Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau
Der erste Bahnstation bei Arheilgen
Eine Annäherung
1869 wurde die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Hauptverlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Dokumentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten vor allem der Streckenabschnitt zwischen Darmstadt und Goddelau.
Zwei Jahrzehnte, bevor die Hessische Ludwigsbahn 1869 die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms in Betrieb nahm, baute der hessische Staat in einem Gemeinschaftsprojekt mit Baden und Frankfurt die Main-Neckar-Bahn. Diese 1846 fertig gestellte Bahnlinie erwies sich schon bald als Goldgrube. Als wichtiges Verbindungsglied zwischen dem süddeutschen Raum und den weiten Ebenen des Nordens erfüllte sie schnell die Verkehrsbedürfnisse der aufstrebenden Bourgeoisie. Zunächst säumten nur wenige Stationen den Schienenstrang. Zwischen Darmstadt und Frankfurt wurde zunächst nur bei Langen angehalten.
Erst 1848 entstand eine Bahnstation namens Arheilgen, die jedoch irgendwo im Niemandsland zwischen den Dörfern Arheilgen und Wixhausen errichtet wurde. Damit hatte die Main-Neckar-Bahn in ihren Augen ziemlich elegant und kostengünstig das Problem bewältigt, zwei Dörfer mit einem Bahnanschluß zu versehen. Wixhausen erhielt erst 1888 seine eigene Bahnstation mit einem Typenbau als Stationsgebäude, während die Verlegung des nunmehr zu nah hieran anliegenden Bahnhofs am Gräfenhäuser Weg mehr in Richtung Arheilgen noch sechs Jahre auf sich warten lassen sollte. Am 1. Oktober 1894 wurde das neue, etwa sechshundert Meter weiter südlich gelegene Stationsgebäude dem Verkehr übergeben. Ziemlich genau ein weiteres Jahrhundert danach, am 10. März 1994, kam der Sprengmeister und bald darauf der Bagger zur Beseitigung der Überreste. Bilder aus diesen späten Arheilger Bahnhofstagen gibt es auf einer eigenen Unterseite dieser Webseite.
Über diese erste Arheilger Bahnstation ist nicht viel bekannt. Sie lag mit Sicherheit am Verbindungsweg von Arheilgen nach Gräfenhausen; doch die Literatur zur südhessischen Eisenbahngeschichte schweigt sich über den genauen Standort in der Regel aus. Anhand einer Landkarte des 19. Jahrhunderts soll der Ort des Vergessens wieder aufgespürt werden. Aufzufinden ist dort jedenfalls heute nichts mehr. Mehrere Gleisumbauten und eine seit Ende der 1990er Jahre unmittelbar anschließende Umgehungsstraße dürften alle Spuren der Vergangenheit getilgt haben.
Abbildung 1: Lageplan der Station Arheilgen an der Main-Neckar-Bahn um 1889. Demnach befand sich die Station auf der Westseite, also der Wixhäuser Seite, der Bahnstrecke. Quelle: SLUB.
Abbildung 2: In Größe und Lage vielleicht nicht ganz übereinstimmend, so zeigt diese moderne Darstellung Arheilgen als entwickelten Stadtteil von Darmstadt. Der Ort der ehemaligen Bahnstation liegt an der Umgehungsstraße im Nordwesten und ist blau markiert. Im August 1862 wurden die Maurer-, Steinhauer-, Zimmer- und Planierarbeiten für den Bau des östlichen Perrons ausgeschrieben. [1]
Bild 3: Eingezwängt zwischen landwirtschaftlichem Betrieb, Bahngleisen und einer Betonbrücke präsentiert sich das ehemalige Stationsgelände als baumbepflanzte Wiese. Der am unteren Bildrand verlaufende Asphaltstreifen markiert in etwa den Verlauf des einst nach Gräfenhausen führenden Weges.
Abbildung 4: Einen Eindruck davon, wie sehr die Bahnstation in Arheilgen in den Betriebsablauf der Main-Neckar-Bahn eingebunden war, vermittelt der Sommerfahrplan 1864. Von den neun in jeder Richtung verkehrenden Personenzügen hielten in Fahrtrichtung Heidelberg vier, in Fahrtrichtung Frankfurt jedoch alle Züge außer den beiden Courierzügen. Bei je einem handelte es sich um einen Güterzug mit Personenbeförderung. Frau oder man könnte auf die Idee kommen, daß die Bäuerinnen und Arbeiter der beiden Orte wie Vieh behandelt wurden. Quelle: Annonce in der „Darmstädter Zeitung“ am 28. Mai 1864; Scan vom Mikrofilm, nunmehr auch [online ulb darmstadt].
1856 wurde das Stationsgebäude um einen Anbau erweitert. Hierzu waren für Maurerarbeiten und den weiteren Außen- und Innenausbau etwas mehr als 1400 Gulden veranschlagt worden. [2]
Es fehlen noch genauere Daten, Lagepläne, evtl. gar Fotografien aus der Zeit von 1848 bis 1894. Ob sich in Archiven und Bibliotheken noch mehr finden läßt? Lassen wir uns überraschen …