Glocke. Glocke der Hessischen Ludwigs­bahn, Zweit- oder gar Drittver­wertung auf dem Friedhof in Pfungstadt.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Aus dem Anzeigeblatt der Hessischen Ludwigsbahn

Dokumentation

1869 wurde die Riedbahn zwischen Darmstadt und Worms eröffnet. Die heutige Riedbahn mit ihrem Hauptverlauf von Mannheim nach Frankfurt wurde erst zehn Jahre später errichtet. Dokumentiert wird auf meinen Riedbahn-Seiten der Strecken­abschnitt zwischen Darmstadt und Goddelau.

Das 1866 eingeführte interne Anzeigeblatt der Hessischen Ludwigsbahn vermittelt Einsichten in den Betriebsablauf und das eigene Selbst­verständnis. Ausgewertet wurden die in der Darmstädter Universitäts- und Landesbibliothek vorhandenen Jahrgänge 1866 bis 1877. Die Zwischen­überschriften stammen in der Regel von mir. Die hier gesperrt wiedergegebenen Passagen entsprechen den Vorgaben des Anzeigeblatts.


Zur Einführung

Um den sowohl von uns als von den Ober-Beamten ausgehenden Anordnungen und Erlassen eine bessere Beobachtung zu sichern, haben wir uns veranlaßt gefunden, mit dem Beginne des Jahres 1866 ein Dienstblatt erscheinen zu lassen. Zunächst werden die von jetzt an ergehenden Anordnungen von allgemeinem Interesse ihre Aufnahme finden; dabei ist es aber unsere Absicht, auch noch diejenigen älteren Bestimmungen, deren Befolgung wieder in Erinnerung gebracht werden soll, abdrucken zu lassen.

Bezüglich des Zeitpunktes, von welchem an eine Anordnung als verbindlich zu betrachten ist, bleibt es bei den bisher bestehenden Normen, so daß im Allgemeinen jede Verfügung von dem Augenblick ihres Erscheinens in Anwendung zu kommen hat.

Schließlich wird es den Beamten zur Pflicht gemacht, die einzelnen Nummern dieses Blattes sorgfältig aufzubewahren und sobald ein Band abgeschlossen sein wird, dieselben mit Titel und Inhalts­verzeichniß einbinden zu lassen.

Mainz im Januar 1866

Der Verwaltungsrath.

Nr. 1, 15. Januar 1866

Der allererste Eintrag gilt für die Herren Ober-Beamten

Nach den demnächst in Kraft tretenden neuen Statuten für die Kranken-Casse sind sämmtliche Beamten und Bedienstete der Gesellschaft, sowie auch die ständigen Arbeiter verpflichtet, dieser Casse beizutreten, wodurch – im Gegensatze zu den früheren Bestimmungen – die vor Eintritt in den Verein als nothwendig vorgeschriebene ärztliche Untersuchung des aufzunehmenden Mitgliedes wegfällt. Um so strenger muß aber jetzt darauf gesehen werden, daß nur solche Personen in Dienst der Gesellschaft aufgenommen, beziehungsweise als ständige Arbeiter angenommen werden, die nach vorheriger Untersuchung des Vereinsarztes als vollkommen gesund und tauglich sich ausweisen. Hiernach wollen Sie in Ihrem Ressort nur solche Leute annehmen, die das ärztliche Zeugniß Ihnen vorlegen.

Bezüglich der Verabfolgung des Lohnes an erkrankte, im Taglohn stehende Arbeiter hat bisher in den verschiedenen Ressorts keine Gleich­mäßigkeit bestanden, was zu Mißständen führen mußte.

Zur Beseitigung der letzteren sehen wir uns daher veranlaßt, zu bestimmen, daß für alle ständigen Arbeiter der Taglohn mit der Erkrankung sistirt wird. Dauert die Krankheit fünf Tage und darüber, so erhält der Arbeiter nach den neuen Statuten eine tägliche Unterstützung von 24 [Kreuzern], während bei Krankheiten von kürzerer Dauer die Kranken-Casse keine Beiträge leistet. In letzteren Fällen wird dem Arbeiter durch die Gesellschaft die Unterstützung von 24 [Kreuzern] per Tag vergütet.

Bei Erkrankungen, welche sich als Folgen von Trunkenheit oder Schlägereien darstellen, wird weder von der Kranken-Casse noch von der Gesellschaft eine Unterstützung geleistet.

Indem wir Sie anweisen, die Beobachtung dieser Vorschriften in Ihrem Ressort zu überwachen, bemerken wir noch, daß Ihnen die neuen Statuten demnächst zugehen werden.

Nr. 1, 15. Januar 1866

Pensionäre

Durch Beschluß des Verwaltungsrathes vom 7. December 1865 wurde mit Bezugnahme auf den Schlußsatz des §. 8. der Statuten der Kranken-Casse verfügt:

Daß die Verwaltung für alle Pensionäre, welche Mitglieder der Kranken-Casse bleiben wollen, die monatlichen Beiträge an die Kranken-Casse zu entrichten hat.

Nr. 1, 15. Januar 1866

Desinfektionsmaßnahmen

Die in der Umgebung vorgekommenen Cholerafälle machen es erforderlich, daß die Abtritte der Stationen regelmäßig desinficirt werden.

Sie erhalten zu diesem Zwecke demnächst ein Faß mit Eisenvitriol-Auflösung. Mit dieser Auflösund sind die Abtritts­röhren der öffentlichen Abtritte täglich einmal und die Abtritte in den Stations­gebäuden wöchentlich zweimal mittelst einer Gießkanne zu begießen.

Bei Beginn des Desinfection muß eine größere Quantität der Flüßigkeit, etwa 3 Kannen voll, eingegossen werden.

Nach Entleerung der Fässer sind dieselben sofort zur weiteren Füllung an den Baumagazins­verwalter Herrn Gürke nach Mainz zu senden.

Nr. 10, 30. August 1866

Schlafrockerlaß

Zu unserem großen Befremden sind uns mehrfach Klagen zu Ohren gekommen, daß viele uniforms­berechtigte Mitglieder des Stations- und Bahnunter­haltungs-Personals der Vorschrift des § 3 des Dienst­kleidungs-Reglements, wonach sämmtliche uniformirte Beamten die ihnen bestimmte Dienst­kleidung zu jeder Zeit, wo sie sich im Dienste befinden, zu tragen haben, dadurch zuwiderhandeln, daß sie nicht die vorgeschriebene Uniform tragen, sondern in Schlaf- oder Hausröcken und in Pantoffeln, aber mit der Uniforms­mütze bekleidet erscheinen.

Indem wir den Betreffenden hiermit unser ernstliches Mißfallen zu erkennen geben, erwarten wir zur Vermeidung unangenehmer Maßregeln, daß für die Folge von allen Seiten den bestehenden Vorschriften auf's Strengste nachgelebt wird und namentlich im Verkehr mit dem Publikum sowie bei Abgang und Ankunft der Züge derartige Mißbräuche vermieden werden.

Nr. 13, 19. Oktober 1866

Anzeigeblatt.

Abbildung 1: Titelkopf einer Ausgabe des Anzeigeblatts von 1867.

Zustellungsprobleme

Es ist in neuerer Zeit wiederholt vorgekommen, daß Ladungen, Zustellungen und Arrestanlagen, welche für uns bestimmt waren, auf den Stations­verwaltungen, Güter­expeditionen u. s. w. abgegeben und auch von den betreffenden Beamten angenommen worden sind. Es ist dies ein total unzulässiges Verfahren; da alle für uns bestimmten gerichtlichen Acte entweder dem Präsidenten des Verwaltungsrathes persönlich oder in unserem rechtlichen Domicil d. h. auf dem Secretariate des Verwaltungsrathes zugestellt werden müssen, und nur Arrestanlagen auch gültig bei unserer Hauptcasse angelegt werden können.

Wir weisen Sie daher an, alle Ihnen präsentirt werdenden gerichtlichen Acte, welchen Namen sie haben mögen, sofern dieselben für die Hessische Ludwigs-Eisenbahn­gesellschaft oder für den Verwaltungsrath derselben zugestellt werden wollen, einfach zurück­zuweisen, dagegen alle auf Ihren Namen oder die Dienststelle lautenden und den Dienst betreffenden Zustellungen anzunehmen, solche dann aber ungesäumt Ihren nächsten Vorgesetzten zur Vorlage an uns zu unterbreiten; in gleicher Weise sind uns sowohl von der Hauptcasse, wie von den übrigen Dienststellen alle Arrestanlagen unverzüglich vorzulegen. Bei Zuwiderhandlung oder Säumigkeit bleibt der Schuldige für jeden Schaden selbst­verständlich haftbar.

