Fabrik. Blick auf das Fabrikgelände. Quelle: Adreßbuch 1908.

Industriegleise im Fabrikviertel Darmstadt

Die Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt

Kapitel 11: Wir führen unsere Dreschmaschine gerne vor

Das seit 1837 als Buschbaum & Comp. bestehende und 1844 zur Maschinenfabrik und Eisengießerei in Darmstadt umfirmierte Unternehmen wurde mit Unterstützung der ebenfalls in Darmstadt ansässigen Bank für Handel und Industrie 1857 in eine Aktien­gesellschaft umgewandelt. Die Liquidation des Unternehmens wurde mit der General­versammlung am 21. Dezember 1878 eingeleitet.

Kapitel 11 schildert die Unternehmens­geschichte in den Jahren 1863 bis 1866. Mit frischem Kapital ausgerüstet kommt man leidlich durch die schwierigen 1860er Jahre, bevor sich der Gründerboom andeutet. Mit dem Lizenznachbau einer englichen Dreschmaschine versucht man, sich ein neues Standbein zu schaffen.


Dieses Kapitel zur Geschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei ist die Fortsetzung von Kapitel 10 zum Lokomotivbau des Unternehmens in den Jahren 1861 bis 1870.

Wir verließen in Kapitel 9 das Unternehmen, als es ihm nicht nur gelungen war, frisches Kapital in Form von Prioritäts­aktien in Höhe von nominell 150.000 Gulden einzuwerben, sondern auch einen neuen kaufmännischen Leiter, Ludwig Weber, zu finden. Über diesen ist bislang nichts Näheres in Erfahrung zu bringen. Technischer Direktor blieb der etwa um 1850 zum Unternehmen gestoßene Franz Horstmann. Während Horstmann die ganzen Jahre über in einer Wohnung auf dem Gelände der „alten Fabrik“ an der Frankfurter Straße residierte, scheint sich Ludwig Weber in repräsentativen Gebäuden entlang der Promenadestraße (heute Bismarckstraße) und im Blumenthal­viertel niedergelassen zu haben [1]. Mit ihm und dem frischen Geld konnte die Maschinenfabrik erst einmal beruhigter in die Zukunft schauen. In einem Bericht der Direktion der Bank für Handel und Industrie zur Sitzung des Aufsichtsrats am 28. November 1864 liest sich das dann so:

„Was wir bezüglich der Darmstädter Maschinenfabrik in Aussicht stellten, können wir nun – nachdem der Abschluß für 1863/64 vorliegt – bestätigen. Das Etablissement hat unter der neuen Direction mit Erfolg gearbeitet und findet sich fortwährend vollauf beschäftigt; das Jahr 1863/64 hat einen Nutzen von ca. f 25.000 abgeworfen, von dem aber nur eben die Hälfte v[oraus[s[ichtlich] 5 % auf Priorität[sactien] & 2 ½ % auf alte Stammactien zur Vertheilung kommen wird.“ [2]

Stellenanzeige der Maschinenfabrik.
Abbildung 1: Stellenanzeige der Maschinenfabrik im Mai und Juni 1864, hier in den Hessischen Volksblättern vom 3. Juni 1864. Scan vom Mikrofilm.

Der Geschäftsbericht der Direktion zur General­versammlung im Dezember 1878 nennt in seiner Übersicht über die vergangenen fünfzehn Jahre einen Nettogewinn von 42.102,86 Mark (entspricht umgerechnet 24.560 Gulden). Vom hier ausgewiesenen Bruttogewinn in Höhe von 84.275,80 Mark (entspricht 49.160,53 Gulden) gingen als Unkosten die Zinsen und „Diverse“, darunter die Gehälter der Direktion und die Tantiemen des Aufsichtsrats, ab. Beschäftigt wurden im Rechnungsjahr 1863/64 durch­schnittlich 258 Arbeiter. Nach den beiden Verlustjahren lief die Produktion wieder dermaßen gut an, daß dringend neue Arbeiter benötigt wurden. So suchte man per Annonce in den Hessischen Volksblättern im Mai und Juni 1864 Maschinen­schlosser, Kesselschmiede und Schreiner; eine weitere Anzeigenserie im September und Oktober 1864 warb um „tüchtige Monteure, Schlosser, Kesselschmiede, Sandgießer und Modellschreiner“ für eine „dauernde Beschäftigung bei angemessenem Verdienste“. Dabei dürfte die Direktion andere Vorstellungen davon gehabt haben, was als angemssen anzusehen ist, als die Arbeiter. Betrachten wir den Arbeitsmarkt und das Verbreitungs­gebiet der Zeitung realistisch, dann kann es der Maschinenfabrik nur darum gegangen sein, „tüchtige“ Arbeiter aus anderen Betrieben und Werkstätten abzuwerben.

Schon im Januar, Februar und März 1864 hatte das Unternehmen beispielsweise im „Zweibrücker Wochenblatt“ annonciert. Zwar gab es auch hier Industrie und somit Handwerker, die man abwerben konnte; doch dürfte ausgerechnet dort der Hintergrund für die Annonce der gewesen sein, daß der technische Leiter Franz Horstmann über seine Ehefrau familiäre Verbindungen in die Homburger Region besaß. So suchte die Maschinenfabrik dort

„Maschinenschlosser und Monteure, namentlich solche, welche mit dem Dampfmaschinen- und Lokomobilen-Bau vertraut sind, sowie noch ferner 10–12 Kesselschmiede, darunter ein tüchtiger Blechschmied“. [3]

Tabak und anderer Rauch

Der Darmstädter Tabakfabrikant Carl Friedrich August Wenck (1817–1890) hatte als eigene Erfindung patentieren lassen, wie er den Prozeß des Tabakröstens entscheidend beschleunigen und verbessern könne. Mit der Fertigung seiner Erfindung beauftragte er mit der Maschinenfabrik und Eisengießerei das führende Maschinenbau­unternehmen am Ort. Das Ergebnis war offenbar dermaßen gut, daß eine ganze Versuchsreihe gestartet und dokumentiert wurde. Dieses Vorgehen lag damals im Trend, um dem Vorgang einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Akribisch wurden Daten gesammelt und anschließend genauso akribisch in hierzu passende Publikationen gepreßt. Neben dem durchscheinenden Wunsch, den lokalen Absatz zu fördern, hatten derartige Publikationen auch einen belehrend-erzieherischen Zweck. Das lokale Gewerbe sollte ermutigt werden, sich derartige Erfindungen zum Vorbild zu nehmen und nach besseren Methoden zu suchen, um die eigenen Produkte zu verbessern. Hier wurde Wirtschafts­förderung nicht mit Subventions­geldern, sondern mit anregender Literatur betrieben.

Der nachfolgende, von Franz Fink, dem Sekretär des Landes­gewerbevereins, 1864 für das Darmstädter Gewerbeblatt geschriebene Aufsatz wurde aufgrund seiner Bedeutung in eine der führenden deutschen technischen Fachzeit­schriften aufgenommen. Die Maschinenfabrik als Hersteller der Trockenapparatur des Herrn Wenck dürfte aufgrund der positiven Besprechung hiervon profitiert haben.

Der patentirte F. A. Wenck'sche Trockenapparat mit Dampfheizung für Tabak, Malz, etc.

Der in Fig. 24 und 25 abgebildete rotirende Trockenapparat mit Dampfheizung wurde zunächst zum Trocknen von Tabak construirt und angewendet; er läßt sich aber auch mit gleichem Erfolg zum Darren des Malzes verwenden, wie wir weiter unten, gestützt auf einen dieserhalb vorgenommenen directen Versuch, näher angeben werden.

Zum Trocknen des von der Schneidbank kommenden feuchten Tabaks hat man seither verschieden construirte Tabakdarren oder Rösten angewendet. Die ältere Construction bestand in einem horizontal gelegten Blech, worauf der Tabak ausgebreitet wurde und das durch darunter herlaufende, mit einer Feuerung in Verbindung stehende Röhren erhitzt wurde. Also eine ähnliche Einrichtung wie bei den Malzdarren.

Ferner kamen flache Dampfrösten zur Verwendung. Dieselben bestehen aus doppelten, festliegenden, ebenen Platten von Eisenblech, zwischen welchen der Dampf, zur Erhitzung derselben, hindurch geführt wird. Auch hier wird der feuchte Tabak auf die obere Platte aufgeschüttet und allmählich getrocknet. In beiden Fällen, bei den flachen Darren mit directer Feuerung und bei den flachen Dampfrösten, mußte der aufgeschüttete nasse Tabak öfters mittelst Schaufeln durch Arbeiter umgewendet werden, damit er gleichmäßig erwärmt und ausgetrocknet wird. Diese Manipulation erfordert nicht nur Gewissenhaftigkeit und Aufmerksamkeit von Seiten des Arbeiters, damit der Tabak nicht an einzelnen Stellen der Darre zu heiß wird, ja verbrennt, sondern hat auch noch insbesondere den Nachtheil, daß der Tabak hierbei viel von seinem Geruch und Aroma verliert. Auch geht das Darren in dieser Weise nur langsam von statten und kostet viel Handarbeit.

Man hat deßhalb in manchen Fabriken rotirende Tabakrösten in Anwendung gebracht. Bei kleineren Betrieb, wie er in den meisten Fabriken des Zollvereins statt hat, bestehen diese rotirenden Tabakrösten aus einfachen eisernen (Mindern von circa 4–5 Fuß Durchmesser und 8–12 Fuß Länge, welche über einer Feuerung angebracht sind und in fortwährender Umdrehung erhalten werden. Der feuchte Tabak wird portionenweise eingebracht und so lange in der Trommel belassen, bis er auf den gewünschten Grad abgetrocknet ist.

Bei sehr großem Betrieb, wie solcher in den französischen Regie-Fabriken stattfindet, hat man solche rotirende Tabakrösten mit directer Feuerung zum continuirlichen Betrieb eingerichtet. Hierbei wird der nasse Tabak an einer Seite der Trommel eingegeben und nach und nach gegen das andere Ende derselben, wo er trocken austritt, vorgeschoben. Im Bulletin de la Société d'Encouragement pour l'industrie nationale, Jahrg. 1858, S. 543 und Taf. 149–151 ist ein solcher von Roland construirter Apparat abgebildet und beschrieben. Auch in der Darmstädter Maschinenfabrik und Eisengießerei wurde vor einigen Jahren ein solcher Apparat für die HHrn. Gebrüder Gail in Gießen, welche denselben für ihr amerikanisches Geschäft anschafften, gebaut. Für sehr großen Betrieb sind solche Apparate (die auch ziemlich theuer kommen) zweckmäßig; für kleineren Betrieb weniger. Bei der offenen directen Feuerung ist die Temperatur, namentlich bei kleineren Apparaten, sehr schwer constant zu erhalten, sie ändert oft und erreicht leicht, wenn nicht die größte Aufmerksamkeit beim Feuern angewendet wird, einen zu hohen Grad, wodurch der Tabak zu heiß wird und an seinem Werth verliert.

Diese Verhältnisse leiteten den Hrn. Friedrich August Wenck, Tabakfabrikanten in Darmstadt, auf die Idee, einen rotirenden einfachen Tabakrös­apparat mit Dampfheizung zu construiren. Derselbe ließ hiernach, zunächst für den eigenen Gebrauch, in der Darmstädter Maschinenfabrik einen solchen Apparat erbauen und nahm ihn in Betrieb. Die erzielten Resultate entsprachen den gehegten Erwartungen auf das Vollständigste. In Bezug auf die Bequemlichkeit in Handhabung des Apparats, des Ein- und Ausfüllens von Tabak etc. wurden hierbei jedoch Erfahrungen gesammelt, welche für die weiter in Ausführung gebrachten Apparate dieser Art benutzt worden sind. Hr. F. A. Wenck nahm für seinen Apparat ein Erfindungspatent für das Großherzogthum Hessen und übertrug den Bau der Apparate nach seinem Princip der „Maschinenfabrik und Eisengießerei in Darmstadt.“ Von derselben wurden in den Details der Construction mannichfache erfolgreiche Verbesserungen angebracht, welche die Wenck'schen Tabak-Trockenapparate nunmehr für diesen Zweck als ganz besonders geeignet erscheinen lassen. Bereits hat die genannte Maschinenfabrik mehrere Aufträge von auswärtigen Fabriken für solche Apparate zur vollkommenen Zufriedenheit der Empfänger ausgeführt.

Wir geben nunmehr in Nachstehendem eine kurze Beschreibung des Apparats und seiner Leistungsfähigkeit.

Der Trockenapparat besteht aus einem horizontal liegenden Cylinder mit doppeltem Mantel aus Eisenblech. Zwischen den beiden Mantelflächen circulirt der Dampf. Im Inneren des Cylinders sind drei (früher waren es vier) Leisten der Länge nach angebracht, an welchen eine Schiene mit 4 Zoll langen eisernen Spitzen angeschraubt ist. Die Leisten mit den Spitzen haben den Zweck, den Tabak, beim Umgang der Trommel, mit in die Höhe zu nehmen und dann wieder abfallen zu lassen; sie ersetzen also das Umwenden und Mischen des Tabaks, und zwar auf vollständigere Weise als dieß bei dem Umwenden und Mischen durch Handarbeit bei den horizontalen Darren geschieht. Man kann (für manche Zwecke ist dieß erwünscht) die Spitzen leicht abschrauben und das Umwenden und Mischen allein den Leisten überlassen. Der erst erbaute Apparat ruhte auf zwei Zapfen, in Lagern, um welche er sich drehte. Der Dampf wurde an der einen Seite in den Zwischenraum der doppelten Wandungen eingelassen und an der hinteren Seite wieder abgeführt. Vorrichtung zum Ablassen des Condensationswassers war vorhanden. Es hatte einige Unbequemlichkeit, die Vorderseite des Cylinders nicht ganz frei zu haben; das Einfüllen des Tabaks mittelst eines Trichters und später das Ausleeren der getrockneten Waare war dadurch erschwert. Bei der zweiten Construction wurde diesem Mißstande dadurch begegnet, daß man an der Seite wo der Tabak ein- und ausgeführt werden sollte, die Trommel nicht auf einem Zapfen ruhen ließ, sondern sie auf zwei Rollen setzte. Dagegen war an dieser Seite ein bewegliches Dunstrohr zur Abführung der Dämpfe aus dem Innern der Trommel, angebracht, welches seitwärts gedreht wurde, wenn man den Apparat öffnen und Tabak ein- oder ausgeben wollte. Auch diese Einrichtung wurde bei Ausführung der neuesten Apparate beseitigt. Bei der jetzigen Construction tritt der Dampf an der einen Seite des Cylinders durch den hohlen Drehzapfen ein und erfüllt den Raum zwischen den beiden Wandungen des Cylinders. Es tritt gar kein Dampf mehr aus, sondern nur Condensationswasser, welches durch eigenthümliche Schöpfvorrichtung ausgeschöpft und an derselben Seite, wo der Dampf eingeführt wird, abgelassen wird. Hierdurch erhielt man die eine Stirnseite des Cylinders ganz frei, so daß nunmehr die Füllung und Entleerung desselben sehr leicht und bequem vorgenommen werden kann.

