Die schon zuvor bestehende Maschinenfabrik und Eisengießerei in Darmstadt wurde mit Unterstützung der ebenfalls in Darmstadt ansässigen Bank für Handel und Industrie 1857 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Liquidation des Unternehmens wurde mit der Generalversammlung am 21. Dezember 1878 eingeleitet.
Kapitel 2 behandelt die Unternehmensgeschichte von etwa 1837 bis 1844. Mit der Gründung des Unternehmens Buschbaum und Comp. beginnt die eigentliche Geschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei in Darmstadt. Der Mechanikus Johann Ludwig Buschbaum hatte schon in den 1820er Jahren für Hektor Rößler gearbeitet und errichtet nun seine Fabrik auf dem Rößler'schen Gelände an der Chaussee nach Arheilgen und weiter nach Frankfurt.
Dieses Kapitel zur Geschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei ist die Fortsetzung von Kapitel 1 – Hektor Rößler richtet eine Werkstätte ein –, welches den Zeitraum von etwa 1807 bis 1837 behandelt hat. Dort erfuhren wir, daß der Münzmeister und Münzrat Hektor Rößler 1837 versucht hatte, seine Hofreite an der Arheilger Chaussee zu verkaufen. Dieses Vorhaben scheint sich schwieriger als gedacht erwiesen zu haben, so daß statt dessen Johann Ludwig Buschbaum mit seiner eigenen Werkstätte die Räumlichkeiten auf dem weitschweifigen Gelände bezieht.
Die Hofreite mit der Anschrift Lit. F Nr. 209 enthält im Darmstädter Adreßbuch eine zunächst kurios erscheinende Besonderheit. Das Adreßbuch von 1843 führt nämlich im Einwohnerverzeichnis unter dieser Anschrift den Mechaniker [Johann Ludwig] Buschbaum mit dem Zusatz „Arheilger Chaussee“ auf, während der als Fabrikant bezeichnete Friedrich Rößler den Zusatz „Vor dem Mainthor“ erhält. 1840 wurde hier hingegen nur Buschbaum genannt. Daraus ließe sich die Vermutung ableiten, daß Buschbaum im repräsentativen Gebäude an der Hauptstraße und Rößler in einem Seitengebäude gewohnt haben. Das linke Seitengebäude war mit fünf Räumen und einer kleinen Küche ausgestattet. [1]
Im Häuserverzeichnis hingegen, das die Distrikte (litterae) alphabetisch und innerhalb derselben numerisch durchzählt, wird 1843 unter Lit. F Nr. 209 der Münzrath Hektor Rößler aufgeführt, der demnach weiterhin Eigentümer des Grundstücks ist. Die Bewohner oder Nutzer des Gebäudes sind über das Einwohnerverzeichnis zu erschließen. Die Angabe „Vor dem Mainthor“ ist als eine Art Sammelbezeichnung für all die Grundstücke aufzufassen, die nördlich bzw. nordwestlich der alten Stadtumfassung gelegen haben und oftmals allenfalls – je nach Witterung – an einen staubigen oder schlammigen Trampelpfad angebunden waren. So findet sich hierzu zweieinhalb Jahrzehnte später, im Herbst 1869, eine kleine Randbemerkung in einer der Darmstädter Zeitungen:
„Darmstadt, 27. Nov. Unweit der Schneidmühle bei Darmstadt sind mehrere Häuser für Arbeiter erbaut, der Weg von jenen nach der Stadt ist aber, mit Ausnahme der Sommermonate, so schmutzig und so mit Wasserlachen erfüllt, daß nicht nur den Erwachsenen sondern auch die in die Schule gehenden und heimkehrenden Kinder, in Ermangelung wasserdichter Jagdstiefel, nur mit wassererfüllten Fußbekleidungen wandeln. Diesem Nothstande ist durch ein von der Promenadenstraße nach den Arbeiterhäusern stehendes erhöhtes Trot[t]oir, auf der östlichen, bezüglich nördlichen Seite der Straße, von Seiten der Stadt abzuhelfen. Es hat doch der Verschönerungsverein, mit seinen geringen Mitteln, für die Dankerfüllten Arbeiter von Ober- und Niederramstadt, Traisa und Roßdorf wohl mehr gethan!“ [2]
Mit Beginn der Baumaßnahmen im Blumenthalviertel sollte eine solche Straße, die Blumenthalstraße, planiert werden; ob damit auch ein regenfestes Trottoir verbunden war, ist nicht überliefert. Die Schneidmühle lag im freien Feld und vesaß die Anschrift Lit. F. Nr. 210 bezeichnet) gemeint. Drei der vom Bauverein Ende der 1860er Jahre erbauten Arbeiterhäuser standen rund fünfzig Meter südwestlich der Mühle, an der Ostseite der Blumenthalstraße zwischen Landwehrstraße und Alicestraße.
Bei der Anschrift Lit. F Nr. 209 bezeichnet der Buchstabe „F“ den Stadtdistrikt (in einer Reihe von „A“ bis „I“), innerhalb dessen die im Distrikt liegenden Häuser durchnumeriert werden. Grundlage der Numerierung ist das in selbige Distrikte eingeteilte Brandversicherungskataster. Dabei kann es durchaus vorkommen, daß von einer Häuserzeile in eine weitere einer Nachbarstraße fortgezählt wird, bevor nach einem „Rundgang“ wieder in die ursprüngliche Straße zurückgekehrt wird. Nachträgliche Bauten scheinen nachnumeriert worden zu sein, weshalb das Ganze im Laufe der Zeit etwas undurchsichtig wird. Solange die Provinzmetropole klein und überschaubar bleibt, ist für Behörden und Postzusteller die Zuordnung noch leicht herzustellen. Mit dem Wachstum der Stadt wird Mitte der 1860er Jahre auf das uns gebräuchliche Adreßsystem mit Straßen und durchgehenden Hausnummern umgestellt, so daß aus Lit. F Nr. 209 „Vor dem Mainthor“ die Anschrift Frankfurterstraße 50 erwächst.
Das Datum der Gründung des neuen Unternehmens läßt sich, mit der angesetzten Versteigerung im Mai als terminus post quem, auf die Sommermonate Juni bis August 1837 datieren. Denn schon im September stellt das Unternehmen auf der ersten Darmstädter Gewerbeausstellung seine Produkte aus, wobei anzunehmen ist, daß hier weniger neue Buschbaum-Fertigungen, als vielmehr Bestände aus der Rößler'schen Werkstätte gezeigt worden sein dürften. Als Teilhaber von Buschbaum und Comp. sind neben dem Namensgeber Johann Ludwig Buschbaum die beiden Rößler-Brüder Hektor (sen.) und Friedrich denkbar. Bei der Ausstellung im September 1837 präsentierte Buschbaum und Comp. eine Handwalzen-Druckerpresse mit Selbstschwärzung [3]. Die Beurteilungskommission zu dieser Gewerbeausstellung faßte ihren Eindruck von diesen Gegenständen wie folgt zusammen:
„Herr Ludwig Buschbaum, Mechanikus und Maschinenfabrikant in Darmstadt, lieferte eine Handwalzendruckpresse mit Einrichtung zum Selbstschwärzen, eine dreigängige Preßschraube und eine Stellschraube für ein Walzwerk.
Diese Gegenstände hat Herr Buschbaum bereits schon vor längerer Zeit in der vormaligen mechanischen Werkstätte des Herrn Münzrath Rößler verfertigt und lieferte durch ihre Ausstellung den Beweis von Geschicklichkeit in seinem Fach und von einer nicht gewöhnlichen Sorgfalt und Akkuratesse seiner Arbeiten. Die gelieferte Preßschraube war bereits mehrere Jahre an einem der großen Prägwerke der Großh[erzoglichen] Münze im Gebrauch, und noch ganz in ihrer ursprünglichen Schärfe.
Herr Buschbaum, welche längere Zeit auf der Ludwigshütte, theils unter herrschaftlicher Verwaltung, theils unter ihren dermaligen Besitzern, als Werkmeister angestellt war, und daselbst vielfache Gelegenheit hatte, die Ausführung größerer Maschinen u. s. w. zu leiten, hat vor kurzem eine Maschinenwerkstätte in Darmstadt etablirt.“ [4]
Das neugegründete Unternehmen Buschbaum und Comp. erhielt bei der ersten Darmstädter Gewerbeausstellung im September 1837 noch keine Auszeichnung. Dafür gab es mehrere Gründe, die mit der Qualität der ausgestellten Gegenstände nur bedingt zu tun hatten. Im Gegensatz zu späteren Gewerbe- und Industrieausstellungen, nicht nur in Darmstadt, sondern überhaupt, beschränkte der Gewerbeverein die Vergabe von Medaillen auf ein überschaubares Maß und vermied so eine geradezu inflationäre in Metall gegossene Lobhudelei. Auf ihrer Sitzung am 16. August 1837 beschlossen die vereinigten Ausschüsse des Gewerbevereins, maximal eine goldene, fünf silberne und fünfzehn bronzene Medaillen zu überreichen, verwässerten diese löbliche Zurückhaltung jedoch durch das Einführen einer vierten Kategorie, der „ehrenvollen Erwähnung“. Die Beurteilungskommission bestand aus dem Kabinettschreiner Fehring, dem Oberbaurat Dr. Lerch, dem Medizinalrat Heinrich Emanuel Mer[c]k, dem Fabrikanten Moldenhauer, dem Münzrat Hektor Rößler als Vorsitzenden, sowie dem Kaufmann Karl Zöppritz. Diese Beurteilungskommission gab sich wiederum einige modifizierende Regeln. Für die Vergabe der Goldmedaille sollen nicht nur höchste Kunstfertigkeit und Vollkommenheit leitend sein, sondern zudem die Wichtigkeit des Industriezweiges, die Größe des Etablissements und der Ruf seines Besitzers. Da man sich hier nicht zwischen mehreren durchaus würdigen Kandidaten entscheiden wollte, vergab man keine goldene Medaille, dafür jedoch eine weitere silberne. Silbermedaillen erhielten somit der Tapetenfabrikant Hochstätter aus Darmstadt, der Hutfabrikant Wilhelm Martini aus Offenbach, der Hofmechanikus Siener aus Darmstadt, der Kupferdrucker Felsing aus Darmstadt, der Apotheker Friedrich Koch aus Oppenheim und der Möbelfabrikant Knußmann aus Mainz. Des weiteren wurden fünfzehn Bronzemedaillen und sechzehn ehrenvolle Erwähnungen vergeben. Selbstredend betrachteten sich die Mitglieder der Beurteilungskommission quasi als außer Konkurrenz. [5]
„Nachträglich habe ich nur noch zu erwähnen, daß ich ein Exemplar der von mir angegebenen Wasserwaage mitgebracht und hier aufgestellt habe, um zu zeigen, wie solche jetzt in vollkommenerem Zustande, mit achromatischem Fernrohre und die Schrauben der Richtmaschine in Metall gehend, in der für alle mechanischen Leistungen und insbesondere auch für größere Maschinen jeder Art neu errichteten Werkstätte des geschickten Mechanikus Buschbaum in Darmstadt, der viele Jahre erster Arbeiter in der vormaligen berühmten mechanischen Werkstätte des gegenwärtigen Großherzoglichen Münzraths Rößler war, angefertigt werden. Herr Buschbaum hat eben für meine letzten Schüler 30 Stück dieser Instrumente vollendet. Die Einrichtung bin ich bereit näher zu erläutern, wenn es gewünscht werden sollte.
