Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau
Walter Kuhl
Rangierfahrt auf der alten Riedbahn.
Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Eisenbahnmuseum in Kranichstein.
Eisenbahnmuseum Kranichstein.
Autotransport am Schreberweg.
Am Schreberweg.
Bahnwärterhaus an der Hammelstrift.
Bahnwärterhaus.
Viadukt an der Bergschneise.
Viadukt Bergschneise.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Die Verbindungs­bahn

Die Güterzug­strecke im Norden Darm­stadts

1869 wurde die Riedbahn zwischen Darm­stadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Haupt­verlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Doku­mentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten der Strecken­abschnitt zwischen Darm­stadt und Goddelau. Die Geschichte der Riedbahn wird an anderer Stelle meiner Webseite ausführ­lich abgehandelt.

Die von vorn­herein sogenannte „Verbindungs­bahn“ ver­knüpft den west­lichen und den östlichen Ast der Main-Rhein-Bahn. Gebaut wurde sie 1873/74, um mit durch­laufenden Güter­zügen den damaligen Ludwigs­bahnhof der Hessischen Ludwigs­bahn umgehen zu können. Auch andert­halb Jahr­hunderte später ist sie eine wichtige Durchgangs­strecke im Netz der Deutschen Bahn.

»»  Die Fundorte zu einzelnen Bildern sind auf dem Lageplan von 1906 einge­zeichnet.

Die beiden Aufnahmen von Ulrich Richter wurden mir freundlicher­weise von der Forschungs­gemein­schaft Verkehrs­geschichte e. V. in Reinheim zur Ver­fügung gestellt.


Von den Anfängen

Ende der 1860er Jahre stieß der kleine Bahnhof der Hessischen Ludwigs­bahn in Darmstadt an seine Grenzen. Die neu erbaute Riedbahn und die Oden­waldbahn brachten nicht nur mehr Personen­züge in die südhessische Residenz­stadt. Der regionale wie überregionale Güter­verkehr mußte ebenso über die Anlagen des Kopf­bahnhofs abgewickelt werden. Durch­fahrende Güter­züge aus dem Rheinland nach Bayern waren eine wichtige Einnahme­quelle für die private Eisenbahn­gesellschaft. Die Ver­zögerungen im Betriebs­ablauf beim Umspannen der Güter­züge drohten dazu zu führen, daß der Güter­verkehr sich weniger hinder­liche Strecken suchte.

Die Lösung dieses Platz­problems bestand darin, zum einen den Personen­bahnhof auf repräsentative Weise auszubauen. Beim Güter­verkehr bot es sich an, diesen im Norden Darmstadts am Ludwigs­bahnhof vorbei­zuführen. Es wurde daher eine Verbindung zwischen der Hammels­trift im Nord­westen der Stadt und Kranich­stein im Nordosten projektiert. Der Bau des Gleises für diese Verbindungs­bahn wurde auf einer Aktionärs­versammlung der Hessischen Ludwigs­bahn am 28. April 1871 formal beschlossen. Im Vortrag des Verwaltungs­rats wurde diese Maß­nahme zum einen mit der Über­lastung der Bahnhofs­anlagen in Darm­stadt, zum anderen mit der Konkurrenz­fähigkeit der Güter­transit­strecke von Mainz nach Aschaffen­burg begründet. 

Empfangsgebäude Kranichstein.

Bild 1: Das Ende 1979 abgerissene Empfangs­gebäude des Bahnhofs Kranich­stein um 1975. Das ursprüng­lich wohl recht einfache Gebäude wurde Mitte der 1890er Jahre aufge­stockt. Aufnahme: Ulrich Richter.

Es waren jedoch noch Vorar­beiten zu leisten. Die Strecken von Darm­stadt nach Mainz und Dieburg waren zwei­gleisig aus­zubauen. Für die Ver­knüpfung von Riedbahn und Verbindungs­bahn mit der Main-Rhein-Bahn mußte ein Stell­werk errichtet werden. Am 22. April 1873 schrieb die Hessische Ludwigs­bahn die Arbeiten zur Erbauung dieses Dienst­gebäudes als Über­wachungs­station an der Hammels­trift aus. Als Richt­wert für die Kosten wurden 10.576 Gulden und 24 Kreuzer genannt. 

