Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau
Walter Kuhl
Rangierfahrt auf der alten Riedbahn.
Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Wasserturm.
Wasserturm.
Brücke über die Gräfenhäuser Straße.
Brücke über die B 42.
Hauptbahnhof.
Hauptbahnhof.
Riedbahngleis.
Riedbahngleis.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Das Werk­stätten­gleis

Eine eher historisch orientierte Abhandlung

1869 wurde die Riedbahn zwischen Darm­stadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Haupt­verlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Doku­mentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten der Strecken­abschnitt zwischen Darm­stadt und Goddelau. Die Geschichte der Riedbahn wird an anderer Stelle meiner Webseite ausführ­lich abgehandelt.

Das Werkstätten­gleis wurde bei der bis 1912 durch­geführten Ver­lagerung des Haupt­bahnhofs nach Westen und der damit ver­bundenen voll­ständigen Umge­staltung der Bahnhofs­anlagen als eine elegante Möglich­keit angelegt, die neuen Lokwerk­stätten am Dorn­heimer Weg so anzubinden, daß die Gleis­anlagen des Haupt­bahnhofs umgangen werden konnten. Dieses Zuführ­gleis zweigte an der Block­stelle Berg­schneise von der zwei­gleisigen Verbindungs­bahn ab, verlief mit einem dritten Gleis zunächst parallel zur ebenso zwei­gleisigen Riedbahn und zweigte direkt hinter der Brücke über die Gräfen­häuser Straße von der Riedbahn in Richtung Süden ab.

Zum Jahresende 1955 wurde das Lokwerk geschlossen und das Gelände bei der Remili­tarisierung West­deutschlands nach­folgend als Kaserne genutzt. Dadurch wurde das Werk­stättengleis funktions­los und spätestens in den 1960er Jahren am nörd­lichen Ende abge­koppelt. Das südliche Ende, das an der Dorn­heimer Weg-Brücke mit den Gleis­anlagen des Darm­städter Haupt­bahnhofs ver­bunden war, blieb erhalten, um die Neben­anschlüsse entlang des Gleises weiter bedienen zu können. Mitte der 1970er Jahre wurde sogar noch ein neuer Anschluß für die Darm­städter Nieder­lassung von Miele einge­richtet, der knapp dreißig Jahre später wieder aufge­geben wurde, als Miele seine Darm­städter Filiale dicht machte. Die südliche Hälfte des Werkstätten­gleises war 2016 noch weit­gehend vorhanden, wurde aber nur noch zur Andienung einer Auto­logistik­firma genutzt.

Die hier gewählte Dar­stellung beginnt am Haupt­bahnhof und endet an der Berg­schneise.

Ich danke Jörn Schramm für seine Auf­nahmen am Werk­stätten­gleis und dem Eisenbahn­museum in Darm­stadt-Kranich­stein für das hier ver­wendete Karten­material.


Von Süd nach Nord

Ausfädelung Werkstättengleis.

Abbildung 1: Auszug aus dem Gleis­plan des Darm­städter Haupt­bahnhofs mit Plan­stand 1960. Unter­halb der inoffiziell als Dorn­heimer Brücke (rot markierte 9) bezeich­neten Straßen­überführung von der Innen­stadt zur Wald­kolonie fädelt das Werk­stätten­gleis (3) aus den Rangier­gleisen neben dem Haupt­bahnhof aus. Der Plan ist geostet.

Ausfädelung Werkstättengleis.

Bild 2: Das Werkstätten­gleis und seine beiden Nachbar­gleise im April 2013. Im Mittel­streifen zwischen den Gleisen befand sich der Kohlen­bansen (5) und davor, etwa dort, wo der Fußweg seinen Knick voll­zieht, das Stell­werk „Ra“ (6).

Lagen 1960 zwischen dem Kohlen­bansen und der Kaserne noch vier Gleise, so sind es ein halbes Jahr­hundert später nur noch drei. Das Gleis für die HEAG (rot markierte 2) ist ebenso ver­schwunden wie das Anschluß­gleis selbst. Nur noch eine einfache Weiche ins Nirgendwo gibt einen Hinweis auf den einstigen Anschluß.