Das Wesentliche meines Antheils daran besteht in der Anordnung, daß nur alle die Theile, wovon die Genauigkeit abhängt, von Messing, und Stahl vom Mechanikus, alle übrigen aber von Eisen und Holz vom Schlosser und Schreiner angefertigt sind, wodurch bei gleicher Brauchbarkeit, die hier zu wünschende Wohlfeilheit erreicht wurde. Herr Buschbaum ließ übrigens auch die Schlosserarbeiten in seiner Werkstätte fertigen, da er in seinem großen Etablissement dafür eingerichtet ist. Im übrigen stimmt das Instrument, wie ich schon früher in meiner Schrift anführte, mit der neuen verbesserten Einrichtung von Rößler überein, ist also frei von den Mängeln der veralteten Branderischen Form, wo die Libelle auf dem Fernrohre befestiget war. Hier liegt die Libelle geschützt, und die Einrichtungen zur Berichtigung sind einfach, sicher und handgreiflich, welches alles für den hier beabsichtigten Zweck sehr wesentlich ist.“
Quelle: Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Landwirthe zu Karlsruhe im September 1838, Seite 63. Der Preis dieser Wasserwaage betrug 45 Gulden. [6]
Hektor Rößler hatte 1834 den Eisenhammer seines Bruders Friedrich in Schönberg übernommen. Im Juli 1838 läßt er einige dort gefertigte Eisenröhren und Pferdekrippen nach Darmstadt zu Johann Ludwig Buschbaum bringen, um sie in Darmstadt zu vertreiben. Einer Annonce des „Darmstädter Frag- und Anzeigeblattes“ zufolge firmiert Rößlers Unternehmung im Lautertal als „Schönberger Eisenwerk“. [8]
Auf der zweiten Darmstädter Gewerbeausstellung vom 1. bis zum 15. September 1839 errang Buschbaums Unternehmen eine silberne Medaille; vergeben werden sollten wiederum goldene, silberne und bronzene Medaillen, sowie als weitere Preiskategorie die ehrenvolle Erwähnung. Die nunmehrige Beurteilungskommission bestand aus den Herren Zamminer (Vorstand), Fehring, Lerch, Dr. Moldenhauer, K. Netz und dem Münzrat Rößler. Sie wich insofern von dieser Vorgabe ab, als sie auf die ehrenvollen Erwähnungen verzichtete, statt dessen eine goldene, neun silberne und siebzehn bronzene Medaillen verteilte. Die goldene Medaille ging an die Mainzer Lederfabrik Mayer, Michel und Denninger, die silbernen an: Ludwig Berdelle, Chaisenfabrikant in Mainz, Fr. Brazy, Tapetenfabrikant in Mainz, Ludwig Buschbaum und Comp., Maschinenfabrikant in Darmstadt, den Uhrmacher Fr. Moritz Illig in Darmstadt, Mer[c]k und Pabst, Stearinlichterfabrikanten in Darmstadt, Gebrüder Schneider, Papierfabrikanten in Nidda, den Modelleur Jakob Schröder in Darmstadt, den Instrumentenmacher Balthasar Vierheller in Darmstadt und an die Gebrüder Wüst, Buntpapierfabrikanten in Darmstadt [9]. Ein Zeitungsbericht erwähnt
„einige in ausgezeichneter Vollkommenheit gefertigte Arbeiten aus der Maschinenfabrik von Buschbaum u. Comp. dahier, als: eine Maschine zum Justiren der Münzen, eine dreigängige Schraube für ein großes Prägwerk, ein sägenförmiges Schraubengewinde für ein Walzwerk (diese Stücke sind für die neue Münze in Frankfurt bestimmt) und eine eiserne Drehbank.“ [10]
Bild 02.02 und 02.03: Die Silbermedaille für „Lud. Buschbaum & Comp. in Darmstadt“ zeigt auf der Rückseite das „Logo“ des 1836 gegründeten Hessischen Gewerbevereins, nämlich die Rößler'sche Dampfmaschine in der Münze. Der Durchmesser beträgt 51 mm. Das Exemplar befindet sich im Besitz des Verfassers.
Die dem jungen Unternehmen wohlgesonnene Kommission hielt sich ein wenig länger mit der Würdigung desselben auf.
„Hr. Ludwig Buschbaum & Comp. in Darmstadt ([mit den Katalognummern] 448–451). Diese im Jahr 1837 etablirte Maschinenwerkstätte hat während der kurzen Zeit ihres Bestehens bereits sehr vorzügliche Arbeiten geliefert, und Hr. Buschbaum hat durch die von ihm zur Ausstellung gebrachten Gegenstände, nämlich: eine dreigängige Schraube, eine Justirmaschine und eine eiserne Drehbank, bewiesen, wie es sich derselbe zur Aufgabe gemacht hat, allen, aus seiner Werkstätte hervorgehenden Arbeiten die mechanische Vollendung zu geben. In der That konnte die von ihm gelieferte, für ein Prägwerk der neuen Frankfurter Münze bestimmte, dreigängige Schraube, welche 7 Zoll im äußeren Durchmesser hatte und sich in dem Zustand befand, in welchem sie von der Schneidmaschine genommen wurde, als ein Meisterstück mechanischer Arbeit betrachtet werden, sowie die von ihm gelieferte, gleichfalls für die Frankfurter Münze bestimmte, Justirmaschine eine seltene Schärfe und Sorgfalt in ihrer Ausführung verrieth. Die Commission glaubt daher, daß die verdienstlichen Leistungen des Hrn. Buschbaum Anerkennung verdienen und empfiehlt ihn zur Ertheilung der silbernen Medaille.
Jene Arbeiten von anerkannt trefflicher Ausführung zu liefern, ist Hrn. Buschbaum möglich durch die, größtentheils selbst von ihm verfertigten Maschinen und Werkzeuge zur Bearbeitung der einzelnen Maschinentheile. Wir heben unter diesen besonders hervor: eine große Drehbank mit Support, Selbstgang und einer Vorrichtung, um Flächen und Bahnen von 8 Fuß Länge zu ebnen und Planflächen von 40″ Durchmesser zu drehen; eine mit dieser Drehbank in Verbindung zu bringende Vorrichtung, um Zahn- und Winkelräder von Metall, eine Schraubenschneidmaschine, um mehrfache Gewinde von jedem beliebigen Durchmesser und von 10 Fuß Länge zu schneiden, ferner eine Cylinderbohrmaschine mit Selbstgang, um Cylinder von 3½ bis 12 Zoll Durchmesser zu bohren. Wir erwähnen endlich noch sechs vortrefflicher, mit Support, Selbstgang und Vorgelege versehener Drehbänke, wovon 4 ganz von Eisen sind, ferner eine sehr sinnreich erdachte, mit den Drehbänken in Verbindung zu bringende höchst nützliche Maschine, um Gewinde, rechte sowohl wie linke, von jeder beliebigen Dicke und Steigung zu schneiden.
Diejenigen Maschinen, mit deren Anfertigung Hr. Buschbaum, außer den für seine eigene Werkstätte bestimmten Einrichtungen, bis dahin vorzugsweise sich beschäftigt hat, sind die verschiedenen, in Münzen gebräuchlichen Maschinen und Werkzeuge, von denen gegenwärtig wieder eine Anzahl, für die neue Frankfurter Münze bestimmt, in Arbeit sich befinden, nämlich ein großes vollständiges Prägwerk, ein Walzwerk mit Zug- und Schneidvorrichtung, Justir- und Durchschneidmaschinen, Gießapparate, Justir- und größere Waagen.“
Quelle: Zusammenstellung und Begutachtung der zur zweiten Gewerbeausstellung eingesandten Fabrikate, in: Verhandlungen des Gewerbvereins für das Großherzogthum Hessen, II. Quartalheft 1839, Seite 69–101, Zitat auf Seite 71.
Die Buschbaum'sche Maschinenfabrik scheint 1839 mit Frankfurter Aufträgen gut ausgelastet gewesen zu sein. Doch hat Johann Ludwig Buschbaum all die hier erwähnten Maschinen und Werkzeuge selbst „verfertigt“, wie alle großen Männer, oder hat er vielleicht doch den einen oder anderen tüchtigen Arbeiter zur Hand gehabt, der womöglich die Drecksarbeit leisten mußte, für deren Ergebnis sein Meister dann so sehr gelobt wird?