Zudem wurden vier Bahnwärter­häuser entlang der Strecke eingeplant. Zwei davon lassen sich sicher verorten, die beiden anderen sind nicht so klar. Eines stand am nordöst­lichen Eck der Kreuzung der Verbindungs­bahn mit der Straße von Darm­stadt nach Arheilgen. Seit 1890 kreuzte dort zudem die Dampf­straßenbahn nach Arheilgen die Bahn­strecke. Diese Kreuzung wurde um 1910 durch eine Brücke ersetzt. Ein weiteres bewachte den Bahn­ubergang der Kranich­steiner Hammels­trift und ist auch heute noch als Wohnhaus anzutreffen. Ein drittes könnte sich am heutigen Bahn­übergang in Kranich­stein befunden haben. Das vierte ist unklar. Eine Ausschreibung zum Bau dieser vier Sicherungs­posten habe ich nicht finden können. 

Die Verbindungs­bahn wurde am 1. Juni 1874 offiziell und nur für den Güter­verkehr eröffnet. Gleich­zeitig mit der Verbindungs­bahn wurde auf dem Kranich­steiner Gelände ein Rangier­bahnhof errichtet, dem eine kleine Bahn­station angeschlossen wurde. Anfangs hielten hier nur am Nach­mittag und Abend je Fahrt­richtung zwei Personen­züge. Die Güter­züge der Verbindungs­bahn wurden damals und werden auch heute noch erst hinter Kranich­stein kurz vor dem Gleis­bogen nach Messel auf die Haupt­strecke geleitet. 

Durch den Bau des neuen Darmstädter Haupt­bahnhofs ver­änderten sich ab 1910 im Norden Darm­stadts die Gleis­anlagen. Die Verbindungs­bahn erhielt am Nord­bahnhof eine Stich­strecke auf die Main-Neckar-Bahn und 1923, als französische Truppen die Region westlich von Darm­stadt besetzt hielten, einen neuen, auch heute noch vor­handenen Gleis­anschluß für den Chemie- und Pharma­konzern Merck. Im Westen wurde die Verbindungs­bahn bis zu einer neuen Block­stelle an der Stock­schneise ver­längert, wobei weit­gehend die vor­handenen Anlagen genutzt wurden. Das Stell­werk an der Hammels­trift wurde durch eine neue Block­stelle an der Berg­schneise ersetzt, wo sich nunmehr Riedbahn und Verbindungs­bahn trafen. Die Main-Rhein-Bahn nach Mainz erhielt zwei neue Gleis­kurven und wurde erst an der Stock­schneise auf ihre ursprüng­liche Trasse zurück­geführt. Zudem wurde von der Berg­schneise aus ein drittes Gleis parallel zur Riedbahn in Richtung Gries­heim gebaut, das an der Straße nach Gräfen­hausen weiter nach Süden in das neue Lokomotiv­werk am Dorn­heimer Weg gelegt wurde, das soge­nannte Werkstätten- oder – im Rangierer­jargon – Vierlings­gleis.

Stellwerk Bergschneise.

Bild 2: Aus dem fahrenden Zug auf dem Viadukt abgelichtet: die Gleis­anlagen an der Berg­schneise mit dem noch voll­ständigen Stellwerks­aufbau. Auf der hellen Fläche hinter dem Stell­werk stand der Vorgänger­bau. Das Werkstätten­gleis wurde schon abgebaut. Aufnahme: Ulrich Richter, wohl Ende der 1960er Jahre.

Bei dieser um 1910 erbauten Block­stelle an der Berg­schneise handelte es sich nicht um den heute noch vor­handenen Kasten unterhalb der Umgehungs­straße. Es muß direkt neben den Gleis­verbindungen ein größeres Gebäude gestanden haben, das ver­mutlich 1944/45 durch alliierte Bomben­angriffe zerstört wurde. Dieses wurde nicht wieder­aufgebaut, sondern durch ein neues zweistöckiges Gebäude ersetzt.

