Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau
Das Werkstättengleis
Eine eher historisch orientierte Abhandlung
1869 wurde die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Hauptverlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Dokumentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten der Streckenabschnitt zwischen Darmstadt und Goddelau. Die Geschichte der Riedbahn wird an anderer Stelle meiner Webseite ausführlich abgehandelt.
Das Werkstättengleis wurde bei der bis 1912 durchgeführten Verlagerung des Hauptbahnhofs nach Westen und der damit verbundenen vollständigen Umgestaltung der Bahnhofsanlagen als eine elegante Möglichkeit angelegt, die neuen Lokwerkstätten am Dornheimer Weg so anzubinden, daß die Gleisanlagen des Hauptbahnhofs umgangen werden konnten. Dieses Zuführgleis zweigte an der Blockstelle Bergschneise von der zweigleisigen Verbindungsbahn ab, verlief mit einem dritten Gleis zunächst parallel zur ebenso zweigleisigen Riedbahn und zweigte direkt hinter der Brücke über die Gräfenhäuser Straße von der Riedbahn in Richtung Süden ab.
Zum Jahresende 1955 wurde das Lokwerk geschlossen und das Gelände bei der Remilitarisierung Westdeutschlands nachfolgend als Kaserne genutzt. Dadurch wurde das Werkstättengleis funktionslos und spätestens in den 1960er Jahren am nördlichen Ende abgekoppelt. Das südliche Ende, das an der Dornheimer Weg-Brücke mit den Gleisanlagen des Darmstädter Hauptbahnhofs verbunden war, blieb erhalten, um die Nebenanschlüsse entlang des Gleises weiter bedienen zu können. Mitte der 1970er Jahre wurde sogar noch ein neuer Anschluß für die Darmstädter Niederlassung von Miele eingerichtet, der knapp dreißig Jahre später wieder aufgegeben wurde, als Miele seine Darmstädter Filiale dicht machte. Die südliche Hälfte des Werkstättengleises war 2016 noch weitgehend vorhanden, wurde aber nur noch zur Andienung einer Autologistikfirma genutzt.
Die hier gewählte Darstellung beginnt am Hauptbahnhof und endet an der Bergschneise.
Ich danke Jörn Schramm für seine Aufnahmen am Werkstättengleis und dem Eisenbahnmuseum in Darmstadt-Kranichstein für das hier verwendete Kartenmaterial.
Von Süd nach Nord
Abbildung 1: Auszug aus dem Gleisplan des Darmstädter Hauptbahnhofs mit Planstand 1960. Unterhalb der inoffiziell als Dornheimer Brücke (rot markierte 9) bezeichneten Straßenüberführung von der Innenstadt zur Waldkolonie fädelt das Werkstättengleis (3) aus den Rangiergleisen neben dem Hauptbahnhof aus. Der Plan ist geostet.
Bild 2: Das Werkstättengleis und seine beiden Nachbargleise im April 2013. Im Mittelstreifen zwischen den Gleisen befand sich der Kohlenbansen (5) und davor, etwa dort, wo der Fußweg seinen Knick vollzieht, das Stellwerk „Ra“ (6).
Lagen 1960 zwischen dem Kohlenbansen und der Kaserne noch vier Gleise, so sind es ein halbes Jahrhundert später nur noch drei. Das Gleis für die HEAG (rot markierte 2) ist ebenso verschwunden wie das Anschlußgleis selbst. Nur noch eine einfache Weiche ins Nirgendwo gibt einen Hinweis auf den einstigen Anschluß.
»» Zu diesem Anschlußgleis siehe auch die Unterseite: Das Kartoffelkellergleis und der HEAG-Anschluß.
Bild 3: Jahrelang waren auf dem Reststück des HEAG-Anschlusses zwischen der Weiche und der Dornheimer Weg-Brücke Schadwagen abgestellt. Der Fotostandpunkt ist der gefüllte Kreis in Abbildung 1. Aufnahme vom April 2009.
Bild 4: Am 6. Mai 2013 stellte 294 577 dem örtlichen Autologistiker über das Werkstättengleis einen Schwung Frischware zu.