Der Frankfurter Senat hatte 1838/39 auf Empfehlung des Münzrats Hektor Rößler dessen Sohn Friedrich Ernst zum Verwalter der Frankfurter Münze bestellt, der selbige daraufhin mit Hilfe seines Vaters und der Maschinenfabrik Buschbaum & Comp. technisch auf den neusten Stand brachte [11]. Aber auch die Darmstädter Münze wurde 1840 durch einen größeren Auftrag in Anspruch genommen.
„Frankfurt, 19. Febr. In voriger Woche gingen von hier bedeutende Quantitäten Silber-Barren nach Darmstadt ab, um dort in der großherzoglichen Münze in Vereinsmünzen geprägt zu werden. Die Sendungen geschahen von dem Hause Rothschild. Man vermuthet, daß sie bereits durch das Anlehen veranlaßt worden sind, welches der Großherzog von Hessen bei dem Hause Rothschild negozirt hat. Für die Kenntnß in Betreff der Geldcirculation möchte die Notiz nicht ohne ein gewisses Interesse seyn, daß das Haus Rothschild es ist, welches den Münzvereinsstaaten zum größten Theil die Lieferungen an Silber-Barren für die Prägung der Vereinsmünzen gemacht hat und noch macht, und daß diese Silbervorräthe meistentheils über Hamburg bezogen worden sind. (Nürnb[erger] Korr[espondent])“ [12]
Der Münzwardein Friedrich Ernst Rößler ist nicht zu verwechseln mit dem Kaufmann Friedrich Rößler. [13]
Friedrich Ernst kam am 25. November 1813 als fünftes von acht Kindern des späteren Münzrats und der Karoline, geb. Olf, zur Welt. Seine Ausbildung erhielt er in der väterlichen Werkstätte, bevor er ein Praktikum in München absolvierte und weitere Münzstätten in Wien, Stuttgart und Karlsruhe aufsuchte. Er kehrte etwa 1834 nach Darmstadt zurück. 1838/39 stellte der Frankfurter Senat Friedrich Ernst Rößler, den Sohn des Münzrats, auf dessen Empfehlung hin für die Reorganisation der Frankfurter Münze ein. Nachdem er sich offensichtlich bewährt hatte, ernannte man ihn zum 1841 zum Münzwardein, unter der Voraussetzung, daß er das Frankfurter Bürgerrecht erwarb. Folgerichtig findet sich im Stadtarchiv Darmstadt für 1841 ein Auswanderungsgesuch nach Frankfurt. Er stirbt 1883 in Frankfurt am Main. [14]
Der in einem späteren Darmstädter Adreßbuch als Fabrikant bezeichnete Friedrich Rößler war der jüngste von sieben Brüdern (und zwei bald nach der Geburt gestorbenen Schwestern) des Münzrats Hektor Rößler. Der am 19. Dezember 1787 geborene Friedrich Gottlieb Rößler wird in Darmstadt 1815 erstmals als Geschäftsmann faßbar. Im Herbst dieses Jahres annoncierte er im Darmstädtischen Frag- und Anzeigeblatt sogenannte Spatöfen und das Neuwieder Gesundheitsgeschirr.
„Durch die gegenwärtige Theuerung der Brennmaterialien sehnten sich so viele ökonomische Personen nicht nur nach holzsparenden Feuerheerden, sondern auch nach zweckmäßigem, haltbarem und wohlfeilem Kochgeschirr.
Dieser Wunsch ist endlich durch die nützliche Erfindung der bei mir zu erhaltenden Sparheerde, wovon das Nähere in meinen Abzeichnungen zu ersehen ist, und durch das so zweckmäßige Neuwieder Gesundheitsgeschirr, dessen Bestandtheile Eisen, mit dem reinsten Zinn bedeckt, sind, auf das Vollkommenste befriedigt worden. Die Zweckmäßigkeit dieser Geschirre ist durch vieljährige Erfahrung längst vortheilhaft entschieden; auch sind sie durch die chemischen Untersuchungen geschickter Aerzte für die menschliche Gesundheit als sehr zuträglich befunden worden. Die oben genannten Bestandtheile dieses blos durch den Hammer zusammengefalzten Geschirres, woran nicht die mindeste Löthung stattfindet, ist ein von allen Unreinigkeiten ausgebeiztes Eisen, mit gereinigtem feinem Zinn dergestalt verbunden, daß wenn die Gefäße nach Vorschrift (die ich noch schriftlich ausgeben werde) behandelt, nie wieder verzinnt zu werden brauchen. Sollte jedoch nach langem Gebrauche die Verzinnung ganz abgehen, und die Gefäße durch Vernachläßigung der Reinlichkeit ganz unscheinbar werden, so können solche zum Ausbessern und Verzinnen bei mir abgegeben werden, welches ich alsdann mit wenigen Kosten wieder wie neu herzustellen besorgen werde. Die Billigkeit der Preiße und die Dauerhaftigkeit der Waaren wird übrigens den Beifall des Publikums sichern.
Bei dieser Gelegenheit empfehle ich mich auch meinen Freunden mit allen Arten Eisen und Eisenwaaren, als Staab- oder Stangeneisen, Drath [sic!], aller Art Oefen, schwarze und verzinnte Bleche, Schwämmen, und sonst noch vielen anderen dahin einschlagenden kleineren Artikeln.
Ich werde mich stets bestreben, die Zufriedenheit meiner Gönner zu erwerben.
Darmstadt den 14ten September 1815.
Friedrich Rößler,
hinter dem Rathause [15]
Der Wiener Kongreß setzte im Juni 1815 den Schlußpunkt hinter die im Gefolge der Französischen Revolution geführten Koalitionskriege, die eine Neuordnung Mitteleuropas durch Napoleon Bonaparte brachten. Die kleine Landgrafschaft Hessen-Darmstadt profitierte hiervon ungemein, zumal es dem Landgrafen Ludwig X. gelang, immer wieder rechtzeitig die Seiten zu wechseln und weitere Gebiete zu arrondieren. Die Beute bestand in weiträumigen Gebieten in Oberhessen und Starkenburg, vor allem aber im Erwerb der wirtschaftlich reichen rheinhessischen Gebiete. Mit dem durch den Wiener Kongreß verkündeten Frieden konnten die Geschäfte wieder aufblühen, was sich alsbald im wachsenden Umfang der Annoncen in Darmstadts Anzeigeblatt bemerkbar machte. Friedrich Rößler nutzte die Gunst der Stunde und etablierte sich als Eisenhändler. Sein Domizil hatte er in der Schustergasse an der marktabgewandten Rückseite des Rathauses mit der späteren Anschrift Lit. D Nr. 39. Im August 1816 erhielt er dort die Erlaubnis, Salz auszuwiegen. [16]
1817 erwarb er in der Kirchstraße ein Wohnhaus und eröffnete dort im Juli ein Ladengeschäft. Das erste Darmstädter Adreßbuch nennt ihn 1819 als Händler für „Spezerei- und Eisenwaaren“ mit seinem Domizil unter der Anschrift Lit. D Nr. 121 und in der folgenden Ausgabe 1821 als Bürger und Eisenhändler. Diese Anschrift wird bei einer Reorganisierung des Brandversicherungskatasters um 1831 in Lit. E Nr. 19 geändert. Das Bürgerrecht setzte ein Mindestalter von 21 Jahren voraus; er hatte es kurz nach Erreichen dieses Alters 1809 erworben. [17]
Kurz nach dem Einzug in sein neues Haus in der Kirchgasse annonciert Friedrich Rößler ein zu vermietenes Logis, das er in einer weiteren Annonce wie folgt beschreibt:
„In Lit. D. Nro. 121. ist ein Logis zu vermiethen, bestehend in 4 heizbaren Zimmern, worunter 3 tapezirt sind, Kabinet, Küche, Keller und Mitgebrauch der Waschküche. Auf Verlangen kann auch ein Pferdestall zu 2 Pferden beigegeben werden. Das Ganze ist sogleich zu beziehen. In demselben Hause ist auch ein großer gewölbter Keller, welcher gleich übernommen werden kann, zu vermiethen.“ [18]
In der Folgezeit finden wir im Hause Friedrich Rößlers den Goldsticker Georg Maximilian Bär und den Mehlhändler Adam Daum. – Friedrich Rößler bringt sich und das von ihm vertriebene Neuwieder Gesundheitsgeschirr über Annoncen im Anzeigeblatt ab und an ins Bewußtsein der Stadt zurück und erbietet sich ab dem Spätsommer 1818 alljährlich an, das Geschirr zur Neuverzinnung anzunehmen und einzuschicken. Dies brachte den Kupferschmied Friedrich Kreckler auf den Gedanken, die Verzinnung in der Residenzstadt selbst anzubieten: Dieses Gesundheitsgeschirr scheint sich einer gewissen Beliebtheit erfreut zu haben, doch dürften in Darmstadt nur ausreichend vermögende Adlige, Bürgersfrauen und Hofschranzen davon gespiesen haben. Als 1831 Peter Damm das Geschäft des Eisenhändlers Friedrich Rößler in der Kirchstraße Nr. 121 übernimmt, bittet nunmehr dieser darum, das Neuwieder Geschirr bei ihm abzugeben. Dieses Gesundheitsgeschirr war eine Erfindung von Heinrich Wilhelm Remy, einem Nachfolger und Verwandten des Kaufmanns Wilhelm Remy. [19]
„Die ersten vortreflichen Sanitäts-Kochgeschirre ließen schon seit etwa 50 Jahren die H[erren] Remy & Barensfeld zu Neuwied verfertigen. Die Gefäße werden aus gewalztem Eisenblech, welches die Unternehmer der Fabrik auf ihrem Eisenwerke Rasselstein selbst verfertigen lassen, durch geschickte Arbeiter bloß mit dem Handhammer geschlagen, und die Fabrik kann, da die Gefäße meist sehr schwierige Formen haben, dazu kein anderes Schwarzblech als ihr eignes, welches von äußerst zäher Qualität ist, gebrauchen. Hierauf werden die Geschirre gebeizt und im Ganzen in völlig reinem Zinn, welches keine andere Beymischung hat, verzinnt. Sie bleiben bey gewöhnlicher Säuberung mittelst Rockenkleyen und Werg, und Trocknung an der Sonne immer rein und weiß, und wenn das Reinigen ja einmal versäumt worden, so lassen sie sich dadurch wieder ganz rein und blank machen, daß man sie mit etwas reiner Holz- oder Pottasche abscheuert. Wenn man sie nach jedesmaligem Gebrauche rein wäscht, abputzt und trocknet, so brauchen sie nie wieder verzinnt zu werden.“ [20]
In der Praxis scheint wohl doch ein Nachverzinnungsbedarf vorgelegen zu haben, worauf die von Friedrich Rößler aufgegebenen Annoncen hinweisen. – 1825 wird als Handelsvertreter für die Fayenceöfen des Fabrikanten Hügelin aus Strasbourg genannt. Bei diesen Fayenceöfen handelt es sich um eine Sonderform der Kachelöfen, bei denen die Kacheln glatt und mit aufgemalten Verzierungen versehen sind. Die in einem größeren Umfeld veröffentlichten Annoncen wiesen besonders auf die Holzersparnis der Hügelin'schen Fayenceöfen hin. Er vertrieb nicht nur diese Öfen, sondern verfügte über die notwendigen Kontakte zu Hügelin, um einen Reparaturtrupp anfordern zu können, wie diese 1828 aufgegebene Annonce belegt:
„Da die Strasburger Fayençeöfenverfertiger für dieses Jahr bei mir wieder angekommen sind, so bitte ich diejenigen, welche der Art Oefen besitzen und eine Reparatur an denselben wünschen, mir gefälligst recht bald Anzeige davon zu machen.“ [21]
Die Konstruktion von sogenannten Sparöfen reicht in den 18. Jahrhundert zurück. Friedrich Rößler war nicht der erste, der solche Öfen veretrieb, und auch nicht der erste, der einen eigenen Sparofen zum Patent angemeldet hat. Schon 1815 hatte er derartige Sparöfen vertrieben, einige Jahre später steckte er auch seinen Claim ab.
