Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau
Walter Kuhl
Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Auf der Riedbahn.
Hauptbahnhof.
Darmstadt Hauptbahnhof.
Alte Bahnhöfe.
Alte Bahnhöfe.
Ostbahnhof.
Ostbahnhof.
Südbahnhof.
Südbahnhof.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Darmstadt Nordbahnhof

Der Weg in den Osten

1869 wurde die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Haupt­verlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Dokumentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten vor allem der Strecken­abschnitt zwischen Darmstadt und Goddelau.

Um mit Güterzügen von West nach Ost den Darmstädter Ludwigs­bahnhof umgehen zu können, ließ die Hessische Ludwigs­bahn eine Umgehungs­strecke erbauen, die sogenannte Verbindungs­bahn. Diese nur für den Güter­verkehr vorgesehene Strecke wurde zum Beginn des Sommer­fahrplans am 1. Juni 1874 eröffnet. Diese Bahn kreuzte ebenerdig die Landstraße von Darmstadt nach Arheilgen. Sie wurde durch einen Schranken­posten gesichert. Auch der Bau der Dampf­straßenbahn nach Arheilgen 1890 änderte nichts an diesem Zustand. Zug­zusammen­stöße sind nicht überliefert.

1907 begann man mit dem Umbau der Bahnhofs­anlagen in Darmstadt. Der Haupt­bahnhof, wie die beiden Alten Bahnhöfe auch genannt wurden, wurde mehrere hundert Meter nach Westen verlagert. Damit verbunden war eine vollständig neue Einführung der Strecken aus Aschaffen­burg und aus dem Odenwald. Zudem hatte man einige Jahre zuvor das Chemie- und Pharma­unternehmen Merck vom Ostrand der Innenstadt auf einer Fläche zwischen der Verbindungs­bahn und dem Nachbarort Arheilgen angesiedelt. Das expandierende Unternehmen benötigte Arbeiter aus dem Umland, und so war es naheliegend, an der Kreuzung mit der Landstraße einen Bahnhof zu errichten.

1909 wurde eine provisorische Blockstelle Darmstadt-Nord eingerichtet, auch um den Baustellen­verkehr an der ebenerdigen Kreuzung mit der Landstraße besser handhaben zu können. Die heutige Brücke wurde erst 1912 fertig­gestellt; die Straßenrampen stammen aus dieser Zeit. Aus der provisorischen Block­stelle wurde nach­folgend ein Stellwerk für die Güter- und Personenzug­gleise.

Die Straßenbahn­linien 6, 7 und 8 verbinden Arheilgen mit der Darm­städter Innen­stadt, die Linie „R“ verkehrt von hier über das Gewerbe­gebiet Nord und die Kirschen­allee zum Haupt­bahnhof und weiter bis zum Böllen­falltor.


Aufgenommen

Nordbahnhof.

Bild 1: Vorsichtige Annäherung von Westen im Januar 2014.

Nordbahnhof.

Bild 2: Das Bahnhofs­gebäude an der Frankfurter Straße im Januar 2014.

Nordbahnhof.

Bild 3: Etwas näher betrachtet im Mai 2015.

Nordbahnhof.

Bild 4: Die Südseite an der Wende­schleife fü die (halbe) Ringbus­linie „R“ im August 2008.

Nordbahnhof.

Bild 5: Geradezu eine Miniatur ist dieses Fenster­chen an der Vorder­front. Solche Fenster­chen zeiren auch den Süd­bahnhof. Aufnahme vom September 2016.

Nordbahnhof.

Bild 6: Gehen wir hinein … (Januar 2015).

Nordbahnhof.

Bild 7: Menschen, die auf Rollatoren oder Rollstühle angewiesen sind, müssen leider draußen bleiben. Im Gegensatz zu Hunden. Aufnahme vom August 2008.

Nordbahnhof.

Bild 8: Im Eingangsbereich. Aufnahme vom August 2008.

Nordbahnhof.

Bild 9: Der Bahnsteig für die Odenwald­bahn ist reichtlich geschmückt mit Säulen und Ornamenten. Der andere Bahn­steig kommt hingegen ganz nüchtern daher. Aufnahme vom August 2008.

Nordbahnhof.

Bild 10: Detailansicht.

Nordbahnhof.

Bild 11: Die Bahnsteige im Januar 2013.

Nordbahnhof.

Bild 12: Eigens für die Triebwagen, die vom Odenwald nach Frankfurt fahren, wurde 2005 eine eigene Abzweigung auf die Güterzug­gleise geschaffen, welche kurz darauf wieder ausgefädelt wird. Aufnahme vom Mai 2015. Das führt dazu, daß das Gleis 4 gleich dreifach belegt wird: einmal von der Bahn aus Aschaffen­burg, einmal von der aus Frankfurt und einmal von der aus dem Odenwald nach Frankfurt. Bei den notorischen Ver­spätungen der Oden­waldbahn werden so weitere Verspätungen provoziert.

