gedient hat, wurde es als Bürogebäude mit integrierter Party­location vermarktet. Der Name des Event­tempels wechselt alle paar Jahre, aber den Kindern, die hier verkehren, wird es häufig zu langweilig. Dann vergehen sie sich an Mülltonnen, Straßen­schildern und Handweichen; und lassen natürlich überall ihren Müll liegen. Ganz wie die Erwachsenen. Aufnahme vom Mai 2012.

Rampe vom Gleisvorfeld.

Bild 3: In der Gegen­richtung blicken wir auf die Mainzer Straße. Das Gleis „F“ biegt am Wohnhaus nach links ab, der zweite Weichen­hebel wurde passend gestellt. Aufnahme vom Mai 2009.

Wir gehen nunmehr entlang des mittleren Gleises. 

An der Kunstmeile

Das, was wir heute noch sehen können, ist erst im Verlauf der Betriebs­jahre erwachsen. Als das vom Main-Neckar-Bahnhof ausgehende Industrie­stamm­gleis 1893/94 gebaut wurde, gab es viele der späteren Anschließer noch nicht. Es ist nicht einmal klar, ob das Gleis schon von Anfang an weit in die damalige Weiterstädter Straße hinein gezogen worden ist. Vermutlich wird erst um die Jahrhundert­wende eine Werkhalle dort errichtet worden sein, wo bald darauf die Gebrüder Lutz Aktien­gesell­schaft ihr Zweigwerk hatte. Das Adreßbuch für 1901 weist erstmals mit einem C. W. Textor aus Frankfurt am Main einen Eigentümer auf und als Bewohner (vermutlich des Pförtner­häuschens) einen namentlich genannten Fabrik­arbeiter. Erst im Adreßbuch für 1907 werden die Gebrüder Lutz als Eigentümer genannt; der Fabrikarbeiter ist weiterhin derselbe. 

Flurkarte.

Abbildung 4: Urzustand des Gleises „B“ nach einer städtischen Flurkarte vom März 1908; voll­ständig auf der Webseite von Kristof Doffing [online]. Quelle: Stadt­archiv Darmstadt ST 51 Nr. 124, N.W.IV.2.

Auf der Flurkarte von 1908 können wir an der „Spinne“, die erst noch im Entstehen ist, die Einmündung des Gleises „C“ mit dessen Anschließern erkennen. Nach Norden führt ein erstes Teilstück der Kirschen­allee („K“) zur Hofmöbel­fabrik Alter („A“). „1“ ist das damalige Gleisende bei der Maschinen­fabrik der Gebrüder Lutz („2“). An der Spinne hatte sich Georg Donges eine Fabrik hinstellen lassen (oder glaubt ihr, er hat dabei selbst Hand angelegt? – „3“). Die Seifenfabrik von August Jacobi stand bei „4“ und das Gleis bog ein bei einem mir unbekannten Anschließer („5“), auch wenn das Adreßbuch natürlich Namen ausspuckt.

Baustelle.

Bild 5: Die ältere Straßen­pflasterung ist nunmehr Teil des Straßen­planums und wird durch eine Asphaltdecke abgeschlossen. Bei Bau­arbeiten kommt der vorherige Zustand wieder zutage, so auch hier beim Kanalbau in der Mainzer Straße im August 2012.

Abbruch eine Hauses.

Bild 6: Im April 2013 wurde das Haus Mainzer Straße 83 abgebrochen. Damals war noch nicht abzusehen, was hier rund zehn Jahre später hoch­gezogen wurde. Unter dem Container liegt das Gleis „D“.

Abbruch eine Hauses.

Bild 7: Um die an vielerlei Orten ausgelagerten Bestände des Hessischen Landes­museums, des Stadtarchivs und anderer Institutionen zusammen­zuführen, wurde 2021 mit dem Bau eines Kunstdepots begonnen. Im April 2023 sollte der Umzug vollzogen sein. Aufnahme vom August 2022.

Abbruch eine Hauses.

Bild 8: Direkt neben dem Neubau zweigt(e) das Industrie­stamm­gleis „D“ Richtung Pallas­wiesen­straße ab. Aufnahme vom März 2011.

Lokomobile

Das Anschlußgleis der Gebrüder Lutz A.-G. muß schon 1904 bestanden haben, denn auf einer in selbigem Jahr angefertigten Flurkarte des Vermessungs­amtes Darmstadt ist es eingezeichnet. Die Frage ist hier eher, seit wann es dort gelegen hat und wer dort mit dem Industrie­stamm­gleis zur Main-Neckar-Eisenbahn angebunden wurde; Textor oder Lutz? Das Adreßbuch ist hierbei nur eingeschränkt eine Hilfe. Einerseits nennt es unter der Anschrift Weiter­städter Straße (oder Weg, das wechselt zuweilen) Nummer 71 erst 1907 die Gebrüder Lutz A.-G. als Eigentümer; aber es spricht nichts dagegen, daß die Gesell­schaft schon zuvor das Gelände gepachtet hatte. Anderer­seits wird das Zweig­geschäft der Gesellschaft bis 1910 in der Pallas­wiesen­straße 72 geführt und erst ab 1911 in der Weiterstädter Straße 71 (1912 neu numeriert als Nummer 81). 

Flurkarte.

