Glocke. Glocke der Hessischen Ludwigs­bahn, Zweit- oder gar Drittver­wertung auf dem Friedhof in Pfungstadt.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Die Einnahmen der Riedbahn 1869 und 1870

Dokumentation

1869 wurde die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Hauptverlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Dokumentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten der Streckenabschnitt zwischen Darmstadt und Goddelau.

Für die ersten einundzwanzig Monate nach Eröffnung der Riedbahn legte die Hessische Ludwigsbahn in ihrem „Anzeigeblatt für den Dienst der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn“ detaillierte monatliche Zahlen vor. Diese Zahlen waren als vorläufige, vorbehaltlich der definitiven Feststellung, zu betrachten.


MonatStrecke in MeilenPersonen befördertPersonen EinnahmenGüter in ZentnerGüter EinnahmenEinnahmen gesamtAnm.Quelle [5]
April 18693,0511.1752.408 fl.13.993673 fl.3.081 fl.[1]8/1869
Mai 18693,0519.0584.677 fl.27.497968 fl.5.645 fl.[2]10/1869
Juni 18694,7625.5727.149 fl.29.018870 fl.8.019 fl.[3]11/1869
Juli 18694,7626.9847.537 fl.39.2831.774 fl.9.311 fl. 14/1869
Aug. 18694,7631.3938.485 fl.27.0321.421 fl.9.906 fl. 15/1869
Sept. 18694,7628.3157.796 fl.19.2871.226 fl.9.022 fl. 17/1869
Okt. 18694,7628.6277.922 fl.41.2563.225 fl.11.147 fl. 19/1869
Nov. 18694,7621.0215.082 fl.17.3752.336 fl.7.418 fl. 21/1869
Dez. 18694,7623.8295.875 fl.27.6282.054 fl.7.929 fl. 1/1870
18694,76215.97456.931 fl.242.36914.547 fl.71.478 fl.  
Jan. 18704,7621.7325.363 fl.18.4101.290 fl.6.653 fl. 2/1870
Feb. 18704,7619.3934.886 fl.20.8081.277 fl.6.163 fl. 4/1870
März 18704,7621.9465.374 fl.17.6221.593 fl.6.967 fl. 5/1870
April 18704,7625.8476.812 fl.14.6921.816 fl.8.628 fl. 6/1870
Mai 18704,7630.6527.298 fl.24.6521.222 fl.8.520 fl. 8/1870
Juni 18704,7626.5826.546 fl.8.718878 fl.7.424 fl. 11/1870
Juli 18704,7636.57311.529 fl.2.860918 fl.12.447 fl. 12/1870
Aug. 18704,7623.4216.792 fl.17.0821.873 fl.8.665 fl. 13/1870
Sept. 18704,7623.8747.803 fl.16.4212.420 fl.10.223 fl. 14/1870
Okt. 18704,7623.2276.767 fl.6.8821.602 fl.8.369 fl. 16/1870
Nov. 18704,7620.8125.787 fl.21.9952.011 fl.7.798 fl. 17/1870
Dez. 18704,7622.1995.852 fl.9.8911.121 fl.7.973 fl.[4]1/1871
18704,76296.25880.809 fl.180.03318.021 fl.99.830 fl.  

Nachstehend werden als Grafik die Angaben zur Beförderungs­leistung und zu den Einnahmen im Dezember 1870 gezeigt. Hier liegt offensicht­lich ein Additionsfehler vor (vgl. die mit einem "X" markierten Zahlen).

Anzeigeblatt Abrechnung Dezember 1870.

Abbildung 1: Fehlerhafte Abrechnung für Dezember 1870.