Trockenapparat Wenck.
Abbildung 2: Fig. 24 und 25 (links) zur Beschreibung des Wenck'schen Trockenapparats.

Fig. 24 stellt den Apparat theils in der Seitenansicht, theils im Längendurchschnitt dar. Fig. 25 zeigt die Hälfte des Quer­durchschnitts, a ist der Cylinder von Eisenblech mit doppeltem Mantel, welcher außen mit Holz verkleidet ist, um die Abkühlung zu vermindern. Der Cylinder hat einen inneren Durchmesser von 5 Fuß (1 ¼ Met.) und ist 8 Fuß lang. b, b, b bezeichnen die im Innern eingesetzten Leisten mit den vorerwähnten Zähnen. c ist ein an der Hinterseite eingesetzter Boden, der mit einer Klappe d versehen ist, um theils äußere Luft in den Apparat zu führen und Zug, zur Entfernung der Dünste und entwickelten Dämpfe, zu erzeugen, theils um in den Apparat sehen zu können und Proben des Inhalts daraus zu entnehmen. Beim Einbringen des feuchten Tabaks wird die ganze hintere Seite des Apparats, durch Wegnahme des Bodens c, geöffnet; deßgleichen beim Entleeren des Apparats, welches leicht und schnell geschieht. Der Dampf streicht von dem Dampfkessel aus durch die Röhre e in den Apparat. Der Dampfdruck wird durch das Sicherheitsventil f regulirt und beträgt bei dem vorliegenden Apparat 1 ½ Atmosphäre, hat also eine Wärme von circa. 112° C. Man kann auch für Zwecke, wo der Cylinder heißer gemacht werden soll. Dampf von einer höheren Spannung, bis zu 3 Atmosphären und dann von circa 135° C. Wärme, einströmen lassen. Wie bereits bemerkt wurde, wird der Dampf durch die Achse des Cylinders in den Apparat eingeführt und zwischen die Doppelwände des Cylindermantels geleitet. Nur der condensirte Dampf wird durch neu zuströmenden Dampf ersetzt. Das Condensations­wasser schöpft sich an der Stelle k rein aus und wird in einen Behälter g geleitet, von welchem es bei h ausfließt. In dem Behälter g ist ein Ventil angebracht, welches durch einen Schwimmer geöffnet wird, wenn sich Condensations­wasser angesammelt hat, und das nach dem Abfluß desselben durch den Schwimmer wieder geschlossen wird. Man kann aber auch, wenn man will, diesen Schwimmer mittelst eines Greifrädchens von außen so richten, daß er außer Wirksamkeit gesetzt wird und somit das bemerkte Abflußventil fortwährend geöffnet bleibt. Man thut dieß, um beim Anwärmen die im Apparat enthaltene Luft mit dem Condensations­wasser abzulassen und beim Schluß der Arbeit den Behälter vollständig zu entleeren. Vor dem Sicherheitsventil ist der Dampf­zulaßhahn angebracht, womit die Dampfspannung und folglich auch die Temperatur im Apparate nach Bedarf regulirt werden kann. Eben dazu trägt noch wesentlich das Oeffnen und Schließen der Klappe d im Boden c mit bei. i ist ein Dunstschlot von Holz, vermittelst dessen die aus dem feuchten Tabak entwickelten Dünste in die Atmosphäre abgeführt werden. Dieß geschieht langsamer oder schneller, je nachdem man die Klappe d im Boden c weniger oder mehr öffnet und hierdurch einen geringeren oder lebhafteren Zug der äußeren Atmosphäre durch den Apparat herstellt. Zu bemerken ist noch, daß der Tabak gegen den Theil des Apparats, wo das Dunstrohr aufgesetzt ist, durch ein Sieb abgeschlossen ist. Ueber den Kranz k ist der Treibriemen gelegt, vermittelst dessen der Cylinder in Umdrehung versetzt wird. Der Riemen führt von da nach einem Vorgelege an der Decke oder Wand des Aufstellungsraums, welches durch einen Riemen mit der Haupt­transmissionswelle auf die gewöhnliche Weise verbunden wird. Wo der Raum beschränkt ist, wird der Kranz k mit Radzähnen versehen, in welche das auf dem Rahmen der Tabakröste angebrachte Vorgeleg mit einem Zahngetriebe eingreift.

Beim Trocknen von Tabak werden circa 200–250 Pfd. nassen Tabaks eingegeben, welche innerhalb ½ bis ¾ Stunden gleichmäßig und schön getrocknet werden. Der Tabak erhält hierbei ein besonders schönes und glänzendes Ansehen. Bei einem Versuch, welchem wir beiwohnten, wurden 207 Pfd. Tabaksrippen eingegeben, welche nach dem Trocknen, das in ¾ Stunden erfolgte, 37 Pfd. an Gewicht (an Wasser) verloren hatten. 100 Pfd. mit 10 Pfd. Wasser angefeuchtete Tabaksblätter sind in 10 bis 15 Minuten vollkommen ausgeröstet.

Daß der beschriebene Apparat zum Trocknen von Tabak vorzüglich geeignet ist, unterliegt keinem Zweifel mehr; die bereits gebauten und längere Zeit im Betrieb befindlichen Apparate dieser Construction haben dieß durch die Erfahrung bestätigt. Dagegen war es uns interessant, zu ermitteln, ob der Apparat auch in gleich günstiger Weise zum Darren des Malzes verwendet werden kann. Zu einem solchen Versuch bot ein neuer, in der Darmstädter Maschinenfabrik und Eisengießerei erbauter und versuchsweise aufgestellter Apparat die erwünschte Gelegenheit. Die Direction dieser Fabrik war gerne bereit zu einem solchen Versuche, wofür Hr. Bierbrauer Carl Ritsert die Gefälligkeit hatte, das Grünmalz zu liefern. Dieser Versuch wurde am 9. Januar l[aufenden] J[ahre]s in Gegenwart der Directoren der Maschinenfabrik, der HHrn. Weber und Horstmann, des Hrn. Bierbrauers Carl Ritsert, des Hrn. F. A. Wenck und des Unterzeichneten vorgenommen, und zwar bei einer äußeren Lufttemperatur von − 7° R. und einer Temperatur von + 9° R. im Versuchslocal. Derselbe ergab folgendes Resultat.

Das nasse Malz wurde um 10 ½ Uhr Vormittags in den Cylinder eingeschüttet. Die Temperatur in demselben betrug, bei ganz geöffnetem Hinterboden, 22° R. Das Gewicht des nassen Malzes (2 Säcke) war vor der Einfüllung 212 Pfd. Als der Apparat einige Zeit im Gang war, betrug die Temperatur in dem Cylinder, bei vollständig geschlossener Klappe d, 50° R. Wurde die Klappe ganz geöffnet, so fiel die Temperatur auf 34° R. und schwankte, je nachdem die Klappe mehr oder weniger geöffnet war, zwischen 42–45°. Die Spannung des zur Erhitzung verwandten Dampfes betrug 1 ½ Atmosphäre, dessen Temperatur war also circa 112° C. (89½° R.). Um die verbrauchte Dampfmenge zu messen, wurde das Condensations­wasser, welches aus dem Apparat kam (es strömte Dampf ein und floß nur Condensations­wasser ab), gewogen. Die Operation dauerte genau 2 Stunden. Innerhalb dieser Zeit waren 172 Pfd. Condensations­wasser abgelaufen. Das sehr schön gedörrte Malz (Hr. Bierbrauer Carl Ritsert leitete den Versuch und bestimmte den Zeitpunkt, wo das Malz aus dem Apparat als fertig getrocknet abgeführt wurde) wog nach dem Trocknen noch 138 Pfd., hatte also 74 Pfund Wasser, oder 35 Proc. seines ursprünglichen Gewichts verloren.

Nach den gegebenen Verhältnissen können wir annehmen, daß mit 1 Pfund Steinkohlen 6 ½ Pfund Wasser in Dampf verwandelt wurden, welcher zur Erhitzung des Apparats diente. Hiernach waren zur Erzeugung des Wasserdampfs aus 172 Pfund Wasser an Brennmaterial erforderlich: circa 26,5 Pfund Steinkohlen. Mit diesen 26,5 Pfd. Steinkohlen sind 74 Pfund Wasser aus dem Malz verdampft worden. Um 100 Pfund Wasser aus dem Malz zu verdampfen, werden hiernach 35,8 Pfd. Steinkohlen erfordert. Dieses Resultat stimmt im Mittel sehr gut mit den Versuchen überein, welche früher von dem Unterzeichneten in Gemeinschaft mit dem verstorbenen Maurermeister H. Ganß und im Auftrag des großherzoglichen Gewerbevereins über den Nutzeffect von Malzdarren mit directer Feuerung angestellt worden sind. Zum Vergleich setzen wir einen dieser Versuche hierher.

Versuch mit der Darre des Hrn. Georg Appfel in Darmstadt. Die Feuerung der Darre war besonders für Steinkohlen­brand eingerichtet. Zum Versuch wurden 1126 Pfd. nasses Malz abgewogen; nach dem Trocknen wog dasselbe noch 861 Pfd., hatte also 265 Pfd. oder 23 ½ Proc. Wasser verloren. Ein Simmer des getrockneten Malzes wog 25 ½ Pfd. (Bei anderen Versuchen bis zu 28 Pfd.) Es wurden 104 Pfd. Ruhrer Steinkohlen, Fettschrot guter Qualität und in gewöhnlichem Feuchtigkeits­zustand, verbrannt. Das letzte Schüren geschah 6 Stunden nach dem Anzünden des Feuers; 2 Stunden später wurde mit dem Abladen begonnen und das Malz sofort gewogen. Die Höhe der Malzschichte in der Darre betrug 3 ½ Zoll. Nach der ersten Stunde, vom Anzünden des Feuers an gerechnet, betrug die Temperatur über dem Malz 19° R., von da an, im Mittel von 7 regelmäßig angestellten Beobachtungen 28°; die höchste Temperatur der Luft in der Darre war 32°. Die Temperatur im Malz betrug in der ersten Zeit des Versuches circa 30°, steigerte sich aber später bis zu 56°. Die äußere Lufttemperatur war im Mittel 18°. Die Quantität der zur Verdampfung von 100 Pfund Wasser erforderlichen Steinkohlen berechnet sich auf 39 Pfd.

Bei einer Reihe anderer Versuche, welche mit verschiedenen Malzdarren und verschiedenem Brennmaterial (Steinkohlen, Holz und Torf) angestellt wurden, berechnete sich der Verbrauch an Steinkohlen, um 100 Pfund Wasser aus dem Malz zu entfernen, auf 33 bis 46 Pfund. Bei dem obigen Versuch mit der rotienden Dampfdarre betrug der Steinkohlenverbrauch hierfür 35,8 Pfd. Hiernach gibt die rotirende Dampfdarre den gleichen Nutzeffect wie eine gute Rohrdarre.

Die Quantität des verdampften Wassers aus dem Grünmalz betrug bei dem Versuch mit der rotirenden Dampfdarre 35 Proc. vom Gewicht des Grünmalzes; dagegen bei dem oben beschriebenen Versuch mit der Rohrdarre des Hrn. Georg Appfel nur 23 ½ Proc. Bei unseren anderen Versuchen mit verschiedenen Rohrdarren schwankte dieser Procentsatz zwischen 16, 21,8, 39, 28,8, 34,8, 32, 30,4 Proc. etc., je nachdem das Malz mehr oder weniger naß auf die Darre gebracht wurde.

Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, daß die Wenck'sche rotirende Dampfdarre durchschnittlich unter denselben Verhältnissen und mit demselben Erfolg arbeitet, wie eine gute Rohrmalzdarre. Es steht indeß zu erwarten, daß diese Resultate der Dampfdarre noch günstiger ausfallen, wenn man durch den Betrieb mehr Uebung im Gebrauch derselben zum Darren des Malzes erlangt hat und dieselbe hierfür besonders einrichtet. Die Vortheile der rotirenden Dampfdarre bestehen darin: 1) Daß das Wenden des Malzes auf mechanische und vollkommenere Weise geschieht als bei den flachen Rohrdarren, wo dasselbe durch Arbeiter geschehen muß, die in die Darre eintreten und das Malz (etwa alle ½ Stunde) umschaufeln. 2) Daß das Trocknen und Darren durchaus gleichmäßig erfolgt und weniger abhängig von der Aufmerksamkeit der Arbeiter ist. 3) Daß keine Gefahr für theilweises Verbrennen des Malzes vorhanden ist und auch das Malz, selbst bei einer wenig aufmerksamen Behandlung, nicht so leicht verglast. 4) Die Feuer­gefährlichkeit der Rohrdarren ist vollständig beseitigt. 5) Die Keime lösen sich beim fortwährenden Umwenden des Malzes in dem Cylinder, in dem Maaße als das Malz austrocknet, von den Körnern ab; sie werden theilweise schon durch den Luftzug, der durch den Cylinder geführt wird, ausgetrieben, und aus dem Dunstfang ausgestoßen; der Rest ist dann auf einer Putzmühle leicht zu entfernen. 6) Die Operation des Darrens dauert bei dem rotirenden Dampfapparat nur höchstens 2 Stunden, während bei den gewöhnlichen Rohrdarren hierzu in der Regel 8–10, ja 12 Stunden erforderlich sind. Allerdings können auch nur kleinere Quantitäten von nassem Malz in den rotirenden Apparat eingegeben werden; wenn derselbe aber hierzu besonders eingerichtet und etwas länger gebaut wird, so können für jede Ladung circa 600–900 Pfd. eingegeben, also, da dieselben in 2 Stunden fertig gemacht werden, innerhalb 12 Stunden circa 7000–11000 Pfd. nasses Malz getrocknet werden. Der oben beschriebene Apparat für Tabak erfordert zu seiner Bewegung annähernd eine Pferdekraft. Der größere Apparat für Malz wird circa 2 Pferdekräfte und somit täglich ungefähr 2 Centner Steinkohlen zu seiner Bewegung verbrauchen, welche hier noch nicht in Rechnung gebracht worden sind. Die Kosten hierfür dürften indeß vollständig zur Ersparung von Handarbeit für Umwenden des Malzes, Bedienung des Feuers etc. aufgewogen werden. Brauereibesitzer, welche ohnedieß einen Dampfkessel besitzen und ihre Pumpen, Maischapparate etc. mittelst einer Dampfmaschine treiben, dürften mit Vortheil sich in der Folge rotirender Dampfdarren der oben beschriebenen Construction bedienen und die Rohrdarren beseitigen.