Nordbahnhof.

Bild 13: Dieses Gleis­wirrwarr ist wohl­durchdacht. Wir sehen links die beiden Gleise für die Oden­waldbahn, die auf die benach­barten Gleise für die Strecke nach Aschaffen­burg verschwenkt werden (ursprünglich wurden die vier Gleise parallel geführt) und danach zum Haupt­bahnhof entschwinden. Etwas mehr zur Bildmitte führt ein Güterzug­gleis die Rampe hinauf – ursprüng­lich waren es zwei; das zweite wurde aber nach 1945 nicht wieder aufgebaut. Die vier Gleise rechts sind die Verbindungs­bahn, der Abzweig nach Frankfurt und der Gleis­anschluß von Merck. Aufnahme vom Mai 2016.

Merck Güterzug.

Bild 14: Am 17. Mai 2018 verließ der „Merck­güterzug“ das Werks­gelände und fuhr nach Kranich­stein.

Nordbahnhof.

Bild 15: In diesem Bunker befindet sich die Technik zur Steuerung von Weichen und Signalen. Früher stand hier ein richtiges Stellwerk. Aufnahme vom Januar 2014.

Stellwerk.

Bild 16: Stellwerk am Nord­bahnhof. Aufnahme: Hans-Jörg Krispin, etwa 1986.

Nordbahnhof.

Bild 17: Ansicht des Nord­bahnhofs aus einem fahrenden Zug auf der Güterzug­strecke. Aufnahme S. Kasten, 25. Januar 2009, auf Wikimedia Commons, cc-BY-SA 3.0.


Wissenswertes

Der Nordbahnhof wurde von der Eisenbahn­direktion Mainz entworfen, unter deren Feder­führung zwischen 1908 und 1912 auch der Neubau des Haupt­bahnhofs mitsamt der kompletten Umge­staltung der Bahn­anlagen stand. Auch wenn der Mitarbeiter des Mainzer Baurats Friedrich Mettegang, Müller, seinen Namen unter die Planungen für den Nord­bahnhof setzte, so gleicht der Bau stilistisch dem von Friedrich Pützer entworfenen Haupt­bahnhof sowie dem Südbahnhof.

Der Bahnhof besteht aus einem zwei­geschossigen Gebäude, von dem ein Gleissteg zu den beiden Bahnsteigen führt. Der bauliche Zustand des Gebäudes ist nicht unbedingt als einladend zu bezeichnen. Kosten­intensive Renovierungen und stylische Glas­fassaden werden seitens der Deutschen Bahn AG andernorts errichtet. Gewöhn­liche Pendlerinnen und Pendler waren nicht wirklich die Wunsch­klientel des Bahn­managements um Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube.

Der Eindruck wird verstärkt, wenn wir die Innen­einrichtung betrachten. Dem Wandspruch, die Atommafia zu stoppen, kann ich mich nur anschließen. In den vergangenen Jahren wurden mehrfach Atommüll­transporte über den Darm­städter Nord­bahnhof geleitet.

Nordbahnhof.

Bild 18: Die Dachkonstruktion am Treppen­abgang zum Bahn­steig der Oden­waldbahn im August 2008.

Der Bahnsteig für die Oden­waldbahn ist ein besonderes Kleinod. Die Herkunft der Dach­konstruktion für diesen Bahnsteig ist unbekannt. Sie entstammt oder auch nicht den 1912 stillgelegten alten Bahnhöfen am heutigen Steubenplatz: Dies ist umstritten. Eine denkmal­topografische Schrift besagt:

„Ein Kuriosum ist die südliche der beiden Bahnsteig­hallen. Sie stammt aus den frühen Jahren der Eisenbahn und wurde von einem alten (nicht überlieferten) Bahnhof abgebaut und am Nord­bahnhof neu installiert – eine klassizistische Stahl­konstruktion am traditiona­listischen Nord­bahnhof.“ [1]

Nordbahnhof.

Bild 19: Säulen und Dach auf dem Bahn­steig der Oden­waldbahn im August 2008.

2011 geriet der Bahnhof in die Schlagzeilen, als an einem Bahnsteig ein Teil der Bahnsteig­kante abbrach und einen Pendler dabei mitriß. Für die Instand­haltung der Bahnsteige und deren Zugäge scheint das ehemalige Unternehmen Zukunft nur gerade so viel zu tun, daß sich die Schäden in Grenzen halten und die Kosten bei Unfällen eine mögliche General­renovierung unterschreiten. Anderthalb Jahre später bestritt das Unternehmen den Unfall vor Gericht. Nach dem Motto, „kann nicht sein“, wird allenfalls so viel zugestanden, wie nachweisbar ist.