Nr. 9, 11. April 1867

Zugkreuzungen

Das Recht der Kreuzungs­verlegungen steht außer den Oberbeamten, den Betriebs-Controleuren und den im Betriebe angestellten Sections-Ingenieuren zu:

  1. dem Königlichen Post- und Bahn-Amte Aschaffenburg für die Strecke Aschaffenburg-Darmstadt;
  2. der Main-Neckar-Bahn­verwaltung Frankfurt für die Strecke Frankfurt-Bischofsheim;
  3. der Bahnhofsverwaltung Darmstadt für die Strecke Bischofsheim-Aschaffenburg;
  4. der Bahnhofsverwaltung Mainz für die Strecken Mainz-Darmstadt, Mainz-Frankfurt, Mainz-Worms und Ueberholungen auf der Strecke Mainz-Bingen;
  5. der Bahnhofsverwaltung Worms für die Strecke Mainz-Worms und Worms-Alzey;
  6. der Bahnhofsverwaltung Alzey für die Strecke Worms-Alzey und
  7. der Bahnhofsverwaltung Bingen für Ueberholungen auf der Strecke Mainz-Bingen.

Die Kreuzungen dürfen nur von den obersten Stationsbeamten und selbst­verständlich unter deren persönlicher Haftbarkeit vorgenommen werden. Eine Ausnahme bildet die Station Mainz, woselbst außer dem Bahnhofs­verwalter auch dem Assistenten diese Befugniß eingeräumt ist.

Als Regel bei einer Kreuzungs­verlegung gilt, daß dieselbe zuerst der Station telegraphisch mitgetheilt wird, wohin die Kreuzung verlegt werden soll, gibt diese auf das Anrufen keine Antwort, dann hat die Verlegung selbst­verständlich zu unterbleiben. Die zweite Mittheilung erfolgt nach der Station, welche vor der neuen Kreuzungs­station liegt, und die dritte Mittheilung ist der Station zu geben, woselbst die fahrplan­mäßige und aufgehoben werdende Kreuzung stattfinden sollte.

Z. B. Verlegt die Station Worms eine fahrplan­mäßig in Oppenheim stattzu­findende Kreuzung nach Guntersblum, so theilt sie dies zuerst Guntersblum, dann Alsheim und zuletzt Oppenheim mit.

Befindet sich zwischen der Station, welche die Kreuzung verlegt, und der Station, auf welcher gekreuzt werden soll, keine Telegraphen­station, dann gibt Erstere, wenn die Station, wohin die Kreuzung verlegt ist, die telegraphische Anmeldung abgenommen hat, dem Zugführer die schriftliche Ordre.

Die Stationen, welche vor der zu kreuzenden Station liegen und die Mittheilung von der Kreuzungs­verlegung erhielten, haben dem Zugführer die schriftliche Dienstordre unter Beifügung des Namens desjenigen Beamten, welcher die Kreuzung angeordnet hat, zu geben.

Jede vorgenommene Kreuzungs­verlegung muß der anderen Hauptstation, welche auf der betreffenden Strecke Kreuzungen zu verlegen befugt ist, telegraphisch mitgetheilt werden.

Nr. 14, 19. Juni 1867

Unfallprävention in Mainz

Die Unfälle im hiesigen Bahnhofs haben sich in letzterer Zeit so gehäuft, daß wir es für unsere Pflicht erachten, dem gesammten Personal die allergrößte Vorsicht anzuempfehlen. Wir finden uns überdies veranlaßt zu verfügen:

  1. Das Auf- und Abspringen von den in rascher Fahrt befindlichen Zügen und Maschinen ist bei strenger Strafe verboten.
  2. Beim Ueberschreiten der Geleise hat sich der Betreffende gehörig nach allen Richtungen umzusehen, bei allenfallsigem Aufenthalte immer zwischen, nie in die Geleise zu stellen; das Ueberschreiten der Geleise unmittelbar vor im Gange befindlichen Zügen und Maschinen ist auf's Strengste untersagt.
  3. Das Passiren des Bahnhofs und der Aufenthalt auf dem Perron ist außer dem Dienst­personale nur dem mit besonderer Erlaubniß­karte versehenen Personen erlaubt und hat das Aufsichts­personal jeden Contravenienten unnachsichtlich auszuweisen und Protokoll zu errichten, damit gerichtliche Bestrafung erfolgen kann.

Die Gitterthüren an dem Ausgange und in der Halle sind stets verschlossen zu halten und nur bei Ankunft der Züge für die ankommenden Reisenden zu öffnen, während die abgehenden nur durch die Wartesäle das Perron zu betreten haben, deren Thüren, gleich wie der Eingang zur Restauration nur bei Ankunft und Abgang der Züge geöffnet werden dürfen. Dagegen ist das begleiten der Reisenden auf das Perron durch dritte Personen gänzlich untersagt und sind alle Reisenden gehalten, sich beim Aufenthalte auf dem Perron durch ihre Billete zu legitimiren. Ueber Zuwider­handlungen hat das Aufsichts­personal Protokolle zu errichten.

Nr. 14, 19. Juni 1867

Anerkennende Worte

Bei der rubricirten Feier [zur Enthüllung des Lutherdenkmals in Worms am 24.–26. Juni 1868] vermochte der außer­ordentliche Verkehr auf unserer Bahn nur durch die vereinten Kräfte des in Anspruch genommenen Personals in so durchaus befriedigender Weise bewältigt zu werden. Es gereicht uns daher zu besonderer Genugthuung, den unverdrossen regen Diensteifer sämmtlicher Betheiligten constatiren und denselben hiermit unsere volle Anerkennung aussprechen zu können.

Nr. 10, 27. Juni 1868

Rechts- und Linksverkehr

Die Bestimmung, daß jeder Zug in der Richtung seiner Fahrt das linke Geleise zu befahren hat, wird vom 1. April 1869 an für die Strecke von Bingen bis Bingerbrück aufgehoben.

Die von Mainz auf dem linken Geleise nach Bingen fahrenden Züge fahren im Bahnhof Bingen an der Güterhalle durch die Weichen Nr. 17 und 20 in das rechte Geleise vor das Stationshaus und von da rechts nach Bingerbrück Rheinische Station. Die nach Bingerbrück Rhein-Nahe-Bahn-Station bestimmten Züge fahren ebenfalls durch die Stadt Bingen auf dem rechten Geleise und durch die vor der Nahe-Brücke gelegene Weiche in das linke Brückengeleise, um in das Verbindungs­geleise zu gelangen.

Die von Bingerbrück Rheinische und Rhein-Nahe-Bahn-Station, nach Bingen fahrenden Züge benutzen ganz das rechte Geleise. Bei der Fahrt von Bingen nach Mainz fahren die Züge in dem Bahnhof Bingen durch die an der Locomotive-Remise gelegenen Weichen Nr. 16 und 11 aus dem rechten in das linke Geleise, um auf dem linken Geleise ihre Fahrt nach Mainz fortzusetzen.

Auch die einzeln zwischen Bingen und Bingerbrück fahrenden Maschinen haben sich genau nach obigen Vorschriften zu richten.

Nr. 5, 30. März 1869

Lieferschwierigkeiten

Obgleich die Strecke Bensheim–Hofheim bisher nur für den Personen- und Gepäckverkehr eröffnet wurde, so kommt es doch vor, daß ungehöriger Weise Frachtbriefe angenommen werden, in deren Adressen Stationen genannter Strecke als Bestimmungs­stationen angegeben sind. Es verdient dieses Verfahren, das uns nothwendig in Verlegen­heiten bringen muß, entschieden getadelt zu werden, und erwarte ich, daß für die Folge Güter für die Stationen Bensheim und Bürstadt, so lange kein Tarif herausgegeben und Instruction erlassen worden ist, zur Beförderung nicht übernommen werden.

Sollte hiernach ferner nicht geachtet werden, dann haben die Schuldigen in jedem vorkommenden Falle entsprechende Ordnungs­strafen zu erwarten.