Abbildung 9: Eine weitere Flurkarte, diesmal von 1904, zeigt die etwas eigenwillige Gleis­konstruktion auf dem Lutz'schen Werks­gelände; voll­ständig auf der Webseite von Kristof Doffing [online]. Quelle: Stadt­archiv Darmstadt ST 51 Nr. 132/64.

Lagerhalle.

Bild 10: Etwa dort, wo einst die Gebrüder Lutz ihre Lokomobile und Dresch­maschinen montieren ließen, steht heute der gelbe Klotz der BuchPartner GmbH. Hinweise auf eine frühere Bebauung sind verschwunden. Aufnahme vom April 2011.

Nach 1904 wird zwischen dem Wohnhaus, das auf der Flurkarte von 1904 mit der Nummer 71 versehen ist, und der etwa in Nord-Süd-Achse verlaufenden Halle eine weitere Halle erbaut werden. Möglicher­weise ist es dieselbe Halle, für die 1912 ein Dispens von einer Bestimmung des Ortsbau­statuts erteilt wurde. 

Jean Lutz, seine Söhne und Nachfolger
Annonce Gebrüder Lutz.
Abbildung 11: Werbeanzeige der Fa. Gebrüder Lutz im Nachtrag zum Adressbuch der Stadt Darmstadt für 1890 [online ulb darmstadt].

1858 oder 1859 machte der 1825 oder 1826 geborene Mechanikus Johannes „Jean“ Lutz eine eigene Schlosser­werkstatt in der Darm­städter Altstadt auf. Mitte der 1860er Jahre nennt er sich Maschinen­fabrikant. Ende 1869 oder Anfang 1870 zieht er seine Werkstatt an den Land­wehrweg, der bald darauf als Landwehr­straße ins neu erschlossene Fabrikviertel führt. Seine Fabrik mit den Haus­nummern 38, 40 und 42 scheint auch in der Wirtschafts­krise der 1870er und 1880er Jahre zu laufen, inzwischen als Maschinen- und Holzdraht­fabrik. 1885 oder 1886 über­nehmen seine beiden Söhne Jacob und Julius die Fabrik. Jean Lutz stirbt am 14. Januar 1889. Doch bald darauf, am 1. Oktober 1889, verläßt Julius die gemeinsame Lutz'sche Maschinen­fabrik und ein Jan van den Arend aus Frankfurt am Main wird Teilhaber. 

Gegen Jean Lutz werden zwei sehr verschiedene Kriminal­prozesse geführt. Im April 1870 wird er nach acht­wöchiger Unter­suchungshaft vom Vorwurf der Verführung zur Unzucht freige­sprochen. Im Oktober 1877 wird er vor dem Darmstädter Appellhof in zweiter Instanz wegen Hehlerei im „bekannten Kupfer­röhren­diebstahl“ zu drei Monaten und vierzehn Tagen Haft verurteilt. 

Julius Lutz besitzt nach der Trennung von seinem Bruder Jacob eine Maschinen­fabrik und Eisen­gießerei in der Pallas­wiesen­straße 90. 1897 scheint er sich auf Fahrräder spezialisiert zu haben, denn nunmehr heißt seine Werkstatt Unicum Fahrrad­werke und Maschinen­fabrik vormals Julius Lutz mit dem Geschäfts­führer Carl Oppen­heimer aus Mannheim. Dieses Geschäft läuft nur einige Jahre, denn im Januar 1905 befindet sich die Fabrik in Liquidation und das Inventar wird veräußert. 

Jacob (auch Jakob) Lutz führte zusammen mit Jan van den Arend die Maschinen­fabrik und Kessel­schmiede seines Vaters an der Landwehr­straße weiter. 1901 wurde das Unter­nehmen in eine Aktien­gesellschaft umgewandelt. Jakob Lutz war allein vetretungs­berechtigter Vorstand, den Aufsichtsrat bildeten Jan van den Arend, Louis Röder (Eigentümer der in Darmstadt beheimateten Herdfabrik), der Bankbeamte Wilhelm Pfarrius (für die an der Gesell­schaft beteiligte Bank für Handel und Industrie in Darmstadt) und der Rechts­anwalt Karl Klein­schmidt. 

Mitte der 1930er Jahre wurde das Unternehmen abgewickelt. Das Darmstädter Adressbuch von 1935 führt neu eine Metall­gießerei und Armaturen­fabrik namens Carl Eckert Nachf. ein, die einem Diplom­ingenieur namens H. Schreiner gehört zu haben scheint. Mit dem Adressbuch für 1940 wird ein Eigentümer­wechsel erkennbar, denn die Ecke Kirschen­allee und Landwehr­straße beheimatete Motoren­fabrik (Modag) übernimmt das vormalige Gelände der Gebrüder Lutz. Die mir bekannten Gleis­anschluß­pläne aus der 2. Hälfte der 1950er Jahre führen den einst vorhandenen Anschluß nicht mehr auf. 

Brücken bauen

Der zweite Anschließer an das nördliche Industrie­stamm­gleis entlang der Mainzer Straße war (ist?) das Stahlbau­unter­nehmen Donges. Das Unter­nehmen geht auf eine kleine Schlosserei von Georg Theodor Donges (1843–1923) zurück, deren Anfängen ich der Einfach­heit Ulrich Eisenbach erzählen lasse:

„1872 erwirbt der 29-jährige Schlosser Georg Theodor Donges die Schlosserei Geyer in der Bleich­straße 5 in Darmstadt und betreibt dort eine Bau- und Kunst­schlosserei, die schnell wächst und ihr Fabrikations­programm ausweitet. Als Donges nach mehreren Umzügen 1897 eine neue Fabrik mit Gleisanschluss an der heutigen Mainzer Straße 55 errichtet, zählt das Unternehmen bereits 200 Angestellte. Es beschäftigt sich zu dieser Zeit vor allem mit Stahl­hochbauten, Hallen und Brücken, führt aber auch weiterhin traditionelle Schlosser- und Kunst­schmiede­arbeiten aus.“ 

Annonce.

