In den 1970er Jahren verschlug es mich von Berlin an die Hamburger Peripherie. Zu dieser Zeit, zwischen Juli 1976 und Juni 1977, nahm die AKN sechzehn neue Triebwagen in Dienst, welche die bislang verkehrenden Schienenbusse nach und nach ersetzten. Auf der Suche nach – frei nach Monty Python – etwas vollkommen anderem fand ich Jahrzehnte später eine Notizensammlung wieder, mit der ich damals versucht habe, das Geschehen auf der Strecke in einen sinnvollen Rahmen zu pressen. Von so geheimnisvollen Dingen wie einem Umlaufplan hatte ich keine Ahnung, doch es schien mir, daß in der Abfolge der Züge ein gewisser Sinn bestehen müßte. Diesen versuchte ich aufzuspüren. Was Jugendliche eben so machen, wenn sie auf der Sinnsuche sind.
Manch damals verwendete kryptische Abkürzungen müssen zusätzlich rekonstruiert werden, um den hier gezeigten Notizblättern ihren ureigenen Sinn zu entlocken – und ich rätsel selber bei der einen oder anderen Sigle. Bezugspunkt aller Zugleistungen ist die Station Bönningstedt, was verwirrend erscheinen mag, aber nachvollziehbar ist, weil ich damals in dem kleinen Dorf gewohnt habe. Mit dem Fahrplanwechsel vom Winterfahrplan 1976/77 zum Sommerfahrplan 1977 konnten die Fahrzeiten durch den zweigleisigen Ausbau des kurzen Abschnitts zwischen Quickborn und Quickborn Süd teilweise verkürzt werden. Auch die zweigleisige südliche Ausfahrt Bönningstedt half, den Fahrplan einzuhalten. Während der Zug aus Eidelstedt noch einlief, konnte der Gegenzug schon losfahren, so wie im Bild zu sehen.
Die 16 angeschafften neuen Triebwagen der Baureihe VT2E wurden nach und nach ausgeliefert und an den folgenden Daten abgenommen: #31 und #32 am 30. Juli 1976, #33 am 13. August 1976, #34 am 10. September 1976, #35 am 28. September 1976, #36 am 18. Oktober 1976, #37 am 8. November 1976, #38 am 26. November 1976, #39 am 17. Dezember 1976, #40 am 18. Januar 1977, #41 am 4. Februar 1977, #42 am 25. Februar 1977, #43 am 18. März 1977, #44 am 31. März 1977, #45 am 19. April 1977 und #46 am 1. Juni 1977.
Zu den auf der AKN-Strecke zwischen Kaltenkirchen und Hamburg-Eidelstedt hatte ich mir folgende Werbeträger notiert, die durchaus nützlich sein könnten, wenn die Wagennummern aufgrund Nebels oder Dunkelheit nicht zu identifizieren waren. VT 2.11 warb für Bennewitz, 2.12 für eine Heizölfirma namens J.G. Schreiner, 2.13, 2.15 und 2.19 lockten zum Café Keese, 2.14 und 2.18 wollten zum Alkoholkonsum mit Corvit 32 verführen, 2.16 warb für eine Geschenke-Boutique, 2.17 hingegen für die Vereins- und Westbank bzw. für den Jeans-Saloon, und 2.20 warb für reich + jeschke. Die Steuerwagen VS 2.51 bis 2.56 verteilten ihre Werbeflächen auf Alkoholika (Corvit 32, 2.51 und 2.55), Kalorienbomben (Café Keese, 2.56), einen Optiker (Paulick, 2.54) sowie als Eigenwerbung („Hier preiswert werben“, 2.52 und 2.53).
Die blauen Kreise auf den Notizzetteln bezeichnen die neuen Triebwagen, während die roten Striche die Schienenbusse darstellen. Die Buchstabenkombination „ESE“ kennzeichnet den Pendelzug zwischen Eidelstedt und Schnelsen, von denen einer tagsüber verkehrte und weitere nachmittags zwischengeschaltet wurden, um zwischen Eidelstedt und Schelsen eine dichtere Taktfolge zu ermöglichen.
Methodische Probleme ergeben sich zum einen aus einer beschränkten Datenbasis, da nur die Züge erfaßt wurden, denen ich auf dem Weg zur und von der Schule oder abends begegnet bin. Zum anderen scheinen die Mehrfachtraktionen in Kaltenkirchen bzw. Ulzburg nicht immer nach einem einheitlichen Schema zusammengesetzt worden zu sein. Die Buchstaben, mit denen versucht wurde, dieses Chaos zu dechiffrieren, geben die Unsicherheiten bzw. Unterschiedlichkeiten recht plastisch wieder. Diese Notizen sind derart abgedreht, daß es zu schade wäre, sie irgendwann wegzuschmeißen. Sollte ich eines Tage einmal mehr Zeit hierfür finden, kann ich die Datenbasis nachliefern, sprich: um welche Uhrzeit lief welcher Triebwagen?
Für den Winterfahrplan 1977/78 gibt es eine doppelseitige Zusammenstellung, die verdeutlicht, daß im Nachmittags- und Abendverkehr eine eindeutige Zuordnung schwer fällt. Offensichtlich wurden die Wagen morgens nicht einheitlich abgestellt und nachmittags in einer bestimmten Reihenfolge eingereiht, sondern es ging ein bißchen durcheinander. Werkstattaufenthalte oder Fristarbeiten können angesichts der Häufigkeit nicht der Grund gewesen sein. Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen den Tag der Sichtung.
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