Industriegleise im Fabrikviertel Darmstadt.
Industriegleise
im Fabrikviertel
Darmstadt

Einleitung

Schon in den Jahren, als erste bescheidene Anfänge der Industrialisierung Darmstadts vorzufinden waren, wurden 1872 einige Darmstädter Fabriken an das entstehende Bahnnetz der Hessischen Ludwigsbahn angeschlossen. Rund zwanzig Jahre später wurden weitere Teile des Fabrikviertels mit den Güteranlagen der Main-Neckar-Bahn verbunden. In den folgenden Jahrzehnten sollten etwa fünfzig Industriebetriebe und Einrichtungen einen Gleisanschluß besitzen. Die Gleisanlagen wuchsen, den Bedürfnissen der Produktion entsprechend, bis seit den 50er Jahren das Lastauto den Güterwaggon abzulösen begann. Derzeit, nach dem Kahlschlag durch MORA-C, werden nur noch fünf Darmstädter Betriebe per Bahn mit der Welt vernetzt. Für MORA-C war die automobil­hörige Führungs­etage der Deutschen Bahn AG verantwortlich und hat folgerichtig genau dafür ihre fetten Boni kassiert. Mission accomplished!

Die hier vorliegende Dokumentation zu den Industriegleisen im Fabrikviertel Darmstadt soll einen Überblick über die Geschichte dieser Anlagen bieten. Zuweilen wird hierbei auch die Geschichte einzelner Darmstädter Firmen, soweit sie aus Akten und anderen Dokumenten rekonstruierbar ist, erzählt. Die Darstellung ist nicht abgeschlossen, sondern bedarf weiterer Ergänzungen. Sie ist zudem ein Seitenprojekt zu meiner Dokumentation der Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau.

Nicht alle Quellen sind zuverlässig, nicht alle in Urkunden und Büchern zu findende Daten korrekt. Manches bleibt widersprüchlich. Übertragungs- und Tippfehler sowie syntaktisch nicht zuende gedachte Satzgebilde sind ärgerlich, aber kommen vor. Für Hinweise hierauf bin ich dankbar und betrachte sie nicht als Besser­wisserei von Menschen, die anderswo nach Fehlern suchen. Fehler sind dazu da, gemacht zu werden und daraus zu lernen, es besser zu machen. Soweit sich Widersprüche in verschiedenen Darstellungen und Unterlagen finden, versuche ich, sie begründet aufzulösen, oder lasse sie als Widerspruch stehen. Die zahlreichen Links und Literaturlisten sollen es anderen neugierigen Frauen und Männern ermöglichen, meine Darstellung nachvollziehen zu können, sie zu überprüfen oder gar unter einem anderen Blickwinkel zu korrigieren.

Als politischer Mensch nenne ich die Dinge beim Namen. Ich bezeichne Ausbeutung als Ausbeutung und nicht als Marktwirtschaft, habe für Militär und Krieg, egal mit welcher schönfärberischen Begründung, nichts übrig, und benenne die Ausplünderung anderer Länder und insbesondere deren Bewohnerinnen und Bewohner nicht als „terms of trade“, sondern betrachte sie als ein Verbrechen. Das gilt nicht nur für die deutschen Raubzüge im Krieg von 1870/71, im Ersten und Zweiten Weltkrieg, sondern auch für neokoloniale heutige Zeiten. Dies findet sich in meinen diversen Darstellungen auf dieser Webseite auch genauso wieder. Das mag für manche Lesende störend wirken, und hätte dann seinen Zweck erfüllt.

Eine regelmäßig aktualisierte Übersicht zu neuen Darstellungen oder der Ergänzung bestehender Seiten ist hier zu finden.


Darstellung der Gleisanlagen

Zur besseren Darstellung habe ich die Industriestammgleise der Stadt Darmstadt mit den Buchstaben A bis H versehen. Sie sind mein gedankliches Konstrukt und haben in dieser Form nie bestanden.

Güterverkehr einst und heute

Der Güterverkehr auf den noch vorhandenen Gleisanlagen ist zwar nicht rege, aber immerhin vorhanden. Ab und an gelingt es, die meist unregelmäßig verkehrenden Fahrten abzupassen.

Die Lokomotivfabrik

Seit 2012 schreibe ich an der Geschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt. Nachdem ich eine erste Rohfassung veröffentlicht hatte, bin ich für die ausführliche und weitestgehend unerforschte Geschichte dieses Unternehmens in Archiven und Bibliotheken verschwunden, um von dort eine Fülle neuen Materials mitzunehmen, das ein vollkommen neues Bild dieser Fabrik mit sich bringt. Die hieraus resultierende Langfassung ist derzeit auf neunzehn Kapitel projektiert und enthält in mehreren Anlagen vielerlei Dokumente aus der Unternehmens­geschichte. Die genaue Kapitel- und Material­übersicht befindet sich im Inhaltsverzeichnis.