Abbildung 12: Annonce der Darm­städter Eisenbau­anstalt Georg Donges im Darm­städter Adreßbuch für 1908 [online ulb darmstadt]. Gezeigt wird der Bau der Maschinen­halle der Technischen Universität Darmstadt.

Lageplan.

Abbildung 13: Plan des Gleisan­schlusses von Donges an der Mainzer Straße von 1958. Der Plan ist auf Donges zugeschnitten; so ist das Stammgleis „C“ ist weggelassen. Die Waggons wurden zum Wiegen auf der Gleiswaage mittels einer Spillanlage herauf- und herunter­gezogen. Die Trag­fähigkeit der Waage betrug 50 Tonnen.

Lageplan.

Abbildung 14: Plan der Anschluß­gleise 1 (vorne) und 4 (hervor­gehoben) von 1963. Der Grund für die Neuanlage der beiden Gleise ist nicht angegeben.

Im Verlauf der 1950er und 1960er Jahre erhielt Donges insgesamt vier Gleis­anschlüsse. Zwei davon befanden sich an der Mainzer Straße, zwei weitere wurden über das Industrie­stamm­gleis „F“ sozusagen hinterrücks angebunden. Die beiden Gleis­anschlüsse an der Mainzer Straße dienten der Zustellung von beladenen Waggons.

„Historische“ Bilder des Gleis­anschlusses Donges

Ulrich Eisenbach veröffent­licht in seinem Darmstadt-Buch von 2021 einige Aufnahmen aus dem Unternehmens­archiv der Donges Steeltec GmbH, welche die Gleis­anlagen von Donges aus verschiedenen Zeiten zeigen.

Altes Anschlußgleis.

Bild 15: Sichtbarer Rest des alten Anschluß­gleises 1 (des Plans von 1963) auf dem Werks­gelände. Aufnahme vom April 2009.

Altes Anschlußgleis.

Bild 16: Das Anschluß­gleis 4 im Dezember 2014.

Anlieferungen gab es ab etwa 2010 nur noch sporadisch; ob nach 2013 noch welche statt­gefunden haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Das Stamm­gleis wurde seitens der Stadt Darmstadt als dessen Betreiberin instand gehalten und 2009 noch einmal ertüchtigt, doch Donges ging eigene Wege. Stahl wird fast nur noch per LKW angefahren und die großen fertigen Brücken­teile per Schwer­transport auf der Straße zum Bestimmungsort versandt. Ein am 18. Dezember 2006 zwischen Donges und der Bahn-Tochter Railion (heute DB Cargo) unterzeichneter Vertrag sah den Bau eines Railports auf dem Gelände des Güter­bahnhofs vor, auf dem der für Donges angelieferte Stahl zwischen­ge­lagert und bei Bedarf per LKW zum Werk einige hundert Meter weiter trans­portiert werden solle. 

Railport Darmstadt.

Bild 17: Auf dem Railport am Güter­bahnhof wird möglicher­weise ein LKW für Donges beladen. Aufnahme vom September 2015.

Besuch bei Donges.

Bild 18: Eine Rangier­lokomotive verläßt am 16. September 2013 mit zwei entladenenen Rungen­waggons das Donges-Werks­gelände.

Gleissperre.

Bild 19: Die Einfahrt zu Donges wird mittels einer Gleissperre gesichert. Aufnahme vom April 2013.

Der Anschluß Jakobi und ???

Die Seifenfabrik von August Jacobi (Jakobi) befand sich seit Mitte der 1870er Jahre im Zwickel zwischen der Landwehr- und der Weiterstädter Straße. Von dem auf der Nordseite der Weiterstädter Straße geführten Industrie­stamm­gleis wurde 1898 eine Verlängerung zwecks Anbindung der Seifenfabrik abgezweigt. 1916 wurde die Seifenfabrik von Röhm und Haas über­nommen. Erst um 1970 herum dürfte der schon lange zuvor auf ein einziges Gleis reduzierte Anschluß mit dem Gleis auf der Südseite der Mainzer Straße verbunden worden sein; so auch der heutige Zustand. 

Flurkarte.

Abbildung 20: Die Gegend rund um die „Spinne“ und die dort vorhandenen Gleis­anlagen zeigt die städtische Flurkarte N.W.IV.12. von 1906. Quelle: Stadtarchiv Darmstadt Bestand 51 Nr. 132/63;. voll­ständig wieder­gegeben auf der Webseite von Kristof Doffing [online].

Anlieferung 1954.

Bild 21: Im Dezember 1954 drückt eine unbekannte Lokomotive mehrere Wagen eines Güterzuges durch das damalige Haupttor der Firma Röhm & Haas. Der Last­kraft­wagen der benachbarten Firma Eisen-Rieg muß auf der Kirschen­allee warten. Im Vordergrund liegt der „Rest“ des Jakobi-Gleises, das noch mit dem nördlichen Industrie­stamm­gleis verbunden ist. Zur Verfügung gestellt von Evonik Industries AG, Konzernarchiv.