Von Kranichstein westwärts

Personen- und Güterzüge, die von Messel aus nach Kranich­stein verkehren, kommen an einem Bahnwärterhaus vorbei, dem gegenüber einst die Block­stelle Kraut­straße stand, und durch­fahren hierbei die sogenannten Mainzer Berge. Kurz vor den ausge­dehnten Gleis­anlagen des Rangier­bahnhofs Kranich­stein, wird eine kleine steinerne Brücke unterfahren, die Spazier­gängerinnen, Forst­arbeitern und früher auch Eisen­bahnern zur Über­querung der Main-Rhein-Bahn dient(e). Erstaunlicher­weise habe ich von dieser Brücke keine Aufnahme von der Kranich­steiner Seite auf meiner Fest­platte. Bavor diese Brücke gebaut wurde, muß auch hier ein Bahn­wärterhaus gestanden haben.

Noch vor dem Bahnhof Kranichstein werden die Güterzüge auf eigene Gleise und somit auf die Verbindungs­bahn geleitet. Sie fahren am ehemaligen Bahnbetriebs­werk Darm­stadt-Kranich­stein vorbei, in dem nunmehr seit einem halben Jahr­hundert das Eisenbahn­museum zu finden ist. Wenn nicht gerade eine Pandemie herrscht, wird hier zweimal im Jahr ein besonderes Programm für Interessierte jeglichen Alters geboten.

Kesselwaggonzug.

Bild 3: Ein Kessel­waggonzug aus Rich­tung Aschaffen­burg erreicht mit 185 575 im August 2014 Kranich­stein und wird gleich auf die Güter­gleise der Verbindungs­bahn geleitet. Wie es der Zufall wollte, kam zum selben Zeit­punkt aus der Gegen­richtung ein anderer Kessel­waggonzug.

Brücke.

Bild 4: Die Brücke, von der herab ich den Zug fotografiert habe, aber im Mai 2009 und im Gegen­licht.

Ablaufberg.

Bild 5: Überrest des einstigen Ablauf­berges im Oktober 2010.

Stellwerk.

Bild 6: Das Rangier­stellwerk „R1“ ist schon lange außer Betrieb. Es war ein SpDrL20 von 1960 und hatte auf einem Stell­tisch 32+16 Felder mit 55 Innen- und 16 Außen­tasten. 

Die Kranichsetiner G 8.

Bild 7: Die als „Mainz 4981“ beschilderte Güterzug­lokomotive fuhr zu den Kranich­steiner Bahn­welttagen 2010 ein letztes Mal. Hier gibt es letzte Instruktionen vor einer Führer­stands­mitfahrt.

Bahnuniformen.

Bild 8: Das Eisenbahn­museum verfügt über eine erlesene Uniform­sammlung, deren Grund­stock der 2018 verstorbene Gerhard Klatt (links) gelegt hat. Matthias Mampel (rechts) mimt ansonsten gerne einen Geometer beim Bau der Bagdad­bahn und sein Theodolit ist ein wahres und vor allem funktions­fähiges Schmuck­stück. Aufnahme vom Mai 2013. 

Containerzug in Kranichstein.

Bild 9: Derweil wartet eine Vectron mit ihrem Container­zug auf die Erlaubnis zur Weiter­fahrt. Aufnahme vom Juni 2016.

Stellwerk Kranichstein.

Bild 10: Das Fahrdienstleiter­stellwerk am Bahn­übergang von Arheilgen nach Kranich­stein im August 2008. Es wurde nach rund sechzig Jahren Betriebs­dauer Ende 2020 von einem fernge­steuerten elektro­nischen Stell­werk abgelöst.