Geschichte anderer Industriebetriebe (zum Teil mit Dokumenten)

Die Darstellung der Gleisanlagen im Fabrikviertel enthält mehrere Exkurse zu einzelnen Industrie­unternehmen des 19, und 20. Jahrhunderts. Weitere Betriebe werden auf eigenen Seiten vorgestellt. Die Auswahl der Unternehmen ist fallbezogen und lückenhaft. Eine vollständige Darstellung der Firmen des Fabrikviertels würde ein eigenes Buch nach sich ziehen, das ich jedoch nicht vorhabe zu schreiben. Zu den Unternehmen Bahnbedarf, Goebel, Merck, Motorenfabrik Modag, Roeder, Röhm & Haas sowie Schenck (und evtl. anderen) gibt es Darstellungen in Broschüren oder Büchern, bei denen insbesondere in Eigendarstellungen die Schönfärberei mitberücksichtigt werden muß.

Die Akteure

Die Geschichte von Darmstadts Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wäre unvollständig ohne die Darstellung der sozialen Akteure und ihrer Handlungen. Fabriken stehen ohne Arbeitskräfte leer; und die Arbeiterinnen und Arbeiter des 19. und 20. Jahrhunderts mußten lange darum kämpfen, nicht ewig lange zu miesen Konditionen ausgebeutet zu werden. Das Rollback findet seit den letzten Jahrzehnten des 20. und im 21. Jahrhundert statt …

Dies und das

Wenn man einmal anfängt, sich mit einem bestimmten Thema näher zu befassen, landet man unweigerlich bei etwas ganz Anderem. Und von dort geht es dann immer weiter; und man muß sich dann fest vornehmen, an einer bestimmten Stelle nicht mehr weiterzuforschen. Sonst ufert das endlos aus und jeglicher innerer Zusammenhang geht verloren. Dennoch bleiben einige Fundstücke, die nicht so recht zu den vorigen Kategorien passen und in ihrer unerforschten Unvollständig­keit als Marginalie zu betrachten sind.

In den 1780er Jahren experimentierte der Darmstädter Kammerrat Philipp Engel Klipstein mit verschiedenerlei Dampfapparaten. So rückständig erscheint Darmstadt demnach nicht.

Bei meiner kursorischen Lektüre Darmstädter Zeitungen mit einem Mikrofilm-Lesegerät fand ich ganz nebenbei einen Hinweis auf eine frühe Darmstädter chemische Fabrik.

Ebenso zufällig fand ich auf einer globalen Auktionsplattform ein Schreiben, das den Namen Buschbaum enthält. Johann Ludwig Buschbaum war Mechanikus und von 1837 bis 1844 Miteigentümer der Maschinenfabrik und Eisengießerei, damals noch als „Buschbaum & Comp.“ firmierend; siehe hierzu auch das zweite Kapitel 2 meiner Geschichte dieser Maschinenfabrik. Das ist dann auch schon der einzige Grund, weshalb ich das Schriftstück erwarb, einscannte, transkribierte und online gestellt habe. Das Darmstädter Stadtarchiv hatte an diesem Fundstück jedenfalls kein Interesse.

Im dreizehnten Kapitel meiner Geschichte der Maschinenfabrik kommen die Arbeiter zu Wort. Einige von ihnen gründeten 1868 in Darmstadt eine Baugenossen­schaft, die unter chronischem Geldmangel litt. Um weitere Unterstützerinnen und Unterstützer für den geplanten sozialen Wohnungsbau zu finden, veröffentlichte der Vorstand der Genossenschaft eine Selbst­darstellung, verbunden mit dem Aufruf mitzuwirken. Da nicht abzusehen ist, daß die Hessischen Volksblätter in absehbarer Zeit digitalisiert werden und öffentlich einsehbar sind, folgt hier der Link zum vom Mikrofilm eingescannten Aufruf.

Auf der Suche nach Dampfmaschinen und Dampfkesseln, die von den Arbeitern der Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt gefertigt wurden, stieß ich auf den Aktenbestand des Hessischen Staatsarchivs G 15 Darmstadt. Das auf der Webseite des Staatsarchivs (wieder) vorhandene Findbuch hierzu verweist sehr allgemein auf die Betreiber derartigen Anlagen, ohne ins Detail zu gehen. Meine Auflistung gibt einen Überblick über Lieferungen, Produzenten und weitere Daten, ist jedoch alles andere als vollständig. Vielleicht ist sie dennoch von einem gewissen Nutzen.

Aus meiner Beschäftigung mit der Eisenbahn- und Industrie­geschichte Darmstadts im 19. Jahrhunderts sind bislang drei neue Wikipedia-Artikel entstanden. Diese werden gewiß im Laufe der Zeit einige nicht von mir zu verantwortende Veränderungen erfahren.