Evonik Gleise.

Bild 22: Die Einfahrt zur Evonik im Mai 2013. nach links zum ehemaligen Jakobi-Gleis.

Evonik Gleise.

Bild 23: Sogar die Gleiskurve zum Abschluß des Gleises in das Werks­gelände hinein ist noch vorhanden, hier mit zwei zwischen­geparkten Kessel­waggons. Aufnahme vom Januar 2013.

Es gibt keinen Hinweis darauf. wem der Anschluß am Gleisende um 1900 „offiziell“ zugeordnet war. Das Adreßbuch nennt für 1902 bis 1909 für das Anwesen Weiter­städter Straße (oder Weg, das wechselt) 4–6 die Dampf­schreinerei von Leopold Sperb, der hier von seinen Arbeitern auch Rolläden und Parkett herstellen ließ. Danach fiel das Gelände an die neu angesiedelte chemische Fabrik von Otto Röhm und Otto Haas.

Entlang der Kirschenallee

Luftbild 1977.

Bild 24: Luftbild des Werks­geländes der damaligen Röhm GmbH im Frühjahr oder Sommer 1977. Quelle: Evonik Industries AG, Konzernarchiv.

Wenn wir die Aufnahme genauer betrachten, sehen wir auf dem Werks­gelände unterhalb der Bürogebäude eine Diesel­lokomotive mit einigen Waggons auf dem soeben besprochenen hinteren gebogenen Gleis rangieren.

Außerhalb des Werks­geländes ist mittig am oberen Bildrand eine Brachfläche erkennbar. Hier stand der in den 1870er Jahren erbaute Bahnhof der Hessischen Ludwigs­bahn, der als solcher 1912 aufgegeben wurde. Danach waren hier verschiedene städtische Äter und Behörden untergebracht. Er wurde beim alliierten Bomben­angriff auf Darmstadt im September 1944 zerstört und 1955 abgetragen. Jahr­zehnte später entstand hier das Landes­sozialgericht.

Links oben ist ein Teil der zweiten sogenannten Zeppelin­halle sichtbar, die anfangs der 1920er Jahre mit Bauteilen einer tatsächlichen Luftschiff­halle aus der Umgebung von Allenstein in Ostpreußen durch die Bahnbedarf A.-G. erbaut wurde. Diese Halle ist kurze Zeit nach dieser Aufnahme am 29. Oktober 1977 abgebrannt und wurde ebenfalls abgetragen. Es entstand eine Ansammlung von kleineren Bürogebäuden.

Die Kirschenallee, welcher wir uns jetzt zuwenden, verläuft auf dem Bild von links unten nach rechts oben.


An der „Spinne“ überquerte das von der Nordseite der Mainzer Straße herkommende Industrie­stamm­gleis sowohl die Mainzer Straße als auch die Landwehr­straße mit ihrer Fort­setzung als Land­wehrweg und abschließend die Kirschen­allee. Solange sich der Automobil­verkehr in Grenzen hielt, war das gleichzeitige Queren dreier Straßen durch eine längere Rangier­einheit wohl mit entsprechendem Personal­aufwand machbar. Vermutlich als das Gleis „C“ in der Landwehr­straße stillgelegt wurde, nutzte man die Gelegen­heit zur Entlastung der Kreuzung und verknüpfte nunmehr das südliche Stammgleis „A“ mit dem nach Süden führenden Gleis. Informationen, wann dies geschah, gar Pläne hierfür, kenne ich nicht.

Das Gleis entlang der Kirschenallee wurde im März 1918 zugunsten der Anschließer Roeder und Goebel genehmigt. Beide müssen kriegs­wichtige Betriebe gewesen sein, denn Eisen und Stahl für einen privaten Gleis­anschluß waren damals knapp. Goebel baute in der Endphase des Ersten Welt­krieges Flugzeug­motoren. Das Gleis wird wohl noch 1918 fertig­gestellt worden sein. Da es sich in gewisser Weise um einen verlängerten Privat­gleis­anschluß gehandelt hat, taucht dieses Gleis in den Darmstädter Stadtplänen der 1920er Jahre nicht auf. 

Kirschenallee.

Bild 25: Das Gleis in der Kirschenallee. Aufnahme vom Juni 2011.

Kirschenallee.

Bild 26: Das Gleis in der Kirschenallee. Aufnahme vom Februar 2015.

Kirschenallee.

Bild 27: Am 27. November 2007 wurden drei Straßen­bahn­triebwagen in der Kirschen­allee auf Güter­waggons verladen, von wo aus sie in das rumänische Iași gelangt sind.

Werktor Röhm.

Bild 28: Die Bachgang­pforte war ein weiterer Zugang zum Werks­gelände an der Kirschen­allee. Hier ist eine heute nicht mehr vorhandene Weiche sichtbar. Aufnahme (vermutlich) vom 6. November 1970, Evonik Industries AG, Konzernarchiv.

Gleisplan.

Abbildung 29: Gleisanschluß­plan der Firma Nold von 1960. Die Verbindungs­kurve von der Straßenbahn­strecke in der Bismarck­straße in dir Kirschen­allee ist noch nicht eingezeichnet.