Bild 7: Der auf den obigen Aufnahmen erkennbare Spitzbunker der Bauart Winkel steht auf dem Gelände des einstigen Lokwerks bzw. derzeit [2023, noch] der Starkenburgkaserne. Der Bunker diente im Zweiten Weltkrieg dem Schutz der arischen Beschäftigten. Der Grünzug im Vordergrund hat seit der Aufnahme im Juni 2008 einem Hotel Platz gemacht.
Das Lokomotiv-Ausbesserungswerk wurde am 1. Juli 1909 eröffnet und diente dem Unterhalt und der Instandsetzung der Dampflokomotiven. Am 20. November 1955 verließ die letzte ausgebesserte Dampflok das Werk, das anschließend dichtgemacht wurde. Im Jahr darauf zog die frisch hochgerüstete Bundeswehr in die nun Starkenburgkaserne genannte Einrichtung ein. Seither werden hier Panzer ausgebessert. So etwas nennt man und frau wohl umgekehrte Rüstungskonversion. Im Zuge der Privatisierung der Kriegsführung wurde das Gelände von der Heeresinstandsetzungslogistik GmbH als Systeminstandsetzungszentrum betrieben. Die Bundeswehr soll perspektivisch das Gelände verlassen und in die Plagge-Kaserne zwischen Darmstadt-Eberstadt und Pfungstadt einziehen. Danach kann hier eine Neubausiedlung entstehen.
Abbildung 8: Weiterer Auszug aus dem Gleisplan des Darmstädter Hauptbahnhofs mit Planstand 1960.
Der diesmal genordete Teil eines schon im Original verzerrt erstellten Gleisplans läßt das Werkstättengleis von rechts unten (1) mit vielerlei Abzweigungen in einem längeren Rechtsbogen zur Pallaswiesen- und Weiterstädter (heute: Mainzer) Straße (5) verlaufen, ehe das Gleis nach Norden entschwindet (6). Zart angedeutet durch zwei Tore ist die Zufahrt zur Bundeswehrkaserne (2), während das damalige Gleislager (3) später die Spedition Kuhnwaldt und heute ein Autologistik-Unternehmen mit nunmehr scharfer Waffe beherbergt. Wer die Gleisanlagen am Akazienweg (4) genutzt hat, habe ich bislang nicht herausfinden können.
Abbildung 9: Auf derselben Kartengrundlage entstand 1964 der Lageplan der Anschlußgleise der Starkenburgkaserne. Diese Gleisanlagen sind auch schon wieder Geschichte. Auf städtischen Luftbildern waren sie 2008 noch vorhanden und sind 2012 weitgehend demontiert.
Bild 10: Rangierfahrt entlang des Bundeswehrgeländes. Aufnahme: Jörn Schramm 1996.
Dienstanweisung
für die Bedienung des Privatgleisanschlusses der Bundeswehr (Kasernenbereich Dornheimerweg 21) […]
– Gültig vom 1.3.1964 an –
[…]
A. Allgemeine Bestimmungen
1. Lage des Anschlusses:
Der Privatgleisanschluß der Deutschen Bundeswehr – Kasernenbereich Dornheimerweg 21 – liegt westlich des Bahnhofs Darmstadt Hbf und zweigt in der Weiche 311 und in der Anschlußweiche 1 aus dem ehemaligen Werkstättengleis ab. Zustell- und Abholgleis 10 verläuft parallel zum Werkstättengleis, die anderen Gleise erstrecken sich in südlicher Richtung.
2. Beschreibung des Anschlusses:
Die Anschlußanlage dient der Zustellung und dem Abholen der für die Bundeswehr (Kasernenbereich Dornheimerweg 21) ankommenden und abgehenden Wagenladungen.