Schließlich sey noch erwähnt, daß auch ein Versuch gemacht wurde, in der beschriebenen rotirenden Tabakdarre Tannäpfel so zu erhitzen, daß sie sich öffnen und den Samen ausfallen lassen. Hierzu werden in den hiesigen großen Klenganstalten besondere, auf 60° R. erhitzte Trockenkammern verwendet. Dieser Versuch, zu welchem Hr. Samenhändler H. Keller dahier die Tannäpfel geliefert hatte, ergab kein günstiges Resultat. Die Temperatur im Apparat war nicht hoch genug. Wenn man dieselbe auch dadurch steigern könnte, daß man mit Dampf von 3 Atmosphären arbeitete, so würde doch der Apparat verhältnißmäßig zu wenig fassen und fertig machen. Hr. H. Keller trocknet täglich circa 126 Malter Tannäpfel, welche 18–21 Stunden in der Darre verbleiben müssen, bis sie sich vollständig aufgeschlossen haben.

Quelle: Dinglers Polytechnisches Journal, Band 172, 1864, Nr. XXVIII, Seite 122–139 [online]. Übernahme aus dem Gewerbeblatt für das Groß­herzogthum Hessen, 1864, Seite 42 ff. [4]

Friedrich August Wenck profitierte gewiß vom wenige Jahre zuvor im südhessischen Raum um Lorsch begonnenen großflächigen Tabakanbau. Die Arbeitsbedingungen der in den dortigen Tabakfabriken beschäftigten Frauen und Männer waren allerdings miserabel. Die Löhne waren karg, die Arbeitszeiten lang und die Räumlichkeiten oftmals so schlecht belüftet, daß die Arbeiter trotz bestehenden Streikverbots Möglichkeiten fanden, ihren Unmut kundzutun. [5]

Die im Aufsatz erwähnten Fabrikanten Appel und Keller gehörten zu der aufstrebenden Gruppe lokaler Gewerbetreibender, die mit Klenganstalten und Samenhandel nicht nur in Hessen, sondern europaweit gute Geschäfte machten. Hierzu gehörte ebenso das damals im benachbarten Griesheim ansässige Unternehmen Nungesser.

Apropos Forstwirtschaft …

Die Maschinenfabrik stellte nebenher auch fahrbare landwirtschaftliche Maschinen her. Zwar war der jüdische Darmstädter Unternehmer Heinrich Blumenthal in diesem Metier vermutlich der Platzhirsch, das hinderte die Maschinenfabrik jedoch nicht daran, wie in diesem Fall, als Lizenznehmer von Ransomes & Sims in Ipswich eine eigene Dreschmaschine zum Verkauf anzubieten. Damit mögliche Interessenten auch anbeißen, wurde eigens eine Vorführung auf dem weitläufigen Fabrikgelände organisiert. Die Dreschmaschine wurde wohl mit der englischen Lokomobile verbunden, welche Ransomes and Sims 1862 auf der Weltausstellung in London vorgeführt hatten.

Dreschmaschine.

Abbildung 3: Einladung zur Vorführung der Dreschmaschine. Quelle: Hessische Volksblätter vom 29. Juli 1864, Scan vom Mikrofilm. Die Annonce erschien gleichzeitig in der Darmstädter Zeitung am 28. Juli [online] und den beiden Folgetagen.

Die Grafik zeigt einige Landarbeiter; sie bilden hier die Staffage zur ausgestellten Lokomobile. Andernorts kümmert man sich ein wenig mehr um die Arbeiter. Die Arbeitszeiten sind zu dieser Zeit eigentlich überall lang, die Löhne karg und die Meister streng. Man muß also darauf achten, daß sich der hieraus ergebende Unmut nicht unpassend entzündet und sich die Arbeiter politisieren und radikalisieren. Einige Darmstädter Honoratioren, die zum Teil auch Fabrikanten sind, tun sich deshalb zusammen und gründen 1864 den „Bauverein für Arbeiterwohnungen“. Dies ist angesichts der Wohnungsmisere nicht einfach ein philanthropisches Werk; denn dann könnten sie ja auch etwas von ihren Dividenden abknapsen und bei geringerer Arbeitszeit ausreichend Lohn zum Leben zahlen. Vielmehr steckt dahinter ein Kalkül; und wenn dabei eine Dividende herausspringt, ist es auch kein Schaden. Gelingt es, wenigstens einige Arbeiter besser zu stellen als andere, so werden die Begünstigten mäßigend auf ihre darbenden Kollegen einwirken. [6]

Eine andere Linie verfolgte mit Ludwig (Louis) Büchner ein Bruder des einstmals von den hessischen Behörden verfolgten Georg Büchner. Jener war vergleichsweise progressiv eingestellt und gedachte, durch Bildung und Bildung von Genossenschaften den Arbeiterstand zu heben und die Arbeiter vom schädlichen Tun des Politisierens abzuhalten. Er blieb bis Ende der 1860er Jahre eine in Darmstadt für die dortige Arbeiterschaft wichtige und meinungs­bildende Bezugsperson, bevor sich jene im Verlauf der Streikbewegung von 1869 und 1870 der sozial­demokratischen Richtung um August Bebel und Wilhelm Liebknecht anschlossen. 1863 gründete Ludwig Büchner zusammen mit Anderen einen von der Obrigkeit selbst­verständlich argwöhnisch beäugten Arbeiter­bildungsverein.

„Herr Lasalle und die Arbeiter.

Bericht und Vortrag über das Lasalle'sche Arbeiter­programm, erstattet auf dem Arbeitertag in Rödelheim im Auftrag des Central-Comité's der Arbeiter des Maingaues von Dr. Louis Büchner, prov[isorischem] erstem Vorsitzenden des ‚Arbeiter­bildungsvereins in Darmstadt‘. Frankfurt a. M. in Commission bei Reinhold Baist.

Letzte Seite der Büchner'schen Broschüre.
Abbildung 4: Seite 29 der Broschüre. Scan einer in der ULB Darmstadt vorhandenen Kopie.

Die Frankf[urter] Postz[ei]t[un]g bespricht diese Schrift und sagt u. A. … ‚Die bezeichnete Broschüre gibt einen Bericht über die Streitfrage, welche sich zwischen den H[erren] Lasalle und Schulze-Delitzsch erhoben hat. Sie enthält eine fleißige und gründliche Beleuchtung der Lasalle'schen Theorien und bekundet eine Gesinnung, die mit würdigem Ernst und bescheidener Haltung ihren Gegenstand betrachtet und keinen Hehl daraus macht, daß es dem Verfasser nicht nur darum zu thun ist, zu belehren, sondern auch belehrt zu werden. Die Lehren der beiderseitigen Führer werden unparteiisch entwickelt und der Bericht­erstatter kommt nicht zu dem Resultat, daß Hr. Lasalle aus der Arbeiter­versammlung herausgeworfen und an die Luft gesetzt werden soll, sondern daß seine Sätze alle Beachtung verdienen und die Debatte darüber zur Zeit noch nicht spruchreif, sondern weiterer Erwägungen würdig ist.

Der Verfasser scheint dem Nationalverein anzugehören, in welchem wir nur eine zerstörende und zersetzende, keine schöpferische Kraft finden können, deren Wirken uns statt des bloßen Umsturzes einen soliden Neubau zu schaffen vermöchte. Dennoch müssen wir die kleine Schrift Allen empfehlen, die sich über die Sache belehren möchten. Sie werden hier nicht den süffisanten Schulmeister­dünkel, die giftigen Phrasen und gemeinen Verdächtigungen der Gegner finden, welche der Nationalvereins­literatur und ihren Staatsmännern so eigen sind, wie dem Neger die schwarze Hautfarbe – jenen rüden Kneip- und Renommistenton, der jedem Gebildeten die Theilnahme an der Polemik völlig unmöglich macht und sogar in gewissen Ständekammern dermalen umgehend über den Mangel dieser Volksmänner an ehrenhafter Sitte und staats­männischem Geist ein trauriges Zeugnis gibt.‘ …

Nach den neuesten Mittheilungen öffentlicher Blätter hat sich sowohl der Arbeiter­bildungsverein in Stuttgart, als der zu Darmstadt gegen die Lehren Lasalle's und für Schulze-Delitzsch ausgesprochen.“

Quelle: Darmstädter Zeitung vom 10. Mai 1863 [7].

Drei erholsame Jahre und ein geschäfts­schädigender Krieg

Am 30. November 1864 fand die insgesamt siebte und somit sechste ordentliche General­versammlung der Maschinenfabrik und Eisengießerei statt, die am 28. Dezember 1864 fortgesetzt werden mußte. Während der Geschäftsbericht für das Rechnungsjahr 1863/64 nicht mehr vorliegt, kann aus dem Bericht zur Versammlung in den Hessischen Volksblättern zumindest entnommen werden, daß die Geschäfte wieder ausreichend zur Ausschüttung einer satzungsgemäßen Dividende gelaufen sind.

Die ordentliche General­versammlung am 30. November 1864

„Darmstadt, 30. Nov.  Heute fand die ordentliche Generalversammlung der Maschinenfabrik und Eisengießerei hierselbst statt; der Vorsitzende des Aufsichtsrathes, Dr. Bracht, eröffnete dieselbe mit einem ausführlichen Vortrage, worin er Namens des genannten Körpers die Ausführung der von der Generalversammlung vom 27. Mai 1863 gefaßten Beschlüsse über Reduction des Actiencapitals erster Serie und Neuaufnahme des Inventars näher darlegte. Die Direction erstattete hierauf Bericht über die Betriebsergebnisse des Geschäftsjahres 1863/64, welche eine recht erfreuliche Wirkung der nunmehr vollendeten Reorganisation der Gesellschaft und der Thätigkeit des Gesellschafts­vorstandes aufweisen. Bei namhaft steigendem Umschlag, besserer Ausnutzung der Arbeitskräfte und wohlfeilerer Beschaffung der Materialien sind Gewinne erzielt worden, welche nach Deckung aller Unkosten, und nach reichlichen Abschreibungen auf alle Theile des Inventars die Vertheilung einer Dividende von 5pCt. auf die Prioritätsactien und von 2½pCt. auf die Actien erster Serie gestatten. Wegen einiger äußerer dem formellen Rechnungsabschluß entgegenstehender Hindernisse wird der definitive Beschluß hierüber erst in der auf den 28. Dec. vertagten Fortsetzung der Versammlung verkündigt werden; man beschränkte sich daher darauf, die nothwendig gewordene Neuwahl des Aufsichtsraths vorzunehmen. Aus der Wahlurne gingen als wiedergewählt hervor die Herren Dr. Bracht, Kast, Joh. Hoffmann und Dr. Parcus; neugewählt wurde Herr Geh[eimer] Bergrath Hektor Rößler (an Stelle des Herrn C. Merck, welcher aus Gesundheits­rücksichten eine Wiederwahl abgelehnt hatte.) – Aus dem Geschäftsberichte der Direction heben wir noch die Thatsache hervor, daß das Etablissement fortwährend mit Bestellungen versorgt ist und mit wachsender Dotirung des Betriebsfonds regelmäßiges Fortschreiten verbürgt sein dürfte.“

Quelle: Hessische Volksblätter vom 2. Dezember 1864. [8]

Die Fortsetzung am 28. Dezember 1864

„Darmstadt, 28. Dec.  Die am 30. Nov. auf heute vertagte General­versammlung der Maschinenfabrik und Eisengießerei dahier nahm den Bericht des Aufsichtsraths über die stattgehabte Revision der per 30. Juni 1864 abgeschlossenen Jahresrechnung entgegen. Die revidirte Bilanz ergab einen Reingewinn von fl. 26.533,05 kr., wovon fl. 9776,34 kr. zu Abschreibungen verwendet werden sollen, von dem Restbetrage der fl. 16.756,31 kr. kommen nach Abzug der statuten- und vertragsmäßigen Tantiemen und Reserven auf die Prioritätsactien 5 pCt., auf die Actien erster Serie 2½ pCt. und wird nach Bestimmung des Aufsichtsraths der Rest mit fl. 2574,07 kr. dem Delcredere-Conto überwiesen. Den Actionären wurde es freigestellt, für die ihnen zukommenden Dividenden­beträge Prioritätsactien, wovon noch ein Posten von fl. 50.000 behufs späterer Vermehrung des Betriebsfonds seiner Zeit zurückgelegt wurde, zum Paricurse zu beziehen mit der Berechtigung zum Bezug der vollen Dividende des am 30. Juni 1865 ablaufenden Betriebsjahres. Bei dem mehr und mehr sich befestigendem Vertrauen in die gute Leitung und die günstigen Aussichten des Unternehmens zeichneten sich sofort eine größere Anzahl Actionäre zur Uebernahme von Prioritätsactien ein, welche vom 1. bis 15. Januar bei der Bank für Handel und Industrie gegen die entsprechende Anzahl von Dividendenscheinen in Empfang genommen werden können. (Conf. der Inseratentheil.)“

Quelle: Hessische Volksblätter vom 30. Dezember 1864. [9]

Im neunten Kapitel hatten wir durch einen internen Bericht der Bank für Handel und Industrie erfahren, daß 1862/63 bei der geplanten Kapitalerhöhung durch die Ausgabe von Prioritätsaktien in Höhe von 150.000 Gulden ein ungenannter „Investor“ bereit gewesen sei, 40-45.000 Gulden einzubringen. Aus dem im Zeitungsbericht wohl wiedergegebenen Geschäftsbericht geht hervor, daß statt dessen Aktien in Höhe von 50.000 der vorgesehenen 150.000 Gulden nicht emittiert wurden. Zwei Jahre später, auf der General­versammlung Ende 1866, waren noch Prioritäts­aktien in Höhe von 43.000 Gulden zu haben. Demnach konnten 1864 durch Umwandlung von Dividenden in Aktien und 1865 durch Umtausch von fünf ausgelosten Stammaktien neue Prioritätsaktien in Höhe von 7.000 Gulden ausgegeben werden, dies entspricht 28 neuen Aktien. Eine neue Aktie war so gesehen das Äquivalent zur Dividende aus entweder 40 Stamm- oder 20 Prioritäts­aktien, oder eine entsprechende Mischung daraus. Jedenfalls setzte der Bezug neuer Aktien schon ein gewisses größeres Kapital voraus. Wie viele Aktionäre wirklich von diesem Umtauschrecht Gebrauch machten, wird sich sicher nicht mehr herausfinden lassen.