Nr. 19, 8. December 1869

Läuten

Mit dem 1. Januar 1870 werden zwischen Darmstadt und Weiterstadt und Darmstadt und Griesheim Läutewerksignale eingeführt.

Zum Aufbau und der Funktion derartiger Läutewerke gab es einmal die informative Webseite von Wolfgang und Jörg List. Wolfgang List und Hans-Wolfgang Harden veröffentlichen 2010 ihr Buch „Elektro­mechanische Läutewerke der Eisenbahnen“ im Verlag Bernd Neddermeyer.

In der Richtung von Darmstadt nach Weiterstadt werden die Züge mit 3 Doppelschlägen, in der Richtung von Weiterstadt nach Darmstadt mit 6 Doppelschlägen, in der Richtung von Darmstadt nach Griesheim mit 2 dreifachen Schlägen, und in der Richtung von Griesheim nach Darmstadt mit 4 dreifachen Schlägen abgemeldet.

Soll ein durch das Läutewerk bereits gegebenes Signal wieder aufgehoben werden, so geschieht dies in der Richtung von Darmstadt nach Weiterstadt durch 7 Doppelschläge, von Darmstadt nach Griesheim durch 7 dreifache Schläge, von Weiterstadt nach Darmstadt durch 9 Doppelschläge, von Griesheim nach Darmstadt durch 9 dreifache Schläge.

Nr. 21, 31. December 1869

Bahnschwellen

Für den Schwellen­transport auf unserer Bahn sollen zehn Bogenwagen von jetzt ab bis auf Weiteres ständig in Verwendung bleiben. Diese Wagen, welche durch die Aufschrift „zum Schwellen­transport“ kenntlich sind, dürfen unter keinen Umständen zu anderem Zweck als dem angegebenen benutzt werden, und sind nach ihrer Entladung sofort wieder leer nach Gustavsburg zurück­zuschicken.

Zuwider­handlungen gegen diese Anordnung werden mit Geldstrafe geahndet werden.

Nr. 4, 30. März 1870

Mit Beginn des Sommer­fahrplans 1870 wird der zwei­gleisige Ausbau der Strecke von Mainz nach Darmstadt für den Verkehr freigegeben. Die Güter­züge werden schon einige Tage zuvor auf das neu erbaute Gleis umgeleitet. Die zuweilen (auch in der Wikipedia) anzutreffende Aussage, die Main-Rhein-Bahn sei schon bei ihrem Bau 1858 mit zwei Gleisen versehen worden, ist definitiv falsch. Vermutlich wurde die Neubau­strecke in ihrer Trassierung nur für einen zwei­gleisigen Betrieb vorbereitet, wie etwa auch die zunächst eingleisig erbaute Main-Neckar-Bahn.

Das zweite Gleis

Von Freitag dem 20. Mai l[aufenden] J[ahres] ab fahren sämmtliche Güter­züge zwischen Bischofsheim und Weiterstadt auf dem neuen Geleise, demnach in der Richtung von Bischofs­heim nach Weiter­stadt auf dem rechts liegenden Geleise und in der Richtung von Weiter­stadt nach Bischofs­heim auf dem links liegenden Geleise.

Die Personenzüge benutzen bis auf Weiteres das bisherige alte Geleise.

Die Kreuzungen der Güter­züge mit den Personen­zügen sind aufgehoben, trifft ein Güterzug auf einer Station mit einem Personenzug, dessen Passagiere im Aus- und Einsteigen begriffen sind, ein, und hat der Güterzug zwischen dem Personenzug und dem Stations­haus durchzu­fahren, dann hat der Güterzug vor der Station zu halten.

Güterzug Nr. 90 fährt erst nach dem Passiren des Schnellzugs Nr. 70 in Bischofs­heim ab und hat in Nauheim nicht anzuhalten.

Nr. 6, 22. Mai 1870

Rechtsverkehr

Vom 1. Juni l[aufenden] J[ahres] wird das zweite Geleise zwischen Bischofsheim und Weiterstadt dem Verkehre übergeben.

Von diesem Tage ab haben die Züge auf allen Strecken auf der Richtung ihrer Fahrt das rechts liegende Geleise zu benutzen.

Die Bestimmung, daß jeder Zug in der Richtung seiner Fahrt das linke Geleise zu benutzen hat, wird hiermit aufgehoben.

Nr. 7, 31. Mai 1870

Bade-Abo

Vom 1. Juni l[aufenden] J[ahres] ab werden während der Dauer der Badesaison nach allen am Rheine gelegenen Stationen unserer Bahn von allen Stationen, welche mindestens zwei Meilen [1] von jenen entfernt sind, Bade-Abonnementskarten für II. und III. Wagenclasse ausgegeben.

Diese Abonnementskarten sind streng personell, haben eine Gültigkeitsdauer von 30 Tagen und berechtigen zu 20 einfachen Fahrten, resp. zu 10 Hin- und Rückfahrten.

Für jede nicht unterbrochene Fahrt ist eine der 20 Nummern am Rande der Karte und zwar der Reihenfolge nach zu coupiren; wird die Fahrt unterbrochen, so gilt dies für eine vollständige Fahrt, und ist, wenn in diesem Falle später die Reise in derselben Richtung fortgesetzt wird, einr weitere Nummer zu coupiren. Nachdem die Nr. 20 coupirt oder die 30tägige Frist vom Tage der Ausstellung an abgelaufen ist, erlischt die Gültigkeit der Karte, die dann von dem Zugpersonale abzunehmen und wie die gewöhnlichen Billete abzuliefern ist.

Bade-Abonnementskarten II. Classe berechtigen zur Benutzung der Schnellzüge.

Zur Entgegennahme von Bestellungen, welche dann an die unterzeichnete Stelle abgegeben werden müssen, sind alle Stationen ermächtigt, für welche die fraglichen Karten zur Ausgabe kommen.

»»  Siehe hierzu auch die Seite zu den Badefreuden in Stockstadt.

Nr. 8, 24. Juni 1870

Trajekt Rosengarten

Am 15. d[dieses] M[ona]ts werden die Traject­anstalt zwischen Rosengarten und Worms und die Hafenbahn daselbst dem regel­mäßigen Betriebe übergeben, und verliert deshalb von diesem Tage an die dem Local-Gütertarif vom 1. Juli 1870 vorgedruckte „Vorbemerkung“ ihre Bedeutung, so daß unter Aufhebung der in Dienst­anweisung Nr. 1 vom 1. Juli d[ieses] J[ahres] unter „Behandlung der nach dem Tarif via Worms–Rosen­garten zu instradirenden Güter vor Eröffnung des Wormser Trajects“ gegebenen Bestimmungen, die Sendungen, unter Wegfall des bisherigen Fracht­aufschlags von 2kr., lediglich nach dem Tarife, den darin enthaltenen Sätzen und der vorgeschriebenen Instra­dirung zu kartiren und zu transportiren sind.

Die gänzliche oder theilweise dermalige und jedweise Beschränkung oder Aufhebung des Güter­verkehrs wird durch gegen­wärtige allgemeine Dienst­anweisung nicht verändert und bleibt darüber vielmehr specielle Instruction zu erwarten.

Nr. 12, 25. August 1870

Patriotischer Dienst

Die bei den statt­gefundenen und zeitweise noch statt­findenden großen Trans­porten von Truppen, Verwundeten, Kranken, Gefangenen und Armee­bedürfnissen aller Art zum Theil unter schwierigen Verhält­nissen an den Tag gelegte Hingebung und Ausdauer unseres gesammten Personals allein hat es möglich gemacht, den an uns heran­getretenen außer­ordentlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Indem wir dies mit lebhaftem Danke anerkennen, wollen wir noch aus­drücklich hervorheben, daß in vielen Fällen Beweise besonderer Umsicht gegeben worden sind, die einer ehrenvollen öffent­lichen Erwähnung würdig sind.

Ohne Andere auszu­schließen, die etwa noch zu unserer speciellen Kenntniß gebracht werden dürften, machen wir die Locomotiv­führer Gelzhäuser, Jochem, Löwen­stein, Müller, Ruppert und Schalck, sowie den Stations­verwalter Schütz wegen des in Ausübung ihres Dienstes bewiesenen umsichtigen Verhaltens namhaft und constatiren insbesondere das lobenswerthe Verhalten des Locomotiv­führers Adami und des Heizers Pfeiffer, welche ohne gerade in Ausübung ihres Dienstes begriffen zu sein, sich durch nützliche und mit eigener Gefahr verknüpfte Hülfe­leistungen ausge­zeichnet haben.