»»  Zu diesem Anschluß­gleis siehe auch die Unter­seite: Das Kartoffel­kellergleis und der HEAG-Anschluß.

Schadwagen.

Bild 3: Jahrelang waren auf dem Reststück des HEAG-Anschlusses zwischen der Weiche und der Dorn­heimer Weg-Brücke Schad­wagen abge­stellt. Der Foto­stand­punkt ist der gefüllte Kreis in Abbildung 1. Aufnahme vom April 2009.

Anlieferung Autologistik.

Bild 4: Am 6. Mai 2013 stellte 294 577 dem ört­lichen Auto­logistiker über das Werk­stätten­gleis einen Schwung Frisch­ware zu.

Schematischer Gleisplan von 1922.
Abbil­dung 5: Schema­tischer Gleis­plan von 1922 mit Ried­bahn und dem Werk­stätten­gleis (W).
Gleisverlauf.
Abbil­dung 6: Strecken­verlauf auf einer modernen Karte (Open­StreetMap).
Spitz- oder Winkelbunker.

Bild 7: Der auf den obigen Aufnahmen erkennbare Spitzbunker der Bauart Winkel steht auf dem Gelände des einstigen Lokwerks bzw. derzeit [2023, noch] der Starkenburg­kaserne. Der Bunker diente im Zweiten Welt­krieg dem Schutz der arischen Beschäftigten. Der Grünzug im Vorder­grund hat seit der Aufnahme im Juni 2008 einem Hotel Platz gemacht.

Das Lokomotiv-Aus­besserungs­werk wurde am 1. Juli 1909 eröffnet und diente dem Unterhalt und der Instand­setzung der Dampf­lokomotiven. Am 20. November 1955 verließ die letzte ausge­besserte Dampflok das Werk, das anschlie­ßend dicht­gemacht wurde. Im Jahr darauf zog die frisch hoch­gerüstete Bundes­wehr in die nun Starkenburg­kaserne genannte Ein­richtung ein. Seither werden hier Panzer ausge­bessert. So etwas nennt man und frau wohl umgekehrte Rüstungskonversion. Im Zuge der Privati­sierung der Kriegs­führung wurde das Gelände von der Heeresinstand­setzungslogistik GmbH als System­instand­setzungs­zentrum betrieben. Die Bundeswehr soll perspek­tivisch das Gelände ver­lassen und in die Plagge-Kaserne zwischen Darm­stadt-Eber­stadt und Pfung­stadt einziehen. Danach kann hier eine Neubau­siedlung entstehen.

Werkstättengleis und Gleislager an der Pallaswiesenstraße.

Abbildung 8: Weiterer Auszug aus dem Gleis­plan des Darm­städter Haupt­bahnhofs mit Plan­stand 1960.

Der diesmal genordete Teil eines schon im Original verzerrt erstellten Gleis­plans läßt das Werk­stätten­gleis von rechts unten (1) mit vielerlei Abzwei­gungen in einem längeren Rechts­bogen zur Pallas­wiesen- und Weiter­städter (heute: Mainzer) Straße (5) verlaufen, ehe das Gleis nach Norden ent­schwindet (6). Zart angedeutet durch zwei Tore ist die Zufahrt zur Bundes­wehr­kaserne (2), während das damalige Gleis­lager (3) später die Spedition Kuhn­waldt und heute ein Auto­logistik-Unter­nehmen mit nunmehr scharfer Waffe beherbergt. Wer die Gleis­anlagen am Akazien­weg (4) genutzt hat, habe ich bislang nicht heraus­finden können.

Bundeswehranschluß.