Die Anschlußanlage besteht aus den Gleisen 1 bis 12. Für die Bedienung des Anschlusses sind die Gleise 7 – 10 bestimmt, die übrigen Gleise dienen ausschließlich den Zwecken der Anschließerin. Die Zuführung und das Abholen der Wagen erfolgt im allgemeinen von Gleis 44 des Bahnhofs Darmstadt Hbf aus über die Weichen 314 und 311 nach bzw aus Gleis 10. In Ausnahmefällen können – nach vorheriger Zustimmung der Anschließerin – auch über das ehemalige Werkstättengleis und die Anschlußweiche 1 nach Gleis 7 Wagen zugeführt und aus Gleis 8 Wagen abgeholt werden. Die Anlagen der Anschließerin sind eingezäunt. Die Gleise 10, 1 und 2 führen durch Gleistore zum Gelände der Anschließering. Alle Weichen in den Anschlußanlagen sind ortsbedient.
Gleis 1 zweigt in der Weiche 5 aus Gleis 2 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 280 m und ist durch die Weichen 14 und 15 mit Gleis 2 verbunden.
Gleis 2 beginnt in der Weiche 2 und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 506 m (280 + 226). Über die Weichen 15 und 14 ist es mit Gleis 1 verbunden.
Gleis 3 mit einer nutzbaren Länge von 235 m zweigt in der Weiche 8 von Gleis 4 ab und endet an einem Prellbock.
Gleis 4 zweigt in der Weiche 4 von Gleis 7 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 233 m.
Gleis 5 hat eine nutzbare Länge von 295 m, zweigt in der Weiche 10 von Gleis 6 ab und endet an einem Prellbock.
Gleis 6 beginnt in der Weiche 7 und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 295 m und ist über die Weichen 12 und 13 mit Gleis 7 verbunden.
Gleis 7 dient in Ausnahmefällen als Zustellgleis. Es beginnt an der Weiche 4 und endet an der Weiche 16. Die nutzbare Länge beträgt 330 m. Das Gleis liegt ab Weiche 4 auf eine Länge von 233 m in einem Gefälle von 1:400 und anschließend in der Waagerechten. Es ist durch die Weiche 16 mit Gleis 8 und durch die Weichen 13 und 12 mit Gleis 6 verbunden.
Gleis 8 dient in Ausnahmefällen als Abholgleis. Es beginnt an der Weiche 3, führt über die Weichen 6 und 9 und endet an der Weiche 17. Die nutzbare Länge beträgt 300 m, das Gefälle ab Weiche 3 auf eine Länge von 257 m 1:400 und anschließend 1:∞. Gleis 8 ist durch die Weiche 16 mit Gleis 7 und die Weiche 17 mit Gleis 9 verbunden.
Gleis 9 dient als Umfahrgleis. Das Gleis zweigt in der Weiche 9 vom Gleis 8 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 757 m (340+217) [sic! verrechnet, WK] und liegt ab Weiche 9 auf eine Länge von 252 m in einem Gefälle von 1:400 und weiter waagerecht. Es ist durch die Weiche 17 mit Gleis 8 verbunden.
Gleis 10 ist Zustell- und Abholgleis (Übergabestelle)
Es beginnt hinter der Weiche 311 und endet an der Weiche 6. Die nutzbare Länge beträgt 230 m. Es liegt in einem Gefälle von weniger als 1:400.
Gleis 11 zweigt in der Weiche 11 aus Gleis 10 und endet in einem Kleinlokschuppen.
Gleis 12 zweigt in der Weiche 18 aus Gleis 10 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 317 m.
Der folgende Abschnitt über „Betriebliche Bestimmungen“ handelt von allgemeinen Maßregeln und geht dann in die Vorbereitung der Bedienungsfahrt über. Selbige Fahrt wird in Gleis 22 des Güterbahnhofs zusammengestellt. Nach der Freigabe durch den Fahrdienstleiter wird die Fahrt über die Gleise 1 oder 2 des Hauptbahnhofs am südlichen Stellwerk „Ds“ vorbei in das Ausziehgleis 164 geleitet.