Aus der Bedienungs­anweisung vom 1. März 1960:

„Der Anschluß dient der Zuführung der Wagen für die Firma J. Nold – Kohlen­groß­handlung – und der Mitbenutzerin Firma (Olex, Deutsche Petroleums­verkaufs­gesellschaft m b H, Darmstadt. Das Anschluß­gleis beginnt an der Anschluß­weiche A im Industrie­stamm­gleis, verläuft nach einem S-Bogen in südlicher Richtung, führt nach 36 m durch ein 4,40 m breites Holztor in das Anschluß­gelände und endet ohne besonderen Gleis­abschluß an einer östlich vom Anschluß­gleis gelegenen Seiten­rampe. Innerhalb des Geländes ist ein zweites 4,55 m breites Eisentor angebracht. Das Gleis hat eine nutzbare Länge von 87 m und liegt von Weiche A auf eine Länge von 40 m in einem Gefälle von 1:571, anschließend auf eine Länge von 88 m in einer Steigung von 1:783. Die Übergabe­stelle liegt zwischen den beiden Toren. Das 1. Tor ist wegen seines geringen Abstandes vom Gleis mit besonderem Gefahren­anstrich – Ne 8 – gekennzeichnet.“

Dieser Anstrich war weiß und sollte vor allem die an den Güterwaggons hängenden Rangierer warnen. Die Bedienungs­fahrt wurde im Güter­bahnhof Darmstadt für alle Neben­anschließer des Industrie­stamm­gleises zusammen­gestellt und den einzelnen Nutzern sodann „bunt zugeführt“.

Block auf Eisen Rieg.

Bild 30: Zwei undatierte Aufnahmen des Geländes von Eisen Rieg zeigen nebenbei den Gleis­anschluß Nold, einmal mit und einmal ohne Güter­waggons. Freundlicher­weise zur Verfügung gestellt von der Hofmann-Rieg Stahlhandel GmbH.

Block auf Eisen Rieg.

Bild 31: Direkt an der Bachgang­pforte.

Zwischen der Bachgang­pforte und der Bismarck­straße wurde 1961 das Industrie­stamm­gleis für die Übergabe von Straßenbahn­triebwagen hergerichtet. Die HEAG hatte am 8. Dezember 1960 beim Regierungs­präsidium Darmstadt den Bau dieses Anschluß­gleises beantragt, um hierüber im April 1961 neue sechs­achsige Straßen­bahn-Gelenk­triebwagen für den Einrichtungs­verkehr auf Spezial­waggons (SSlmas) anliefern zu lassen. Die Oberpost­direktion wies darauf hin, daß das Anschluß­gleis 39 Meter von der Bau­fluchtlinie der Bismarck­straße enden solle, aber erst nach 58 Metern ein Erdkabel der Bundespost das vorhandene Industrie­gleis kreuze; und erhob deshalb auch keinen Einwand. Der Bau durch die Bahnbedarf-Rodberg GmbH in Darmstadt zog sich aus unbekannten Gründen länger hin, möglicher­weise aufgrund von Bedenken der Bundesbahn, so daß die Abnahme dieses Anschluß­gleises erst am 9. August 1961 erfolgen konnte. Die Probefahrt eines Straßenbahn-Triebwagens, der von einem Unimog gezogen wurde, führte zu keiner Beanstandung, so daß das Regierungs­präsidium am 11. August 1961 seine Zustimmung zur Eröffnung des Betriebs dieser Anlage erteilte. 

Hierbei wurde zwischen das vorhandene normal­spurige Güter­gleis ein schmal­spuriges Straßenbahn­gleis gelegt, welches kurz vor der Bismarck­straße nach rechts abbog und in das Richtungs­gleis der Straßen­bahn zum Haupt­bahnhof einmündete. Zwischen 1961 und 2007 war dies eine elegante Lösung, die mit der Eisenbahn angelieferten neuen Straßenbahnen ungestört aufzugleisen und ins Depot zu ziehen; oder umgekehrt. Für den Straßen­bahn­regelverkehr war die Kreuzung immer eine etwas holprige Angelegen­heit, wenn er das Güter­gleis zu Roeder und Goebel zu queren hatte. Irgendwann um 2000 wurde die Gleiskurve und damit auch die zugehörige Weiche in der Bismarck­straße aufgegeben. Bei der voll­ständigen Neuver­legung der Straßenbahn­schienen zwischen Dornheimer Weg und der Feuerwache 2013/16 wurde auch die bisherige Kreuzung beseitigt. Die folgende Aussage können wir einfach unkommentiert so stehen lassen::

„Die im Bestand im Knoten­bereich Kirschen­allee vorhandene Schienen­kreuzung mit dem Industrie­gleis wird vorerst nicht wieder hergestellt. Es ist jedoch bau­technisch sicher­gestellt, dass die Kreuzung bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt wieder hergestellt werden kann.“ 

Dies würde jedoch voraus­setzen, daß das Gewerbe­gebiet südlich der Bismarck­straße wieder einen Gleis­anschluß benötigen könnte; und das ist sehr unwahr­scheinlich. Folgerichtig ist von irgendeiner Art Vorleistung nach Ende der Umbauarbeiten auch nichts zu erkennen.

Straßenbahngleis in der Kirschenallee.

Bild 32: Die Übergabe­stelle für die Straßen­bahn in der Kirschen­allee. Aufnahme vom August 2011.

Schienenkreuzung.

Bild 33: Die Kreuzung von Straßen­bahn und Güter­gleis in der Bismarck­straße. Die Rumpelstelle wurde entschärft. Aufnahme vom November 2009.