Abbildung 9: Auf derselben Karten­grundlage entstand 1964 der Lage­plan der Anschluß­gleise der Starkenburg­kaserne. Diese Gleis­anlagen sind auch schon wieder Geschichte. Auf städtischen Luft­bildern waren sie 2008 noch vor­handen und sind 2012 weit­gehend demontiert.

Auf dem Werkstättengleis.

Bild 10: Rangier­fahrt entlang des Bundes­wehr­geländes. Aufnahme: Jörn Schramm 1996.

Dienstanweisung

für die Bedienung des Privatgleisanschlusses der Bundeswehr (Kasernenbereich Dornheimerweg 21) […]

– Gültig vom 1.3.1964 an –

[…]

A. Allgemeine Bestimmungen
1. Lage des Anschlusses:

Der Privatgleisanschluß der Deutschen Bundeswehr – Kasernenbereich Dornheimerweg 21 – liegt westlich des Bahnhofs Darmstadt Hbf und zweigt in der Weiche 311 und in der Anschlußweiche 1 aus dem ehemaligen Werkstättengleis ab. Zustell- und Abholgleis 10 verläuft parallel zum Werkstättengleis, die anderen Gleise erstrecken sich in südlicher Richtung.

2. Beschreibung des Anschlusses:

Die Anschlußanlage dient der Zustellung und dem Abholen der für die Bundeswehr (Kasernenbereich Dornheimerweg 21) ankommenden und abgehenden Wagenladungen.

Die Anschlußanlage besteht aus den Gleisen 1 bis 12. Für die Bedienung des Anschlusses sind die Gleise 7 – 10 bestimmt, die übrigen Gleise dienen ausschließlich den Zwecken der Anschließerin. Die Zuführung und das Abholen der Wagen erfolgt im allgemeinen von Gleis 44 des Bahnhofs Darmstadt Hbf aus über die Weichen 314 und 311 nach bzw aus Gleis 10. In Ausnahmefällen können – nach vorheriger Zustimmung der Anschließerin – auch über das ehemalige Werkstättengleis und die Anschlußweiche 1 nach Gleis 7 Wagen zugeführt und aus Gleis 8 Wagen abgeholt werden. Die Anlagen der Anschließerin sind eingezäunt. Die Gleise 10, 1 und 2 führen durch Gleistore zum Gelände der Anschließering. Alle Weichen in den Anschlußanlagen sind ortsbedient.

Gleis 1 zweigt in der Weiche 5 aus Gleis 2 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 280 m und ist durch die Weichen 14 und 15 mit Gleis 2 verbunden.

Gleis 2 beginnt in der Weiche 2 und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 506 m (280 + 226). Über die Weichen 15 und 14 ist es mit Gleis 1 verbunden.

Gleis 3 mit einer nutzbaren Länge von 235 m zweigt in der Weiche 8 von Gleis 4 ab und endet an einem Prellbock.

Gleis 4 zweigt in der Weiche 4 von Gleis 7 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 233 m.

Gleis 5 hat eine nutzbare Länge von 295 m, zweigt in der Weiche 10 von Gleis 6 ab und endet an einem Prellbock.

Gleis 6 beginnt in der Weiche 7 und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 295 m und ist über die Weichen 12 und 13 mit Gleis 7 verbunden.

Gleis 7 dient in Ausnahmefällen als Zustellgleis. Es beginnt an der Weiche 4 und endet an der Weiche 16. Die nutzbare Länge beträgt 330 m. Das Gleis liegt ab Weiche 4 auf eine Länge von 233 m in einem Gefälle von 1:400 und anschließend in der Waagerechten. Es ist durch die Weiche 16 mit Gleis 8 und durch die Weichen 13 und 12 mit Gleis 6 verbunden.

Gleis 8 dient in Ausnahmefällen als Abholgleis. Es beginnt an der Weiche 3, führt über die Weichen 6 und 9 und endet an der Weiche 17. Die nutzbare Länge beträgt 300 m, das Gefälle ab Weiche 3 auf eine Länge von 257 m 1:400 und anschließend 1:∞. Gleis 8 ist durch die Weiche 16 mit Gleis 7 und die Weiche 17 mit Gleis 9 verbunden.