Tabelle 1: Aktienbesitz der Bank für Handel und Industrie an der Maschinenfabrik und Eisengießerei.
JahrAnteil StammaktienAnteil PrioritätsaktienAnteil am GesamtkapitalQuelle
1857fl. 50.000n/afl. 50.000Protokoll Aufsichtsrat 16.3.1857
1859fl. 49.500n/afl. 49.500Geschäfts­bericht 1859
1863fl. 55.000fl. 43.000fl. 98.000bankintern; Geschäfts­bericht 1863
1865  fl. 101.500Geschäfts­bericht 1865
1870  fl. 113.000Geschäfts­bericht 1870
1871  fl. 121.000Geschäfts­bericht 1871
1872fl. 54.500fl. 65.750fl. 120.250Geschäfts­bericht 1872
1878fl. 54.500fl. 65.750fl. 120.250Geschäfts­bericht 1878

Von der Bank für Handel und Indiustrie ist allerdings bekannt, daß sie Ende 1863 über Aktien mit einem Nennwert von 55.000 Gulden (Stamm) und 43.000 Gulden (Priorität) besaß, Ende 1865 jedoch über ein gesamtes Aktienkapital im Nennwert von 101.500 Gulden verfügt hat. Demnach hat sie in der Zwischenzeit für 3.500 Gulden vierzehn neue Aktien erworben. Durch die für das Geschäftsjahr 1863/64 ausgeschüttete Dividende von 6 ¼ Gulden auf Stamm- und 12 ½ Gulden auf Prioritätsaktien konnte sie eine Dividende in Höhe von 3.525 Gulden einstreichen; und dies entspricht dem Gegenwert 14,1 neuer Aktien. Damit hätte alleine die Bank die Hälfte der neu ausgegebenen 28 Aktien erworben. – Und so schlummerte weiterhin ein nicht unbedeutender Teil der Prioritätsaktien faktisch wertlos im Tresor des Unternehmens oder – wahrscheinlicher – im Tresor der Bank. [10]

Emission von Prioritätsaktien.

Abbildung 5: Auch den auf der Versammlung abwesenden Aktionären wird öffentlich das Angebot unterbreitet, ebenfalls auf die Dividende zu verzichten und statt dessen neue Prioritätsaktien zu erwerben. Quelle: Hessische Volksblätter vom 30. Dezember 1864, Scan vom Mikrofilm.

Es war nicht nur die existenzielle Krise der Jahre 1861 bis 1863, welche die Aktionäre dazu zwang, das Statut der Gesellschaft zu verändern. 1862 nämlich wurde ein allgemeines deutsches Handels­gesetzbuch eingeführt, das nach dem hessischen Einführungs­gesetz zum 1. Januar 1863 anzulegen war. Dieses unterteilte sich in ein Firmen- und ein Gesellschafts­register. In Darmstadt war hierfür das Stadtgericht zuständig. Eine Anpassung der Statuten war auch im Verhältnis zwischen Direktion und Aufsichtsrat erforderlich.

Bekanntmachung der Handelskammer.

Abbildung 6: Die Großherzogliche Handelskammer Darmstadt wies mit einer Annonce in der „Darmstädter Zeitung“ am 9. Januar 1863 auf die Pflicht zum Eintrag in das neu geschaffene Handelsregister hin [online].

Aus den Eintragungen, die zunächst 1863 vorgenommen wurden, lassen sich Rückschlüsse auf das Entstehungsjahr des jeweiligen Gewerbes gewinnen; zumeist sind die entsprechenden Handels­registerakten 1944 verbrannt. In das Gesellschafts­register wurden erwartungsgemäß nur wenige Unternehmen eingetragen. Am 9. Februar 1863 war es zunächst die ansonsten eher unbekannte „Anonyme Gesellschaft für Bergbau- und Hüttenbetrieb Rhein, Main und Lahn“ mit Gesellschafts­vertrag vom 21. April 1862. Deren Gesellschafts­kapital betrug 1.120.000 Gulden (rheinisch). Am 1. August 1863 folgte die durch Gesellschafts­vertrag am 2. Juni 1838 gegründete „Steinkohlen-Actien-Gesellschaft zu Darmstadt“ mit einem Grundkapital von 25.000 Gulden. Am 3. August 1863 wurde die „Darmstädter Actien­gesellschaft für Gasbeleuchtung“ eingetragen. Dieses am 27. Februar 1854 gegründete Unternehmen verfügte über ein Kapital von 50.000 Gulden. Am 14. November 1863 folgte die „Bank für Handel und Industrie“ und am 5. Dezember 1863 das Schwester­institut „Bank für Süddeutschland“. Von der Maschinenfabrik erfahren wir auch im gesamten Jahr 1864 nichts, ehe am 11. Februar 1865 die entsprechende Eintragung verkündet wurde. [11]

„Veröffentlichung aus dem Gesellschafts­register des Großherzoglichen Stadtgerichts Darmstadt.

Die unter der Firma: ‚Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt‘ unterm 31. Dezember 1864 in das Gesellschafts­register des unterzeichneten Gerichtes eingetragene Actien­gesellschaft hat ihren Sitz zu Darmstadt.

Der Gesellschaftsvertrag wurde untern 7. Juli 1857 abgeschlossen und landesherrlich genehmigt; Abänderungen desselben wurden unterm 19. November 1862 und 7. Mai 1863 beschlossen und unterm 6. Juni 1863 landesherrlich genehmigt. – Der Zweck der Gesellschaft ist die Fabrication von Maschinen, Maschinen­theilen u. Eisenbahn-Geräthschaften aller Art. sowie Eisengießerei; auch ist die Gesellschaft befugt, mit allen Gegenständen ihrer Fabrication, sowie mit den dazu erforderlichen Rohproducten und Halbfabrikaten Handel zu treiben. Die Dauer der Gesellschaft ist auf neunzig Jahre, vom Tage der landesherrlichen Genehmigung an, bestimmt, eine Verlängerung über diese Frist hinaus kann die General­versammlung mit landesherrlicher Genehmigung beschließen. – Das Grundcapital besteht aus zweihundert­fünfzigtausend Gulden Stammactien und einhundert­fünfzigtausend [Gulden] Prioritätsactien, jede Actie ausgestellt im Nominalbetrag von zweihundert­fünfzig Gulden im fl. 52½ Fuß. Die Actien sind auf den Inhaber lautend ausgefertigt. Alle öffentlichen Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen in der Darmtädter Zeitung; der Aufsichtsrath ist berechtigt, die Veröffentlichung nach seinem Gutdünken auch in andere Blätter einrücken zu lassen. – Die Direction führt die Unterschrift der Gesellschaft. Zur Gültigkeit der Unterschrift muß der Firma die Unterschrift zweier Dirigenten, oder eines Dirigenten und eines ausdrücklich hierzu bezeichneten Beamten der Gesellschaft beigefügt sein.

Die Direction ist der Vorstand der Gesellschaft. Sie besteht aus einem oder mehreren Mitgliedern. Bei Krankheits- oder sonstigen Verhinderungs­fällen eines der Dirigenten überträgt der Aufsichtsrath einem seiner Mitglieder oder einem Angestellten der Gesellschaft provisorisch dessen Dienst. Die Direction besteht dermalen aus zwei Mitgliedern:

Ludwig Weber und
Franz Horstmann.

Die ständige Vertretung eines der Directoren in Verhinderungs­fällen bezüglich der Unterschrift für die Gesellschaft ist dem August Haas übertragen.

Darmstadt, den 31. December 1864.
Großherzogliches Stadtgericht Darmstadt.
Pistor.“

Quelle: Darmstädter Zeitung vom 11. Februar 1865.

Der als Vertreter genannte August Haas läßt sich nur in den Adreßbüchern von 1863 und 1865 finden, und zwar als „Büreauchef“; der Wohnort scheint in beiden Fällen das Fabrikgelände an der Frankfurter Straße gewesen zu sein. Sein Todesdatum wäre noch zu ermitteln. In der Veröffentlichung aus dem Gesellschafts­register des Stadtgerichts Darmstadt in der „Darmstädter Zeitung“ vom 30. Dezember 1872 heißt es:

„Die dem August Haas übertragen gewesene Befugniß, in Verhinderungs­fällen eines der Directoren für denselben die Firma der Gesellschaft zu zeichnen, ist durch dessen Tod erloschen. Zufolge Beschlusses des Aufsichtsraths vom 18. December 1872 hat nunmehr Dr. Bracht zu Darmstadt diese Befugniß übernommen.“ [online ulb darmstadt]

Weshalb 1865 der Eintrag in das Gesellschafts­register erst so spät erfolgt ist, kann nur vermutet werden. Am 28. Dezember 1864 fand die Fortsetzung der sechsten ordentlichen General­versammlung der Aktionäre statt und erst mit deren Genehmigung des Geschäfts­berichtes für das Geschäftsjahr 1863/64 kam die Krise der Jahre zuvor mitsamt all den Veränderungen im Gesellschafts­gefüge zu einem Abschluß.

„Die Generalversammlung der Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt am 28. Dec. 1865.

Aus dem in der heutigen General-Versammlung der Aktionäre der hiesigen Maschinenfabrik und Eisengießerei durch die Direktion erstatteten Geschäfts-Bericht über das am 30. Juni d[ieses] J[ahres] abgelaufene Geschäfts-Jahr haben wir mit Vergnügen Kenntniß von den erfreulichen Fortschritten genommen, welche zu demselben erzielt wurden.

Als das sprechendste Zeichen für den wirklichen guten Fortschritt dieser Anstalt haben wir die Mittheilung begrüßt, daß neben einer auf 6 pCt. oder fl. 15 für die Prioritäts-Aktien und auf fl. 7½ für die Stamm-Aktien festgestellten Dividende und nach Abzug von 5 pCt des Reingewinns für den Reservefond, noch die Mittel erübrigten, eine Anzahl der im Frühjahr 1863 in ihren Ansprüchen auf den halben Werth reduzirten Stamm-Aktien zum vollen Pari-Course zurückzuzahlen. Der weitere Umstand, daß bereits im Laufe dieses Sommers mit der Rückzahlung des im Jahre 1859 aufgenommenen Prioritäts-Anlehens begonnen werden konnte und daß seit dem 30. Juni v[origen] J[ahres] nahe an fl. 21.000 auf Abschreibungen an dem Inventarium verwendet wurden, giebt uns die beruhigende Ueberzeugung, daß das im Jahre 1863 durch die großen Opfer der Stamm-Aktien-Besitzer ohnehin schon consolidirte Unternehmen, immer mehr eine gesunde und Vertrauen einflößende Basis gewinnt, und die darin angelegten Fonds als eine in jeder Hinsicht gesicherte und dabei vortheilhafte Kapital-Anlage betrachtet werden können.

Interessant war für uns die Mittheilung, daß sich die Thätigkeit unserer hiesigen Maschinenfabrik nicht blos auf unsere nächsten Umgebungen beschränkt, daß vielmehr deren einträglichen Lieferungen nach auswärtigen Eisenbahnen, nach den Bergwerks-Bezirken an der Saar und selbst nach Holland u. a. entfernten Orten gehen. Der Bericht der Direktion hob dabei namentlich hervor, daß durch die sich täglich mehrenden neuen Eisenbahn-Anlagen und die nie geahnten Dimensionen, welche seit wenigen Monaten der Güterverkehr angenommen hat, die Anforderungen an die Maschinenfabrik dermaßen gewachsen sind, daß sie viele derselben – alle ihr zugehenden neuen Aufträge theils auf Jahr hinaus, theils bis zur vollendeten Erweiterung ihrer Anlagen und Einrichtungen [–] abzulehnen gezwungen ist, und wie deßhalb auch für die hiesige Maschinenfabrik der Augenblick gekommen ist, ihre Einrichtungen namentlich durch Vermehrung der für die Herstellung von Eisenbahn-Bedürfnissen geeigneten Maschinen so rasch als möglich zu vervollständigen.

Im Interesse des Unternehmens, dem wir selbst als Aktionär angehören, bedauern wir aufrichtig, daß bei dieser so dringenden Veranlassung, der General-Versammlung nicht ein Antrag auf Vermehrung des Aktien-Kapitals durch Ausgabe von mindestens 100.000 fl. neuer Aktien gestellt wurde und man sich mit der Verwerthung der noch unbegebenen 40.000 fl. Prioritäts-Aktien begnügen will, obgleich der Bericht überall auf die Vermehrung des Betriebs-Capitals mit Recht ein ganz besonderes Gewicht legt. Jetzt, und wahrscheinlich so bald nicht wiederkehrend, ist die Gelegenheit geboten, alte Verluste auszugleichen und uns für die Opfer, die wir vor drei Jahren gebracht haben, zu entschädigen. – Lassen wir sie nicht ungenutzt vorübergehen!

Ein Aktionär.“

Quelle: Darmstädter Zeitung vom 1. Januar 1866 [online].

Wer dieser Aktionär gewesen sein mag, läßt sich zwar nicht genau bestimmen, aber einkreisen. Es ist ganz offensichtlich einer der (vermutlich nur) sieben Aktionäre der ersten Stunde. Die Bank als Mitbegründerin wird es wohl eher nicht sein, weil sie ohnehin durch ihr Aktienpaket und ihre Kreditlinie andere Einfluß­möglichkeiten besitzt. Reinhard Ludwig Venator ist 1862 gestorben, und seine Erben werden wohl eher nicht auf Expansion drängen. Bleiben: Eugen Bracht, Karl Johann Hoffmann, Carl Merck, Franz Werner und der seinem Vater nachfolgende Bankier Otto Wolfskehl. Bei wem war die Unzufriedenheit groß genug, um öffentlich aufzutreten, weil er keine internen Einfluß­möglichkeiten (mehr) besaß? Carl Merck wäre der naheligende Kandidat, nachdem er 1864 den Aufsichtsrat verlassen hatte.