Von hier aus schiebt die Abteilung in nördlicher Richtung durch Gleis 19 nach Gleis 44 und hängt die Wagen für die Bundeswehr zunächst ab. Die Geschwindigkeit der Rangierfahrt darf 25 km/h nicht übersteigen. […] Nach Zuführung der Wagen für die übrigen Anschlüsse fährt die Rangierlok auf die in Gleis 44 abgestellten Wagen der Bundeswehr und schiebt sie über die Weichen 314 und 311 nach dem Gleis 10 der Anschließerin. Die Wagen sind unmittelbar hinter dem Tor betriebssicher abzustellen. Bei Störungen an der Weiche 311 kann der Anschluß auch über das ehemalige Werkstättengleis und die Weichen 1, 3 und 4 bedient werden (Gleis 7). Hierfür ist vorher die Genehmigung der Anschließerin einzuholen. […]
Die folgenden Passagen handeln vom Verhalten im Gleisanschluß und regeln die Rückfahrten zum Güterbahnhof in analoger Weise. Alsdann geht es um Ladefristen, Zollvorschriften und besenrein zurückzugebende Wagen. Die Anschließerin, hier die Bundeswehr, hat sich um freizuhaltende Gleisanlagen, ausreichende Beleuchtung und von Schnee und Pflanzenwuchs befreite Gleise zu kümmern.
E. Schlußbestimmungen:
Diese Dienstanweisung tritt am 1.3.1964 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Dienstanweisung, Ausgabe vom 12.11.1959, außer Kraft.
Die vorherige Dienstanweisung trat mit dem 1. Dezember 1959 in Kraft. Ob und inwieweit diese eine weitere Vorgängerin besaß, ist aus den verfügbaren Dokumenten nicht ersichtlich.
Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten des vor über einhundert Jahren erbauten Hauptbahnhofs ist eine Rangierfahrt vom Güterbahnhof zum Werkstättengleis nur auf Umwegen möglich. Während der Güterbahnhof auf der Ostseite der Gleisanlagen errichtet wurde, verläuft das Werkstättengleis westlich davon. Folglich müssen die kompletten Gleisanlagen überquert werden, was einen gewissen logistischen Aufwand erheischt. Hierzu zieht eine Rangierabteilung aus dem Güterbahnhof zunächst auf das nördliche Gleisvorfeld vor und wird anschließend an der Bahnsteighalle vorbei nach Süden geschoben, mitunter aber auch gezogen. An der Rheinstraßenbrücke werden die beiden Hauptgleise von nach Heidelberg bzw. Mannheim gekreuzt und ein parallel liegendes Gleis zum „Wenden“ genutzt. Dieses Gleis trug 1960 die Nummer 164 und heute die Nummer 44, es endet rund 100 Meter weiter südlich vor der Holzhofallee (außerhalb des Bildes rechts zu denken) an einem Prellbock. Die Erbauer der Bahnhofsanlagen sahen hierin eine vernachlässigbare Störung des flüssigen Betriebsablaufs. Eine derartige Rangierfahrt kommt ja nur ab und an vor.
Bild 11: Am Nachmittag des 8. März 2013 begegnete mir eine derartige Rangierfahrt mit 294 859-4 als Rückleistung vom Autologistiker auf dem in der Dienstanweisung genannten Ausziehgleis. Die entleerten Autotransportwagen werden auf dem ehemaligen Zuführgleis zum Ausbesserungswerk auf der Knell geparkt.
Kehren wir nun zurück zum Werkstättengleis und seinem weiteren Verlauf hin zur Pallaswiesenstraße und darüber hinaus. Auf einem Gleisanschlußplan für die Bundeswehr mit Bearbeitungsstand 1989 wirken die Jahrzehnte zuvor noch vorhandenen Gleisanlagen schon ziemlich gerupft. Die Schiebebühne ist ebenso wie das Gleislager verschwunden. Das Gelände wird als von der Spedition Kuhnwaldt genutzt angegeben. Weitere zwei Jahrzehnte später schlägt hier ein anderes Unternehmen bei weitgehend unveränderten Gleisanlagen Autos um. Verkehrswende halt.
In einem 1988 verfaßten internen Untersuchungsbericht der Bundesbahndirektion Frankfurt zwecks (Weg-)Optimierung der Gleisanlagen war angedacht, Kuhnwaldt in Griesheim anzusideln und mit dem zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Riedbahngleis einzubinden . Weite Teile der in Griesheim seit Beginn der 1970er Jahre brach liegenden Bahnhofsanlagen sollten an die Spedition vermietet werden. Vielleicht war die dortige Straßenanbindung für eine überregionale Spedition nicht einladend genug, vielleicht waren die Konditionen in Darmstadt auch einfach nur besser, denn im Jahr darauf finden wir Kuhnwaldt auf dem Gelände des ehemaligen Gleislagers.