Gleis 9 dient als Umfahrgleis. Das Gleis zweigt in der Weiche 9 vom Gleis 8 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 757 m (340+217) [sic! verrechnet, WK] und liegt ab Weiche 9 auf eine Länge von 252 m in einem Gefälle von 1:400 und weiter waagerecht. Es ist durch die Weiche 17 mit Gleis 8 verbunden.

Gleis 10 ist Zustell- und Abholgleis (Übergabestelle)

Es beginnt hinter der Weiche 311 und endet an der Weiche 6. Die nutzbare Länge beträgt 230 m. Es liegt in einem Gefälle von weniger als 1:400.

Gleis 11 zweigt in der Weiche 11 aus Gleis 10 und endet in einem Kleinlokschuppen.

Gleis 12 zweigt in der Weiche 18 aus Gleis 10 ab und endet an einem Prellbock. Es hat eine nutzbare Länge von 317 m.

Der folgende Abschnitt über „Betrieb­liche Bestim­mungen“ handelt von allge­meinen Maß­regeln und geht dann in die Vorbe­reitung der Bedienungs­fahrt über. Selbige Fahrt wird in Gleis 22 des Güter­bahnhofs zusammen­gestellt. Nach der Frei­gabe durch den Fahrdienst­leiter wird die Fahrt über die Gleise 1 oder 2 des Haupt­bahnhofs am süd­lichen Stell­werk „Ds“ vorbei in das Auszieh­gleis 164 geleitet.

Von hier aus schiebt die Abteilung in nördlicher Richtung durch Gleis 19 nach Gleis 44 und hängt die Wagen für die Bundeswehr zunächst ab. Die Geschwindigkeit der Rangierfahrt darf 25 km/h nicht übersteigen. […] Nach Zuführung der Wagen für die übrigen Anschlüsse fährt die Rangierlok auf die in Gleis 44 abgestellten Wagen der Bundeswehr und schiebt sie über die Weichen 314 und 311 nach dem Gleis 10 der Anschließerin. Die Wagen sind unmittelbar hinter dem Tor betriebssicher abzustellen. Bei Störungen an der Weiche 311 kann der Anschluß auch über das ehemalige Werkstättengleis und die Weichen 1, 3 und 4 bedient werden (Gleis 7). Hierfür ist vorher die Genehmigung der Anschließerin einzuholen. […]

Die folgenden Passagen handeln vom Verhalten im Gleis­anschluß und regeln die Rück­fahrten zum Güter­bahnhof in analoger Weise. Alsdann geht es um Lade­fristen, Zollvor­schriften und besenrein zurück­zugebende Wagen. Die Anschlie­ßerin, hier die Bundes­wehr, hat sich um freizu­haltende Gleis­anlagen, aus­reichende Beleuch­tung und von Schnee und Pflanzen­wuchs befreite Gleise zu kümmern.

E. Schlußbestimmungen:

Diese Dienstanweisung tritt am 1.3.1964 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Dienstanweisung, Ausgabe vom 12.11.1959, außer Kraft.

Die vorherige Dienst­anweisung trat mit dem 1. Dezember 1959 in Kraft. Ob und inwie­weit diese eine weitere Vor­gängerin besaß, ist aus den ver­fügbaren Doku­menten nicht ersicht­lich.