An Kleingärten vorbei

Am Stellwerk in Kranich­stein trennen sich die Güterzug- und Personenzug­gleise und treffen erst am Nord­bahnhof wieder auf­einander. Diese Kon­struktion mag seltsam erscheinen, hat jedoch historische Ursachen. Ver­längern wir die Trasse des Personenzug­gleises nämlich gedank­lich in schnur­gerader Richtung weiter, dann treffen wir nicht auf den Nord­bahnhof, sondern auf die „Knell“. Dies ist die ursprüng­liche Strecken­führung zum einstigen Ludwigs­bahnhof. Die 1873/74 erbaute Verbindungs­bahn scherte sich nicht um das schon vorhandene Gleis, sondern nutzte das damals freie Gelände großzügig für eine eigene optimierte Linien­führung. Als um 1910 die Gleis­anlagen komplett umgekrempelt wurden, wurde am Nord­bahnhof der Einfach­heit halber auf die vor­handene Trasse der Personenzug­strecke ver­schwenkt.

Ende der 1960er Jahre erwog die Bundesbahn­direktion Frankfurt die Aufgabe der Güterzug­strecke zwischen Nord­bahnhof und Kranich­stein. Den Autoren einer dies­bezüglichen „betrieblichen Begründung“ schien die Personenzug­strecke aus­reichend leistungs­fähig zu sein. Allenfalls wären Flaschen­hälse an den beiden Endbahn­höfen zu erwarten, die es zu beseitigen gelte. Zum Glück wurde diese „Optimierung“ nicht umgesetzt. Wir ersehen daraus, daß es nicht einer Bahnreform mitsamt eines Hartmut Mehdorn bedurfte, um die Funktions­fähigkeit der Eisenbahn nach­haltig schädigen zu wollen. 

Vom Bahnüber­gang am Fahrdienst­leiter­stellwerk in Kranich­stein aus verlaufen fünf bzw. sechs Gleise in südwest­licher Richtung. Neben den beiden Gleisen der Personen­zug- und der Güterzug­strecke gibt es ein Umsetz­gleis, das noch vor dem nächsten Übergang endet, und gab es ein weiteres Gleis, das als Güterzug­umgehung direkt zum Ost­bahnhof geführt wurde. Dieses Gleis wurde in den 1970er Jahren mit der vorder­gründigen Aussage eines maroden Oberbaus auf­gegeben und beim Bau der Straßen­bahn nach Kranich­stein auch in einem längeren Stück gekappt. 

Zwischen dem Stell­werk in Kranich­stein und dem Nord­bahnhof wird die Verbindungs­bahn von drei Wegen gequert. Der Posten 50 am Arheilger Mühl­chen besaß noch in den 1970er Jahren ein eigenes Schranken­wärter­häuschen. Der Weg vom Kranich­steiner Ableger der Hammels­trift zur Maulbeer­allee, der Posten 4, war ursprüng­lich durch ein Bahn­wärter­haus gesichert, das erstaunlicher­weise noch steht und heute Wohn­zwecken dient . Zwischen der Güterzug- und Personenzug­strecke befindet sich eine Kleingarten­siedlung, die nach Süden bis fast zur Odenwald­bahn reicht. Der Schreber­weg am östlichen Ende der Bahn­steige des Nord­bahnhofs quert daher gleich dreimal eine Bahn­strecke, was öfter einmal zu dem Effekt führtt, daß sich eine Schranke in dem Moment öffnet, wenn die nach­folgende geschlos­sen wird. Längere Warte­zeiten sind hier nicht selten. Manch unge­duldigen Zeit­genossen dünken sich unsterb­lich und umgehen die herunter­gelassenen Schranken. Das einst­mals vor­handene Schranken­wärter­häuschen am Posten 3 hat schnöder Technik im Beton­kasten Platz gemacht. 

Bahnübergang.

Bild 11: Der Bahnüber­gang am Woogsweg im März 2013.

Bahnübergang.

Bild 12: Am Posten 4 steht das Bahnwärter­haus gut abgeschirmt. Aufnahme vom März 2015.

Bahnwärterhaus.

Bild 13: Dasselbe Bahnwärter­haus am östlichen Ende der Maulbeer­allee im April 2015.

Bahnübergang.

Bild 14: Typische Situation am Schreberweg. Aufnahme vom April 2014.