Das Bundeswehrgelände war ein Ort der Geheimhaltung. Fiese Spione hätten ja auskundschaften können, welche Panzer nicht einsatzfähig waren. Es geht die Sage, daß das Fotografieren der Lokomotiven im Bahnbetriebswerk Darmstadt schwierig war. Als Grund wird genannt, die Fotografen hätten ja einen begehrlichen Blick auf den Militärkomplex werfen können. Paranoiker und ihre spinnerten Fantasien …
Dennoch scheint es ab und an möglich gewesen zu sein, Truppenbewegungen abzulichten. An der Straßenauffahrt von der Pallaswiesenstraße zum Bahnbetriebswerk, in der Nähe des einst dort vorhandenen Rangierstellwerks „Rl“, konnte man quer über das Gleislager bzw. Kuhnwaldt-Gelände bis hinter den Zaun des Panzerstraflagers schauen. Um was für eine Sorte Kriegswerkzeug es sich hier gehandelt hat, mögen die einschlägigen Experten bestimmen. Mir ist diese Art des Transports zuwider, erst recht beim Kriegsgeheul gegen alle Feinde der westlichen wertebasierten globalen Ausplünderordnung. Wir erinnern uns: schon vor zwei Jahrzehnten sollte Deutschland am Hindukusch verteidigt werden, und dies gewiß nicht, um Frauen und ihre Rechte durchzusetzen. Es ging und geht um Rohstoffe, Märkte, Einflußsphären und Dominanz.
Abbildung 12: Der Bundeswehranschluß und das Kuhnwaldtgelände auf einem Gleisplan von 1989.
Bild 13: Eine Jung-Diesellokomotive rangiert einen Panzertransport. Aufgenommen am 5. Juni 1996 von Jörn Schramm.
Bild 14: Brücke des Werkstättengleises über die Mainzer Straße an der Siedlung Akazienweg im Mai 2014. Im Hintergrund die Brücken des nördlichen Gleisvorfeldes.
Das Werkstättengleis überquert beim Akazienweg die Mainzer Straße als Fortsetzung der Pallaswiesenstraße auf einer Brücke, die von vornherein für zwei Gleise ausgelegt war. Hiervon zeugt nicht nur das Auflager für selbiges zweite Gleis; zu erkennen an der linken Brückenmauer. Nördlich der Brücke ist der Bahndamm auf etwa 250 Meter breit genug für eine spätere Erweiterung aufgeschüttet worden. Ab hier ist in den vergangenen Jahren das Gleis der Natur überlassen worden. Kleine Bäumchen sprießen aus dem Schotter hervor, ganz zu schweigen von den unvermeidlichen Brombeerranken. Zu Heiligabend 2005 soll auf der Brücke allerdings noch ein Güterzug gesichtet worden sein.
Etwa 1977 verlegte das Haushaltsgeräteunternehmen Miele sein südhessisches Vertriebszentrum in das frisch angelegte Gewerbegebiet an der Bunsenstraße und erhielt dort einen Gleisanschluß über das Werkstättengleis. 2005 wurde der Standort aufgegeben. Anschließend richtete sich in dem Gebäude ein Elektrohausgerätehändler ein, doch erwies sich die Lage für ein solches Geschäft als zu abgelegen. Mitte der 2010er Jahre nutzt ein Elektrogroßhandel die Geschäftsräume; und wer das heute ist, verrät die Suchmaschine der eigenen Wahl.
»» Von der Brücke, dem Bahndamm, dem Gleisanschluß Miele und dem abschließenden Prellbock habe ich weitere, ergänzende Bilder auf einer eigenen Bilderseite zusammengetragen.
Abbildung 15: Der Gleisanschluß Miele 1988.
Bild 16: An einem eher trüben Dezembertag gelang Jörn Schramm 1991 die seltene Aufnahme zweier Güterwagons vor dem Lagertor von Miele. Das Unternehmen selbst besitzt laut eigener Auskunft keine Bilder aus dieser Zeit.