Aufgrund der ört­lichen Gegeben­heiten des vor über ein­hundert Jahren erbauten Haupt­bahnhofs ist eine Rangier­fahrt vom Güter­bahnhof zum Werk­stätten­gleis nur auf Umwegen möglich. Während der Güter­bahnhof auf der Ostseite der Gleis­anlagen errichtet wurde, verläuft das Werk­stätten­gleis westlich davon. Folglich müssen die kompletten Gleis­anlagen überquert werden, was einen gewissen logis­tischen Aufwand erheischt. Hierzu zieht eine Rangier­abteilung aus dem Güter­bahnhof zunächst auf das nörd­liche Gleis­vorfeld vor und wird anschlie­ßend an der Bahnsteig­halle vorbei nach Süden geschoben, mitunter aber auch gezogen. An der Rhein­straßen­brücke werden die beiden Haupt­gleise von nach Heidel­berg bzw. Mann­heim gekreuzt und ein parallel liegendes Gleis zum „Wenden“ genutzt. Dieses Gleis trug 1960 die Nummer 164 und heute die Nummer 44, es endet rund 100 Meter weiter südlich vor der Holzhof­allee (außerhalb des Bildes rechts zu denken) an einem Prell­bock. Die Erbauer der Bahnhof­sanlagen sahen hierin eine vernachlässig­bare Störung des flüssigen Betriebs­ablaufs. Eine derartige Rangier­fahrt kommt ja nur ab und an vor.

Leerpark Autologistik.

Bild 11: Am Nach­mittag des 8. März 2013 begegnete mir eine derartige Rangier­fahrt mit 294 859-4 als Rück­leistung vom Auto­logistiker auf dem in der Dienst­anweisung genannten Auszieh­gleis. Die entleerten Auto­transport­wagen werden auf dem ehemaligen Zuführ­gleis zum Ausbesserungs­werk auf der Knell geparkt. 

Kehren wir nun zurück zum Werkstätten­gleis und seinem weiteren Verlauf hin zur Pallas­wiesen­straße und darüber hinaus. Auf einem Gleis­anschluß­plan für die Bundes­wehr mit Bearbeitungs­stand 1989 wirken die Jahr­zehnte zuvor noch vor­handenen Gleis­anlagen schon ziemlich gerupft. Die Schiebe­bühne ist ebenso wie das Gleis­lager ver­schwunden. Das Gelände wird als von der Spedition Kuhn­waldt genutzt angegeben. Weitere zwei Jahr­zehnte später schlägt hier ein anderes Unter­nehmen bei weit­gehend unver­änderten Gleis­anlagen Autos um. Verkehrs­wende halt.

In einem 1988 ver­faßten internen Untersuchungs­bericht der Bundes­bahn­direktion Frank­furt zwecks (Weg-)Optimierung der Gleis­anlagen war angedacht, Kuhnwaldt in Griesheim anzu­sideln und mit dem zu diesem Zeit­punkt noch vor­handenen Riedbahn­gleis einzu­binden . Weite Teile der in Gries­heim seit Beginn der 1970er Jahre brach liegenden Bahnhofs­anlagen sollten an die Spedition vermietet werden. Vielleicht war die dortige Straßen­anbindung für eine über­regionale Spedition nicht ein­ladend genug, vielleicht waren die Konditionen in Darm­stadt auch einfach nur besser, denn im Jahr darauf finden wir Kuhnwaldt auf dem Gelände des ehemaligen Gleis­lagers.

Das Bundeswehr­gelände war ein Ort der Geheim­haltung. Fiese Spione hätten ja auskund­schaften können, welche Panzer nicht einsatz­fähig waren. Es geht die Sage, daß das Foto­grafieren der Loko­motiven im Bahn­betriebswerk Darm­stadt schwierig war. Als Grund wird genannt, die Fotografen hätten ja einen begehr­lichen Blick auf den Militär­komplex werfen können. Paranoiker und ihre spinnerten Fantasien …

Dennoch scheint es ab und an möglich gewesen zu sein, Truppen­bewegungen abzulichten. An der Straßen­auffahrt von der Pallas­wiesen­straße zum Bahn­betriebswerk, in der Nähe des einst dort vorhandenen Rangier­stellwerks „Rl“, konnte man quer über das Gleislager bzw. Kuhnwaldt-Gelände bis hinter den Zaun des Panzerstraf­lagers schauen. Um was für eine Sorte Kriegs­werkzeug es sich hier gehandelt hat, mögen die ein­schlägigen Experten bestimmen. Mir ist diese Art des Transports zuwider, erst recht beim Kriegs­geheul gegen alle Feinde der west­lichen werte­basierten globalen Aus­plünder­ordnung. Wir erinnern uns: schon vor zwei Jahr­zehnten sollte Deutsch­land am Hindu­kusch ver­teidigt werden, und dies gewiß nicht, um Frauen und ihre Rechte durch­zusetzen. Es ging und geht um Rohstoffe, Märkte, Einfluß­sphären und Dominanz. 