Als bemerkenswert erwies sich hierbei die Hilfe­stellung der Darm­städter Staats­anwalt­schaft. Sie stellte ein Ermittlungs­verfahren wegen fahr­lässiger Körper­verletzung ein, weil die Bahn eine Verletzung der Aufsichts­pflicht verneint habe. Auf die Idee, selbst einmal zu ermitteln, ob an der abwiegelnden Aussage der Bahn etwas dran ist und wie der Brösel­zustand denn nun tatsäch­lich gewesen sei, scheinen die Damen und Herren der Ermittlungs­behörde wohl nicht gekommen zu sein. Immerhin hatte Darm­stadts Lokal­zeitung kurz nach dem Unfall den Selbst­versuch unternommen und mit der Hand an der Bahnsteig­kante erfolgreich herum­gebröselt.

Wenn es aber um absurdes Theater geht, dann kennt dieselbe Behörde einen Eifer, der schier unbeschreib­lich ist. So hatte ein Darm­städter Antiatom­aktivist noch vor dem 11. September 2001 die Medien dazu eingeladen, der Sprengung des Zufahrts­gleises zum AKW Biblis beizuwohnen. Die Presse erschien und traf einen lachenden Aktivisten mit seiner wasser­gefüllten Gießkanne an. Das Lachen verging ihm, als sich die politische Staats­anwalt­schaft der Sache annahm und sie tatsäch­lich vor Gericht brachte. Und wie das in politischen Verfahren so ist, es findet sich dann auch jemand, der nach Wunsch aburteilt.

Immerhin wurde nachträglich an den Bahnsteig­kanten herum­gespachtelt.

Das Stellwerk außerhalb des Bahnsteiges für die Main-Rhein-Bahn steuerte und verteilte den Verkehr nach Darmstadt, Mainz und (über eine eigene Verbindungs­kurve) nach Frankfurt. Es wurde im Dezember 1987 außer Betrieb genommen [2].

Zu Beginn der 2020er Jahre soll der Bahnhof aufgewertet werden. Er entspricht in seinem Zugang schon längst nicht mehr den Anforderungen an unbeschwertes Reisen. Direkt am Eingangsbereich sind fünf Treppenstufen zu überwinden. Eine Rampe gibt es nicht. Die beiden Bahnsteige sind ebenfalls nur über Treppen zu erreichen. Die Stadt Darmstadt schreibt nunmehr:

„Mit der Rahmen­vereinbarung ‚Bahnhofs­modernisierungs­programm Hessen‘ fließen bis zum Jahr 2030 insgesamt 584 Millionen Euro zusätzlich in moderne Bahnhöfe. Hiervon profitiert auch die Station Darmstadt Nord. Dank der neuen Rahmen­vereinbarung kann die Station mit Aufzügen ausgestattet werden. Geplant sind zwei Aufzüge, die jeweils von den Bahn­steigen direkt zur Straßen­brücke führen. Die Stadt Darmstadt und die Deutsche Bahn hatten sich im Sommer auf diese Lösung verständigt, was die Aufnahme in dieses Finanzierungs­programm beschleunigte. Mit diesem Schritt wird der barriere­freie Umbau der bedeutenden Umsteige­station abge­schlossen. Denn der Bahnsteig 3/4 ist bereits komplett erneuert und modernisiert. Gleiches gilt für die Bahnsteig­dächer. Die Bauar­beiten am Bahnsteig 1/2 sind im vollen Gange. Auch hier findet eine komplette Sanierung inklusive dem Einbau eines Blinden­leitsystems statt.

Aber nicht nur an den Bahn­steigen der Verkehrs­station Darmstadt Nord tut sich etwas, auch das Bahnhofs­gebäude soll attraktiver werden. Hierauf haben sich die DB und die Stadt Darmstadt ebenfalls verständigt. Beide arbeiten gemeinsam an einem Gesamt­konzept, das unter anderem die komplette Sanierung des denkmal­geschützten Gebäudes vorsieht und die Finanzierung des Vorhabens sicher­stellt. Ein Verkauf des Gebäudes von DB an die Stadt wird nicht erfolgen. Insgesamt sollen das Bahnhofs­gebäude und der Vorplatz deutlich aufgewertet werden. In einem ersten Schritt wurde der Vorplatz des Bahnhofs neu gepflastert.“ [3]

Wenn ich das nächste Mal in Darmstadt bin, werde ich mir den Baufort­schritt einmal anschauen.