Mit der Übersicht über den Dezember 1870 endet die Einzeldarstellung der Verkehrs­leistungen und der Einnahmen auf der Riedbahn. Zu berücksichtigen sind im Jahr 1870 die vorrangigen Transport­leistungen für die deutschen Armeen für ihren Krieg gegen Frankreich. Der Juni und Juli 1870 zeigen hier einen deutlichen Einbruch bei der Menge der beförderten Güter. Die Hessische Ludwigsbahn konnte über einen Teil ihres Lokomotiven­bestands und Wagenparks nicht frei verfügen. Teile des Personals wurden als Soldaten eingezogen. Das Trajekt von Rosengarten nach Worms wurde erst am 12. August 1870 eröffnet. Daher entfallen für den hier angegebenen Zeitraum weitgehend übe­rregionale Transport­leistungen. Im Vergleich zur Betriebs­länge aller Strecken der Hessischen Ludwigsbahn fallen die Einnahmen der Riedbahn gering aus. Hierzu trug der Verwaltungsrat der Hessischen Ludwigsbahn auf der Aktionärs­versammlung am 29. April 1870 zur Beruhigung der um ihre Dividende besorgten Herren vor:

Blick auf die andere Rheinseite.
Bild 2: Blick auf die andere Rheinseite, etwa dorthin, wo sich in der 2. Hälfte des 19. Jh.s die Hafenbahn befand.

„Wie Sie aus dem Ihnen vorliegenden Special-Berichte entnommen haben, sind unsere Neubauten in raschem Fortschreiten begriffen.

Die Riedbahn ist bereits Anfangs Juni in ihrer ganzen Länge eröffnet und von der Worms-Bensheimer Bahn die Strecke von Bensheim bis zum rechten Rheinufer, Worms gegenüber in einer Ausdehnung von 2,87 Meilen im November dem Betriebe übergeben worden. Der geringe Ertrag, den diese beiden Bahnstrecken bis jetzt abwerfen, darf nicht befremden und ist in keiner Weise als Maßstab für die Ertrags­fähigkeit derselben zu nehmen; denn beide sind bis jetzt wahre Sackbahnen, da sie vorerst am Rheinufer Worms gegenüber endigen und der Verbindung mit dem linksrheinischen Bahnnetze noch entbehren. Wir sind in dieser Beziehung in einer Weise aufgehalten worden, welche bis jetzt bei unseren Bahnbauten ohne Beispiel ist. Die Regierung hat auf Andrängen der Stadt Worms verfügt, daß die Bahnlinie zwischen dem Wormser Bahnhof und der Trajectanstalt durch den Hafen geführt werde, um der Stadt Worms eine geeignete Verbindung zwischen Eisenbahn und Schifffahrt zu verschaffen. Wir haben dieser für den Handel der Stadt Worms hochwichtigen Einrichtung, zu deren Kosten die Stadt einen ansehlichen Betrag liefert, gerne zugestimmt.

Nun hat aber einer der interessirten Grundeigen­thümer, der mit etwa einem halben Morgen zur Expropriation gezogen werden sollte, sowohl gegen die Nützlich­keit der Hafenbahn-Anlage selbst, wie auch gegen die Richtung derselben und gegen die Nothwendig­keit der Abtretung seines Eigenthums Protest eingelegt und die Verhandlungen hierüber, welche bis jetzt mehr wie neun Monate in Anspruch genommen haben, sind noch nicht einmal so weit gediehen, daß die provisorische Besitz­einweisung erlangt werden konnte, obschon der Ausgang der Sache von vornherein gar nicht zweifelhaft sein konnte.

Dadurch wird nun die Herstellung der Hafenbahn und der damit in Verbindung stehenden Traject­anstalt in bedauerlichster Weise verzögert und der Gesellschaft, sowie nicht minder der Regierung als Garantin der Bahnlinie von Bensheim nach Worms ein beträchtlicher Schaden zugefügt. Wenn dergleichen Vorkommnisse sich wiederholen sollten, so würde jeder Bahnbau geradezu zur Unmöglichkeit.

Wir hoffen übrigens, daß solche Protestationen bei dem gesunden Sinne unserer dem Eisenbahn­wesen sehr zugethanen Bevölkerung nicht weiter vorkommen werden.“

Spätere Zahlen, die einen Einblick in die Erträge der Riedbahn geben könnten, liegen nicht vor. Ohnehin wurde die ursprüngliche Riedbahn als Strecke von Darmstadt nach Rosengarten bzw. Worms schon zehn Jahre später (1879) vollkommen umgekrempelt, als die Verbindung von Frankfurt über Groß-Gerau, Biblis und Lampertheim nach Mainz für den Verkehr freigegeben wurde und sich dadurch die Hauptverkehrs­achse grundlegend verschob.


Literatur

Anmerkungen

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