Plan Bundeswehranschluß 1989.

Abbildung 12: Der Bundeswehr­anschluß und das Kuhnwaldt­gelände auf einem Gleisplan von 1989.

Jung Lok rangiert Panzer.

Bild 13: Eine Jung-Diesel­lokomotive rangiert einen Panzer­transport. Auf­genommen am 5. Juni 1996 von Jörn Schramm.

Brücke am Akazienweg.

Bild 14: Brücke des Werk­stätten­gleises über die Mainzer Straße an der Siedlung Akazienweg im Mai 2014. Im Hinter­grund die Brücken des nörd­lichen Gleis­vorfeldes.

Das Werkstätten­gleis über­quert beim Akazienweg die Mainzer Straße als Fort­setzung der Pallas­wiesen­straße auf einer Brücke, die von vorn­herein für zwei Gleise ausgelegt war. Hiervon zeugt nicht nur das Auflager für selbiges zweite Gleis; zu erkennen an der linken Brücken­mauer. Nördlich der Brücke ist der Bahn­damm auf etwa 250 Meter breit genug für eine spätere Erweite­rung aufge­schüttet worden. Ab hier ist in den ver­gangenen Jahren das Gleis der Natur über­lassen worden. Kleine Bäum­chen sprießen aus dem Schotter hervor, ganz zu schweigen von den unvermeid­lichen Brombeer­ranken. Zu Heilig­abend 2005 soll auf der Brücke aller­dings noch ein Güterzug gesichtet worden sein.

Etwa 1977 verlegte das Haushalts­geräte­unternehmen Miele sein süd­hessisches Vertriebs­zentrum in das frisch angelegte Gewerbe­gebiet an der Bunsen­straße und erhielt dort einen Gleis­anschluß über das Werk­stätten­gleis. 2005 wurde der Standort aufge­geben. Anschlie­ßend richtete sich in dem Gebäude ein Elektro­hausgeräte­händler ein, doch erwies sich die Lage für ein solches Geschäft als zu abgelegen. Mitte der 2010er Jahre nutzt ein Elektrogroß­handel die Geschäftsräume; und wer das heute ist, verrät die Such­maschine der eigenen Wahl.

»»  Von der Brücke, dem Bahndamm, dem Gleis­anschluß Miele und dem abschlie­ßenden Prell­bock habe ich weitere, ergänzende Bilder auf einer eigenen Bilder­seite zusammen­getragen.

Plan Anschluß Miele 1988.

Abbildung 15: Der Gleis­anschluß Miele 1988.

Waggons am Anschluß Miele 1991.

Bild 16: An einem eher trüben Dezember­tag gelang Jörn Schramm 1991 die seltene Aufnahme zweier Güter­wagons vor dem Lagertor von Miele. Das Unternehmen selbst besitzt laut eigener Auskunft keine Bilder aus dieser Zeit.

Westlich vorbei an der über­dimensionierten Darm­städter Klär­anlage endet das Werk­stätten­gleis an einem Prell­bock auf der grünen Wiese. Lange Jahre diente es auch als Abstell­anlage ausrangierter Güter­waggons.

Entlang der alten Riedbahn­trasse ver­läuft zwischen der Mainzer Straße und der Gräfen­häuser Straße ein schmaler Feld/Wald­weg, von dem aus der Prell­bock entdeckt werden kann. Dieses Teilstück wird nunmehr seit Jahren nicht mehr befahren. Im Gleisbett wachsen Sträucher und die Schienen rosten vor sich hin. Da ist es fast schon erstaun­lich, daß diese nicht mehr benötigten Schienen ange­sichts der Stahl­preise noch unbe­helligt im wuchernden Dickicht liegen gelassen werden.