Nohab am Schreberweg.

Bild 15: Eine Nohab der Altmark Rail nähert sich mit einer weiteren Lokomotive dem Schreber­weg. Der Betonklotz am linken Bildrand hat den Schranken­posten Nummer 3 ersetzt. Aufnahme vom Mai 2014.

Merckgüterzug.

Bild 16: Vom Bahn­steig der Aschaffen­burger Strecke schauen wir auf das vor­läufige Ende der am Schreber­weg beginnenden Gleis­kurve. Nach­mittags kommt der Merck­güterzug vom Umsetzen aus Kranich­stein zurück. Bei dieser Aufnahme im September 2016 bestand dieser jedoch aus nur einem einzigen Kessel­waggon. Wir sehen dahinter die von derselben Lokomotive zuvor von VW aus Dieburg mitge­brachten gedeckten Wagen. Bis Ende des 20. Jahr­hunderts befand sich an der Stelle des Merck-Büro­gebäudes im Hinter­grund der Gleis­anschluß des Chemie­unternehmens Schmitt und Ziegler.

Güterzug.

Bild 17: Derselbe Ort, aber anderer Blick­winkel von der Brücke der Frank­furter Straße. Ein leerer Kohlenzug durch­fährt den Nord­bahnhof im Oktober 2015.

Am Nordbahnhof

Der Nord­bahnhof ist eine kleine Schalt­stelle im Darm­städter Personen- und Güter­verkehr. Nach Osten geht es nach Asdchaffen­burg und in den Odenwald, nach Westen meist zum Haupt­bahnhof. Als die Bahn­anlagen um 1910 umgebaut wurden, dachten die Planer groß­zügig und perspek­tivisch. Sie erwarteten eine weitere Zunahme des Personen- und Güter­verkehrs. Möglichst kreuzungs­frei sollten daher die Züge im Haupt­bahnhof ankommen, weshalb die Main-Rhein-Bahn und die Odenwald­bahn auf separaten Bahn­körpern, also viergleisig neben­einander, geführt wurden. Damit war es möglich, parallele Ein- und Aus­fahrten zu ermöglichen, was die Sparbrötchen­planer seit den 1960er Jahren durch systema­tischen Rückbau sich betriebs­wirtschaftlich nicht rechnender Gleise und Bauten nunmehr verhindern.

Von der Verbindungs­bahn ging eine zwei­gleisige Güterzug­strecke zum Güter- und auch Haupt­bahnhof ab, die nach kriegs­bedingten Zer­störungen nach 1945 nur eingleisig wieder aufgebaut wurde. 1923 wurde ein neuer Gleis­anschluß für Merck eingerichtet, weil der alte an den Bahnhof Arheilgen angebunden war; und der war nach dem verlorenen Ersten Welt­krieg französisch besetzt und wurde vom französi­schen Militär bis 1924 auch häufiger blockiert. Um 1970 kam der Gleis­anschluß für Schmitt und Ziegler hinzu. Bei Umbau der Gleis­anlagen um 1910 wurde eine eingleisige Verbindungs­kurve zwischen dem Nord­bahnhof und dem Bahnhof Arheilgen errichtet, die seit 2005 durch eine spezielle Weichen­verbindung auch Zügen der Odenwald­bahn nach Frank­furt dient. Diese Gleisver­bindungen wurden über ein Stell­werk direkt unter­halb der Brücke gesteuert, bis 1972 das Zentral­stellwerk am Darm­städter Haupt­bahnhof diese Aufgabe übernahm.

Das Umsetzen der von mir Merck­güterzug getauften Leistung in Kranich­stein hat historische Ursachen. Solange Kranich­stein noch Dreh­scheibe für den Güter­verkehr der Region war, wurden die Züge in den Odenwald und zu Merck dort abge­wickelt. Zwar dürfte es theoretisch denkbar sein, zwischen Nord­bahnhof und Kranich­stein eine spezielle Signalisierung einzu­bauen, damit dieser Güter­zug noch vor dem Schreber­weg umkehren kann, aber der Aufwand wäre wohl unverhältnis­mäßig. Und deshalb rangiert dieses Zügel­chen ein- oder zweimal täglich nach Kranich­stein und wieder zurück.