Straßenbahn und Übergabe.

Bild 34: Im November 1988 paßte Jörn Schramm den Triebwagen 33 ab, während am Hoftor 360 535 darauf wartet, mit einigen Waggons heraus­fahren zu dürfen.

Nach der Verladung mehrerer Straßen­bahnen im November 2007 wurde das Stammgleis in der Kirschen­allee nicht mehr genutzt.

Roeder und Goebel

Die Anfänge der Herdfabrik Roeder liegen in einer kleinen Schlosserei in der Bleichstraße. Philipp Roeder entdeckte ine Marktlücke und begann mit der Herstellung schmiede­eiserner Kochherde. Ende der 1870er Jahre erwarb er eine Freifläche im Westen der Stadt und baute seine Ofen- und Herd­produktion aus; schon gegen Ende der 1880er Jahre hatten seine fleißigen Arbeiter hundert­tausend Kochherde hergestellt. Im Ersten Welrkrieg konnte er den Bedarf an Feld­küchen befriedigen und im National­sozialismus fühlten sich mehrere NS-Organi­sationen bei ihm zu Hause.

1864 übernahm Georg Goebel die seit rund zwei Jahr­zehnten bestehende Werkstatt seines Schwieger­vaters Peter Ganden­berger. Auch er entdeckte eine Marktlücke und ließ in seiner Fabrik neuartige Fahrkarten­druck­maschinen herstellen und begründete so den Erfolg des Unternehmens. Auch ihn zog es an eine Freifläche im Westen der Stadt; und so kam es, daß Roeder und Goebel (noch als Ganden­bergersche Maschinen­fabrik) in direkter Nachbar­schaft Friedensware und Kriegs­instrumente produzierten. In den 1920er Jahren schaffte es der Quer­einsteiger Wilhelm Köhler, das Unternehmen finanziell auf gesunde Füße zu stellen und techno­logisch voranzu­bringen.

Mit dem 1918 gebauten Industrie­stammgleis waren sie direkt an das Eisen­bahnnetz angebunden, auch wenn schon 1912 der neu errichtete Güter­bahnhof geradezu direkt vor der jeweiligen Haustüre stand.

Gleisplan.

Abbildung 35: Gleisan­schlußplan für Goebel 1955.

Nach dem Queren der Bismarck­straße verschwand das Industrie­stammgleis auf dem Gelände der Herdfabrik Roeder, von dem ein Abzweig auf das Gelände der Ganden­bergerschen Maschinen­fabrik Goebel geleitet wurde. Während die Gleise auf dem Werks­gelände von Goebel heute noch zu sehen sind, ist die Fort­führung des Industrie­stamm­gleises längst verschwunden. Dieses verlief nämlich weiter gen Süden, durch das heutige Parkhaus an der Morneweg­straße hindurch (und am damaligen Arbeitsamt vorbei), kreuzte die Morneweg­straße und endete zwischen der Morneweg­straße und der Rheinstraße. Von dieser südlichen Verlängerung liegt mir kein Anschluß­plan vor; auf dem obigen Plan ist sie jedoch angedeutet.

Manchmal steht das Tor offen und dann können wir einen Blick auf die noch vorhandenen Gleise erhaschen. Ansatz­weise zu erkennen ist die Weichen­anlage. Links geht es zum Umfahrgleis, in der Mitte weiter zum Roeder-Gelände hinter der Mornewegstraße und nach rechts zu Goebel. Als Roeder sein Werk in den 1960ern schloß, waren die beiden linken Gleise überflüssig geworden.

Einfahrt Goebel.

Bild 36: Einfahrt in das Goebel-Werksgelände. Aufnahme vom April 2013.

Einfahrt Goebel.

Bild 37: Die Weiche wurde von der Darmstädter Bahnbedarf A.-G. wohl in den 1920er Jahren geliefert. Aufnahme vom Mai 2016.

Inside Goebel.

Bild 38: Selbst die Doppel­kreuzungs­weiche scheint noch im gepflasterten Innenhof zu liegen. Aufnahme vom September 2014.

Ende Goebel.

Bild 39: Kurz vor Erreichen der Morneweg­straße endet das Gleis. Aufnahme vom Parkplatz des benachbarten Mongolen­grills im November 2009.

Auszug aus der Dienst­anweisung vom 8. Juli 1955, gültig ab dem 1. Februar 1956.

„Von der Anschluß­weiche R1, die an das südliche Ende des Industriestamm­gleises in der Kirschen­allee anschließt, verläuft der Anschluß in südlicher Richtung, führt durch ein Tor zum Werkhof der Anschließerin und teilt sich 25 m hinter der Gleissperre in der doppelten Kreuzungsweiche G in ein 32 m langes Zustellgleis und ein 30 m langes Abholgleis. Außerdem ist in nördlicher Richtung ein 90 m langes Werkgleis an die Anschluß­weiche G angeschlossen, über dem sich ein Bockkran befindet.