Verlängern wir gedanklich das Werk­stätten­gleis weiter nach Norden, dann stoßen wir an der in den 1970er Jahren neu erbauten Eisenbahn­brücke über die Schnell­straße auf das noch vorhandene Riedbahn­gleis, das am Werkstor von Röhm/Evonik in Weiter­stadt endet. Der einstige Bahn­damm des Gleises ist im Winter und Frühjahr weit­gehend begehbar. Von etwa 1910 bis 1960 verlief von der Brücke an die Strecke drei­gleisg bis zur Berg­schneise. Die Breite des Bahn­körpers, die Konstruk­tion der Brücke über das Strecken­gleis von Mainz nach Darm­stadt und die Oberleitungs­masten an der Berg­schneise sind Hin­weise auf diese einstmals breite Trasse. 

An der Berg­schneise wurde das Werk­stätten­gleis mit der Verbindungs­bahn verknüpft.

Prellbock.

Bild 17: Prellbock vom Feld/Wald­weg aus gesehen. Aufnahme vom März 2014.

Bahndamm.

Bild 18: Bahndamm des Werk­stätten­gleises vom Feld/Wald­weg aus in Richtung Brücke gesehen. Aufnahme vom März 2015.

Bahndamm.

Bild 19: Bahndamm des Werk­stätten­gleises vom der Brücke aus … imaginiert und als gerad­linige Ver­längerung der Brücke zu denken. Aufnahme vom Oktober 2008.

Planausschnitt Gräfenhäuser Straße.

Abbildung 20: Auf einem Bundes­bahn-Strecken­plan von 1955 ist noch die drei­feldrige Brücke über die Gräfen­häuser Straße einge­zeichnet. Das Werk­stätten­gleis scheint kurz zuvor ausge­tragen worden zu sein. Das Anschluß­blatt läßt den Prell­bock etwa bei km 1,2 stehen, woraus sich der Beginn der Kilo­metrierung des Werk­stätten­gleises am Abzweig Berg­schneise ergibt.

Gleiskreuzung.

Bild 21: Einstmals drei­gleisige Brücke über die Main-Rhein-Bahn. Aufnahme vom April 2013.

An der Bergschneise.

Bild 22: Zwischen dem Gleis­stummel der Riedbahn und dem Masten am rechten Bildrand war aus­reichend Platz für zwei weitere Gleise. Aufnahme vom Juni 2014.

Anmerkungen

Am Ende der angeklickten und eingefärbten Anmerkung geht es mit dem Return ( ⏎ ) zum Text zurück.

  1. Aus anderer Perspektive habe ich eine derartige Rangier­fahrt am 8. Mai 2012 beobachten können.   
  2. Deutsche Bundes­bahn, Bundes­bahn­direktion Frank­furt (Main): Untersuchungs­bericht Her­stellen des durch­rationalisierten Zustandes im Strecken­netz der DB (1990), Untersuchungs­raum 8 (4.8), Teil 2: Anlagen, Mai 1988.   
  3. Schon vor mehr als einhundert Jahren hatte Rosa Luxemburg diese Werte der imperia­listischen Welt­ordnung schonungs­los seziert. Sie wurde folge­richtig von den Schergen der Sozial­demokratie ermordet und im Landwehr­kanal versenkt.   
  4. Die Main-Rhein-Bahn von Mainz nach Darmstadt wurde seit 1957 elektrisch betrieben. Der Ver­gleich des Block­stellen­bildes von Ulrich Richter (wieder­gegeben auf der Unter­seite zur Verbindungs­bahn) mit dem aktuellen Zustand legt nahe, daß hier immer noch die vor mehr als 65 Jahren aufge­stellten Fahrleitungs­masten stehen.