Nordbahnhof.

Bild 18: Unterhalb der Frankfurter Straße gehen die beiden Gleise der Verbindungs­bahn nach rechts ab. Aufnahme vom Mai 2015.

Gleise am Nordbahnhof.

Bild 19: Das Gleis­wirrwarr am Nord­bahnhof im Mai 2015.

Kesselwaggonzug am Nordbahnhof.

Bild 20: Von Mainz-Bischofs­heim her­kommender Kessel­waggonzug in Rich­tung Aschaffen­burg. Aufnahme vom Mai 2018.

Merckgüterzug.

Bild 21: Lokomotive 294 737 hat soeben den Anschluß Merck ver­lassen und macht sich zum Umsetzen auf den Weg nach Kranich­stein. Aufnahme vom September 2013.

Hammelstrift, Berg- und Stockschneise

Als die Verbindungs­bahn 1873/74 erbaut wurde, endete sie im Westen an der Main-Rhein-Bahn von Darm­stadt nach Mainz. Diese 1858 in Betrieb genommene Strecke erhielt 1869 einen Ableger nach Worms, die Riedbahn. Diese wurde jedoch betrieblich getrennt von der Main-Rhein-Bahn gehalten. Erst 1874 entstand die Notwendig­keit, diese beiden Eisen­bahnen zu ver­knüpfen, um Güterz­üge auch von Worms, Biblis oder Griesheim aus nach Kranich­stein und darüber hinaus leiten zu können. Deshalb wurde ein Stell­werk an der Hammels­trift errichtet [⇒ E1]. Unabhängig hiervon war schon ein Bahnwärter­haus entstanden [⇒ E2].

Nicht ganz vier Jahr­zehnte später wurde der Verknüpfungs­punkt von der Hammels­trift zur Berg­schneise [⇒ E9] verlegt. Ein neues Stell­werk, diesmal an der Südseite, entstand. Zu den nunmehr zwei Gleisen der Riedbahn gesellte sich ein drittes, das als Werkstätten­gleis in das Lokomotiv­werk am Dorn­heimer Weg geführt wurde. 1944/45 scheint dieses Stell­werk zerstört worden zu sein. Es wurde nicht wieder aufgebaut, sondern durch einen zwei­geschossigen Bau unterhalb des Viadukts der Main-Neckar-Bahn ersetzt [⇒ E3]. Das zweite Riedbahn­gleis von der Berg­schneise zum Haupt­bahnhof wurde nach 1945 ebenso nicht mehr wiederher­gestellt. Das Werkstätten­gleis wurde mit der Schließung des Lokwerks Mitte der 1950er Jahre über­flüssig. Der Personen­verkehr auf der Riedbahn wurde 1970 einge­stellt, die Strecke bis Griesheim einge­kürzt und 1990 ganz dicht gemacht. Derzeit besteht hier nur noch ein Rangier­gleis bis zum Evonik-Gelände in Weiter­stadt, aber auch dieser Gleis­anschluß wird seit dem Füh­jahr 2020 nicht mehr bedient. Nachdem das Zentral­stellwerk am Haupt­bahnhof 1972 in Betrieb ging, wurde das Stell­werk an der Berg­schneise zurück­gebaut. Hier steht heute nur noch ein häßlicher, von Sprüh­pinklern neuge­stalteter Klotz. Das Viadukt wurde 2010 durch eine Spannbeton­brücke ersetzt.

Zwischen Berg- und Stock­schneise muß es einmal eine Art Bahn­übergang gegeben haben, den Posten 1. Welcher Übergang als Posten 2 firmierte, ist mir nicht klar; vielleicht handelt es sich hierbei um den Drängel­gitter­überweg an der Wöhlerweg­siedlung neben dem 2010 abgerissenen ehemaligen Stellwerk Hammels­trift. An der Stock­schneise werden die zum Haupt­bahnhof abzwei­genden Gleise mit der Verbindungs­bahn zusammen­geführt [⇒ A1]. Als die Land­straße nach Gräfen­hausen die Strecke noch ebenerdig kreuzte, stand daneben die Block­stelle Stock­schneise. Diese dürfte bald nach 1972 ver­schwunden sein.