Nr. 14, 21. October 1870

Ressource Frau

Theils um unseren Beamten und Bediensteten, insbesondere dem Stations- und Bahn­bewachungs­personale eine zeitweise oder ständige Unter­stützung und Erleichterung ihres Dienstes zu gewähren, theils aber auch um denselben in pecuniärer Hinsicht eine Verbesserung ihres Dienst­einkommens zu verschaffen, ist es in unserer Absicht gelegen, bei sich ergebender geeigneter Gelegen­heit weibliche Familien-Angehörige und Verwandten derselben zu gewissen Dienst­verrichtungen, sei es nun zu blos mechanischen, sei es zu selbst­ständigen heranzu­ziehen, beziehungs­weise ständig zu verwenden. Insbesondere würde auf eine Beschäfti­gung weiblicher Personen im Dienste da Bedacht genommen werden können, wo hierdurch die Verwen­dung eines besonderen, männlichen Beamten in Wegfall kommen würde.

Als für weibliche Personen besonders geeignete Dienst­verrichtungen scheinen uns neben der Verwendung im Bahn­bewachungs­dienste, d. h. als Ablöser der Bahn­wärter, der Dienst am Tele­graphen, an den Schalter­cassen der kleineren Stationen, das Billet­legen auf der Controle und Copir-Arbeiten.

Um nun in dieser Hinsicht zweck­dienliche Versuche anstellen zu können, laden wir unsere Beamten und Bediensteten hiermit ein, uns diejenigen weiblichen Familien-Angehörigen und Verwandten zu bezeichnen, welche zur Verwendung in der angedeuteten Weise geeignet sein düften, beziehungs­weise welche die nöthige Befähigung und Vorliebe zur Uebernahme von solchen Dienst­verrichtungen besitzen.

Nr. 4, 8. Mai 1871

Truppentransporte

Für den bevorstehenden Rück­transport mehrerer Armee-Corps unserer Truppen aus Frank­reich müssen in Folge höherer Anordnung sofort Personen- und Güter­wagen gesammelt und bereit gehalten, sowie mit Beginn des Truppen­transportes selbst die Güter­züge theil­weise eingestellt werden.

Wir sind hierdurch genöthigt, vom 26. d[ieses] M[ona]ts [2] an bis auf Weiteres die Liefer­zeiten für den Transport von Eil- und Fracht­gütern zu suspendiren und unsere Stationen anzuweisen, Güter nur insoweit zur Beförde­rung anzunehmen, als dafür voraussicht­lich Betriebs­mittel vorhanden sind.

Ebenso kann die Aufnahme von Personen nur insoweit statt­finden, als die verbleibenden coursiren­den Personen­züge Raum bieten, da Reserve­wagen mangeln werden.

Nr. 5, 9. Juni 1871

Blankobillete

An die Bahnhofs- und Stations­verwaltungen der Strecken Worms – Alzey, Worms – Darmstadt und Darmstadt – Aschaffen­burg, der Stations­verwaltung Weiter­stadt, sowie dem gesammten Zug­personal.

Mit Eröffnung des Trajectes zwischen Worms und Rosen­garten für den Personen[-], Gepäck- etc. Transport wird der Verkehr, der seither zwischen der Station Worms und den Stationen der Strecke Worms – Alzey einerseits und der Strecke Darmstadt – Aschaffen­burg, sowie der Station Weiter­stadt ander­seits, via Mainz bestanden hat, aufgehoben und gleich­zeitig über die kürzere und billigere Strecke Darmstadt – Rosen­garten – Worms geleitet.

In gleicher Weise wird der Verkehr von Biblis und Groß-Rohrheim nach Mainz via Darmstadt und umgekehrt aufgehoben und via Rosen­garten – Worms geleitet.

Sämmtliche Billete und Impressen sind alsdann an die Controle mit einem genauen Verzeich­nisse einzusenden.

Die neuen Verbindungen und Tarife sind aus dem 7. Nachtrage zu unserem Local­tarife zu ersehen.

Ferner werden mit obigem Zeitpunkte und zunächst probeweise nur für diesen neuen Verkehr Blanco­billete, d. h. solche Billete eingeführt, die voraussichtlich schwachen Absatz finden und darum nicht gedruckt, sondern bei Verlangen mit der Feder ausgefüllt werden.

Alle diese Billete sind aus dem Tarife dadurch kenntlich, daß sie mit schwacher Schrift gedruckt sind.

Zur Erläuterung sei hier angeführt, daß jede betreffende Station je 2 Packete solcher Blanco­billete à 100 Stück erhält, das eine mit schwarzem Druck für einfache Billete und das andere mit rothem Druck für Retour­billete. Die rechte Hälfte dient als Stamm­coupon, wird gerade so ausgefüllt wie die Linke, welche der Passagier als Fahr­legitimation erhält, und am Schlusse des Monats im Nachweis rapportirt und an die Controle ein­gesendet.

An dem Fahrbillet, das der Passagier erhält und darum abzu­trennen ist, hat die in dem Kopf bezeichnete Wagen-Classe zu verbleiben, welche bezahlt worden ist.

Wird I. Classe verlangt, so werden die 3 Rubriken vom Stamm losgetrennt. Wird II. Classe verlangt, so werden die Rubriken III und II losgetrennt und I bleibt am Stamm, und wird III. Classe verlangt, so wird nur III losgetrennt und II und I bleiben am Stamm.

Es ist hierauf genau zu achten, da sowohl das Zug­personal, wie die Controle einzig hiernach revidiren.

Ergibt sich das Bedürfniß, die eine oder andere Billetsorte mittels Carton­billete einzuführen, so ist mir Kenntniß davon zu geben.

Die Verabfolgung dieser Blanco­billete ist allerdings etwas unver­ständlicher, als bei den gewöhnlichen anderen Billete; sie werden eben­deßhalb vorerst auch nur zwischen solchen Stationen eingeführt, wo voraussichtlich ein erfahrungs­gemäß äußerst geringer Verkehr existirt, und soll ferner damit der allzu­großen Anhäufung von wenig gangbaren Billeten auf den Expeditionen vorgebeugt werden. Nichts­desto­weniger darf die Ausgabe eines Billets, wofür in dem gedruckten Tarife der Preis angegeben ist, vorkommenden Falles niemals aus Bequemlich­keit verweigert werden; sollten mir gleichwohl dieserhalb Beschwerden zu Ohren kommen, so werde ich gegen den betreffenden Expedienten unnach­sichtig mit Ordnungs­strafen vorangehen müssen.

Nr. 6, 20. Juli 1871

Der Krieg ist aus, die Geschäfte gehen weiter

Wie Sie aus nachstehend abgedruckter Bekannt­machung ersehen, wird vom 15. d[ieses] M[ona]ts an der Güter­verkehr bei uns voll­ständig hergestellt. Soweit bislang bekannt, ist dies auch auf den übrigen deutschen Bahnen der Fall.

Die Annahme, Verladung und Versendung der Güter hat daher wieder in geordneter früherer Weise zu erfolgen, und ist zu beachten, daß Ueber­schreitungen der Lieferzeit überall vermieden werden.

Ueber Güter­sendungen nach Frankreich fehlt noch weitere Bestimmung und können solche daher vorerst nur bis zu den ent­sprechenden belgischen, eslässer und lothringer End­stationen übernommen werden.

Hierbei wird noch die reglement­mäßige Wagen­benutzung einge­schärft.


In den nächsten Tagen erreichen sowohl auf unseren Bahn­strecken, als auf den Nachbar­bahnen angeordneten großen Militär­transporte ihr Ende und wird dadurch die Möglich­keit geboten sein, den Anfor­derungen eines stärkeren Güter­verkehrs in geregelterer Weise als seither entsprechen zu können.