Auf der landwirt­schaftlichen Ausstellung, die vom 2. Juni bis zum 2. Juli 1865 in Köln stattfand, stellte die Maschinenfabrik eine Lokomobile, eine ihrer kleinen Tender­lokomotiven und „eine Parthie trocken gepresster Backsteine“ aus. Für die Lokomobile wurde sie mit einer Silber­medaille ausgezeichnet, weniger für die Konstruktion derselben, sondern wegen ihrer Preiswürdigkeit. Was wie eine Tautologie klingt, meint wohl ein besonders preisgünstiges Exemplar. [12]

Für die 1860er Jahre liegen zur Geschäftsentwicklung der Maschinenfabrik einige sporadische Angaben vor. So schreibt die Großherzogliche Handelskammer in ihrem dritten Bericht für den Zeitraum von 1864 bis 1866, das Unternehmen habe durchschnittlich 258 bis 287 Arbeiter beschäftigt und einen Umschlag von 312.967 Gulden im Geschäftsjahr 1863/64, von 355.969 Gulden im Geschäftsjahr 1864/65 und von 396.778 Gulden im Geschäftsjahr 1865/66 gehabt.

Arthur Uecker, der in den Publikationen über die Industrialisierung Darmstadts in der Mitte des 19. Jahrhunderts so gerne als Gewährsmann angesehen und angegeben wird, hat – wie an anderer Stelle auch – diese Passage in seiner anschließend als Buch veröffentlichten Dissertation mehr oder weniger gut abgeschrieben oder paraphrasiert. Dabei sind ihm einige Fehler unterlaufen, die nur dann auffallen, wenn frau oder man das Original kennt. [13]

Der folgende Text aus einem Bericht der Großherzoglich Hessischen Handelskammer zu Darmstadt befaßt sich zunächst noch mit der Saline Ludwigshalle in der damals hessischen Exklave Bad Wimpfen, bevor er auf den Maschinenbau überleitet.

Auszug aus dem Bericht der Handelskammer.

Abbildung 11.7: Auszug aus dem dritten Jahresbericht der Großherzoglich Hessischen Handelskammer zu Darmstadt für die Jahre 1864 bis 1866, hier Seite 30. Seite 31 fährt fort mit den nachfolgend diskutierten Umsatzzahlen. Quelle: Digitalisat der BSB München [online bsb münchen].

In diesem Fall betrachtet Arthur Uecker in seiner eigenen Wiedergabe aus den Berichten der Handelskammer zur Lage der Maschinenindustrie direkt vor hier interessierenden Passage den Steinkohlen­verbrauch für Darmstadt. Dabei nennt er in der zugehörigen Anmerkung 131 als seine Quelle die Seite 320 des Jahresberichts der Handelskammer für 1863 bis 1865. Allerdings schließt selbiger am 28. September 1867 zum Druck gebrachte Bericht mit der Seitenzahl 54 ab; der Steinkohlen­verbrauch wird somit schon auf Seite 29 abgehandelt. Schon diese eher formale Ungenauigkeit rät zur Vorsicht. Doch Flüchtigkeits­fehler in Quellenangaben sind nicht das wirkliche Problem. Manchmal, so scheint es, habe Uecker den zugrunde liegenden Text nicht so recht verstanden. So beginnt in obiger Abbildung 11.7 der Abschnitt 4 zur Maschinen­fabrikation mit einer allgemein gehaltenen Aussage zur wirtschaftlichen Lage dieses Industriezweiges direkt nach dem (für Hessen) verlorenen Deutschen Krieg von 1866. Sodann wird von mehreren Unternehmen gesprochen, von denen das führende Unternehmen am Ort eine Aktien­gesellschaft sei. Dann geht der Bericht auf die verschiedenen „Spezialitäten“ aller Fabriken des Industriezweiges ein, um schließlich einige Kenndaten zur Maschinenfabrik und Eisengießerei zusammenzutragen. Zu diesem Unternehmen lagen der Handelskammer deswegen Daten vor, weil es als Aktiengesellschaft publizitätspflichtig gewesen ist; und glücklicher­weise waren die Geschäftsberichte der damaligen Zeit noch weitschweifig und informativ.

Arthur Uecker begreift nun die Passage zwischen der Nennung der Maschinenfabrik als einer Aktien­gesellschaft neben anderen Unternehmen und den Kenndaten zu selbiger Maschinenfabrik nicht als das, was in seiner Quelle geschreben steht, nämlich als Auflistung der „Spezialitäten“ aller Darmstädter Maschinenfabriken, sondern weist sie der Maschinenfabrik zu. So kommt es dazu, daß er behaupten kann, die Maschinenfabrik habe in den 1860er Jahren Brauerei- und Brennerei­maschinen hergestellt, was, wenn überhaupt, nur eine Marginalie gewesen sein könnte, jedenfalls keine „Spezialität“ des Unternehmens gewesen ist. Wobei Arthur Uecker zugute gehalten werden muß, daß es tatsächlich eine Geschäfts­annonce der Maschinenfabrik gegeben hat, mit der sie direkt die Bierbrauer (wohl nicht nur diejenigen an der Dieburger Straße) angesprochen hat. Ob dies jedoch zu entsprechenden Aufträgen geführt hat, ist nicht bekannt. [14]

Geschäftsannonce der Maschinenfabrik.

Abbildung 8: Im August und September annoncierte die Maschinenfabrik in mehreren Tageszeitungen ihre Möglich­keiten. Sie sei „durch die erweiterten und vollständigen Einrichtungen ihrer Kesselschmiede-Werkstätten und ihre großen Material-Vorräthe in der Lage, alle in dieses Fach einschlagenden Aufträge in ganz kurzer Frist und zu den billigsten Preisen auszuführen. Dieselbe empfiehlt neben ihren Dampfkesseln jeder Größe, namentlich auch den Herren Bierbrauerei­besitzern ihre, in Bezug auf schöne und gute Ausführung noch nicht übertroffenen Kühlschiffe, vollständige Malzbarren mit Oefen und Rohrleitungen nach dem neuesten und anerkannt besten System, Gerstenweichen, Wasserbehälter sowie überhaupt alle für die neuere Einrichtung von Brauereien erforderliche Dampf- und Maischmaschinen, Pumpen u. s. w.“ – Quelle: Hessische Volksblätter vom 12. September 1865, Scan vom Mikrofilm.

In den Ausführungen der Handelskammer wird weiterhin davon ausgegangen, daß die Gießerei zweieinhalb bis drei Millionen Pfund Maschinenguß pro Jahr liefern kann, während dieselbe Passage bei Arthur Uecker diese Möglichkeit in eine Tatsache verwandelt, wenn er behauptet, die Maschinenfabrik habe diese Menge an Maschinenguß jährlich produziert. Er verwechselt also die Kapazität mit dem Ausstoß. Es sind zwar nur Nuancen, aber sie verändern den Sinn. „Nachhaltig“ unsinnig wird es dann, wenn derart unzutreffende Angaben mit Berufung auf Arthur Uecker in modernen Publikationen weiterverbreitet werden.

Schwerer wiegt ein gänzlich anderes Problem, nämlich die uns zugängliche Datenbasis. Der Geschäftsbericht der Direktion der Maschinenfabrik für die insgesamt XXI. und zwanzigste ordentliche General­versammlung am 21. Dezember 1878 gibt uns eine Übersicht über die Kenndaten der Geschäfts­tätigkeit seit 1863. Und diese Zahlen stimmen häufig nicht mit denen überein, die aus den 1860er Jahren berichtet werden. Der Grund hierfür ist unklar. Diesen Sachverhalt zu erkennen, wird zudem dadurch erschwert, daß in den 1860er Jahren noch in Gulden, Ende der 1870er Jahre aber in Mark gerechnet wird. Nebenbei sei angemerkt, daß der Geschäftsbericht von 1878 die durchschnittliche Arbeiterzahl dieser drei Geschäftsjahre mit 258, 257 und 280 angibt. [15]

Tabelle 2: Der Umschlag (Umsatz) der Maschinenfabrik in den Geschäftsjahren 1863/64, 1864/65 und 1865/66. Die Umrechnung von Mark in Gulden wurde mit 7/12 berechnet.
GeschäftsjahrUmschlag laut Handelskammer 1867Umschlag laut Geschäftsbericht 1878 in Markumgerechnet in Gulden
1863/64fl. 312.967M 454.275,71fl. 264.994,09
1864/65fl. 355.969M 607.599,43fl. 354.433,00
1865/66fl. 396.778M 615.360,00fl. 358.960,00

Auf diese unterschiedlichen Kennzahlen wird noch zurückzukommen sein.

Stellenanzeige der Maschinenfabrik.
Abbildung 9: Stellenanzeige der Maschinenfabrik im September und Oktober 1864, hier in den Hessischen Volksblättern vom 24. September 1864. Scan vom Mikrofilm.

Gesichert hingegen ist der Aktienbestand des Hauptaktionärs der Darmstädter Maschinenfabrik. Die Bank für Handel und Industrie hielt zum 31. Dezember 1865 Prioritäts- und Stammaktien im Nominalwert von 101.500 Gulden, also etwas mehr als ein Viertel der theoretisch verfügbaren Aktien.

„Die Darmstädter Maschinenfabrik hat die von uns in die neue Organisation ihrer Leitung gesetzten Hoffnungen zu erfüllen begonnen und konnte in der Periode 1864/65 an Dividende auf die Prioritäts-Actien 6 %, auf die Stamm-Actien 3 % vertheilen, und außerdem ½ % zur pari-Amortisation von Stamm-Actien verwenden.“ [16]

Auch die mit dem Deutschen Krieg verbundenen Krisen habe das Darmstädter Unternehmen gut bestanden und „befriedigende Erträgnisse gebracht“. [17]

Je nach Gewinnhöhe war es den Statuten zufolge möglich, daß zusätzlich zum Dividendenbezug einzelne Stammaktien ausgelost wurden, die zum vollen Nennwert amortisiert wurden. Der Aufsichtsrat unterbreitete deshalb auf der General­versammlung am 28. Dezember 1865 das Angebot, anstelle der Auszahlung des Nennwerts der eingezogenen Aktien neue voll dividenden­berechtigte Prioritätsaktien zu erwerben. [18]

Tabelle 3: Zur Amortisierung ausgeloste Stammaktien; in der letzten Spalte die anschließend noch vorhandenen Stammaktien. Verlinkt sind die entsprechenden Annoncen des Unternehmens in der Darmstädter Zeitung.
GeneralversammlungNummern der ausgelosten StammaktienQuelleStammaktien
30.11./28.12.1864keineDZ 31.12.18641.000
28.12.1865451, 461, 517, 592 und 630DZ 3.1.1866995
28.11.1866keineDZ 8.12.1866995
29.11.1867keine 995
30.11.1868keine 995
29.11.1869397, 527, 552, 627 und 676DZ 11.12.1869990
28.12.1870715, 772, 827, 935 und 1000DZ 30.12.1870985
8.12.187116, 141, 153, 211, 212, 224, 334, 406, 515, 706 und 752DZ 9.12.1871974
19.12.1872104, 146, 304, 378, 464, 492, 720, 834, 866, 900 und 932DZ 28.12.1872963
9.12.187336, 127, 155, 460, 465, 507, 587, 600, 631, 713, 718, 769, 797, 803, 922 und 993DZ 17.12.1873947
19.12.187466DZ 22.12.1874946
29.11.1875907DZ 2.12.1875945
28.12.1876keine 945
28.11.1877keine 945
21.12.1878keineGeschäftsbericht945

Diese Tabelle weist auf ein interessantes Bilanzierungs­phänomen hin. In der Geschäftsbilanz wurde bei der Neuausgabe der Prioritätsaktien im Nennwert von 150.000 Gulden ein durch Aktien gedecktes Gesamtkapital von 400.000 Gulden angegeben. Da aber von diesen Prioritätsaktien 1863 nur zwei Drittel tatsächlich emittiert worden waren, betrug das Gesellschaftskapital faktisch nur 350.000 Gulden. Nun wurden im Laufe der Jahre nach und nach einige Stammaktien ausgelost und amortisiert. Daraus ergibt sich, daß das durch diese Stammaktien repräsentierte Gesellschafts­kapital ebenfalls niedriger bewertet werden sollte als die ursprünglichen 250.000 Gulden. Da theoretisch vorgesehen war, daß nach und nach die Hälfte der Stammaktien zu amortisieren waren, bevor selbige wieder in den Genuß der vollen Dividende gelangen konnten, hätte irgendwann einmal das durch die Stammaktien repräsentierte Kapital nur noch 125.000 Gulden betragen. Bei dem Tempo, das die Amortisierung aufgenommen hatte, wäre dies in etwa einhundert Jahren geschehen. Selbst angenommen, alle Prioritätsaktien hätten einen Käufer gefunden, so hätte das Aktienkapital bei Ende der Amortisierungs­phase nur noch 275.000 Gulden betragen.

Ausschnitt Stadtplan 1866.

Abbildung 10: Lage der beiden Fabriken der Maschinenfabrik und Eisengießerei. Nördlich des Maintors hatten sich außerhalb der ehemaligen Stadtmauer einige Betriebe angesiedelt, unter anderem schon recht früh (kurz vor 1830) die Werkstätte von Hektor Rößler (sen.), die Keimzelle der „alten Fabrik“. Das spätere Johannesviertel steht noch vor seiner Erschließung durch die Blumenthal'sche Terrain­gesellschaft. Der Darmbach floß somit noch an der Stelle der späteren Landwehr­straße und versorgte die Schneidmühle mit Wasserkraft. Nahe den Gleisen der Hessischen Ludwigsbahn erstreckt sich das seit 1857 bebaute neue Fabrikgelände (links). Auf der anderen Wegseite sind die ersten Wohnbauten des Bauvereins errichtet worden. Die Gasfabrik am unteren Bildrand versorgte das modernen Ideen gegenüber aufgeschlossene Bürgertum nicht etwa mit Heizenergie, sondern mit künstlichem Licht. Quelle: Ausschnitt aus dem Plan der Haupt- und Residenzstadt Darmstadt von 1866 [online].