Das Zustell­gleis ist mit einem Prellbock abgeschlossen, das Abholgleis ist ohne festen Gleis­abschluß und das Krangleis endet an einem mit Steckbolzen festgehaltenen Eisen­träger, der nach Bedarf entfernt werden kann, da das Gleis in einer Werkstraße liegt. Jedoch reicht das Abholgleis 3 m weit auf das Grundstück des Arbeitsamtes Darmstadt. Es ist an der Eigentums­grenze durch ein 4,4 m breites Holztor (Tor 2) getrennt. […]

Die Anschluß­weichen R1 und G sind Handweichen. Sie sind ohne Abhängig­keit und frei bedienbar. Wegen des Gefälles zur Bismarck­straße hin ist hinter dem Tor, 25 m vor der Weiche G, eine hand­bediente Gleis­sperre (Sperr­balken) eingebaut. Die Gleis­sperre ist in der Grund­stellung geschlossen und darf nur bei der Anschluß­bedienung geöffnet werden. Das Werks­gelände der Anschließerin ist eingezäunt und mit einem 4,80 m breiten Tor (Tor 1) versehen.“

Auf dem Goebel-Plan von 1955 ist noch ein weiteres Gleis zu erkennen. Es beginnt in der Nähe des schon erwähnten Bockkrans, verläuft parallel zur Bismarck­straße und berührt hierbei zwei Werkhallen. Dieses Gleis war ursprüng­lich mittels einer Dreh­scheibe angebunden. Zusätzlich verliefen auf dem Werks­gelände mehrere Schmalspur­gleise (für handge­schobene Transporte). Das Gelände des Arbeitsamts, in welches das Abholgleis hineinragte, gehörte (vermutlich) bis 1945 zu Goebel, wurde anschließend für die US-Administration requiriert und gelangte über den Umweg der Bundes­anstalt für Arbeit wohl erst in den 1970er Jahren wieder in das Eigentum des Unter­nehmens zurück.

Roeder.

Bild 40: Auf dem asphaltiertzen Weg neben dem Grünstreifen müßte das Gleis innerhalb der Herdfabrik Roeder weiter verlaufen sein. Das Parkhaus im Bildhinter­grund müssen wir uns wegdenken, denn an dieser Stelle verlief das Roeder-Gleis über die Morneweg­straße. Aufnahme vom November 2009.

Roeder.

Bild 41: Verwaltungs­gebäude der Herdfabrik Roeder an der Rheinstraße. Aufnahme vom Juli 2011.

Bilder und Dokumente zu Roeder und Goebel

Bei der ULB Darmstadt ist die „Denk­schrift zum 50jährigen Geschäfts­jubiläum der Firma Erste Darm­städter Herdfabrik und Eisen­gießerei Gebrüder Roeder Darmstadt“ zum Zeitraum von 1866 bis 1916 als Digitalisat verfügbar.

Aktie Roeder.

Abbidlung 42: Hat heute nur noch geringen Sammler­wert: eime Aktie der Gebrüder Roeder A.-G. von 1928.

Gerd Simons hatte einmal eine schöne Dokumen­tation zur Geschichte von Goebel online. Es scheint, als habe er sich von der Datenschutz­grund­verordnung ins Bockshorn jagen lassen. Dennoch sind noch einige Bildspuren vorhanden, die wiederum andere Probleme aufwerfen. Die nach­folgenden (ziemlich kryptischen) Links auf einzelne Bilder führen auf einen Bilder­speicher in der Cloud von web.de. Damit einher geht die Möglich­keit, daß der Bilder­hoster nicht nur so freundlich ist, Bilder zu speichern, sondern auch die Gelegen­heit nutzt, das Surf­verhalten beim Aufruf zu proto­kollieren, zu analysieren und mit passender aufdringlicher Werbung zu korrelieren. Daten anzuzapfen und abzugreifen gehört zum Geschäfts­modell. Dies als Caveat zu den folgenden Links.

Die Lage der Herdfabrik Roeder [⇒ L11] und des Goebel-Geländes [⇒ L12] auf einem älteren Plan.

Ansicht Roeder.

Abbidlung 43: Ansicht des Geländes der Herdfabrik Roeder an der Rheinstraße auf dem Briefkopf eines 1925 versandten Schreibens.

Ansicht Goebel.

Abbidlung 44: Ansicht des Geländes von Goebel in einem Zeitschriften­heft von 1951. 

Das Ende der Herdf­ertigung der Gebrüder Roeder AG kam Mitte der 1960er Jahre.

„Schon im Jahre 1964 wies das Unternehmen bei einem Kapital von etwas über 3 Millionen Mark einen Verlust von knapp 1,1 Millionen Mark aus. Im letzten Jahr wurde im Zuge einer Reorgani­sation die Gießerei geschlossen, das Gießerei­gelände verkauft. Aber die Erwartungen auf einen steigenden Umsatz – er betrug 1964 nicht ganz 17,8 Millionen Mark – erfüllten sich nicht. Selbst unter Berück­sichtigung des Buch­gewinns aus dem Gelände­verkauf mit ungefähr 1,3 Millionen Mark wird daher die Bilanz 1965, so gestand der Aktionärs­brief ein, ‚wieder einen empfindlichen Verlust‘ ausweisen.“ 

Goebel scheint in den 1980er Jahren noch gut gelaufen zu sein, konnte aber wohl den Modernisierungs­schub der 1990er Jahre nicht umsetzen und wurde 2000 insolvent. Das Unternehmen wurde in zwei Teile aufgespalten und 2020 die Produktion in Darmstadt eingestellt.

Maloche bei Roeder.

Bild 45: Der gußeiserne Sockel mit der Bronze­schale eines 1944/45 verschwundenen Kandelabers auf dem Roeder-Gelände an der Rhein­straße zeigt Eisen­gießer bei der Arbeit. Aufnahme vom Mai 2012.