Wir bringen demgemäß zur allgemeinen Kenntniß, daß vom 15. d[ieses] M[ona]ts an auf unseren Bahn­strecken alle während des Kriegs­zustandes einge­führten außer­ordentlichen Beschrän­kungen für den Güter­verkehr hinweg­fallen und für denselben lediglich die gültigen Bestimmungen des Betriebs-Reglements und der Tarife für unseren Local­verkehr und die bestehenden directen Verkehre wieder maßgebend sind.

In gleicher Weise wird auch der Personen- und Gepäck-, sowie der Privat­depeschen­verkehr auf unserer Bahn am 15. d[ieses] M[ona]ts wieder voll­ständig in früherer Weise hergestellt.

Alle weiteren Tarife mit Frankreich bleiben, sowohl für Personen als Güter, bis auf besondere Bekannt­machung aufgehoben.

Der Verwaltungsrath.

Nr. 6, 20. Juli 1871

Ein Dankeschön

Im Nachstehenden bringen wird das uns gewordene Dank­schreiben des General-Commandos des kgl. sächsischen (XII.) Armee-Corps zur Kennniß des hierbei interessirten Personals.


Nachdem die Transporte der nach Sachsen zurückgekehrten Truppen­theile des 12. König­lich Sächsischen Armee-Corps glücklich und ohne Unfall beendet sind, gereicht es mir zur besonderen Freude, dem sehr geehrten Directorium für den regel­mäßigen Betrieb dieser Züge und für die Stellung des Leer­materials, sowie nicht minder über die Bereit­willigkeit, womit die betheiligt gewesenen Beamten jederzeit den verschiedenen Anfor­derungen der Linien-Commission und Etappen-Offiziere entgegen gekommen sind, meinen ergebensten Dank zu sagen.

Das sehr geehrte Directorium ersuche ich, an die betreffenden Verwaltungs­beamten den Ausdruck meines Dankes gefälligst vermitteln zu wollen.

Der commandirende General:
Georg, Herzog zu Sachsen
General der Infanterie.

Nr. 8, 7. September 1871

Alles, was nicht niet- und nagelfest ist

Wie Ihnen bekannt, haben die Diebstähle auf verschiedenen Strecken, insbesondere aber auf unseren großen, vielfach schwer zu bewachenden Bahnhöfen eine bedauerliche Ausdeh­nung genommen. Es ist deßhalb Pflicht eines jeden Beamten und Bediensteten, Alles aufzubieten, um diesen Diebereien auf die Spur zu kommen.

Mit Genehmigung des Verwaltungs­rathes soll allen denjenigen, welchen es gelingt, einen Dieb zu entdecken oder zu überführen, eine Prämie bis zum Betrage von 25 fl. gewährt werden.

Sie wollen von dieser Verfügung den Ihnen untergebenen Beamten und Bediensteten sofort Kenntniß geben.

Nr. 8, 7. September 1871

Güterwagen der Hafenbahn Worms.
Bild 2: Offener Güterwagen der Stadt­hafenbahn Worms.

Wormser Hafenbahn

Mit der Eröff­nung der Hafenbahn bei Worms für den Personen­verkehr werden vom 15. Juli 1871 ab die auf derselben fahrenden Züge oder Maschinen durch Läute­werke signal­isirt.

In der Richtung von der Haupt­station Worms nach der Hafen­station erfolgt die Ab­meldung durch 6 einfache Glocken­schläge, welche durch eine Um­drehung des im Bahnhofe Worms aufge­stellten Induc­tors bewirkt werden; in umge­kehrter Richtung, vom Hafen nach der Haupt­station, erfolgt die Ab­meldung durch zweimal 6 Glocken­schläge, resp. zwei Um­drehungen des auf der Hafen­station Worms aufge­stellten Induc­tors.

Soll ein durch das Läute­werk gege­benes Signal wieder aufge­hoben werden, so geschieht dies von der betref­fenden Station aus durch viermal 6 oder 24 Glocken­schläge, beziehungs­weise durch vier auf einander folgende Um­drehungen des Induc­tors.

Nr. 10, 14. November 1871

Klagen und Beschwerden

Betreffend: Geschäfts­ordnung; hier Verfahren bei Klagen und Beschwerden zwischen Beamten und Bediensteten in Bezug auf ihr dienstliches Verhältniß.

An sämmtliche Beamte und Bedienstete.

Im Falle von Streitig­keiten und Differenzen zwischen unseren Beamten und Bediensteten, welche aus dem dienstlichen Verhältniß sich ergeben haben, oder überhaupt bei einem Anlaß zur Klage oder Beschwerde gegen andere Beamte oder Bedienstete soll stets auf dem Wege der Beschwerde­führung bei den Vorgesetzten die betreffende Angelegen­heit zum Austrage gebracht werden, und ist zur Erhebung einer Klage bei Gericht jedenfalls die Ermächti­gung des Vorgesetzten, bezw. des Verwaltungs­rathes vorher nachzu­suchen.

Wir bringen dies mit dem Anfügen zur Kenntniß, daß gegen diejenigen, welche ohne vorgängige Autorisation aus dienst­lichem Anlaß gerichtliche Schritte gegen andere Beamte oder Bedienstete einleiten, unnach­sichtig die Strafe der Entlassung ausge­sprochen werden wird.

Nr. 11, 24. November 1871

Funkenflug

Die früheren Verfügungen in obigem Betreffe [Verhütung von Feuer­schaden] (Anzeige­blatt vom Jahr 1869, Nr. 13) werden hiermit von Neuem eingeschärft, wonach insbesondere während der trockenen und heißen Jahreszeit Folgendes strenge zu beachten ist:

  1. Alle Kamine und Aschenklappen müssen mit den zugehörigen Funken­fängern versehen sein, welche das Heraus­fallen größerer Kohlen­stücke verhindern.
  2. Das Zusammenstoßen des Feuers soll an gefährlich scheinenden Stellen vermieden werden; das Auswerfen von Schlacken ist unbedingt untersagt.
  3. Die Vorrichtung zur Beförderung des Zuges durch Verengung der Dampf­ausströmung darf nur mit größter Vorsicht gebraucht werden.
  4. Führer und Heizer sollen ihr Augenmerk mit darauf richten, daß der sogenannte Sicherheits­streifen des Bahnkörpers allwärts frei ist, und Anzeige erstatten, falls sie etwa Gegen­theiliges bemerken.

Nr. 10, 26. Juni 1872

Aufspringen auf fahrende Züge

Anläßlich mehrerer Unfälle bringe ich hiermit wiederholt die Bestimmung in Erinnerung, wonach niemand auf einen fahrenden Zug aufspringen darf.

Zuwiderhandlungen sind mir – bei Vermeidung eigener Straf­fällig­keit – sofort berichtlich anzuzeigen, und werden aufs Strengste bestraft.

Nr. 10, 26. Juni 1872

Anleitung zur Reinigung der Abtritte

Im Hinweis auf die Verfügung Nr. 21014 A. vom 20. August 1871 ordne ich hiermit an, täglich eine Des­infection der Abtritte auf den Stationen in der dort ange­gebenen Weise bewirken zu lassen; indem ich bemerke, daß als Des­infections-Mittel Eisenvitriol zu verwenden und solches bei der Haupt-Magazin­verwaltung dahier zu beziehen ist.

Das Eisenvitriol ist in Wasser aufzu­lösen und zwar ist das Mischungs­verhältniß 1 Pfund Eisen­vitriol zu 2 Maaß (4 Litre) Wasser.

Die Auflösung erfolgt innerhalb 24 Stunden bei öfterem Umrühren, wenn kaltes Wasser genommen wird, dagegen früher, wenn warmes Wasser genommen wird. Zur Aufbe­wahrung der Mischung empfiehlt sich ein hölzernes Gefäß, da Blech von Eisen­vitriol leicht ange­griffen wird. Auf den Stationen Mainz, Bingen, Darmstadt und Worms ist die Des­infection, bei welcher 2 Maaß der genannten Auflösung in jeden Abtritt gegossen werden müssen, täglich zweimal, auf den übrigen Stationen täglich einmal vorzunehmen.

Nr. 16, 4. September 1872

Bahnarbeiter 4. Klasse

Auf den Strecken, auf welchen Arbeiter­züge eingelegt sind, dürfen die mit ständigen Freikarten versehenen Arbeiter der Gesellschaft als:

die Arbeiter des Baues, der Bahn­unter­haltung, die Werkstätte-, Bahnhofs- und Güter­boden­arbeiter, sowie die Arbeiter des Hauptmagazin's

nicht mehr mit den Personen­zügen, sondern müssen aus­schließ­lich mit den Arbeiter­zügen befördert werden.