Etwas differenzierter als die Darmstädter Bank werden die Auswirkungen des preußisch-österreichische Krieges von 1866 in den Geschäftsberichten der Maschinenfabrik bewertet. Diese liegen uns nur als Zusammenfassung durch die Hessischen Volksblätter vor.

Einladung zur Generalversammlung 1866.

Abbildung 11: Einladung zur am 28. November 1866 stattfindenden General­versammlung der Aktionäre. Ausnahms­weise haben die Auftraggeber eine Girlandierung der ansonsten trockenen Annonce vorgesehen. Quelle: Hessische Volksblätter vom 27. Oktober 1866, Scan vom Mikrofilm.

Die ordentliche General­versammlung am 28. November 1866

„Darmstadt, 29. Nov.  Gestern wurde unter dem Vorsitze des Herrn Dr. Bracht die alljährliche General­versammlung der Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt abgehalten. Dem von Herrn Director Weber vorgetragenen Geschäfts­bericht entnehmen wir das folgende. Das Gesammtresultat des abgelaufenen Betriebsjahrs war unter den ungünstigen Conpuncturen des letzten Sommers natürlich kein so günstiges, als man bei Beginn des Geschäftsjahres zu erwarten berechtigt war, ist aber immerhin günstig zu nennen. Schon im April blieben die Bestellungen aus, in der letzten Zeit sind jedoch wieder sehr namhafte Aufträge eingelaufen.

In Folge bedeutender, noch nicht ausgeführt gewesener Bestellungen konnte jedoch den ganzen Sommer, wenn auch mit etwas verminderten Arbeitskräften, fortgearbeitet werden. Die Zahl der Arbeiter betrug durchschnittlich 280, die Ausgaben für Arbeitslohn 102.800 fl., die Depensen für Materialien 239.600 fl., der Nettoumschlag 412.000 fl., der Reingewinn 25.909 fl.; für die Stammactien wurden 2½, für die Proritätsactien 5 % Dividende verwilligt, dem Aufsichtsrath Decharge ertheilt, das durch das Loos zum Austritt berufene Mitglied, Geh. Bergrath Rößler, wieder gewählt, die Begebung des noch vorhandenen Restes von Actien, 43.000 fl. beschlossen. Hiervon sind über 10.000 fl. bereits gezeichnet.

Die meisten Bestellungen wurden für ein Mannheimer Haus, für die Main-Neckar-Bahn, die hessische Ludwigsbahn und für das Saarbrücker Bergwerk effectuirt. Der Stand des Geschäfts bis zum Ausbruch der Kriegsunruhen war außerordentlich günstig und kann dem Unternehmen bei nur einiger Maßen ruhigen Zeiten ein durchaus günstiges Prognosticon gestellt werden.“

Quelle: Hessische Volksblätter vom 30. November 1866. [19]

Rechnen wir einmal grob nach. Durchschnittlich 280 Arbeiter verdienten bei einer Sechstage­woche insgesamt 102.800 Gulden. Das ergibt, die Sonn- und Feiertage herausgerechnet, etwa 300 Arbeitstage und einen Tageslohn von einem Gulden und 13 Kreuzern. Hierbei dürften die Facharbeiter der Maschinenfabrik mehr und die billigsten Arbeitskräfte der Eisengießerei entsprechend weniger bekommen haben. Streiken war zu dieser Zeit finsterster Reaktion nicht erlaubt; und so mußten Arbeiter, häufig althergebracht noch als Gesellen bezeichnet, eine Lohn­erhöhung erbetteln.

„Darmstadt, 28. Mai.  Aehnlich dem Vorgehen anderer Gewerbe haben die hiesigen Zimmergesellen in einer gestrigen, sehr zahlreichen Versammlung eine Lohnerhöhung von 18 kr. bei den Meistern der Zunft beantragt. In der deßfallsigen Petition sollen namentlich die theuren Lebensmittel, hohe Logismiethe, welche gegen früher um mehr als das Doppelte gestiegen, sowie der äußerst geringe Lohn der hiesigen Zimmergesellen (48–56 kr. per Tag) besonders betont sein.“ [20]

Allein die Forderung nach einer mehr als 30%igen Lohnerhöhung zeigt, wie erbärmlcih niedrig das Darmstädter Lohnniveau gewesen sein muß. Dabei ist noch gar nichts zu den extrem langen Arbeitszeiten gesagt. Kein Wunder, daß sich manche Gewerbe­treibende und Klein­kapitalisten eine goldene Nase verdienen konnten. Es ist nämlich, ganz im Gegensatz zum Narrativ der Jubiläumsschrift der IHK Darmstadt von 2012, nicht der Tatkraft großartiger und innovativer Tüftler, Techniker und Ingenieure zu verdanken, daß deren Betriebe florierten, sondern der gnadenlosen Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft geschuldet. Und sonntags ging man dann brav in die Kirche und sprach ein Vaterunser, auf daß der daraus erfolgende Geschäftsgewinn weiterfließen möge. Ob die hier geforderte Lohnerhöhung gewährt wurde, ist nicht bekannt. Wenn sie jedoch auch in dieser Höhe durchgekommen wäre, hätten sich die Zimmerleute dem Durchschnitt der Arbeiter der Maschinenfabrik und Eisengießerei angenähert gehabt.

Die kleine, regulär rund 4.000 Soldaten umfassende Armee des Herzogtums Nassau unterhielt eine eigene Pionier-Compagnie. Diese ging 1864 daran, ihre hölzernen Pontons dem Stand der Militärtechnik anzupassen und sie durch eiserne zu ersetzen [21]. Das nassauische Oberkommando holte andernorts Erkundigungen ein und entschied sich für Pontons aus glattem Eisenblech. Da die großherzoglich hessische Armee ebenfalls Pontons anschaffen wollte, und zwar von der Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt, beauftragte man den Hauptmann Stamm damit, in Darmstadt die Kosten für die Pontons zu erfragen, um das benötigte Geld in das Budget für 1865 einstellen zu können. Zunächst einmal sollte ein Ponton, bestehend aus einem Vorder- und einem Mittelstück, zur Erprobung beschafft werden; dessen Teile 200 bzw. 172 Gulden kosten sollten.

Hauptmann Stamm fuhr am 14. Februar 1865 nach Darmstadt, um die Aufmaße für die Zeichnungen einzuholen und die Bestellung mit der Fabrik abzusprechen. Am Folgetag fuhr er zurück nach Wiesbaden und erhielt nach einigem Schriftverkehr Diäten in Höhe von sieben Gulden pro Tag. Ende März erbat die Maschinenfabrik eine Lieferzeit von zehn Wochen und meldete am 29. Juni, das Ponton sei bis auf den Anstrich fertiggestellt und könne abgenommen werden. Somit fuhr der Hauptmann Stamm am 7. Juli erneut nach Darmstadt und begab sich in Begleitung des Darmstädter Hauptmanns Coulmann in das Etablissement. August Coulmann war Im General­quartier­meisterstab mit der Führung der Pionierkompagnie beauftragt. Das Protokoll vom Folgetag vermerkt:

„Die von Herzoglicher Militär-Verwaltungs-Commission zu Wiesbden in der Maschinenfabrik und Eisengießerei zu Darmstadt laut Antwort vom 22. Februar d[ieses] Jahres] bestellten eisernen Ponten wurden heute von nachstehender Commission auf den § 3 des genannten Contractes einer Prüfung unterworfen.

Die Commission erklärt, daß sowohl das verwendete Material, Eisen sowohl wie Holz vollständig gut, und die Ausführung der Arbeit selbst mustermäßig ist.

Die in § 3 festgesetzten Ausmaße sind genau eingehalten und die sonstigen Details nach der Constructions­tabelle ausgeführt.“

Die beiden ersten Pontonteile sollten mit der Eisenbahn zum Mainzer Hafen gebracht und von dort über den Rhein gefahren werden. Dem Hauptmann Stamm scheint das Aussetzen im Mainzer Hafen nicht praktikabel gewesen zu sein, weshalb er vorschlug, die Pontons mit der Eisenbahn nur bis zu den Gustavsburger Hafenanlagen der Hessischen Ludwigsbahn bringen zu lassen. Von dort sollten dann nassauische Pioniere den Wassertransport übernehmen. Nach der erfolgreichen Abnahme des ersten Pontons fiel der Heeres­verwaltung auf, daß man vielleicht auch Ersatzteile und Reparatur­werkzeuge benötigen würde, welche bürokratisch akribisch erfaßt, genehmigt und mit 63 Gulden und 7 Kreuzern im Budget untergebracht wurden. Bestellt wurden sie ebenfalls in Darmstadt.

Die übrigen vier Pontons scheinen Ende 1865 oder Anfang 1866 bestellt worden zu sein. Ende April 1866 fand Hauptmann Stamm bei einer weiteren Dienstreise ein Vorderstück und zwei Mittelstücke bis auf den Anstrich fertiggestellt vor. Die Maschinenfabrik sagte die Fertigstellung der verbliebenen fünf Pontonteile zum 21. Mai zu. Ob sie danach noch ausgeliefert wurden und ob die Maschinenfabrik nach der Annektion Nassaus durch Preußen im Deutschen Krieg noch ausbezahlt wurde, ist den verbliebenen Akten nicht zu entnehmen.

Exkurs: Johann Ludwig Buschbaum tritt ab

1866 stirbt der Mitbegründer der späteren Maschinenfabrik und Eisengießerei Johann Ludwig Buschbaum. Seine Söhne hatten sich schon zu seinen Lebzeiten selbständig gemacht und haben wohl deshalb nicht alle Maschinen und Geräte aus der Hinter­lassenschaft ihres Vaters übernommen. Jedenfalls werden im September 1867 neben einer kleineren Dampfmaschine vielerlei Ausrüstungs­gegenstände öffentlich versteigert. Von Interesse mögen die hier angebotenen Nivellier­instrumente sein. Buschbaums Wasserwaagen fanden schon 1838 eine lobende Erwähnung.

Versteigerung Nachlaß Buschbaum.

Abbildung 12: Versteigerung von Maschinen und Geräten aus dem Nachlaß von Johann Ludwig Buschbaum. Quelle: Hessische Volksblätter vom 4. September 1867, Scan vom Mikrofilm.

Der 1792 geborene und aus Michelstadt stammende Johann Ludwig Buschbaum hatte zunächst nach seinem Ausscheiden aus der Maschinenfabrik 1844 eine kleine Werkstätte in der Nähe seines vorigen Wirkungs­platzes eingerichtet. Das Darmstädter Adreßbuch führt ihn dann 1850 am Mühlweg auf, in unmittelbarer Nähe zu einem anderen aufstrebenden Darmstädter Unternehmen. Die Chemie- und Pharmafabrik von Heinrich Emanuel Merck lag östlich der Altstadt und der Stadtmauer von Darmstadt, etwa dort, wo heute das Jugendstilbad und das Finanzamt angesiedelt sind. Dem Mechanikus Buschbaum gelang es, eine Reihe von kleineren Aufträgen zu erhalten, die im Haupt­kontobuch von Merck festgehalten sind. [22]

Tabelle 4: Verbuchungen der Lieferungen und Leistungen von Johann Ludwig Buschbaum im Haupt­kontenbuch von Merck 1851 bis 1866. Die preislich kleineren Posten wurden teilweise aggregiert.
SeiteDatumLeistungPreisGesamtsumme
2124.03.1851stehende Presse150,00125,00
2215.06.1851Zwei Messing Preßplatten zur Tannin Presse21,3018,00
8922.07.1851Montage eines Kessels nebst Zugehör an Schrauben, Ring, Krahnen etc. 60,00
8902.11.1851Verlängerung der Transmissions­welle nebst Auslösung und Zubehör 144,54
8918.12.1851Eine stehende Presse150,00120,00
2231.12.1851Ein Messing Preßkegel plus Reparaturen daran abzüglich altes Eisen30,4820,00
9015.04.1852Eine kleine Steinmühle und eine nasse Mühle; Eisen und Messing nach Gewicht447,44 
9015.04.1852Ein Stampfwerk; Mörser, Eisenwerk und Messing nach Gewicht, Modell des Mörsers199,03 
9015.04.1852Eine Tisch Siebmaschine; Eisenwerk nach Gewicht101,09 
9015.04.1852Eine Gußplatte zur großen Mühle65,06 
9015.04.1852Arbeitslohn davon10,00 
9015.04.1852Reparaturen10,00 
9015.04.1852Rabatt− 11,02822,00
9103.08.1852Zwei neue Winkelräder an die Naßmühle24,45 
9103.08.1852Einen neuen Preßbalken an die Tannin Presse35,36 
9103.08.1852Zwei Waagen repariert6,00 
9103.08.1852Eine Schneidemühle mit Auslösung77,00 
9103.08.1852Zur Chocolat Mühle drei Riemenrollen Triebrad-Lager Auslösung24,23 
9103.08.1852Riemwelle zur Schneidemaschine23,06 
9103.08.1852Schrauben Winkel zur stehenden Presse3,25 
9103.08.1852Reparatur an der großen Steinmühle15,50 
9103.08.1852Reparatur an der Schmiedbank5,00 
9103.08.1852Diverse Reparaturen3,04 
9103.08.1852[abzüglich:] 131 Pfund altes Eisen− 3,16214,53
9222.10.1852Ein Manteldach und Gestell zur großen Mühle, diverse Reparaturen 101,37
9231.12.1852Verschiedene Lieferungen und Reparaturen 69,17
93–9423.03.1853mehrere kleinere Arbeiten und Lieferungen 255,16
9615.10.1853Ein neuer Preßbalken mit Modell und Arbeit, diverse Reparaturen 43,23
9917.06.18541461 Pfund Roststäbe115,40 
9917.06.1854Drei Schachteln Medizinalgewichte2,24 
9917.06.1854Eine neue gußeiserne Pumpe54,00 
9917.06.1854Verschiedene Teile, Reparaturen und Lieferungen38,18210,22
100–10110.11.1854Zwei Sätze Frankfurter Medizinal­gewicht aus Rohmetall [==> Handlungs-Unkosten-Konto], Schrauben, Staglfedern, Warmfedern aus Messing, diverse Reparaturen21,32 
10110.11.1854Das ganze Eisenwerk zur Presse mit zwei Schrauben, nach Gewicht127,35149,07
9920.12.1854Ventil für Dampfmaschine, Eisenspäne, diverse Reparaturen 37,29
10228.07.185516 neue Federn in den Pumpen4,48 
10228.07.1855Gewichte3,06 
10228.07.1855Eine Zylinderpumpe nach Überschlag vom 18. November 1854 mit Balacier-Exzentrik usw.190,00 
10228.07.1855Eine Zentri[…]-Maschine nach Überschlag vom 4. Februar250,00 
10228.07.1855Eine Presse aus Gußeisen mit eisernem Gestell und zwei Schlüsseln80,00 
10228.07.1855verschiedene kleinere Posten36,35564,29
10320.12.1855An der Dampfmaschine ein neues Drosselventil aus Rotmetall und Guß und Metallarbeit5,30 
10320.12.1855Ein Faß Schmiedeisen­späne, 63 Pfund Eisenspäne, diverse Reparaturen31,5937,29
10424.04.1856Zwei neue Winkelräder am Kühlschiff, diverse Reparaturen, Abzug von 2 fl. 24 kr. [wohl zwecks runder Summe] 70,00
10620.12.1856Eine neue Preßplatte an die liegende Presse16,00 
10620.12.1856Eine neue gußeiserne Abschlußtür im Feuerkanal mit Zubehör98,53 
10620.12.1856Verbandscheiben, Schlauchschraubung, Schrauben, diverse Reparaturen91,39 
10620.12.1856ab: Eisen, Guß und Schienen nach Gewicht− 29,37176,55
11803.11.1857Die Speisepumpe der neuen Fabrik, den Zylinder abgedreht, zwei neue Lagerachsen, die Lagerlöcher abgedreht, zwei neue Führungsringe12,00 
11803.11.1857Für die Siebvorrichtung zu der neuen Mhle das ganze Eisenwerk gemacht36,40 
11803.11.1857Die Mühle wieder abgebrochen und festgemacht, in die Triebwelle […] gehauen20,00 
11803.11.1857Einen neuen Trichter an die Mühle, an einen englischen Schlüssel neue Schraubenteile und neues Gewinde in den Griff3,00 
11903.11.1857Eine eiserne Presse mit je 2 Schrauben, Schlüsseln und Muttern, und Aufstellung80,00 
11903.11.1857Winkelrad eingesetzt, diverse Reparaturen und Lieferungen12,30 
11903.11.1857Rabatt [wohl zwecks runder Summe]− 4,10160,00
12823.12.1858Diverse Reparaturen und Lieferungen 87,26
13016.09.1859Rechnung über diverse Reparaturen 11,00
13121.12.1859Drei neue Pressen mit Zubehör und Befestigung225,00 
13121.12.1859Diverse Reparaturen4,15229,15
13314.08.1860Rechnung über diverse Reparaturen 14,48
1516.04.1861Diverse Reparaturen und Gewichte 15,54
13416.04.1861Ein Sicherheitsventil mit Hebel, Klemme und Schrauben etc. 8,00
13530.12.1861[schwer entzifferbar:] Apparat Reparatur 11,18
13628.07.1862Diverse Reparaturen 173,23
13630.08.1862Diverse Gewichte repariert 4,44
13626.11.1862Verschiedene Reparaturen 60,18
1703.02.1864Verschiedene Grammgewichte und Wagbalken 24,36
14011.03.1864Ein Wagbalken von 40 Zoll 0,00
1807.09.1864Verschiedene Gewichte 10,28
1931.12.1864Ein Wagbalken von 40 Zoll 10,00
2030.03.1866Verschiedene Gewichte (108 Stück) und Reparatur 32,03