„In Darmstadt erhielt der Eisenhändler Friedrich Rößler den 5. Juni d. J. [1824] ein ausschließendes Privilegium zur Verfertigung und zum Verkaufe eines vom Rath Wunderlich neu erfundenen rauchverzehrenden Ofens auf die Dauer von 10 Jahren, und der Rath Wunderlich an demselben Tage ein Privilegium auf die Dauer von gleicher Zeit zur Verfertigung von verbesserten Handmühlen. Wunderlich, ein sehr genialischer Kopf, beschäftigt sich schon seit vielen Jahren ausschließlich mit neuen Erfindungen und Verbesserungen im mechanischen Fache, mit Maschinen und Modellen, welche unter Kennern vielen Beifall finden.“ [22]
In seinem Laden in der Kirchstraße konnten noch weitere Sparöfen erworben werden. Etwa 1812 hatte der hessische Oberst von Müller einen sogenannten Zirkulierofen erfunden, der durch den Frankfurter Hauptmann Busch verbessert wurde. Doch auch dieser war noch verbesserungswürdig.
„Wie viele Vorzüge man dann daher auch dem Buschischen Ofen vor allen anderen bisherigen zugestehet, so läuft, nach obigen getreuen Angaben, dieser neue ihm doch den Rang ab. Der Erfinder hat von der großherzogl. hessischen Regierung zu Darmstadt ein Privilegium darüber auf zwölf Jahre erhalten. Liebhaber, welche sich einer so nützlichen Erfindung bedienen wollen, finden, wenn sie sich an Hrn. Kaufmann Friedrich Rößler zu Darmstadt wenden, mehrere Exemplare von verschiedener Größe daselbst vorräthig.“ [23]
Doch damit nicht genug. Der Kaufmann stieg selbst in das erfinderische Geschäft ein. Möglich, aber nicht belegt, ist es, daß sein technisch versierter älterer Bruder Hektor mithalf.
„Durch allerhöchste Entschliessung Sr. Königlichen Hoheit, des Großherzogs, vom 8ten März dieses Jahres ist dem Kaufmann Friedrich Rößler dahier ein Patent für den alleinigen Verkauf eines neu erfundenen – bei der vorgenommenen Prüfung zur Holzersparung zweckmässig befundenen Ofens innerhalb des G[r]oßherzogthums, für die Dauer von fünf Jahren, allergnädigst ertheilt worden.“ [24]
Zu den Vorzügen dieses Sparofens Rößlers verfaßte 1829 der aus Wörrstadt stammende Oberfinanzkammer-Sekretariats-Akzessist Karl (Carl) Tenner († 1859) eine kleine Broschüre [25]. Doch die Konkurrenz schlief nicht und säte Zweifel.
„Anfrage.
Nach einer bei C. W. Leske in Darmstadt erschienenen kleinen Schrift, unter dem Titel: Construction eines neuen Sparofens, etc. herausgegeben von K. Tenner, Großhl. Oberfinanzkammersecretariats-Accessist, ist dieser fragliche Ofen mit der größten Vorsicht und Unpartheilichkeit von sachkundigen ad hoc committirten Männern untersucht, und wegen der unbestreitbaren Vortheile die dieser, von dem Eisenhändler Fried. Boessler [sic!] in Darmstadt erfundene Sparofen vor anderen gewährt, dem Erfinder von der Staatsregierung ein Patent ertheilt worden.
Indessen wurde – dem Vernehmen nach – dieser Sparofen in mehren andern neuen Gebäuden nicht eingeführt; und man fragt deßhalb an: aus welchem Grunde? und gewährt er nicht die, in der Broschüre dargestellten Vortheile?
Man würde mit Vergnügen einer baldigen Beantwortung dieser Frage entgegen sehen; indem in einem sehr bedeutenden Etablissement die Einführung dieses Patentofens beschlossen worden, aus obigem Grunde aber einstweilen suspendirt wurde.“ [26]
Diese mit Vergnügen geschriebene Anfrage erheischte eine Antwort, die jedoch unbefriedigend ausfiel. Vielleicht war es einfach so, daß die Wege der Bürokratie nicht immer rational nachzuvollziehen sind.
„Auf die, in der Didaskalia Nº 232 enthaltene Anfrage!
Von den, in der, von Herrn Tenner herausgegebenen und bei Herrn Leske erschienene[n] Broschüre, beschriebenen Sparöfen, wurden in Folge des, mit großer Genauigkeit und Umsicht angestellten vergleichenden Versuchs, schon im vorigen Winter bei 50 Stück in dem neu erbauten Pallast des großherzogl. Finanzministeriums eingeführt. Die darüber gemachte Erfahrung hat alle, durch jene Versuche, bereits ausgemittelten Vortheile dieser Oefen vollkommen bestätigt.
Auch in dem neuen Militärhospital, wo mehrere sich befinden, zeigten sich die Vortheile ebenso befriedigend. Sie nehmen dort unter den andern den ersten Rang ein. In sehr vielen Privathäusern sind sie gut aufgenommen, und man schätzt ihre Qualität. In den neuen auf Spekulation gebauten Häusern finden sie aus dem Grunde nicht so viele Aufnahme, weil hier weniger die Zweckmäßigkeit, als die Wohlfeilheit des Ankaufs in Betrachtung gezogen wird.
Warum übrigens die Behörde noch nicht dafür gesorgt, daß diese Oefen nach und nach in allen Staatsgebäuden eingeführt werden, dies ist eine Frage, deren Beantwortung, bei gänzlicher Unkenntniß ihrer Motive, der Behörde selbst überlassen werden muß. Nur das kann hier als Thatsache angeführt werden, daß die Einführung anderer, von einem Baucommissair vorgeschlagenen Oefen in mehreren Staatsgebäuden sich nicht auf einen, durch vergleichende Versuche erprobten Vorzug derselben vor den Rößler'schen Oefen, gründe.
S.. – . – r.“ [27]
Abbildung 02.05: Ansicht des Sparofens von Friedrich Rößler. Quelle: Karl Tenners Beschreibung dieses Sparofens.