Westlich vorbei an der überdimensionierten Darmstädter Kläranlage endet das Werkstättengleis an einem Prellbock auf der grünen Wiese. Lange Jahre diente es auch als Abstellanlage ausrangierter Güterwaggons.
Entlang der alten Riedbahntrasse verläuft zwischen der Mainzer Straße und der Gräfenhäuser Straße ein schmaler Feld/Waldweg, von dem aus der Prellbock entdeckt werden kann. Dieses Teilstück wird nunmehr seit Jahren nicht mehr befahren. Im Gleisbett wachsen Sträucher und die Schienen rosten vor sich hin. Da ist es fast schon erstaunlich, daß diese nicht mehr benötigten Schienen angesichts der Stahlpreise noch unbehelligt im wuchernden Dickicht liegen gelassen werden.
Verlängern wir gedanklich das Werkstättengleis weiter nach Norden, dann stoßen wir an der in den 1970er Jahren neu erbauten Eisenbahnbrücke über die Schnellstraße auf das noch vorhandene Riedbahngleis, das am Werkstor von Röhm/Evonik in Weiterstadt endet. Der einstige Bahndamm des Gleises ist im Winter und Frühjahr weitgehend begehbar. Von etwa 1910 bis 1960 verlief von der Brücke an die Strecke dreigleisg bis zur Bergschneise. Die Breite des Bahnkörpers, die Konstruktion der Brücke über das Streckengleis von Mainz nach Darmstadt und die Oberleitungsmasten an der Bergschneise sind Hinweise auf diese einstmals breite Trasse.
An der Bergschneise wurde das Werkstättengleis mit der Verbindungsbahn verknüpft.
Bild 17: Prellbock vom Feld/Waldweg aus gesehen. Aufnahme vom März 2014.
Bild 18: Bahndamm des Werkstättengleises vom Feld/Waldweg aus in Richtung Brücke gesehen. Aufnahme vom März 2015.
Bild 19: Bahndamm des Werkstättengleises vom der Brücke aus … imaginiert und als geradlinige Verlängerung der Brücke zu denken. Aufnahme vom Oktober 2008.
Abbildung 20: Auf einem Bundesbahn-Streckenplan von 1955 ist noch die dreifeldrige Brücke über die Gräfenhäuser Straße eingezeichnet. Das Werkstättengleis scheint kurz zuvor ausgetragen worden zu sein. Das Anschlußblatt läßt den Prellbock etwa bei km 1,2 stehen, woraus sich der Beginn der Kilometrierung des Werkstättengleises am Abzweig Bergschneise ergibt.
Bild 21: Einstmals dreigleisige Brücke über die Main-Rhein-Bahn. Aufnahme vom April 2013.
Bild 22: Zwischen dem Gleisstummel der Riedbahn und dem Masten am rechten Bildrand war ausreichend Platz für zwei weitere Gleise. Aufnahme vom Juni 2014.
Anmerkungen
Am Ende der angeklickten und eingefärbten Anmerkung geht es mit dem Return ( ⏎ ) zum Text zurück.
- Aus anderer Perspektive habe ich eine derartige Rangierfahrt am 8. Mai 2012 beobachten können. ⏎
- Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Frankfurt (Main): Untersuchungsbericht Herstellen des durchrationalisierten Zustandes im Streckennetz der DB (1990), Untersuchungsraum 8 (4.8), Teil 2: Anlagen, Mai 1988. ⏎
- Schon vor mehr als einhundert Jahren hatte Rosa Luxemburg diese Werte der imperialistischen Weltordnung schonungslos seziert. Sie wurde folgerichtig von den Schergen der Sozialdemokratie ermordet und im Landwehrkanal versenkt. ⏎
- Die Main-Rhein-Bahn von Mainz nach Darmstadt wurde seit 1957 elektrisch betrieben. Der Vergleich des Blockstellenbildes von Ulrich Richter (wiedergegeben auf der Unterseite zur Verbindungsbahn) mit dem aktuellen Zustand legt nahe, daß hier immer noch die vor mehr als 65 Jahren aufgestellten Fahrleitungsmasten stehen. ⏎