Anmerkungen

Am Ende der angeklickten und eingefärbten Anmerkung geht es mit dem Return ( ⏎ ) zum Text zurück.

  1. Eine Reihe der folgenden Angaben stützen sich auf das Darmstädter Adreßbuch und sind daher mit gewissen Unsicher­heiten behaftet.   
  2. Albert Gieseler nennt auf seiner Dampf­maschinen­seite einen C. W. Textor, der 1875 in Bockenheim eine Maschinen­fabrik und 1900 ein technisches Büro geleitet haben soll. Ein wenig im Internet gekruschtelt habe ich eine Annonce im Würzburger Stadt- und Landboten vom 2. Oktober 1875 gefunden [online bsb münchen], in welcher er Lokomobile von Garrett anbot. An der Weiterstädter Straße wird Textor in den Adreßbüchern von 1901 bis 1906 als Eigentümer geführt.   
  3. Eventuell wäre hier ein Blick in die Handels­registerakte der Gebrüder Lutz hilfreich; zumindest wenn dort auch halbwegs aussage­kräftige Geschäfts­berichte eingebunden sind. Eine solche Akte scheint im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt jedoch nicht vorhanden zu sein (wohl 1944 verbrannt).   
  4. Stadtverordneten­versammlung am 1. Februar 1912, siehe Darmstädter Tagblatt vom 2. Februar 1912 [online ulb darmstadt] und Folgeseite.   
  5. Der Umzug in den Land­wehrweg muß vor dem März 1870 stattge­funden haben, denn im Darm­städter Frag- und Anzeige­blatt vom 5. März 1870 annonciert er dort ein Logis [online ulb darmstadt]; das Adreßbuch für 1870 führt ihn hingegen noch in der Großen Caplanei­gasse 22. Das Todesdatum nach dem Darmstädter Tagblatt vom 19. Januar 1889 [online ulb darmstadt]. In den standes­amtlichen Veröffent­lichungen wird er nicht genannt, im Darmstädter Friedhofs­buch wird sein Todesjahr falsch mit 1888 angegeben. Ausscheiden Julius im Darmstädter Tagblatt vom 5. November 1889 [online ulb darmstadt].   
  6. Hessische Volksblätter vom 28. April 1870. Darmstädter Tagblatt vom 26. Oktober 1877 [online ulb darmstadt].   
  7. Darmstädter Tagblatt vom 18. Januar 1905 [online ulb darmstadt]. In Liquidation seit 1904, siehe die Handels­register­akte HStAD G 28 Darmstadt Nr. R 486 [nicht eingesehen].   
  8. Angaben nach Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger vom 17. Juli 1901 [online. Siehe auch das Darmstädter Tagblatt vom 13. Juli 1901 [online ulb darmstadt].   
  9. Zur Lutz A.-G. siehe auch den Eintrag bei Albert Gieseler [online]. Zur Firma Carl Eckert Nachf. siehe den Artikel in der Darmstädter Frauen­zeitschrift „Mathilde“: Familien­unternehmen mit über 100-jähriger Tradition, Heft 82 (2006). Der Artikel ist über die Wayback Machine von archive.org verfügbar.   
  10. Ulrich Eisenbach : Darmstadt. Leuchttürme der Industrie­geschichte 1880 bis 1970 [2021], Seite 9.   
  11. Gert Blumenstock : Donges kooperiert mit der Bahn, in: Frankfurter Rundschau am 19. Dezember 2006, Seite 33. Von der Straße auf die Schiene: Wissen­schafts­stadt Darmstadt setzt ein Zeichen und investiert in Industrie­gleisanlage im Nordwesten, Presse­meldung vom 30. November 2009 [online].   
  12. Anlage des Gleis­anschlusses 1898 nach Geschäfts-Bericht über den Betrieb der Main-Neckar-Eisenbahn im Jahre 1898, Seite 6.   
  13. Groß­herzoglich Hessisches Regierungs­blatt, Nr. 7, 30. März 1918.   
  14. Zum Bau der Gleiskurve siehe HStAD H 1 Nr. 10555. Hermann Bürnheim / Jürgen Burmeister : Bahnen und Busse rund um den Langen Ludwig. Stadtverkehr in Darmstadt. 4. Auflage 1997, schreiben auf Seite 82, die Gleiskurve in die Kirschen­allee sei erst 1969 angelegt worden; dies kann nunmehr als widerlegt angesehen werden.   
  15. Bernd F. Künne und Partner : Nahverkehrs­achse Bismarck­straße – Willy-Brandt-Platz – Mathilden­platz – Luisen­platz. Neuge­staltung der Bismarck­straße West, Goebel­straße – Dolivo­straße. Planfest­stellung Erläuterungs­bericht, Stand: 8. Oktober 2010, Seite 13.   
  16. Ganzseitige Annonce in: Darmstadt, ein Heft in der Städte­reihe deutscher Wirtschafts­hefte mit Verkehrs­karte und Stadtplan, Heft 4, 1951, Seite 109.   
  17. Am Ende, in: Die Zeit, Nr. 40, 30. September 1966. Die Onlinefassung weist kleinere Auslassungen auf, die auf Scanfehler zurück­zuführen sind. Beim Aufruf dieses Links meldet sich die Zeitung mit den Worten: „Besuchen Sie zeit.de wie gewohnt mit Werbung und Tracking.“ Dann lieber nicht. Das ist ja ein ekelhaftes Geschäfts­modell.