1831 erwarb Friedrich Rößler die Herrenmühle in Schönberg, im Lautertal oberhalb von Bensheim, um dort einen Eisenhammer zu betreiben. Sein Geschäft in Darmstadt überließ er dem Peter Damm. Aufgrund von behördlichen Auflagen nach Beschwerden anderer Mühlenbesitzer unterhalb von Schönberg, denen er wohl bei der Eisenverarbeitung das Wasser abgedreht hatte, war er nicht in der Lage, den Eisenhammer wie geplant finanziell erfolgreich zu betreiben. 1833 wurde daher ein Konkursverfahren gegen ihn angesetzt. Der Eisenhammer wurde 1834 auf dem Umweg über den ebenfalls nach Schönberg gegangenen Jakob Rößler an den Münzrat weiterveräußert. Die Adreßbücher von 1839 und 1840 führen Friedrich Rößler noch nicht wieder in Darmstadt auf, ehe er 1843 als Fabrikant in Lit. F Nr. 209 unter der Sammelbezeichnung „Vor dem Mainthor“ erscheint. Er wird mit der Schließung des Eisenhammers in Schönberg 1841/42 nach Darmstadt zurückgekehrt sein. Beim Ausscheiden Buschbaums aus dem wohl mit den Rößler-Brüdern gemeinsam betriebenen Unternehmen wird Friedrich Rößler als Direktor desselben benannt. Unter Lit. F Nr. 209 ist er fortgesetzt bis 1850 im Adreßbuch aufgeführt, ehe der Name 1854 nicht mehr erwähnt wird. Er stirbt 1873 fünfundachtzigjährig in Schönberg. Genaueres zu seinen letzten drei Lebensjahrzehnten zu sagen, ist mangels aussagekräftigen Materials derzeit nicht möglich. [28]
Für das vierte Gutenbergjahr 1840 in Mainz organisierten die Honoratioren der Stadt eine Reihe von Festivitäten. Rund vier Jahrhunderte zuvor hatte Johannes Gensfleisch alias Gutenberg den Buchdruck mit beweglichen Lettern aus Metall und einer hierzu passenden Druckerpresse revolutioniert. Mainz, das wirtschaftlich von Frankfurt und dem aufstrebenden Mannheim bedrängt wurde, suchte einen Anlaß, sich in das Gedächtnis der Geschäftswelt zurückzumelden. Und so floß der Champagner, es wurden peinliche, in Gedichte gekleidete Lobpreisungen verlesen und „rauschende militärische Harmonie-Musik“ vernebelte dann auch die Köpfe derjenigen, denen der Champagner nicht zu Kopf gestiegen war. Im Rahmen dieser mit allerlei Pomp und Firlefanz vollgestopften Feierlichkeiten wurden in einer Ausstellung Druckwerke aus den ersten drei Jahrhunderten der Buchdruckkunst gezeigt. Im Begleitprogramm gab es zudem eine Gemäldeausstellung, eine Blumenausstellung und als „wichtigste aller Ausstellungen“ eine Leistungsschau des hessischen Gewerbefleißes vom 22. Juni bis zum 5. Juli 1840. Fast zweihundert Gewerbetreibende, wovon die Hälfte aus Mainz, stellten laut Katalog rund elfhundert Gegenstände aus. Buschbaum und Comp. waren passend zum Anlaß mit einer kleinen Buchdruckerpresse zugegen; zudem wurden „die Balanciere, [eine] Eisen-Drehbank, Leitspindeln zum Schraubenschneiden, [eine] Münzdurchschneidmaschine, Stellschrauben und Walzwerke mit Sägen, Winden, etc.“ vorgeführt. [29]
Auch auf der ersten allgemeinen deutschen Industrieausstellung, welche die Darmstädter und Mainzer Gewerbevereine 1842 ebenfalls in Mainz durchführten, war das Unternehmen Buschbaum und Comp. vertreten. Während Darmstadt in politischer Hinsicht als eine von Demokratenfressern regierte Duodez-Residenz mit „ihren gähnenden Straßen, ihren schläfrigen Häusern und öden Plätzen“ galt, „auf denen die bleierne Langeweile von Untertanentreue und deutschem Gehorsam“ zuhause ist [30], was sich nicht zuletzt in der Selbstunterwerfung des Darmstädter Bürgertums unter die huldvolle demokratiefeindliche Verachtung des Ludwigsmonuments auf dem Luisenplatz geäußert hat [31], so gilt dies nicht in wirtschaftlicher Beziehung. Daß ausgerechnet in der Beamten- und Kasernenstadt der südhessischen Provinz der lokale bzw. großherzoglich hessische Gewerbeverein die erste allgemein zugängliche deutsche Industrieausstellung (zusammen mit dem Mainzer Gewerbeverein) organisiert und durchgeführt hat, zeigt, daß neben Kleingeist durchaus ein waches, geschäftstüchtiges Bewußtsein koexistieren kann. Der nachträglich von Hektor Rößler (jun.) verfaßte Bericht über diese Ausstellung erwähnt das Unternehmen zweimal, einmal in der Rubrik Maschinenbau und ein weiteres Mal in der Rubrik Eisenguß. [32]
Ein großes Münzprägwerk nach Uhlhorn'schen System; eine dreigängige geschnittene Schraube von 7 Gr. Hess. Zoll äußerem Durchmesser, von Schmiedeisen, für einen großen Münzprägstock bestimmt; eine eiserne Drehbank mit Support und eisernem Wirbel (Preis 512 fl. mit und 362 fl. ohne Support); ferner ein kleiner Krahnen zum Heben von Lasten, besonders zum Gebrauch für Magazine u, s. w. (77 fl.). –
Die unter obiger Firma bestehende Maschinenfabrik, welche seit 1840 mit einer Kupolofengießerei (siehe die Rubrik Eisenguß, Seite 75 [richtig: 151, WK]) verbunden ist, wurde im Jahr 1837 etablirt. Durch vollständige Ausrüstung mit allen zum Maschinenbau erforderlichen Werkzeugen und Arbeitsmaschinen ist dieselbe in Stand gesetzt, die Anfertigung jeder Art von größeren und kleineren Maschinen, als von Dampfmaschinen, hydraulischen- und Schraubenpressen, Drehbänken und anderen Maschinen zur Metallbearbeitung, Münzmaschinen jeder Art, Walzwerken, Pumpen und Feuerspritzen, Hebekrahnen u. s. w., ferner die Einrichtung von Mahl- und Oelmühlen und anderen gehenden Werken zu übernehmen. Die zugleich vorhandene Kupolofengießerei, welche einen besonders weichen, zur weiteren Verarbeitung sehr geeigneten Eisenguß liefert, sichert dem Etablissement die vielfachen Vortheile, welche überhaupt mit der Vereinigung von Gießerei und Maschinenwerkstätte verbunden sind. Eine Hochdruckdampfmaschine von 5 Pferdekraft betreibt die erforderlichen Arbeitsmaschinen, als namentlich: zwei große eiserne Drehbänke von 16 und 24 Fuß (Gr. Hess. Maas) Länge, mit Support, Selbstgang und den zum Schraubenschneiden gehörigen Vorrichtungen, 8 kleinere eiserne Drehbänke, eine Hobelmaschine nach dem neuesten System des Engländers Whitworth, zum Hin- und Rückwärtsarbeiten eingerichtet und von hinreichender Größe, um Stücke von 18 F[uß] Länge und 3½ F[uß] Breite zu hobeln; ferner eine große Bohrmaschine, gleichfalls nach dem System des vorgenannten englischen Mechanikers konstruirt, eine kleine Hobelmaschine etc. – Eisengießerei und Maschinenwerkstätte beschäftigen im Durchschnitt 40 Arbeiter.
Durch Aufstellung der oben genannten Maschinen hat dieses Etablissement, dessen Leistungen bei Gelegenheit der in Darmstadt im Jahr 1839 veranstalteten Landes-Industrieausstellung durch Ertheilung der silbernen Medaille bereits Anerkennung fand, auf's neue den Beweis geliefert, daß genaue und mit höchster Sorgfalt ausgeführte Arbeit sein Streben ist, was ganz besonders an dem Uhlhorn'schen Prägwerk anerkannt werden mußte, welches als ein Produkt von wahrhaft mechanischer Vollendung zu betrachten war. Durch Ausstellung des eben bemerkten Prägwerks repräsentirte diese Maschinenbauanstalt zugleich einen Zweig der Fabrikation, welchen sie insbesondere in ihrem ganzen Umfang betreibt und worin sich dieselbe bei allen deutschen Münzwerkstätten einen ehrenvollen Namen zu erwerben wußte. Die hierher gehörigen, von Herrn Buschbaum & Comp. für die Münzen in Darmstadt und Frankfurt a. M. und theilweise auch für diejenigen von München, Wiesbaden, Hannover, Stuttgart u. s. w. bereits gefertigten Werkzeuge und Maschinen sind: Prägwerke vom kleinsten bis zum größten Kaliber, Walzwerke mit Zug- und Schneidvorrichtung, Justir- und Durchschneidmaschinen, Gießapparate, Justir- und größere Waagen u. s. w.“
Wie im Abschnitt über die Aussteller der Rubrik Maschinenbau werden im folgenden Abschnitt zu den Ausstellern der Rubrik Eisenguß zunächst die ausgestellten Gegenstände, hier des Unternehmens Buschbaum & Comp., genannt, bevor auf das Unternehmen selbst eingegangen wird. Hierbei wird wohl eine Selbstdarstellung des Unternehmens die Textgrundlage gebildet haben. Auffällig ist der Unterschied in der Datierung der Kupolöfen und in der Angabe zur Leistungsfähigkeit der im Unternehmen installierten Dampfmaschine.
„Eine gußeiserne Wendeltreppe, ein großes Cruzifix mit Untersatz und einige gegossene Fenstervorsätze. (Die von dem nämlichen Etablissement ausgestellten Maschinen sind in der betr[effenden] Rubrik aufgeführt.)
Die unter obiger Firma seit 1837 bestehende Maschinenfabrik ist seit dem Jahr 1841 mit einer Kupolofengießerei verbunden, welche, mit Ausnahme der eigentlichen Poterie, alle Gegenstände des Eisengusses übernimmt. Die Gießerei besitzt zwei nebeneinanderstehende Kupolofen, wovon jeder bis zu 50 Ctr. faßt; sie empfangen ihren Wind von einem Ventilator, dessen Flügel 1800 Umdrehungen in der Minute machen und der seine Bewegung von einer 6pferdigen Hochdruckdampfmaschine erhält, welche zugleich die in der Maschinenwerkstätte aufgestellten Arbeitsmaschinen in Thätigkeit setzt.
Die genannte Gießerei hat sich durch die stets gleich bleibende vorzügliche Beschaffenheit des Eisens, welche sich besonders für Maschinentheile sehr eignet, sowie durch reinen und scharfen Guß bereits einen ehrenvollen Namen und damit einen bedeutenden Absatz erworben, welcher sich nicht bloß auf das Inland [meint: Hessen, WK] beschränkt, sondern auch auf die benachbarten Staaten sich erstreckt. Für die Schönheit der aus ihr hervorgehenden Arbeiten sprachen nicht bloß die zur Ausstellung gebrachten Gegenstände, unter denen die gegossene Wendeltreppe, eine Zierde des vorderen Ausstellungslokals, besonders hervorgehoben zu werden verdient, sondern es geben hierfür auch verschiedene größere Ausführungen, u. a. die großen eisernen Thore an dem Großherzogl[ichen] Residenzschloß in Darmstadt, genügendes Zeugniß.“
Quelle: Ausführlicher Bericht über die von dem Gewerbverein für das Großherzogthum Hessen im Jahre 1842 veranstaltete Allgemeine deutsche Industrie-Ausstellung zu Mainz [1843, HathiTrust], Seiten 189–190, sowie 151.
Die im Ausstellungstext angesprochenen beiden eisernen Tore zieren bis heute weitgehend unbeachtet die Pforten des Darmstädter Schlosses auf der Süd- und Westseite. Sie gehören zu den wenigen erhaltenen Zeugnissen der einst bedeutenden Darmstädter Maschinenfabrik.