Eine Ausnahme hiervon bilden nur die Ablöser der Weichen- und Bahnwärter, sowie Arbeiter, welche ausnahms­weise rasch an eine Station zu bringen sind, in welchen Fällen aber die Freikarte mit der Bezeichnung:

„gültig zu den Personen­zügen“

versehen sein muß.

»»  Siehe hierzu auch die Seite Der fahrende Arbeiterpferch.

Nr. 16, 4. September 1872

Von Pfalz zu Pfalz

Der directe Personen­verkehr zwischen der Bayerischen Staatsbahn und den pfälzischen Bahnen, welcher sich bisher immer noch über die Route Aschaffen­burg – Mainz – Worms bewegte, wird mit dem 1. September l[aufenden] J[ahres] über Rosengarten – Worms geleitet und gleich­zeitig durch Aufnahme der Station Nürnberg, sowie durch Einführung directer Militär­billete von Würzburg nach pfälzischen Stationen erweitert.

Das Zugspersonal hat dafür besorgt zu sein, daß die Inhaber solcher Billete in Worms resp. Darmstadt auf die richtige Route verwiesen werden.

Nr. 16, 4. September 1872

Kassensturz

Die Verwaltung hat sich veranlaßt gesehen, die Kassen­baar­bestände, bis zu deren Erreichen Ablieferungen an die Haupt­kasse nicht gemacht zu werden brauchen, neu zu normiren und für diejenigen Kassen, für welche dies­bezügliche Bestimmungen noch nicht bestehen, diese Maximal­beträge festzu­setzen. Indem wir in Nach­stehendem diese Beträge bekannt geben, sprechen wir die Erwartung aus, daß ferner keine Veran­lassung mehr zu Beschwerden wegen Ueber­schreitung des zuge­lassenen Baar­vorrathes gegeben wird.

StationGepäck-Schalter
fl.
Güter-Expedition
fl.
Eilgut-Expedition
fl.
Billet-Schalter
fl.
Mainz50010005001000
Worms3001000 ― 500
Bingen3001000 ― 500
Darmstadt5001000 ― 1000
Alzey ― 1000 ― 500
Gustavsburg ― 1000 ―  ― 
Mainz-Gartenfeld ― 1000 ―  ― 

StationStationskasse
fl.
StationStationskasse
fl.
StationStationskasse
fl.
Bensheim500.Babenhausen500.Groß-Umstadt300.
Bischofsheim500.Erbach i. O.500.Hofheim300.
Dieburg500.Guntersblum500.Nieder-Olm300.
Gernsheim500.Höchst500.Nierstein300.
Groß-Gerau500.Lorsch500.Pfeddersheim300.
Ingelheim500.Michelstadt500.Reinheim300.
Monsheim500.Mombach500.Rüsselsheim300.
Oppenheim500.Eppelsheim300.Sprendlingen300.
Osthofen500.Flonheim300.Wallertheim300.
Rosengarten500.Gau-Algesheim300.Wörrstadt300.
Alsheim500.Griesheim300.Worms, Hafen300.

Allen übrigen Stationen und Halte­stellen ist ein Kassen­baar­vorrath von je fl. 100 zugestanden.

Nr. 20, 23. October 1872

Gleiswechsel in Bensheim

Nachdem in der Station Bensheim durch die Anlage eines weiteren Geleises ermöglicht wurde, bis an das Stations­haus der Main-Neckarbahn vorzufahren, um dadurch den Reisenden den Uebergang nach und von den Main-Neckarbahn-Zügen zu erleichtern, haben von Sonntag den 27. October ab die in Bensheim ankommenden Züge, welche auf die Main-Neckarbahn über­gehende Passagiere haben, in dieses Geleise einzufahren. Die Züge, in denen nur Passagiere für loco Bensheim sind, fahren dagegen in das seit­herige Geleis ein. Wegen der Weichen­stellung hat der Zug­führer von Lorsch aus zu melden, ob der Zug in die Main-Neckarbahn zu fahren hat, oder nicht, und die Stations­verwaltung Bensheim hat dann das Weitere zu veranlassen.

Alle von Bensheim abfahrenden Züge haben zur Aufnahme der mit der Main-Neckarbahn kommenden Passagiere aus deren Bahnhof abzufahren, jedoch vis-à-vis unseres Stations­gebäudes stille zu halten, um die in Bensheim zugehenden Passagiere aufzu­nehmen, da die Expe­ditionen der Reisenden, die loco Bensheim zugehen, in dem seit­herigen Locale verbleibt.

Nr. 22, 28. November 1872

Durchfahrten

Dem gesammten Personale wird § 26 des Bahn­polizei-Reglements hiermit in Erinnerung gebracht.

„Bei der Einfahrt aus Haupt- in Zweigbahnen und umgekehrt, sowie überhaupt bei dem Uebergange aus einem Geleise in das andere, muß so langsam gefahren werden, daß der Zug auf eine Länge von 200 Meter zum Stillstand gebracht werden kann.“

Insbesondere wird hierbei auf die Station Bischofsheim, woselbst viel Rangi­dienst und Begegnen von Zügen statt­findet, sowie auf die im Umbau befindliche Station Darmstadt aufmerksam gemacht, und müssen diese Stationen unbedingt mit größter Vorsicht durch­fahren werden.

Nr. 1, 15. Januar 1873

Erneut die Abtritte

Unter Bezug­nahme auf die Verfügung vom 5. August vor[igen] Jahres Nr. 24938 A. Anzeigeblatt Nr. 16 vom 4. September 1872 wird hiermit angeordnet, daß die darin vorge­schriebene Des­infection der Abtritte von heute ab sorg­fältigst auszu­führen ist.

Die Bahnhofs-Verwaltung Mainz wird ferner ange­wiesen, auch die Cabinete in den Personen- und Schnell­zügen des­inficiren zu lassen.

Nr. 17, 8. Juli 1873

Die Schuldfrage

In Folge eingelaufener Beschwerden wird die erforderliche Vorsicht beim Einfahren in Stationen neuerdings einge­schärft, und zugleich darauf aufmerksam gemacht, daß von jetzt ab bei Ueber­fahren der Stationen oder der daselbst ausge­steckten Signale die Schuldigen unnach­sicht­lich zur Rechen­schaft gezogen werden. Außer dem Führer und Heizer werden auch die Wagen­wärter und Bremser in Strafe genommen, insofern sie nicht sofort den Beweis liefern, daß sie ihre Schuldig­keit gethan haben. Kann dieser Beweis nicht erbracht werden, bezw. hat der Betreffende es unter­lassen, sich sofort bei dem Stations­personal, eventuell dem Zug­führer zu recht­fertigen, so wird seine Straf­barkeit ohne Weiteres als erwiesen betrachtet und demgemäß verfahren.

Nr. 19, 25. Juli 1873

Mützen mit Nummern

Es kommt neuerdings sehr häufig vor, daß die Conducteure keine Nummern an ihren Dienst­mützen tragen.

Indem ich wegen dieses dienst­widrigen Verhaltens mein ernstes Mißfallen aus­spreche, bringe ich die bestehende Vorschrift mit dem Bemerken in Erinnerung, daß künftige Zuwider­handlungen mit Ordnungs­strafen geahndet werden.

Nr. 24, 10. September 1873

Weiterer zweigleisiger Ausbau

Von Mittwoch den 20. August l[aufenden] J[ahres] ab wird die Strecke zwischen Dieburg und Baben­hausen zwei­gleisig befahren, und haben wie auf den übrigen Strecken die Züge stets auf dem ihrer Fahrt rechts liegenden Geleise zu fahren.

Von diesm Tage ab können folgende Züge auf der Doppel­bahn weiter­fahren, auf wenn der Zug, mit dem zu kreuzen, noch nicht einge­troffen ist und fällt die Kreuzung dann auf die Doppel­bahn, resp. nach Baben­hausen oder Dieburg.

[Es folgen ausführ­liche Angaben zu den einzelnen Zug­kreuzungen.]

Der Materialzug zwischen Aschaffen­burg und Dieburg wird bis auf Weiteres einge­stellt.

