Signal in Griesheim. Formsignal in Griesheim.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Direkte Kurse von Darmstadt nach Mannheim

Dokumentation

1869 wurde die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Hauptverlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Dokumentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten der Streckenabschnitt zwischen Darmstadt und Goddelau.

Mit der Eröffnung weiterer Streckenabschnitte der Riedbahn von Frankfurt nach Goddelau-Erfelden bzw. von Biblis nach Mannheim bestand prinzipiell die Möglichkeit, direkte Kurse von Darmstadt über Lampertheim nach Mannheim anzubieten. Die Hessische Ludwigsbahn sah hierin vermutlich kein attraktives Fahrgast­potential in Konkurrenz zur Main-Neckar-Bahn, denn sie unterließ ein solches Unterfangen. Allerdings pflegte sie die Frankfurt – Mannheimer mit der Darmstadt – Wormser Linie so zu verknüpfen, daß entweder in Goddelau-Erfelden oder in Biblis ein direkte Umsteigen ermöglicht wurde. Erst die unter preußisch-hessischer Verwaltung stehende Eisenbahndirektion Mainz richtete im Herbst 1900 einen derartigen direkten Kurs ein. Im Mai 1956 endet die Geschichte dieser Relation.


Aufgrund ihrer beiden Laufwege bot es sich bei der Riedbahn an, Umläufe so zu verknüpfen, daß Lokomotiven, Triebwagen und Wagenparks mal nach Frankfurt, mal nach Darmstadt oder mal nach Mannheim, mal nach Worms verkehrten. Oder sie bedienten nur Teile der Strecke. Deshalb dürfte es verhältnismäßig problematisch sein, aufgrund vorhandener Kursbuchdaten sich einen Laufplan zu stricken. Allein schon der Umlauf der acht Wittfeld-Triebwagen des Bw Worms von 1934/35 ist eine ernste Warnung, diese Aufgabe nicht auf die leiche Schulter zu nehmen. Worauf ich hinaus will: Selbst wenn es mehr als ein halbes Jahrhundert lang ein Pärchen gegeben zu haben scheint, das von Darmstadt nach Mannheim und zurück fuhr, so ist es als Teil eines Gesamtumlaufs zu betrachten, bei dem die Vorgänger und Nachfolger offen bleiben müssen. Es ist nicht einmal gesagt, daß es derselbe Fahrzeugpark war, der morgens hin und abends zurück fuhr.

Mit Beginn des Winterfahrplans 1900/01 wurde ein abendlicher Personenzug mit der Zugnummer 517 von Mannheim nach Darmstadt eingeführt. Er verließ Mannheim Hauptbahnhof um 19.07 Uhr und erreichte den Darmstädter Ludwigsbahnhof um 20.47 Uhr. Diese Fahrlage sollte der Zug mehr oder weniger zeitgleich bis zum Winterfahrplan 1909/10 beibehalten, bevor er im Sommerfahrplan darauf in Goddelau-Erfelden nach Frankfurt weitergeleitet wird.

Im Sommerfahrplan 1901 kommt mit dem Personenzug 520 der Gegenzug hinzu. Er verläßt Darmstadt Hauptbahnhof um 16.30 Uhr und erreicht Mannheim Hauptbahnhof um 18.21 Uhr. Bei einer Wendezeit in Mannheim von etwa einer dreiviertel Stunde kann davon ausgegangen werden, daß es sich um ein Pärchen mit derselben Bespannung und demselben Zugmaterial gehandelt hat. Auch dieser Zug hat seine Fahrlage bis zum Ersten Weltkrieg in etwa eingehalten. Er wechselt mit dem Sommerfahrplan seine Zugnummer auf 2840.

Vermutlich im Mai 1906 [1] wird mit dem Personenzug 559 eine zweite Direktverbindung von Mannheim nach Darmstadt angeboten. Er verläßt Mannheim frühmorgens um 4.32 Uhr und kommt in Darmstadt um 6.15 Uhr an. Ab Sommer 1910 firmiert der Zug als 2805. Aus umlauftechnischen Gründen wird der Kurs im Winter 1912/13 auf den Vormittag verlegt. Er fährt in Mannheim erst um 10.38 Uhr ab, um um 12.30 Uhr in Darmstadt einzulaufen. Diese Fahrlage behält der Zug bis zum Ersten Weltkrieg.

Im August 1914 werden alle bisherigen Fahrpläne zugunsten der deutschen Kriegsführung suspendiert. Als nach dem Scheitern der Offensive in Frankreich zum Stellungskrieg übergegangen wird, kann im November 1914 der Reisezugverkehr wieder halbwegs normalisiert werden; doch ist die Direktverbindung zwischen den beiden Städten nicht dabei. Einen Kurs von der einen zur anderen Großstadt über das Ried wird es erst in den 1920er Jahren wieder geben.