Bild 02.07 und 02.08: Zwei unterschiedliche Ansichten auf die Eisentore des Darmstädter Schlosses. Links eine Radierung von Karl Albrecht Buschbaum [34], einem entfernten Verwandten des Maschinenfabrikanten, mit Blick auf den Marktplatz. Rechts eine Fotografie unbekannter Herkunft mit Blick auf die Rheinstraße, vom 2. November 1935.
Buschbaum und Comp., die ausdrücklich auch als „Maschinenfabrik und Eisengießerei“ benannt werden, sind, wie wir noch sehen werden, der Vorgängerbetrieb der späteren Fabrik (dann ohne Buschbaum); und so ergibt ein kurzer Abschnitt aus der Stadtbeschreibung von Karl Wagner einen ganz eigenen Sinn, nämlich die Kooperation von Buschbaum und Rößler:
„Die Industrie hat bis jetzt noch kein großes Gedeihen in unserer Mitte gefunden; am meisten Thätigkeit herrscht noch in den Buchdruckereien. Doch liefern einzelne Fabriken : Tapeten, Spielkarten, Zündhölzer, Tabak, Chaisen, musikalische und technische Instrumente, Maschinen (diese vorzüglich für die Agricultur Jordan und für das Münzwesen Rößler und Buschbaum).“ [35]
Hier werden nicht etwa zwei Fabrikanten mit zwei getrennten Betrieben, nämlich denen von Buschbaum und Rößler, aufgeführt, sondern ein Betrieb der Herren Rößler und Buschbaum.
Johann Ludwig Buschbaum (16. Februar 1792 bis 14. Oktober 1866) stammte aus Michelstadt im Odenwald. In der zweiten Hälfte der 1810er Jahre arbeitete er für den Münzmeister Hektor Rößler und erhielt 1825 das Darmstädter Bürgerrecht. Im Juli 1832 wird er Werkmeister auf der Ludwigshütte bei Biedenkopf, Hektor Rößler (jun.) folgt ihm wenige Monate später als Rechner der Ludwigshütte nach. Buschbaum kehrte 1837 nach Darmstadt zurück [36]. Anfang 1841 sind sowohl der Mechanikus Johann Ludwig Buschbaum, als auch der Münzrat Hektor Rößler, der Sekretär des Gewerbvereins Hektor Rößler (jun.) und der Mechanikus Friedrich Rößler Mitglied des Gewerbvereins für das Großherzogthum Hessen [37]. Im Dezember 1841 verlegt der Münzrat Hektor Rößler seine Eisengießerei von Schönberg bei Bensheim nach Darmstadt und vereinigt sie mit dem Unternehmen Buschbaum und Comp.
Im Bericht zur Mainzer Industrieausstellung 1842 wird als Jahr der Einrichtung der beiden Kupolöfen 1840 wie auch 1841 genannt. Denkbar ist, daß mittels der Kupolöfen der für die Rößler'schen und auch Buschbaum'schen Maschinen notwendige Eisenguß gesichert war und sich der Betrieb eines eigenen Eisenhammers in Schönberg erübrigte. Selbiger wurde folglich zum Jahresende aufgegeben. [38]
Friedrich Rößler hatte 1831 die Herrenmühle in Schönberg zum Betrieb eines Eisenhammers erworben. Diese Herrenmühle wurde erstmals 1555 erwähnt. Nach 1831 betrieben Friedrich und nach dessen Konkurs sein Bruder Hektor Rößler den dortigen Eisenhammer mitsamt einer Eisengießerei. 1843 wurde die nicht länger benötigte Mühle an den Müller Georg Schaller aus Reichenbach weiter verkauft. 1844 war das Hammerwerk mitsamt Schmelze auf 2.500 Gulden taxiert. Das Anwesen wurde 1846 von Valentin Mahr aus Traisa erworben. [39]
Die Kooperation zwischen Buschbaum und den Rößlers endete im Frühjahr 1844, weshalb folgerichtig im nachfolgenden Adreßbuch von 1845 im alphabetischen Teil [Johann Ludwig] Buschbaum nunmehr unter Lit. F Nr. 206 gelistet wird, während der Fabrikant Friedrich Rößler weiterhin unter Lit. F Nr. 209 angegeben wird. Neu wird unter dieser Anschrift nunmehr August Wernher geführt, der wohl als neuer technischer Betriebsleiter fungiert (siehe Kapitel 3). Wernher hatte sich zuvor als Miteigentümer in der Ludwigshütte bei Biedenkopf engagiert und dabei finanziell übernommen. Im Häuserverzeichnis des Adreßbuchs bleibt der Münzrat Hektor Rößler als Eigentümer des Anwesens genannt.
Anfang Juni 1844 jedenfalls machte der neue Eigentümer die Umfirmierung des Unternehmens publik. Die Umbenennung wurde notwendig, als der oder die Kompagnons aus Gründen, die nicht benannt werden, im Frühjahr 1844 ihres Teilhabers Johann Ludwig Buschbaum verlustig gingen. Ohne ihn ergibt der bisherige Firmenname keinen weiteren Sinn mehr, sodaß eine unspektakuläre, aber zutreffende Bezeichnung für das Unternehmen gewählt wird. Der Name „Maschinenfabrik und Eisengießerei“ klingt zwar wenig originell, brachte aber das Geschäftsinteresse eindeutig auf den Punkt. Da es in Darmstadt und der näheren Umgebung kein weiteres entsprechend ausgerüstetes Etablissement gegeben hatte, war eine Verwechslung mit ähnlich benannten Unternehmungen ausgeschlossen. Wer der oder die Eigentümer gewesen sind, kann nur vermutet werden. Hektor Rößler als Eigentümer des Grundbesitzes wird sicherlich dazu gehört haben, sein Bruder Friedrich hingegen aufgrund des gegen ihn ausgesprochenen Konkurses in den 1830er Jahren eher nicht. Möglicherweise hat sich auch August Wernher eingebracht. Aus der Annonce in der „Großherzoglich Hessischen Zeitung“ wird jedenfalls nicht deutlich, wer nun als Eigentümer anzusehen war. Nur die Direktoren werden benannt, nämlich Friedrich Rößler und August Wernher. Damit endet das Firmenkapitel Buschbaum & Comp. [40]
Abbildung 02.10: Annonce der Maschinenfabrik und Eisengießerei zum Austritt Johann Ludwig Buschbaums aus dem Unternehmen und zur Umfirmierung. Quelle: Großherzoglich Hessische Zeitung vom 8. Juni 1844, Scan vom Mikrofilm; nunmehr [ULB Darmstadt. [41]
Mit diesem Dokument besitzen wir, vorbehaltlich wohl verschollener interner Abmachungen unter den Kompagnons, sozusagen das Gründungsdokument der Maschinenfabrik und Eisengießerei in Darmstadt. Damit liegen für das Unternehmen folgende Eckdaten vor: Gründung des Unternehmens als Buschbaum und Comp. 1837, Änderung der Eigentümerstruktur und Umfirmierung 1844, Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1857, Abwicklung der Liquidation 1879 bis 1883. Einen ersten direkten Beleg für die Existenz der Maschinenfabrik und Eisengießerei unter neuem Namen (der neuen „Firma“) findet sich in einer ausführlichen Beschreibung einer transportabelen Dampfmaschine.
Die Annonce in der „Großherzoglich Hessischen Zeitung“ wurde – wie es auch in ihr angekündigt wird – in ähnlicher Form auch im „Frankfurter Journal“ abgedruckt, ergänzt um die Palette der Maschinenbauprodukte.
„Unter den Fabrikaten, deren Fertigung übernommen werden kann, erlauben wir uns nachstehend besonders hervorzuheben.
Dampfmaschinen jeder Größe, sowohl stationaire als transportable, nach den anerkennt vorzüglichen Systemen. Wasserräder und Turbinen, wie auch einfache Reaktionsräder. Wassersäulenmaschinen, Göpelwerke und alle Arten von Transmissionen.
Sämmtliche bei dem Eisenbahnbau vorkommenden Maschinen und Apparate, als: Waggons- und Lokomotiv-Räder, wie auch vollständige Waggons-Untergestelle. Drehscheiben, Ausweichungen und Excentriks. Hydraulische Tender-Füllvorrichtungen mit Pumpwerken und Cisternen, Bremswagen u. s. w.
Pumpwerke für Bergwerke, Wasserbauten, und für den häuslichen Gebrauch. Feuerspritzen, u. s. w.
Die Einrichtung von Mahlmühlen, und Oelmühlen, nach den neuesten Systemen. Ferner Sägemühlen, Fournirschneidmaschinen, Schrotmühlen. u. s. w.
Alle größere und kleinere Maschinen für Landwirthschaftliche Zwecke.
Hydraulische Pressen, Schraubenpressen jeder Art, Buchdrucker- und Lithographie-Pressen, Glätt- und Präg-Pressen und Walzwerke für Gold- und Silberarbeiter.
Alle zum Münzbetrieb erforderlichen Maschinen und Apparate.
Sämmtliche Maschinen zur Papierfabrikation, nach den neuesten und bewährtesten Systemen.
Cylinder-Schrauben und Ventilator-Gebläse, Eisenwalzwerke und Hammerwerke, überhaupt alle Maschinen für metallurgische Zwecke.
Alle Sorten von Werkzeugen, als Drehbänke, Hobelbänke, einzelne Soupports, Bohrmaschinen, Stoß- und Feilmaschinen, Lochmaschinen, Maschinen zum Biegen der Kesselbleche und Radreife, Räder- und Schrauben-Schneidmaschinen, Schraubenkluppen u. s. w.
Hebkrahnen jeder Art, Hebmaschinen zum Versetzen von Werkstücken beim Bauwesen, Rammmaschinen u. s. w.
Brücken- und Dach-Construktionen, sowohl in Guß- als Stabeisen.