Nr. 24, 10. September 1873

Kontrollettis

Indem wir die Instruction für die Betriebs-Inspectoren hiermit zur Einführung bringen, geben wir zugleich bekannt, daß hinsicht­lich der Beauf­sichtigung und Leitung des Fahr- und Stations­dienstes die nach­folgende Ein­theilung der Bahn in Inspections- und Controle-Bezirke getroffen worden ist, nämlich:

A. Inspections-Bezirk Mainz.

a. Controle-Bezirk Mainz.

Mainz – Gustavsburg.
Bingen – Mainz – Worms.
Mainz – Armsheim.

b. Controle-Bezirk Worms.

Worms – Alzey – Bingen.
Worms – Bensheim.
Monsheim – Hohensülzen – Grenze.
Monsheim – Wachenheim – Grenze.
Armsheim – Flonheim.

B. Inspections-Bezirk Darmstadt.

c. Controle-Bezirk Darmstadt.

Gustavsburg – Aschaffenburg.
Gustavsburger Hafenbahn.
Darmstadt – Erbach.
Babenhausen – Wiebelsbach.
Darmstadt – Hofheim.

d. Controle-Bezirk Frankfurt.

Frankfurt – Hanau – Aschaffenburg.
Frankfurt – Bischofsheim.
Frankfurter Verbindungsbahn.

 

Nr. 27, 26. September 1873

Gefahr auf Dächern

Vorgenanntem Personale wird wieder­holt die größte Vorsicht beim Verkehr auf Dächern von Wagen einge­schärft, sowie das Betreten der Wagen­dächer eines in Bewegung befind­lichen Zuges, untersagt. Letzteres ist im höchsten Grade gefähr­lich, indem sowohl innerhalb der Bahnhöfe, wie auf freier Strecke, Objecte vorge­kommen, welche den auf dem Wagen­dache Stehenden gefährden können.

Nr. 29, 9. Oktober 1873

Einführung einer neuen Signalordnung

»»  Siehe den Text des Anzeigeblatts Nr. 30 vom 10. Oktober 1873.

Schmierige Verfügung

Der Verbrauch an Schmieröl ist im letzten Semester bei vielen Führern in solcher Weise gestiegen, daß nach­drück­lichst größere Aufmerk­samkeit und Spar­samkeit gefordert werden muß

Es wird sonach die Verfügung des Verwaltungs­rathes vom 4. Januar 1869 in Anwendung kommen, wonach der unmotivirte Mehr­verbrauch mit je 15% des Geld­werthes dem Führer und Heizer an der Kohlen­prämie in Abzug gebracht wird.

Nr. 32, 30. Oktober 1873

Fahrzeiterlaß

Dem gesammten rubr[icirten] Personale wird wieder­holt hiermit strengstens eingeschärft:

  1. Alle Züge müssen, soweit irgend thunlich, ihre fahrplan­mäßige Zeit streng einhalten;
  2. Bei Verspätungen sind die abgekürzten Fahr­zeiten thunlichst einzu­halten;
  3. Courier- und Schnellzüge müssen beim Passiren von Neben­stationen langsamer gefahren werden, so daß die bei Auf­stellung des Fahrplanes hierfür bestimmte Zeit auch wirklich verwendet werde;
  4. Das gesammte Personal, insbesondere die Locomotiv­führer sind in schärfste Controle deßfalls zu nehmen.

Nr. 34, 12. November 1873

Haltesignale

In der letzten Zeit ist es einige Mal vorge­kommen, daß Schnell­zügen das Halte­signal gegeben werden mußte, weil der vorher­gehende Zug noch nicht auf der nächsten Station ange­kommen war, und zwar geschah dies, indem man durch den Stations­diener oder den nächsten Weichen­wärter dem zu stellenden Zuge das Halte­signal kurz vor der Station oder gar in der Station, wo der Zug halten sollte, entgegen hielt. Unter Bezug­nahme auf Pos. 10. pag. 8. der Signal-Ordnung werden Sie strengstens ange­wiesen, dafür zu sorgen, daß der Bedienstete, welcher das Halte­signal zu geben hat, dies in der vorschrifts­mäßigen Entfernung von der Stelle zu thun hat, an welcher der Zug anhalten soll.

Nr. 35, 18. November 1873

Einrichtung von Arbeiterzügen

Anzeigeblatt Nr. 44/1873.

Abbildung 3: Ankündigung von Arbeiterzügen zwischen Bürstadt und Worms im Anzeigeblatt Nr. 44 vom 31. Dezember 1873.

Klein-Gerau

Am 10. Mai l[aufenden] J[ahres] wird die zwischen den Stationen Groß-Gerau und Weiter­stadt, von ersterer Station 2,38 Kilo­meter und von letzterer 4,63 Kilo­meter entfernt gelegene Halte­stelle Klein-Gerau dem Betrieb übergeben.

Stationsgebäude Klein-Gerau.
Bild 4: Stationsgebäude Klein-Gerau von 1935 [3].

Der Verkehr wird vorerst auf die Beför­derung von Personen, Reise­gepäck, Trag­lasten und Hunden be­schränkt und durch die Züge Nr. 72, 78, 75 und 77 bedient. Die Fahr­zeit zwischen Groß-Gerau und Klein-Gerau beträgt bis auf weitere Regu­lirung in beiden Rich­tungen 4 Minuten.

Nr. 19, 6. Mai 1874

Die Krankenkasse

Nchdem der Vorstand des Kranken­vereins in seiner Sitzung vom 29. März l[aufenden] J[ahres] den ein­stimmigen Beschluß gefaßt hat, die Auf­lösung des Vereins per 1. Juli l[aufenden] J[ahres] zu beantragen, haben wir diesem Antrage unsere Genehmigung ertheilt, und wird hier­nach der Verein am genannten Tage zu bestehen aufhören.

Indem wir dies hiermit zur Kenntniß des gesammten Personals bringen, bemerken wir noch, daß es nach Auflösung der allgemeinen Kranken­kasse den einzelnen Beamten und Bediensteten unbe­nommen bleibt, unter sich kleinere Vereine zum Zwecke der Unter­stützung in Krank­heits­fällen zu bilden, bezw. bereits bestehenden Vereinen dieser Art beizu­treten.

Nr. 23, 28. Mai 1874

Auf dem Sprung

Nach vorliegenden Berichten wieder­holen sich die Fälle, daß Beamte und Bedienstete auf bereits im Gang befind­liche Züge, welche sie zu dienst­lichen Reisen benutzen wollen, aufspringen oder von denselben abspringen, noch ehe sie zum Still­stand gekommen sind.

Wir sehen uns veranlaßt, diese schon durch das Bahn­polizei­reglement unter­sagten Handlungen umso strenger zu verbieten, als durch das Haft­pflicht­gesetz Verbind­lich­keiten geschaffen worden sind, welche die sorg­fältigste Anwendung aller Vorsichts­maßregeln gegen Unglücks­fälle erfordern. Indem wir auf unsere Verfügung vom 5. October v[origen] J[ahres] (Anzeige­blatt Nr. 31) Bezug nehmen, bringen wir zur Kenntniß des gesammten Personals, daß Vorkomm­nisse der fraglichen Art auf das Nach­drücklichste und geeigneten Falles selbst mit Entlassung bestraft werden sollen.

Nr. 23, 28. Mai 1874

Die Verbindungsbahn

Vom 1. Juni l[aufenden] J[ahres] ab wird die Verbindungsbahn zwischen den Geleisen der Strecke Mainz – Darmstadt und jenen der Strecke Darmstadt – Aschaffen­burg dem Betriebe über­geben.

Diese Verbindungs­bahn, welche nur von Güter­zügen benutzt wird, zweigt zwischen Weiter­stadt und Darmstadt an der Station Hammels­trift und zwischen Darmstadt und Messel an der Station Kranich­stein von der Haupt­bahn ab.

Stellwerk Hammelstrift.
Bild 5: Das ehemalige Stellwerk an der Hammelstrift. Es wurde Ende 2010 abgerissen.

Die directen Güter­züge von Bischofs­heim nach Aschaffen­burg und in umge­kehrter Richtung fahren nicht mehr in den Bahnhof Darmstadt ein, sondern befahren aus­schließ­lich die Verbindungs­bahn.