Tabelle 1: Die Fahrzeiten der Direktverbindungen zwischen Darmstadt und Mannheim von 1900 bis 1914.
FahrplanZugnummerDA abMA anZugnummerMA abDA anBemerkungen
WF 1900/01   51719.0720.47 
SF 190152016.3018.2151719.0720.47 
WF 1901/0252016.2718.1851719.1020.50 
SF 190252016.2518.1751719.1020.50 
WF 1902/0352016.2518.1751719.1320.55Ankunft DA erschlossen
SF 190352016.2518.1751719.1320.55 
WF 1903/0452016.2518.1751719.1321.08 
SF 190452016.2518.2551719.1821.02 
WF 1904/0552016.2518.2551719.1821.02 
SF 1905 liegt nicht vor
WF 1905/0652016.2518.3051719.1821.02laut Entwurf
SF 1906 liegt nicht vor
WF 1906/0752016.4518.305594.326.15 
  51719.1821.02 
SF 190752016.4518.305594.326.15laut Entwurf
  51719.1421.07laut Entwurf
WF 1907/0852016.4518.325594.326.21laut Entwurf
  51719.1421.07laut Entwurf
SF 190852016.3718.325594.326.21laut Entwurf
  51719.1121.07laut Entwurf
WF 1908/0952016.3718.325594.326.21 
  51719.1821.02 
SF 1909 liegt nicht vor
WF 1909/1052016.3718.325594.306.21laut Entwurf
  51719.1121.05laut Entwurf
SF 1910284016.3718.3228054.316.21 
WF 1910/11 liegt nicht vor
SF 1911 liegt nicht vor
WF 1911/12284016.3718.3228054.316.21 
SF 1912284016.3718.3228054.326.20 
WF 1912/13284016.3718.32280510.3812.30 
SF 1913284016.3718.30280510.4112.33laut Entwurf
WF 1913/14284016.3718.30280510.4112.33 
SF 1914284016.3718.30280510.4212.33 

Nach dem Ersten Weltkrieg lagen weite Teile der Riedbahn im von französischen Truppen besetzten Brückenkopf Mainz. Fahrpläne aus dieser Zeit sind mir nur wenige bekannt. Es scheint, als sei die direkte Verbindung nach dem verlorenen Krieg zunächst nicht wieder­hergestellt worden.

Eine erste heiße Spur findet sich im Amtsblatt der Eisenbahndirektion in Mainz, Nr. 57 vom 8. Oktober 1921. Dort werden zwei Züge des 26xx-Nummernblocks aufgeführt, die offensichtlich eine Direkt­verbindung von Darmstadt nach Mannheim und zurück anzeigen. Demnach verläßt ab dem 4. Oktober 1921 Zug 2658 Darmstadt um 3.58 Uhr; der Gegenzug 2669 verkehrt ab 10. Oktober 1921 in der Fahrplanlage Griesheim ab 9.37, Darmstadt an 9.52 Uhr. Während des Sommerfahrplans 1922 verläßt Personenzug 2658 Darmstadt um 3.56 Uhr und erreicht Manheim um 6.20 Uhr. Der Gegenzug 2693 geht in Mannheim um 17.00 Uhr ab und erreicht Goddelau-Erfelden um 18.40 Uhr. Dort steht als Anschlußzug 2893 bereit, der den Bahnhof an Werktagen um 18.48 Uhr verläßt und in Darmstadt um 19.14 Uhr ankommt. [2] 1923 ist der Kernbereich der Riedbahn vollständig stillgelegt. Für den Sommer­fahrplan 1924 läßt sich wieder ein Pärchen nachweisen. Personenzug 2693 verließ demnach Mannheim um 17.10 Uhr und erreichte Darmstadt um 19.39 Uhr. Die Rückleistung geschah mit Personenzug 2658 am frühen Morgen, Darmstadt ab 3.58 Uhr und Mannheim an 6.17 Uhr.

Tabelle 2: Die Fahrzeiten der Direktverbindungen zwischen Darmstadt und Mannheim in den 1920er Jahren.
FahrplanZugnummerDA abMA anZugnummerMA abDA anBemerkungen
WF 1921/2226583.58??2669??9.52 
SF 192226583.566.20keiner   
WF 1922/2326583.55????   
von Ende Januar 1923 bis Mitte März 1924 kein durchgehender Personenverkehr
ab 3/192426583.586.17269317.1019.39 
SF 192426583.586.17269317.1019.39 
WF 1924/2526584.06????   
SF 192526584.03??27xx23.2901.02 
WF 1925/2626584.03??27xx23.2901.02 

Bis in die Zeit des Nationalsozialismus liegen mir nur bruchstückhafte Angaben vor. Die Leistung nach Mannheim scheint auf Berufspendler für die größeren Mannheimer Betriebe ausgerichtet zu sein, während die Rückleistung auf die Bedürfnisse einer Spätschicht schließen läßt.