Ferner alle Sorten von Waagen.“ [42]
Die ausladende Produktpalette des nunmehr als Maschinenfabrik und Eisengießerei in Darmstadt firmierenden Unternehmens kann wohl als ein Zeichen für eine noch nicht eingetretene Diversifizierung und Spezialisierung im Maschinenbau der damaligen Zeit betrachtet werden. Allerdings sei angemerkt, daß beispielsweise auch Johannes Jordan im Juni 1831 eine umfangreiche Liste aller seiner Produkte vorgelegt hatte, ohne daß selbige nun auch tatsächlich gefertigt worden wären. Es handelt sich demnach eher um eine Absichtserklärung, die zeigen soll, was das Unternehmen alles produzieren kann. Johannes Jordan annoncierte dreißig in Art und Größe verschiedene Dampfmaschinen, ohne daß er selbige auch je in seiner Werkstatt hat fertigen lassen. Die in Kapitel 3 vorgestellte hessische Dampfmaschinenliste von 1849 weist folglich auch nur ein einziges Jordan'sches Exemplar auf.
Wie aus dieser Liste zudem hervorgeht, erhielt die Maschinenfabrik und Eisengießerei zu einem nicht genannten Zeitpunkt eine 6 PS-Dampfmaschine aus dem Unternehmen von Emil Keßler und Theodor Martiensen in Karlsruhe. Selbiges bestand von 1837 bis 1842, ehe Theodor Martiensen aus dem gemeinsamen Unternehmen ausschied. Folglich wird es so gewesen sein, daß die in der 1849er Liste genannte Dampfmaschine an den Vorgängerbetrieb Buschbaum und Comp. geliefert wurde. Nach der ersten Dampfmaschine in der Großherzoglichen Münze wurden erst 1838 drei und 1840 fünf weitere Dampfmaschinen im Großherzogtum Hessen aufgestellt, je zwei davon in Starkenburg; 1841 und 1842 kamen je zwei in Hessen, wovon je eine in Starkenburg, hinzu [43]. Es spricht angesichts des Gründungsjahres 1837 von Buschbaum und Comp. einiges dafür, daß deren Dampfmaschine 1838 oder 1840 hergestellt wurde, denn die 1840 oder 1841 beiden eingerichteten Kupolöfen wurden mittels der Dampfmaschine ventiliert.
Johann Ludwig Buschbaum, der Teilhaber der an der Arheilger Chaussee gelegenen Fabrik, wird 1841 in einem Aufsatz aus dem Umfeld des Darmstädter Gewerbevereins für seinen Schraubenschneider gewürdigt, der nachfolgend als Zeichnung vorgestellt wird.
Abbildung 02.11: Grundriß der Buschbaum'schen Vorrichtung zum Schraubenschneiden. Quelle: Tafel I, Figur 7 zu einer Beschreibung einer vom Maschinenfabrikanten Buschbaum konstruierten Vorrichtung zum Schraubenschneiden. [44]
Karl Karmarsch bemerkt 1842 zu dieser Vorrichtung in seinem kursorischen Bericht über Veröffentlichungen verschiedener Gewerbevereine:
„Vorrichtung zum Schraubenschneiden. Von Buschbaum. – Es ist dieß ein mit der Drehbank zu verbindender Mechanismus, durch welchen der Schraubstahl geschoben wird, so daß die Arbeit sich nur rund dreht. Die Quelle dieser Bewegung des Schraubstahles ist eine auf der Drehspindel angebrachte Schraubenpatrone, welche als Schraube ohne Ende wirkt, und mittelst einiger Zwischentheile eine als geneigte Ebene thätige Metallschiene führt. Leztere bestimmt, indem sie mehr oder weniger schräg gestellt wird, die Feinheit des entstehenden Gewindes. Anordnungen nach demselben Princip sind schon früher sowohl zum Schraubenschneiden als bei Schnekenschneidzeugen benuzt worden; aber der gegenwärtigen ist ihre Eigenthümlichkeit nicht zu bestreiten, nur scheint sie für ausgedehnten Gebrauch zu complicirt zu seyn. Wenn man bedenkt, daß einfachere und eben so zwekmäßige Vorrichtungen, die man in ziemlicher Anzahl kennt, wenig Eingang gefunden haben, so darf man sich nicht getrauen, hier ein günstigeres Prognostikon zu stellen.“ [45]
Einer der im Ausstellungsbericht erwähnten Kräne der Firma Buschbaum und Comp. wurde im Mainzer Hafen aufgestellt.
„Zu Beginn des Jahres 1809 konnten ein neuer Kai und einige Magazine ihrer Bestimmung übergeben werden. Doch die damals ausgeführten Erneuerungen erwiesen sich in dem Moment als unzureichend, als sich mit der Dampfschifffahrt die umzuschlagende Gütermenge drastisch erhöhte. Man bemühte sich um Verbesserungen. 1841 finanzierte die Mainzer Handelskammer einen neuen eisernen Kran der Firma Buschbaum & Co. in Darmstadt. Doch dies blieb Stückwerk. Bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts hinein hielt die Mainzer Hafenanlage einem Vergleich mit denen in Mannheim oder Köln nicht stand.“ [46]
Ein 1843 geschehener Arbeitsunfall nahm mitsamt seiner Behandlung den Weg in die überregionale Presse.
„Kürzlich wurde einem Aufseher in der Maschinenfabrik von Buschbaum und Comp. in Darmstadt in Folge von Unvorsichtigkeit die rechte Hand zerschmettert. Die Eigenthümer der Fabrik behielten den Unglücklichen im Dienst, und ließen ihm eine künstliche Hand nach der sinnreichen Konstruktion des Kammersekretärs Pfnor in Darmstadt anfertigen. Die Pfnor'sche Konstruktion, durch welche alle natürlichen Bewegungen jedes Fingers und jedes einzelnen Gliedes ausführbar sind, ist wohl unstreitig die trefflichste und praktisch am meisten bewährte, indem der Verstümmelte den Mechanismus in jedem Augenblick selbst reguliren und nicht nur die gröbern, sondern auch diejenigen Funktionen der natürlichen Hand verrichten kann, welche eine sichere besondere Bewegung der einzelnen Finger und Theile derselben erfordern.“ [47]
1839 bis 1844 wurde das Schloß Herrnsheim bei Worms unter der Leitung von zunächst Ignaz Opfermann und danach von Ludwig Droste grundlegend umgestaltet. Hierbei wurden auch gußeiserne Elemente einbezogen, die aus der Eisengießerei von Buschbaum & Comp. bezogen wurden.
Abbildung 02.12: Lieferschein von Buschbaum und Comp. Quelle: Stadtarchiv Worms, Bestand 159/0951. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
Von den Lieferungen aus Darmstadt sind nicht alle belegt. Der Lieferschein an die Güterverwaltung von Schloß Herrnsheim vom 9. September 1843 listet neben zwei großen Widerlagern, acht Paar Verbundstücken und vier Paar großen Rosetten noch 233 Schrauben mit Muttern und Unterlegscheiben auf. Von eigenem Interesse sind die zuletzt aufgeführten acht halben Brückenbögen, deren genaues Gewicht noch nachgeliefert werde. Die gelieferten Elemente wurden nach Gewicht abgerechnet. Geliefert wurde, da es noch keine Eisenbahn im südlichen Hessen gab, per Fuhrwerk. Der im Lieferschein genannte Fuhrmann G[eorg] Ph[ilipp] Rinn wohnte 1843 in der Kleinen Schwanengasse, Lit. G Nr. 58.
Bild 02.13: Eine der beiden von Buschbaum & Comp. gelieferten gußeisernen Seebrücken im Schloßpark von Herrnsheim. Aufnahme vom Oktober 2021.
Ferdinand Werner geht in seinem Aufsatz über das Schloß und den Park in Herrnsheim auch näher auf die beim Umbau eingearbeiteten Eisengußteile ein, die er der Eisengießerei von Buschbaum & Comp. zuschlägt. In mehreren Lieferungen vom September 1843 bis Januar 1844 wurden Treppengeländerteile, Rosetten, zwei Kandelaber, acht Kellerläden und große Oberlichter versandt. Für die große Kellertüre an der Stirnseite der Terrasse fehlt zwar die Rechnung, aber sie paßt von Stil und Machart her zu den anderen Eisengüssen. Weiterhin dürften die gußeisernen Teile der Brücke am sogenannten Pariser Tor (in den 1950er Jahren verschrottet) wie auch zwei Seebrücken im Park von Herrnsheim aus der Darmstädter Produktion stammen. [48]
Johann Ludwig Buschbaum, der unter bislang nicht zu klärenden Umständen aus dem Unternehmen ausgeschieden war, zog mit einer neuen Werkstätte etwas weiter nach Süden, blieb jedoch mit der Anschrift Lit. F Nr. 206 auch weiterhin „Vor dem Mainthor“. Schon im März hatte er ein neues Logis und Räumlichkeiten für seine Werkstatt gesucht. Am 8. August 1844 gab er in einer Zeitungsannonce eine Geschäftsempfehlung ab.
„Bezugnehmend auf die Bekanntmachung der Direction der Maschinenfabrik und Eisengießerei dahier vom 1. Juni l[aufenden] J[ahres], mache ich hiermit von der nunmehr auf eigene Rechnung getroffenen Einrichtung einer mechanischen Werkstätte dahier, die ergebene Anzeige. Mich stützend auf meine bekannten bisherigen Leistungen, empfehle ich mich zu allen Aufträgen meines Geschäftszweigs, und hoffe, durch möglichst vollkommste Vollziehung derselben mich des geschenkten Zutrauens würdig zu zeigen.“ [49]
Seine eigene Geschäftsempfehlung wurde auch außerhalb Darmstadts abgedruckt, beispielsweise am 16. August 1844 in der Augsburger Postzeitung [50]. Ab und an scheint Buschbaums Name auch in den Folgejahren in überregionalen Publikationen hervor.