Daß Johann Ludwig Buschbaum nur kleinere Aufträge erhalten zu haben scheint, ist angesichts größerer Fabriken wie der Maschinenfabrik und Eisengießerei oder der Blumenthal'schen Maschinenfabrik wenig verwunderlich. Zudem besaß Buschbaum Konkurrenten im Kupferschmied Friedrich Heißner oder im Schlossermeister Ludwig Koch. Vielleicht half Buschbaum sein „Standort­vorteil“, nämlich seine Werkstätte in direkter Nähe zur Merck'schen Fabrik aufgeschlagen zu haben. Zum Lebensunterhalt jedenfalls werden diese wenigen und nur sporadisch abgegoltenen Aufträge sicher nicht gereicht haben. Angesichts dessen, was aus der von ihm mitbegründeten Maschinen­fabrik geworden war, muß sich Buschbaum wie ein armer Schlucker vorgekommen sein.

Sein handwerk­licher Ruf scheint hingegen weiter verbreitet gewesen zu sein. 1860 deuchte sich das kleine Fürstentum Liechten­stein, es müsse seine antiquierte Armee aufrüsten. Man wurde beim Waffen­lieferanten Christian Schilling in Suhl vorstellig, um 90 Büchsen kleinen Kalibers zu erwerben. Die Kosten hierfür hätten bei knapp 4000 Gulden gelegen. ein Betrag, den das Herrscherhaus sicherlich leicht seinen Untertanen abpressen konnte.

„Für die Herstellung der neuen Geschosse musste eine Geschoss­presse angefertigt werden. Der Mechaniker Buschbaum in Darmstadt wurde von Rheinberger ersucht, eine Zeichnung und Beschreibung einer ‚so einfach wie möglich konstruierten Geschoss-Press-Maschine anher gelangen zu lassen‘. Buschbaum lieferte Beschreibung und Zeichnung, die aber nach Rheinbergers Aussage nicht bestellt werden konnte, da sie zu kompliziert sei. Rheinberger übermittelte Buschbaum eine eigenhändig entworfene Zeichnung mit der Anfrage, ob diese in vier Wochen geliefert werden könne. Im Februar 1861 aber schickte der Kontingents­kommandant die Zeichnung Buschbaums an den Mechanikus Johann Mannhardt in München mit der Anfrage, ob dieser seinen ‚Wünschen entsprechen‘ könne. Mannhardt fertigte die bestellte Presse für einen Betrag von 180 Gulden an. Rheinberger berichtete Landes­verweser v. Hausen voller Stolz, dass er einen ‚soliden und einfachen Apparat‘ erhalten habe, ‚mit welchem zwei Mann täglich 5000 bis 6000 Stück der schönsten und vollkommen­sten Geschosse zu prägen im Stande‘ seien.“ [23]

Von 1863 an erscheint im Merck'schen Haupt­kontenbuch die Buschbaum'sche Maschinenfabrik. Das Darmstädter Adreßbuch von 1865 nennt einen Georg August Buschbaum als Maschinen­fabrikanten und seinen Bruder Friedrich Buschbaum als Machanikus. Mit Annonce in der „Darmstädter Zeitung“ vom 8. Januar 1863 zeigen beide Brüder gemeinsam an, das „Maschinenbau­geschäft“ ihres Vaters übernommen zu haben. Sie werden später das gemeinsame Unternehmen als Gebrüder Buschbaum fortführen. [24]

Tabelle 5: Verbuchungen der Lieferungen und Leistungen der Buschbaum'schen Maschinen­fabrik im Haupt­kontenbuch von Merck 1863 bis 1866. Die preislich kleineren Posten wurden teilweise aggregiert. Die Handschrift ist nicht immer eindeutig entzifferbar.
SeiteDatumLeistungPreisGesamtsumme
13712.05.1863Arbeit an einer hydraulischen Presse: zwei Gußstücke incl. Modellkosten111,04 
13712.05.1863Ventile, Befestigungen44,30 
13712.05.1863Diverse Reparaturen52,06207,40
13712.05.1863Für Reparaturen laut Nota vom 23. Februar 16,12
13812.08.1863Zwei neue Preßschrauben, diverse Reparaturen 50,32
13801.10.1863Fünf Rohre mit gedrehten und gehobelten Flanschen mit gebohrten Lagern42,4250,32
13801.10.1863Diverse Reparaturen130,37173,19
14006.06.1864Preßhebel, zwei Magnesiumapparate, diverse Reparaturen 65,36
14113.07.1864Modelle zu einer großen Mühlbuchse (?) nebst Scheibe4,30 
14113.07.1864Zwei ausgebohrte Mühlbuchsen (?) mit Schrauben etc.70,20 
14113.07.1864Eisenwerk zu einer stehenden Presse42,54 
14113.07.1864Schraube mit Sperrscheibe, Mutter, Hebel, Verbindungs­schrauben, Deckplatte106,00 
14113.07.1864Mühltrichter von Eisenblech33,15 
14113.07.1864Diverse Arbeiten und Reparaturen37,17294,16
14119.08.1864Vier Gießformen für Höllenstein (?) abzüglich altes Messing17,40 
14119.08.1864Eine Mühle mit stehenden Läufern nebst drei Riemenrollen und Aufstellung423,30 
14119.08.1864Zwei gußeiserne Läuffer und eine Grundplatte152,06 
14119.08.1864Diverse Reparaturen11,13604,29
14401.01.1865Diverse Lieferungen und Reparaturen 91,08
14401.04.1865Diverse Reparaturen 282,37
14429.05.1865Zwei Pressen mit eisernen Füßen150,00 
14429.05.1865Diverse Reparaturen etc.42,34192,34
14512.10.1865Diverse Lieferungen und Reparaturen 207,36
14501.02.1866Eine Mühle mit zwei stehenden Läufern, eisernem Mantel und Gestell samt geteilter Treibrolle und Aufstellung290,00 
14501.02.1866Zwei Läufer und Grundplatte92,19 
14501.02.1866Eine neue Pumpe zur […] Presse90,00 
14501.02.1866Diverse Lieferungen und Reparaturen98,52571,11

Kohlenhandel

Eine aufstrebende Residenzstadt wie Darmstadt benötigte Mitte des 19. Jahrhunderts für repräsentatives Wohnen und die Feuerung von Dampfkesseln und Dampfmaschinen eine zunehmende Menge an Heizmaterial. Holz konnte hier als Rohstoff nicht mehr ausreichen, so daß auf Steinkohle aus der Saarregion und dem Ruhrgebiet ausgewichen wurde.

Steinkohlen für Erfelden.
Abbildung 13: Ankündigung der ersten Steinkohlen­lieferung nach Erfelden. Quelle: Groß­herzoglich Hessische Zeitung vom 15. Juli 1838, Scan vom Mikrofilm, nunmehr [online].

Die Redaktion des Darmstädter Frag- und Anzeigeblatts, dem späteren Darmstädter Tagblatt, meldet kurz in großen Lettern im Mai 1838:

„Man glaubt, den Bewohnern der Residenz die vorläufige Anzeige schuldig zu sein, daß zur Anlage eines bedeutenden Lagers von Ruhrer Steinkohlen eine Gesellschaft zusammen­getreten ist, deren Absicht besonders dahin geht, bei dem muthmaßlich zunehmenden Bedarf von Steinkohlen möglichst billige Preise zu erzielen.“ [25]

Die frisch konzessionierte Darmstädter Steinkohlen-Actien-Gesellschaft ließ – wohl nicht als erste – schon 1838 den begehrten Brennstoff aus dem Ruhrgebiet kommen. Die beladenen Schiffe wurden anfangs eigens angekündigt. Sie löschten ihre Ware jedoch nicht, wie vielleicht zu erwarten wäre, nur in Gernsheim, sondern ebenso im (heutigen) Altrheinarm bei Erfelden.

„Steinkohlen-Niederlage.

Die dahier zusammen­getretene, von S[einer] K[öniglichen] H[oheit] dem Großherzoge allergnädigst concessionirte Gesellschaft zur Errichtung einer Steinkohlen-Niederlage in Darmstadt bringt hiermit vorläufig zur öffentlichen Kenntniß, daß die ersten Schiffe Ruhrer Steinkohlen bis Mitte dieses Monats in Gernsheim und Erfelden eintreffen, und daß Kohlen schon aus dem Schiff zum Verkauf abgegeben werden.

Der Tag der Ankunft der Schiffe, sowie die Preise der einzelnen Sorten und die weiteren Verkaufs­bedingungen werden noch näher bekannt gemacht werden.

Die Gesellschaft ertheilt jedoch vorläufig die Versicherung, daß statutengemäß nur vorzügliche Sorten Steinkohlen bezogen und die Preise jedenfalls möglichst billig gestellt werden sollen.

Darmstadt, den 3. Juli 1838.
Die Commission der Steinkohlen-Actien-Gesellschaft.“ [26]

Anschließend wurde dem Publikum jede neue Schiffs­lieferung in einer eigenen Annonce angekündigt. Doch zuvor lesen wir eine Stellenazeige der ganz eigenen Art.

„Um bei dem zu erwarten stehenden bedeutenden Verbrauch von Steinkohlen, in hiesiger Stadt und Gegend, auch möglichst dafür zu sorgen, daß die Feuerungen, sowohl bei Gewerb­treibenden als wie bei Privat­personen welche für die Folge Steinkohle brennen wollen, ganz so eingerichtet werden können, wie es der Steinkohlen­brand erfordert um den eigentlichen Vortheil dabei zu erzielen, beabsichtigt die Steinkohlen-Actien-Gesellschaft dahier einen tüchtigen Arbeiter, der auch im Stande ist, von den verschiedenen Feuerungen und Oefen Zeichnungen aufzunehmen, nach der Ruhr-Gegend, und insbesondere nach Elberfeld, wo der Steinkohlen­brand in den Fabriken etc. etc. allgemein eingeführt ist, zu senden. Man bringt dieß zur allgemeinen Kenntniß und ersucht Lusttragende, sich bei dem Herrn Gewerbvereins-Sekretär Rößler zu melden.

Darmstadt, den 6. Juli 1838.
Die Commission der Steinkohlen-Actien-Gesellschaft.“ [27]

Die Steinkohlen-Aktien­gesellschaft bekam schnell Konkurrenz. Schon im September 1838 annoncierte ein Jacob Manheim aus Mainz, daß in Bälde ein Schiff mit Steinkohlen in Erfelden ankommen werde. Sein Agent in Darmstadt war ein Martin Pfeiffer am Ballonplatz. Gleichzeitig versicherte der Stockstädter Händler F. W. Kast, sich zu bemühen, nur vorzüglich gute Kohlen auf Lager zu haben. Er legte Wert auf die Feststellung, seine Kohlen in der Niederlage des Herrn Schmitt in der Bleichstraße Lit. J Nr. 128 trocken zu lagern. [28]

Am 31. Oktober 1838 meldete die Steinkohlen-Aktiengesellschaft, ihr siebentes Schiff mit Dickebänker Stückkohlen und Fettschrot sei in Erfelden angekommen. Und dann kam der Winter, und im Winter gab es häufiger Probleme mit der Schiffahrt. Deswegen mußte die Gesellschaft Ende Februar 1839 darauf hinweisen, daß sich das Lager leert und Nachschub erst einmal nicht in Sicht ist.