Brücke Merck.

Bild 22: Diese Brücke über die Verbindungs­kurve nach Arheilgen und die Verbindungs­bahn zur Berg­schneise steht auf der 1846er Gleis­trasse der Main-Neckar-Bahn. Sie dient dem internen Werks­verkehr von Merck. Aufnahme vom Juni 2008.

Stellwerk Hammelstrift.

Bild 23: Das ehemalige Stell­werk an der Hammels­trift im Mai 2009.

Bahnwärterhaus.

Bild 24: Links daneben stand ein Bahn­wärterhaus (Posten 42) mit zugehörigem Stall.

Güterzug.

Bild 25: Ein Radfahrer wartet am Drängel­gitter des Bahnüber­gangs von der Hammels­trift zum Wöhler­weg die Durch­fahrt eines Güter­zuges ab. Manchmal bleibt so ein Zug auch vor dem Über­gang stehen. Das ist keine Höflich­keit, sondern dem folgenden auf Rot stehenden Signal geschuldet.

Viadukt Bergschneise.

Bild 26: Der oder das 2010 abgerissene Viadukt der Main-Neckar-Bahn an der Berg­schneise. Links der Durchlaß der Verbindungs­bahn, rechts derjenige der Riedbahn. Aufnahme vom August 2008.

Beton an der Bergschneise.

Bild 27: Im März 2010 war die neue Spann­beton­brücke in Betrieb. Dahinter die Abbruch­arbeiten am alten Viadukt, gefolgt von der Umgehungs­straße Arheilgen. Der Back­steinbau darunter beherbergt die Stellwerks­technik an der Berg­schneise.

Güterzug an der Bergschneise.

Bild 28: Auf dem Rest­stummel der Riedbahn steht im April 2013 eine Rangier­fahrt, die von der Evonik in Weiter­stadt gekommen ist, und wartet auf die Freigabe zur Weiter­fahrt.

Am Posten 1.

Bild 29: Der Bahnüber­gang wurde beim Bau der Main-Rhein-Bahn ein­gerichtet und verfügte möglicher­weise über ein Bahn­wärterhaus. Er trug zunächst die Nummer 41, ab etwa 1910 war es Posten 1, der schon in den 1920er Jahren nur noch auf besondere Anfor­derung durch die Gemeinde Weiter­stadt für deren Holzabfuhr geöffnet wurde. Zwei Metall­gestänge sind das Relikt des Postens 1. Das vordere liegt am Boden, das hintere steht links vom Masten. Aufnahme vom April 2013.

Güterzug an der Stockschneise.

Bild 30: An der Stock­schneise verläßt ein Güterzug die Verbindungs­bahn und fährt alsdann auf den Gleisen der Main-Rhein-Bahn weiter. Aufnahme vom April 2011.

Sockel, aber wofür?

Bild 31: Die Aufnahme des Güter­zuges entstand auf diesem Sockel. Sein Zweck ist mir unklar. Um dorthin zu gelangen, sind Dornen und Nesseln zu überwinden.

Wilder Übergang.

Bild 32: Wilder Übergang an der Brücke der Land­straße nach Gräfen­hausen (am linken Bildrand zu denken). Aufnahme vom Juni 2010.

Stockschneise.

Bild 33: Die Aufnahme ist in so ziemlich jeglicher Hinsicht eine Kata­strophe. Sie entstand im Sep­tember 2010 beim Versuch, einen heran­nahenden Güterzug bei prallem Gegen­licht unter einer dunklen Brücke hindiurch abzu­lichten. Ich würde sie auch eher dem digitalen Papier­korb über­eignen, wenn sie nicht meine wahr­scheinlich einzige Aufnahme der vorherigen Block­stelle an der Stock­schneise gewesen wäre. Der Knick am Seitenweg hat nämlich einen Grund. Auf dem verbuschten Rasen stand das Gebäude.

