Bahnhof Wolfskehlen. Leicht stilisierte Darstellung des Bahnhofs Wolfskehlen an der Darmstädter Strecke.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Der Bahnhof Wolfskehlen

Eine historische Aufnahme

1869 wurde die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Hauptverlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Dokumentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten der Streckenabschnitt zwischen Darmstadt und Goddelau.

Der Bahnhof in Wolfskehlen erhielt schon recht früh 1872 sein „definitives“ Stationsgebäude. Dieses wurde 1944 bei einen alliierten Bombenangriff zerstört. Bislang waren (nicht nur mir) nur mehrere leicht abgewandelte stilisierte Darstellungen auf zeitgenössischen Ansichtskarten bekannt. Eher zufällig stieß ich im Sommer 2017 bei einer eher ungerichteten Suche in einem international agierenden Auktionshaus bei einem US-amerikanischen Anbieter auf eine Aufnahme, die den Bahnhof mitsamt einer Anzahl Arbeiter und Bediensteter auf einem Gruppenfoto zeigt.

Die Aufnahme selbst steckt in einem Karton, der auch als eine Art Bilderrahmen dient und kann daraus nicht ohne Beschädigung herausgenommen werden. Da zudem dieser Karton im Laufe der Zeit leicht wellig geworden ist, ist ein Scan nur suboptimal möglich gewesen; dies erklärt auch einzelne farbliche Artefakte. Die Aufnahme hat natürlich in dieser Zeit gelitten. Kratzer sind genauso zu erkennen wie Klebereste und andere Farbaufträge. Hier wäre eine sorgfältige Restaurierung angesagt, die zwar mit den Mitteln moderner digitaler Bildverarbeitung fast ebensogut zu bewerkstelligen wäre; aber ich habe es vorgezogen, das Bild in dem Zustand zu belassen, in dem es bei mir eingetroffen ist.

»»  Zur Geschichte des Bahnhofs Wolfskehlen siehe die entsprechende Unterseite meines Riedbahnprojektes.


Stationsgebäude Wolfskehlen.

Bild 1: Vollständige Ansicht der Fotografie. Gewisse Details lassen darauf schließen, daß die Aufnahme zwischen 1897 und 1901 entstanden sein dürfte. Wolfskehlen verfügt schon über ein Ausweichgleis auf der bis 1901 eingleisigen Strecke, aber das dritte, 1901 errichtete Gleis, für das offenbar hinter dem Zaun noch ein wenig Platz gelassen wurde, fehlt noch. Das Gruppenbild scheint anläßlich bestimmter Baumaßnahmen entstanden zu sein; ich vermute, es handelt sich hierbei um die Herstellung einer Telegrafenleitung um 1900. Die am Bau beteiligten Personen zeigen sich dem Fotografen und präsentieren dabei, wie damals üblich, mit Stolz ihre Handwerkszeuge. Am rechten Bildrand ist angeschnitten die zwischen 1869 und 1872 errichtete Güterhalle erkennbar.

Bildausschnitt Stationsgebäude.

Bild 2: Bei dem Stationsgebäude handelt es sich um einen Typenbau der Hessischen Ludwigsbahn. Ähnliche Bautypen sind auch von der Main-Neckar-Eisenbahn bekannt. Bemerkenswert ist, daß ausgerechnet das kleine Dorf Wolfskehlen schon recht bald nach dem Bau der Riedbahn ein zweieinhalb­stöckiges steinernes Stationshaus erhielt, während das wesentlich größere benachbarte Dorf Griesheim noch dreißig Jahre mit einem hölzernen Provisorium vorlieb nehmen und dann auch noch heftig darum kämpfen mußte, daß ihr Gebäude dann auch ein Obergeschoß erhielt. Vermutlich wird die 1873 einsetzende Gründerkrise die Aktionäre der Hessischen Ludwigsbahn dazu bewogen haben, den Bau weiterer kostspieliger Bahnhofsbauten zurückzustellen. Der Fachwerkvorbau auf der rechten Seite könnte ein kleines Stellwerk beinhaltet haben; einer der beiden Bediensteten wird wohl der Bahnhofsvorsteher gewesen sein. Links neben dem Gebäude stehen hinter dem Zaun zwei Männer, der linke mit einem damals modischen Strohhut.

Bildausschnitt Personen links.

Bild 3: Bei der wichtig erscheinendn, im Anzug erschienenen Person dürfte es sich um den Aufsicht führenden Ingenieur handeln. Der Bau der Telegrafenleitung fällt schon in die Zeit der Preußisch-Hessischen Eisenbahn­gemeinschaft. Im Frühjahr 1898 wurde eine eigene Zugmelde­leitung auf der Riedbahn zwischen Goddelau-Erfelden und Darmstadt eingerichtet, im Frühjahr 1901 wurde die Fernleitung 17 von Aschaffenburg über Darmstadt nach Worms in Betrieb genommen. Im Februar 1902 sollten dann nach erfolgtem Ausbau der Strecke die neuen Stellwerks­anlagen folgen. [1]

Bildausschnitt Personen rechts.

Bild 4: Der rechte Teil des Bildes ist nicht so gut belichtet wie der linke, was durchaus mit der Wichtigkeit der abgebildeten Personen korrespondieren könnte. Zwei dieser Arbeiter tragen eine Mütze mit der Aufschrift „TA“ (für Telegrafenamt oder Technische Abteilung ?), und selbst diese Mützen sind nicht einheitlich.

Bildausschnitt Personen oben.

Bild 5: Das gilt auch für die beiden Herren, die auf unterschiedliche Weise den soeben errichteten oder vervollständigten Masten erklommen haben.

Bildausschnitt Werkzeuge.

Bild 6: Werfen wir noch einmal einen Blick auf den Boden. Fein säuberlich aufgereiht werden hier die Handwerkszeuge präsentiert. Schaufel, Stemmeisen, Stampfer, Flaschenzug und ein kleiner Asphaltkocher (?) sind am Wegesrand aufgebaut. Und der Blick der Arbeiter verrät durchaus ein bißchen Stolz und nicht etwa Untertanengeist.

Anmerkungen

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