„Der nicht unbedeutende Vorrath von Stückkohlen ist bereits verkauft. Eine Parthie kleiner Abfälle von Stückkohlen, die zum Ofenbrand sehr zu empfehlen sind, wird zu 56 kr. der Centner auf dem Magazin abgegeben oder zu 1 fl. 2 kr. ins Haus geliefert. – Neue Sendungen von Stückkohlen werden, sobald es die Schifffahrt erlaubt, wieder eintreffen. Bis dahin empfehlen wir Fettschrot, das von bester Qualität ist und unter welchem viele Stücke sind, zum Ofenbrand und zur Kesselfeuerung mit der Ueberzeugung, daß damit der Zweck einer billigen Feuerung, wie die Erfahrung bereits bewiesen hat, noch mehr wie bei Stückkohlen erreicht wird.

Bestellungen und Zahlungen können bei den bekannten Einnehmern der Gesellschaft gemacht werden.

Die Commission der Steinkohlen-Actien-Gesellschaft.“ [29]

Fast dreißig Jahre später ist die Kohlenfeuerung verbreitet und mehr Fabriken benötigen mehr Dampfkraft, um ihre Maschinen anzutreiben. Die größte ist die Maschinenfabrik und Eisengießerei und sie hat den unschätzbaren Vorteil, daß ihr die Kohlen über einen eigenen Gleisanschluß direkt auf das Fabrikgelände geliefert werden können. Der praktisch denkende Kaufmann Ludwig Weber wird sich wohl gedacht haben, daß sich die eigene Geschäfts­tätigkeit erweitern läßt, wenn man selbst in den Kohlenhandel einsteigt. Die Darmstädter Handelskammer gibt für Mitte der 1860er Jahre einige Eckdaten.

Steinkohlen

Der Steinkohlenhandel nahm in Folge der größeren Ausdehnung der an hiesigem Platze befindlichen Fabriken, der fortwährenden Steigerung der Holzpreise, der Einrichtung der hiesigen Bäcker auf Steinkohlen­brand, und der Einführung des Pfennigstarifs, an hiesigem Platze immer wesentlich zu. Ueber unseren Verbrauch entnehmen wir den Octroilisten folgende Ziffern:

1864EinfuhrAusfuhrConsum
 CentnerCentnerCentner
1864246.8852184244.701
1865310.924¼2800308.124¼
1866303.783¾1986301.797¾

Die Ludwigsbahn macht erst seit 1865 speziellere Mittheilungen über den Kohlenverkehr. Aus denselben geht hervor, daß dieselbe transportirte:

 18651866
nach Darmstadt442.028 Ctr.361.737 Ctr.
nach Dieburg86.948 Ctr.86.629 Ctr.
nach Großgerau40.752 Ctr.43.577 Ctr.
nach andern Stationen44.460 Ctr.65.372 Ctr.
nach Stationen der Neckarbahn92.889 Ctr.125.256 Ctr.

Jedenfalls sind in den beiden letzten Rubriken auch ansehnliche Quantitäten enthalten, welche innerhalb unseres Bezirks consumirt werden.

In dem Hafen zu Gernsheim wurden 1865 ausgeladen 217.417 Ctr. Steinkohlen, in Gustavsburg dagegen circa 723.000 Ctr., in 1866 betrug die zu Gernsheim ausgeladene Menge Kohlen 138.985 Ctr., für Gustavsburg fehlen uns die betreffenden Notizen.

Quelle: Jahresberichte der Großherzoglich Hessischen Handelskammer zu Darmstadt, III. Jahresbericht für 1864–66 [1867], Seite 29. [30]

Das Großherzogtum Hessen hatte sich im preußisch-österreichischen Krieg auf die Seite der süddeutschen Koalition gestellt, was wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zog. Seit wann die Maschinenfabrik zuvor nebenher Kohlen verkauft hatte, ist bislang nicht zu ergründen gewesen; 1866 jedenfalls stellte sich ein kriegsbedingtes Lieferproblem ein.

Annonce zur Kohlenversorgung 1866.

Abbildung 14: Vorsorgliche Annonce der Maschinenfabrik zu einem bevorstehenden möglichen Kohlenembargo seitens Preußens. Quelle: Hessische Volksblätter vom 3. Juli 1866, Scan vom Mikrofilm.

Doch in gewisser Weise war der Krieg nur ein Spuk, der schnell vorbeizog, wenn auch ein blutiger. Die von Österreich angeführte Koalition wurde von der überlegenen preußischen Militärmaschine schnell besiegt. Die schon während der bürgerlichen Revolution von 1848 auf russische Unterdrückungs­hilfe angewiesene herrschende Kamarilla des Vielvölker­staates an der Donau erhielt einen weiteren heftigen Schlag und taumelte seiner Auflösung nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg entgegen. Da half auch das selbstverliebte Mantra des tu felix Austria nicht mehr weiter.

Annonce Beste Ruhr Steinkohlen.
Abbildung 15: Annonce für beste Ruhr-Steinkohlen, geliefert durch die Maschinenfabrik. Bestellungen konnten auf dem Comptoir in der Frankfurter Straße 50 oder über die Stadtpost aufgegeben werden. Quelle: Hessische Volksblätter vom 5. Oktober 1866, Scan vom Mikrofilm.

Schon Ende Juli 1866 wurde ein Vorfrieden geschlossen, im Oktober annektierte Preußen Hessen-Nassau, Hessen-Kassel und Frankfurt, während das Grißherzogtum Hessen nur kleinere Gebiete im Norden abtreten mußte. Insofern war vom Krieg in Darmstadt wenig zu spüren. Die Verbindungen zum englischen Königshaus und zum russischen Zarenhof mögen der eigenständigen Monarchie noch das halbe Jahrhundert beschert haben, ehe mit dem verlorenen Weltkrieg auch in Darmstadt der Adelsspuk beendet wurde. Und ja, natürlich das Geschäft: die Kohlenlieferungen waren gesichert.

Die im Juli angekündigte Schiffslieferung könnte nach Gustavsburg oder nach Gernsheim gegangen sein, jedoch bekam der Gernsheimer Hafen erst 1869 seinen Gleisanschluß, während Gustavsburg schon bei der Errichtung der Main-Rhein-Bahn 1858 angebunden war.

Die von der Maschinenfabrik im September aufgegebene Annonce pries die Ruhrkohlen von einer selbstredend „ausgezeichneten Qualität“ an. Besondere Vorteile beim Bezug und der Preisgestaltung wurden den Brauerei-, Brennerei und überhaupt den Dampfmaschinen­besitzern gewährt. Bestellungen waren auf dem Comptoir in der Frankfurter Straße 50 oder über die Stadtpost aufzugeben. Es liegt wegen des dortigen Gleisanschlusses nahe, daß sich das Kohlenlager auf dem Gelände der „neuen Fabrik“ befunden haben wird. Da aber die erste Dampfmaschine der Maschinenfabrik, die um 1840 von Keßler und Martiensen aus Karlsruhe geliefert worden war, weiterhin in der „alten Fabrik“ ihren Dienst versah und natürlich jede Menge Kohlen benötigte, ist es nicht ausgeschlossen, daß zumindest ein Teil der Kohlen auch von dort bezogen werden konnte.

Annonce Hessische Ludwigsbahn.
Abbildung 16: Annonce der Hessischen Ludwigsbahn zur Beförderung von Steinkohlen in Extrazügen. Quelle: Hessische Volksblätter vom 2. April 1867, Scan vom Mikrofilm.

In der Folge sollte die Maschinenfabrik regelmäßig ihre Kohlen inserieren. Mit dem Transport auf dem Rhein konkurrierten die damals noch privaten Eisenbahn­gesellschaften. Die Hessische Ludwigsbahn bot einen eigenen Ausnahmetraif ab Köln zu den eigenen Stationen an. Kooperationspartner waren die Cöln-Mindener und die Bergisch-Märkische Eisenbahn. Die Hessische Ludwigsbahn verpachtete zudem auf ihrem Gelände am Darmstädter Bahnhof mehrere Kohlenlager. Eines davon, das Kohlenlager Nummer 1, hatte 1866 der Kaufmann Peter Berbenich (Ludwigstraße 17) gepachtet gehabt; selbige Pacht sollte am 18. Dezember öffentlich versteigert werden [31]. Das Adreßbuch für 1865 führt als weitere Steinkohlen­händler die Aktien­gesellschaft von 1838, L. Daum, H. Göbel, L. Hädrich, Friedrich Wilhelm Heß, August Schade, Friedrich Schneider, Joseph Schweizer, Christ. Spangenberg & Comp., Gistav Stammler, sowie A. Schmidt in Bessungen auf.

Immer noch unterschiedliche Zahlen und Daten

Die ordentliche General­versammlung am 29. November 1867

„Darmstadt, 29. Nov.  (Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt.)  Heute fand die regelmäßige General-Versammlung der Gesellschaft statt, in welcher über das Betriebsjahr vom 1. Juli 1866 bis 30. Juni 1867 Bericht erstattet und Abschluß vorgelegt wurde. Leicht erklärlich gaben die in den Sommermonaten v[origen] J[ahres] stattgehabten Kriegsereignisse Veranlassung zur Geschäftsstockung; eine größere Anzahl Arbeiter waren zum Militär einberufen und längere Zeit bestand vollständige Hemmniß jeden Verkehrs. Der Umschlag dieser Betriebsperiode war daher um mehr als 1/3 geringer als in dem Vorjahre und demgemäß das Ergebniß ein wesentlich geringeres, als in den letzten 3 Jahren. Das Etablissement erzielte einen Gesammtgewinn von 17.300 fl., wovon jedoch 11.200 fl. zur Abschreibung auf Maschinen und Utensilien nach Vorschlag der Direktion von der Generalversammlung bestimmt wurden. Von dem sonach verbliebenen Ueberrest des Gewinnes wurden für die Prioritätsactien 4 % Dividende verwilligt, während auf die Nominalactien eine solche nicht zur Vertheilung kommen kann. In dem jetzt laufenden Betriebsjahr haben sich die Verhältnisse bereits wesentlich gebessert, zumal das Etablissement fortdauernd und vollauf beschäftigt ist.“

Quelle: Hessische Volksblätter vom 3. Dezember 1867; dort als Übernahme aus der Frankfurter Zeitung.

Die ordentliche General­versammlung am 30. November 1868

„Darmstadt, 1. Dec.  In der gestrigen Generalversammlung der hiesigen Maschinenfabrik und Eisengießerei wurde Bericht über das Geschäftsjahr vom 1. Juli 1867 bis 30. Juni 1868 erstattet. Das Etablissement war ungeachtet des noch stockenden Geschäftsverkehrs fast andauernd mit lohnenden Aufträgen versehen und beziffert sich der Jahresumschlag auf 335.536 fl. und ist um 48.237 fl. höher, als im Vorjahre. Von dem erzielten Gewinne im Betrag von 26.622 fl. wurden für Abschreibungen verwendet 11.157 fl. Für Tantiemen entfielen 2319 fl., dem Reservefond wurden 773 fl.und dem Delcredere-Conto 372 fl. überwiesen. Die Prioritäts-Actien erhielten eine Dividende von 5 pCt. und die Stammactien 2½ pCt. Das Inventar der Gesellschaft beziffert sich auf 453.736 fl. und sind im Ganzen hierauf bereits 53.817 fl. abgeschrieben. Da das Geschäft in neuerer Zeit einen günstigen Aufschwung genommen, so wurden von einer Anzahl Actionäre für die ihnen zufallende Dividende Prioritäts-Actien im Gesammtbetrage von 10.000 fl. gezeichnet, da noch 35.000 fl. derselben im Besitze der Gesellschaft und die Vermehrung des Betriebscapitals als wünschenswerth erkannt wurde.“

Quelle: Hessische Volksblätter vom 4. Dezember 1868; dort als Übernahme aus der Frankfurter Zeitung.

Fassen wir die Zeitungsberichte zu den drei General­versammlungen 1866, 1867 und 1868 zusammen, so werden weitere eigenartige Differenzen und Überein­stimmungen erkennbar. Der von der Handelskammer in ihrem Bericht als Umschlag für 1865/66 genannte Betrag stimmt nicht einmal mit dem aus dem Zeitungsbericht zu der zugehörigen General­versammlung überein, in dem er verlesen wurde. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Bemerkenswert ist jedoch, daß sich der Zeitungsbericht 1866 und der Geschäftsbericht 1878 in der Zahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeiter mit 280 genauso einig sind wie beim Nettogewinn in Höhe von 25.909 Gulden (44.415,43 Mark); und in der Höhe der gezahlten Arbeitslöhne ist die Differenz minimal: 102.800 Gulden (1866) zu 176.288,39 Mark (1878), was 102.834,53 Gulden entspricht. In der General­versammlung 1868 werden dann sogar der Umsatz und der Nettogewinn (26.622 Gulden / 45.637,72 Mark) genauso wiedergegeben wie im Geschäftsbericht von 1878.

Tabelle 6: Der Umschlag (Umsatz) der Maschinenfabrik in den Geschäftsjahren 1865/66, 1866/67 und 1867/68. Die Umrechnung von Mark in Gulden wurde mit 7/12 berechnet.
GeschäftsjahrUmschlag laut ZeitungsberichtUmschlag laut Geschäftsbericht 1878 in Markumgerechnet in Gulden
1865/66fl. 412.000M 615.360,00fl. 358.960,00
1866/67fl. 287.299M 505.446,86fl. 294.844,00
1867/68fl. 335.536M 575.204,57fl. 335.536,00

Der Artikel zur Generalversammlung am 30. November 1868, der in der „Darmsträdter Zeitung“ veröffentlicht wurde, referierte Teile des Berichts der Direktion über das vergangene Geschäftsjahr. Er informierte sowohl über einzelne ausgelieferte Maschinen als auch über die über ganz Deutschland verstreuten Kunden. Die damit verbundenen Lieferungen an sieben Eisenbahn­gesellschaften leiten über zum nächsten Kapitel und den Zeitraum von etwa 1866 bis 1869. Möglicherweise wurde eine dieser Maschinen sogar im Bild bei der Arbeit festgehalten.

Die Geschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei wird fortgesetzt in Kapitel 12 mit einer detaillierten Sicht auf die Kundschaft in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre und die lobenden Sprüche auf drei Ausstellungen.

Quellen- und Literaturverzeichnis.


Anmerkungen

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