Stockschneise.

Bild 34: Die Land­straße nach Gräfen­hausen von Weiter­stadt aus gesehen. Links daneben an den bunten Bäumen, demnach gegenüber der Block­stelle, stand das Bahn­wärterhaus 40. Aufnahme vom Oktober 2013.

Stockschneise.

Abbildung 35: Zu einer schlechten Aufnahme gehört ein in die Jahre gekommener Lageplan mit Stand 1964. Er zeigt den Bahnwärter­posten auf der Nord­seite und die Block­stelle auf der Südseite. Die Überführung wurde erst zu Beginn der 1970er Jahre gebaut.

Als der Umbau der Bahnhofs­anlagen in Darm­stadt im ersten Jahr­zehnt des 20. Jahr­hunderts geplant wurden, war vorge­sehen, die Block­stelle an der Nord­seite der Eisenbahn­strecke zu errichten, und zwar zwischen der Stock­schneise und der Straße nach Gräfen­hausen. Ob das auch so umgesetzt wurde, ist unbe­kannt. Im Stadt­archiv Weiter­stadt gibt es Auszüge aus einem Schrift­verkehr zwischen der Bürger­meisterei und der Reichs­bahn, in dem es auch um die Ver­legung der Block­stelle an der Stock­schneise ging. Leider erfahren wird hieraus nichts Nähertes; aber es ist denkbar, daß diese Block­stelle zu Beginn der 1920er Jahre an den späteren Standort verlegt worden ist. Heute ist dort die vom Stell­werk in Darm­stadt fern­gesteuerte Technik in einem schnöden Beton­klotz unter­gebracht. 

Anmerkungen

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  1. Protokoll der dreiund­dreißigsten General-Versamm­lung der Actionäre der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Gesell­schaft vom 28. April 1871.   
  2. Darmstädter Zeitung vom 30. April 1873 [online ulb darmstadt].   
  3. Geschäfs-Bericht des Verwaltungs­rathes der Hessischen Ludwigs­bahn für die acht und dreißigste General-Versamm­lung der Actionäre über den Bau und Betrieb der Bahn im Jahre 1873, Seite 18.   
  4. Der Sommer­fahrplan 1974 in der Darm­städter Zeitung vom 2. Juni 1874 [online ulb darmstadt].   
  5. Die Angaben zu „R1“ nach einem Gleisplan der Strecke von Darmstadt nach Dieburg von ungefähr 1970, wieder­gegeben auf der Unter­seite Gleise von Darmstadt nach Dieburg. Abbildungen des Stellwerks und des Pultes auf stellwerke.de.   
  6. Siehe auch die Fotoseite von Nick Jaussi über das Eisenbahn­museum: A burning passion for steam trains von 2016.   
  7. Bundesbahn­direktion Frank­furt(M) : Umge­staltung der Gleis­anlagen Darm­stadt Nord – Da-Kranich­stein; 36 B 82, 28. April 1969.   
  8. Diese Verbindung zwischen Kranich­stein und Ost­bahnhof habe ich auf einer eigenen Unter­seite behandelt: Das Über­führungs­gleis im Osten Darmstadts.   
  9. In der Wikipedia fand ich im Juni 2023 einen Artikel zu diesem Bahn­wärter­haus, der nicht gerade von Kenntnis der Darm­städter Bahn­anlagen zeugt.   
  10. Zwei Aufnahmen dieses Posten 3 aus den 1980er Jahren zeigt ein Beitrag im Historischen Forum von Drehscheibe Online.   
  11. Eisenbahn­direktion Mainz. Umge­staltung der Bahnhofs­anlagen in Darm­stadt. Mainz, im März 1910. Archiv Eisenbahn­museum Darmstadt-Kranichstein. – Stadt­archiv Weiter­stadt, Bestand XXV 3, Konvolut 1, Faszikel 10. Mit Dank an die Archivarin Maxi Jennifer Braun.