Tabelle 3: Die Fahrzeiten der Direktverbindungen zwischen Darmstadt und Mannheim zwischen 1933 und 1945.
FahrplanZugnummerDA abMA anZugnummerMA abDA anBemerkungen
SF 193626584.156.08271323.321.01 
WF 1937/3826584.126.08269923.321.01 
SF 193826584.066.08269923.321.05 
SF 193926584.066.08269923.321.05 
SF 194026583.586.07269923.311.08 
SF 194126583.586.07269923.361.20 
WF 1941/4226583.586.07269923.361.20 
WF 1942/4326583.526.08269923.481.31 
JF 1944/4526583.526.08269923.481.31tatsächliche Umsetzung unbekannt

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war nicht nur einiger Schutt beiseite zu räumen. Vorrang besaßen alliierte Transporte und Güter für die Zivilbevölkerung. Der Personenverkehr war nachgeordnet. Lokomotiven, Triebwagen und Wagen mußten erst wieder hergerichtet werden. Folglich erscheint erst im Kursbuch für die US-amerikanische Besatzungszone ab dem 15. August 1946 das auf den Arbeiterinnen- und Arbeiterverkehr ausgerichtete Pärchen von Darmstadt nach Mannheim und retour. Zwischen 1950 und 1953 scheint es umlaufbedingt keine Rückleistung nach Darmstadt gegeben zu haben; die Personenzüge mit den entsprechenden Zugnummern begannen wahlweise in Lampertheim, Biblis oder Goddelau-Erfelden. Ab 1953 fand die nächtliche Rückleistung wieder statt, zudem verkehrten von 1953 bis 1955 fünf Fahrplan­perioden lang vormittags Eiltriebwagen von Mannheim über Lampertheim nach Darmstadt. Hinzu kam eine kurze Zeitlang eine zusätzliche Fahrt von Darmstadt nach Mannheim-Neckarstadt, die abends vom Mannheimer Hauptbahnhof zurückging. Mit Ablauf des Winter­fahrplans 1955/56 wurde die Direktverbindung eingestellt.

Tabelle 4: Die Fahrzeiten der Direktverbindungen zwischen Darmstadt und Mannheim zwischen 1946 und 1956.
FahrplanZugnummerDA abMA anZugnummerMA abDA anBemerkungen
Aug. 194626824.306.28269521.2523.23 
Jan. 194726824.256.29269521.4523.43 
SF 194726824.256.29269522.100.27 
WF 1947/4826824.256.29269522.100.27 
SF 194826824.256.26269522.350.27 
WF 1948/4926824.256.26269522.350.27 
SF 194936524.256.26368522.350.25Samstags Darmstadt an 0.41 wegen Überholung durch Eiltrien­wagen in Lampertheim.
WF 1949/50 liegt nicht vor
SF 195036024.056.19  
WF 1950/5136024.056.19  
SF 195136024.056.09  
WF 1951/5236024.056.09  
SF 195236024.206.23 kein Halt in Wolfskehlen
WF 1952/5336024.006.23 eine halbe Stunde Aufenthalt in Goddelau-Erfelden
SF 195336064.506.38366723.231.07 
WF 1953/5436064.506.38366723.341.29 
SF 195426145.006.35265519.0620.32 
 26205.407.00266723.411.142620 nach MA-Neckarstadt
WF 1954/5526144.556.22265719.3221.042614 Mo-Fr nach MA-Neckarstadt, am Wochenende und feiertags an 6.35 MA Hbf.
 26205.407.04266723.411.26 
SF 195526144.486.26265719.2220.452614 Mo-Fr nach MA-Neckarstadt, am Wochenende und feiertags an 6.38 MA Hbf.
 26205.337.04266723.451.26 
WF 1955/5626205.337.04265719.2220.45 

Interessant wäre es sicherlich zu erfahren, von welchen Lokomotiven und mit welchem Wagenmaterial diese Züge im Laufe eines halben Jahrhunderts gezogen worden sind. Ob es hierzu noch irgendwo Umlauf- und Zugbildungs­pläne gibt? Hat gar eine oder jemand einmal zufälligerweise diese Leistung im Bild festgehalten?


Literatur

Anmerkungen

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