„Verbesserte Kluppe von dem Oberforstsectretär Reißig zu Darmstadt. Die Verbesserungen bestehen vornämlich in Aufhebung der Nachtheile der Veränderlichkeit des Holzes, aus welchem die Kluppe besteht, Verhinderung des Lahmwerdens des beweglichen Schenkels, genauerer Eintheilung und in einer Vorrichtung für den Zweck, mittelst einmaligen Anlegens des Werkzeugs den Durchmesser in zwei sich rechtwinkelig kreuzenden Richtungen zugleich abzumessen. Nebstdem zeigt der Verf[asser] den mehrseitigen Gebrauch des Werkzeugs, u. A. auch zum Höhenmessen. Die viele Erfahrung und das große Talent des Verfassers in Construction von Apparaten geben an sich schon eine gute Vorbedeutung für die Vorzüge dieser Kluppe, von deren Anwendbarkeit der Kenner sich leicht überzeugen kann. Der Mechanikus Buschbaum zu Darmstadt übernimmt Bestellungen mit beliebigem Maaße.“ [51]
Im Darmstädter Adreßbuch 1850 wird Johann Ludwig Buschbaum nunmehr im Mühlweg unter Lit. H Nr. 186 aufgeführt; und damit dürfte jegliche Verbindung zur Maschinenfabrik und Eisengießerei abgebrochen sein. Das weitere Wirken Buschbaums und die Geschichte der nachfolgenden Maschinenfabrik seiner Söhne, Gebrüder Buschbaum, muß an anderer Stelle erzählt werden; sie wäre zudem Teil der Geschichte des Aufbaus des Blumenthalviertels, bevor dieses zum Johannesviertel mutierte. [52]
Wenige Tage, nachdem aus Buschbaum und Comp. die Maschinenfabrik und Eisengießerei geworden war, wurde die Bronzestatue des ersten großherzoglichen Landesvaters Ludewig I. auf sein Podest auf dem Luisenplatz gehoben. Hieran war die Maschinenfabrik mit zwei Kränen beteiligt.
Abbildung 02.14: Blick auf den Darmstädter Louisenplatz mit dem projektierten Monument des Großherzogs, Zeichnung von Jakob Meinrad Bayrer, Stahlstich von Johann Gabriel Friedrich Poppel, entstanden wohl 1840. Quelle: Digitalisat der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. [53]
Nach der Grundsteinlegung am 14. Juni 1841 wurde am 14. Juni 1844 die Statue auf ihren Sockel gehievt. Am sogenannten Ludwigstag, am 25. August 1844, wurde das Monument mit viel Brimborium und einem organisierten Aufmarsch offiziell eingeweiht.
„Seine Königliche Hoheit der Großherzog, begleitet von Seiner Hoheit dem Erbgroßherzoge, Seiner Hoheit dem Prinzen Karl und durchlauchtigsten Gemahlin Königlichen Hoheit, nebst den jungen Prinzen Ludwig und Heinrich, und Ihren Hoheiten den Prinzen Georg und Emil, nahmen heute Mittag gegen 1 Uhr die am Fuße der Ludwigssäule zum Versetzen auf dieselbe aufgestellte colossale Bronzestatue des Höchstseligen Großherzogs Ludewig I. in Augenschein. Es zeigte sich jetzt recht klar, wie in allen Theilen vortrefflich diese von Schwanthaler's Meisterhand geformte und von Stiglmaier nicht minder kunstvoll in Erz gegossene, 22½ gr. hes. Fuß hohe Bildsäuile ausgeführt ist. Sämmtliche Höchste Herrschaften geruhten sich einstimmig aufs günstigste und zufriedenste über dieses so sehr gelungene Kunstwerk auszusprechen, auch bei dem anwesenden Oberbaudirector Dr. Moller und Hofbaumeister Arnold mit dem größten Interesse nach allen Details des ganzen Baues zu erkundigen. – Es war ein rührender Anblick, unser gesammtes geliebtes Fürstenhaus, von den Söhnen bis zu den Urenkeln, um das so sprechend ähnliche Bild eines unvergeßlichen Fürsten versammelt zu sehen, welches die Dankbarkeit eines treuen Volkes den nachkommenden Geschlechtern zu ewigem Andenken errichten läßt. Auch zeigte sich die regste Theilnahme von allen Seiten. Seine Königliche Hoheit der Großherzog geruhten desßhalb zu befehlen, daß auch dem Publikum heute der Zutritt nicht verwehrt werde. Und so sah man dann den ganzen Nachmittag eine Menge Menschen aller Classen und Stände herbeiströmen, die Züge des so hoch verehrten und innig geliebten Fürsten zu betrachten, und auch hier erschallte nur eine Stimme des Lobes und des Beifalls über das Meisterwerk, wiewohl dessen Anschauung eigentlich auf den Standpunkt der, einschließlich des Aufsatzes, welcher der Statue zur Basis dient, 132½ Fuß hohen Säuie berechnet ist. – Die Statue stellt den Großherzog Ludewig I. aufrecht stehend dar in Generalsuniform, mit umgeworfenem Mantel, der einen leichten, malerischen Faltenwurf bildet, in der rechten Hand die Verfassungsurkunde, die der weise und gütige Fürst seinem Volke verlieh, die Linke an den Griff des Degens gelehnt, ganz in der Stellung, wie man seine Königliche Hoheit so oft im Leben sah. – Das Versetzen der Statue auf die Säule wird nun dieser Tage vorgenommen werden, und alle weiteren Arbeiten schreiten so vor, daß, wie bereits in Nr. 156 d[ieses] Bl[attes] angeführt, die Feierliche Enthüllung und Einweihung des Monuments am Ludwigstage, den 25. August d. J., stattfinden wird.“
Quelle: Großherzoglich Hessische Zeitung vom 12. Juni 1844, ULB Darmstadt.
Georg Büchner und der von den Schergen des amtierenden Großherzogs zu Tode gequälte Friedrich Ludwig Weidig hätten bei so viel Speichelleckerei lauthals gekotzt …
Sigmund Freud hätte seine Freude an der entlarvenden Beschreibung dessen gehabt, wie sich so ein Großherzog seine Verfassung vorstellt: „… in der rechten Hand die Verfassungsurkunde, die der weise und gütige Fürst seinem Volke verlieh, die Linke an den Griff des Degens gelehnt …“
„Heute Morgen, also an dem Tage, an welchem vor 91 Jahren (1753) Großherzog Ludewig I. geboren wurde, welcher 40 Jahre lang, vom 6. April 1890 bis 6. April 1830, also in der verhängnißvollsten Zeit, den Thron Hessens schmückte, und gerade drei Jahre nach der feierlichen Grundsteinlegung des Monumentes, welches Ihm ein dankbares Volk widmet, fand das Versetzen seiner Statue auf die auf dem Louisenplatze errichtete große Säule (s. Nr. 162 d. Bl.) statt. Die Vorkehrungen waren so trefflich getroffen, daß auch diese schwierige Arbeit, wie alle bisherigen des Baues, glücklich vollendet wurde. Das Hinaufwinden der 108 Ctr. schweren, 22½ Fuß hohen colossalen Statue auf die 132½ Fuß hohe Säule, mit Anwendung zweier in der ‚Maschinenfabrik und Eisengießerei in Darmstadt‘ (seither Buschbaum u. Comp.) construirten Hebemaschinen, erforderte nicht mehr als eine Stunde Zeit. Die Theilnahme an der Sache war so groß, daß schon seit 3 Uhr Morgens sich Menschen auf dem Platze sammelten, die zu mehreren Tausenden anwuchsen, und allgemein ihre Freude bezeigten an der glücklichen Ausführung des Werks.“
Quelle: Großherzoglich Hessische Zeitung vom 14. Juni 1844, ULB Darmstadt. [54]
Offensichtlich haben alle Historikerinnen und Historiker, welche diese Passage für ihre vielfachen Beschreibungen der Entstehung des Ludwigsmonumentes eingesehen haben, vollkommen übersehen, daß hier das Buschbaum'sche Unternehmen mit der Maschinenfabrik in eins gesetzt wird. – Zwei Monate später wurden die Einweihungsfeierlichkeiten als generalstabsmäßig orchestrierter Massenaufmarsch durchgeführt. Die Begeisterung des Volkes wurde nicht dem Zufall überlassen. Nunmehr konnte auch das wirtschaftlich potente Kleinstädtchen Darmstadt einen aufrecht stehenden Stadtpenis vorweisen. [55]
„In den strategisch ausgearbeiteten Aufmarschplänen für den Festakt und seiner bildlichen Darstellung dokumentiert sich noch einmal die traditionelle, sorgsam gestaffelte Gliederung der hauptstädtischen Repräsentanz mit Hof und Beamtenschaft, dem Stadtvorstand, der Geistlichkeit und dem Militär, Schulen, Zünften, Musikchören und sonstigen Vereinen. Festaufführung und Illumination, Festgesänge und Gedenkmünzen gehörten natürlich auch diesmal dazu. Es war die großartigste, zugleich aber auch die letzte derartige Demonstration der trotz mancher unterdrückter Spannung biedermeierlich-beschaulichen Eintracht von Fürstenstaat und Bürgerschaft im vormärzlichen Darmstadt.‘ [56]
Das Alte versucht, sich im Ludwigsmonument zu verewigen, während das Neue schon die Tore der Stadt erreicht hat. Dampfkraft und Fabriken lösen Zünfte und Kleinstaaterei ab. Der Prozeß ist nicht geradlinig, sondern widerspruchsvoll, und manch Altes läßt sich zur Sicherung von Macht, Eigentum und Profit weiter verwenden. Geistlichkeit und Militär werden vom Bürgertum gerne übernommen, denn die drangsalierten subalternen Klassen lassen sich nicht alles gefallen; sie rebellieren und organisieren sich. Massenaufmärsche finden dann nicht nur bei jedem Kriegsbeginn statt; sie finden ihre Vollendung in den faschistischen Inszenierungen.
Die Geschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei wird fortgesetzt in Kapitel 3 – Darmstadt entdeckt die Dampfkraft – und behandelt den Zeitraum von etwa 1844 bis 1849.
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Zweites Kapitel zur Geschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt.
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