Sobald ein in der Richtung nach Aschaffen­burg fahrender Güter­zug die Station Weiter­stadt verläßt, stellt, zur Deckung der Ueber­kreuzung, der Beamte in Hammels­trift die an dem Viaduct der Main-Neckar-Bahn aufge­stellte Scheibe und setzt gleich­zeitig das Schellen­werk in Bewe­gung, welches im Bahnhofe Darmstadt so lange zu ertönen hat, bis der letzte Wagen des Güter­zuges die Ueber­kreuzung über­schritten hat. Während dieser Zeit darf in Darmstadt kein Zug in der Richtung nach Weiter­stadt abge­lassen werden.

Zur Deckung der Ueber­kreuzung bei Kranich­stein wird von dem Beamten daselbst die in der Richtung nach Messel aufge­stellte Scheibe gezogen, sobald ein Güter­zug von Kranich­stein in dieser Richtung abzu­fahren hat.

Die Locomotiv­führer sind ange­wiesen, genau auf diese Signale zu achten, und bei der Fahrt gegen die Weichen­spitzen, die bei Nicht­gebrauch geschlossen gehalten werden müssen, die Geschwindig­keit zu mäßigen.

Die Bahnhofs­verwaltung Darmstadt hat den Gang der die Ver­bindungs­bahn befah­renden Güter­züge zu beob­achten, um eine Collision mit anderen Zügen zu vermeiden.

Nr. 25, 16. Juni 1874

Verkehrszählung

Vom 1. November [des laufenden Jahres] an sollen neben den Stunden­pässen bei allen Zügen Frequenz-Nachweise geführt werden, in welche der Ab- und Zugang der Passagiere auf jeder Station einzu­tragen ist.

Die hierzu nöthigen Formulare haben die Zug­führer von den Bahnhofs- bezw. Stations­verwaltungen zu beziehen, von welchen sie auch dermalen die Stunden­pässe erhalten. Die Stations­beamten werden ange­wiesen, die Zug­führer bei Aufnahme der Zahl der ein- und aus­steigenden Passagiere thun­lichst zu unter­stützen.

Die Zugführer der Güterzüge haben genau denselben Frequenz-Nachweis wie die Zugführer der Personen-Züge zu führen; nur ist in den Rubriken „Abgang und Zugang“ die Anzahl der abge­stellten oder zuge­gangenen Wagen einzu­schreiben.

Nr. 49, 11. November 1874

Verletzten- und Krankmeldung

Nachdem es mehrfach vorge­kommen ist, daß Verletzungen im Dienste oder lämger andauernde Erkrankungen unter dem Personal nicht sofort zur Kenntniß der Ressort-Chefs und Abtheilungs­vorstände gebracht worden sind, sehen wir uns veranlaßt, das Nach­stehende hiermit zu verfügen:

  1. Ueber jede Verletzung im Dienste, welcher Art sie auch sein möge, ist dem nächsten Vorge­setzten, beziehungs­weise dem Ressort-Chef sofort schrift­liche Anzeige zu erstatten, und zwar bezieht sich diese Bestimmung auf das gesammte Personal, sowohl Angestellte, wie Nicht­angestellte inclusive Arbeiter.
  2. Von jeder länger andauernden Erkrankung ist außer der ersten, mindestens nach Ablauf der ersten 8 Tage zu erstattenden Anzeige, alle 14 Tage weitere Anzeige an den nächsten Vorge­setzten zu erstatten, welche von einem ärzt­lichen Attest begleitet sein muß.

Die Verfügung vom 10. August l[aufenden] J[ahres] Nr. 23095 A. betreffend Personal-Angelegen­heiten, insbesondere Aus­stellung von Krank­heits-Attesten wird hiernach ent­sprechend modificirt.

Nr. 50, 20. November 1874

»»  Zu den Arbeitsunfällen bei der Hessischen Ludwigsbahn siehe auch die Unfallstatistik 1893 bis 1896.

Lokalverkehr

Pag. 188. Bei Zug Nummer 151 ist Zugnummer des kreuzenden Zuges eine Zeile höher zur Station Gernsheim zu setzen.

Pag. 197 und 198 wurden beide Züge verwechselt; bei Zug 168 ist in der Rubrik für Kreuzungen die Zahl 148 zu streichen, dafür bei Zug 169 in die Kreuzungs-Rubrik bei Station Rosen­garten einzu­tragen.

Die Änderung ist bei den in Ihrem Besitze befindlichen Exemplaren hand­schrift­lich vorzu­nehmen.

Nr. 50, 20. November 1874

Entleerung der Abtrittsgruben

Da seither hinsicht­lich der Ent­leerung der Abtritts­gruben an den Dienst­gebäuden und beziehungs­weise an den Dienst- und sonstigen Wohnungen der hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft kein gleich­mäßiges Verfahren einge­halten worden ist, so sehen wir uns unter Hinweis auf § 8. des Reglements über die Wohnungen der hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft vom 24. Februar 1874 veranlaßt, zu bestimmen, daß in allen Fällen, in denen das Entleeren der Gruben Kosten verur­sacht, die Reinigung nur von den Bahn­meistern ange­ordnet werden darf, die über­haupt dafür Sorge zu tragen haben, daß die Ent­leerung so oft not­wendig geschieht und dazu vorzugs­weise die Frühjahrs- und Herbst­monate verwendet werden.

Soferne Inhaber von Dienst- und sonstigen Wohnungen den Inhalt von Abtritts­gruben zur Düngung eigener oder verpachteter Grund­stücke zu verwenden beab­sichtigen, so ist ihnen solches gestattet, wenn sie die Kosten der Ent­leerung und Reinigung der Gruben selbst über­nehmen; sie sind jedoch verpflichtet, dem betreffenden Bahn­meister hiervon Anzeige zu machen, und gehalten, dessen etwaige Anord­nungen zu befolgen.

An Orten, an denen Seitens der städtischen Behörde für Reinigung der Abtritts­gruben Sorge getragen wird, haben die Bahn­meister und beziehungs­weise die Haus­verwalter darauf zu achten, daß die Entleerung stets zeitig geschieht; im Unter­lassungs­falle müssen sie das Nöthige veran­lassen.

Nr. 53, 7. December 1874

Vom Gulden zur Mark

Vom 1. Januar 1875 soll in Gemäßheit der nach­stehend abgedruckten Verordnung vom 31. August l[aufenden] J[ahres] in dem Kassen- und Rechnungs­wesen unserer sämmtlichen Stellen die Reichs­währung zur Einführung gelangen. Es sind daher von diesem Tage ab alle Kassen- und Rechnungs­bücher in dieser Währung zu führen und die Einnahme- und Ausgabe-Belege in derselben aufzu­stellen.

Demgemäß werden die Kasse-Tagebücher am 31. December abge­schlossen, die Saldi in die neue Währung umge­rechnet und die umge­rechneten Beträge in dem Kassabuch vorge­tragen.

Hinsichtlich der Anwendung der Tarife und der Verein­nahmung von süd­deutschen Münzen von dem Publikum verweisen wir auf den §. 3. der nach­stehenden Verordnung und die zu erlassenden speciellen Instructionen, indem wir noch hinzu­fügen, daß auch für die auf königlich bayerischem Gebiete gelegenen Stationen, bei welchen die süd­deutsche Gulden­währung für den Verkehr mit dem Publikum noch bis auf Weiteres in Kraft bleibt, im Verkehre mit der Haupt­kasse und im Abrechnungs­wesen über­haupt gleichwohl die Reichsmark­währung in Anwendung zu bringen ist.

Die noch in der Gulden­währung vorhandenen Impressen sind aufzu­brauchen und die noth­wendige Abänderung in Mark und Pfennige in den betreffenden Rubriken mit der Feder herzu­stellen. Alle 1874er Einnahme- und Ausgabe-Belege, welche durch unsere Kassen zur Aus­zahlung gelangen, sind noch in süd­deutscher Währung und so zeitig aufzu­stellen, daß sie spätestens bis zum 8. Januar 1875 an unser Haupt­rechnungs­revisions­büreau gelangen; bei denjenigen aber, deren Auf­stellung wegen Mit­wirkung aus­wärtiger Stellen bis dahin unmöglich ist, ist die Schluß­summe „in Worten“ behufs Umrech­nung in die Mark­währung unaus­gefüllt zu lassen.

[Es folgt die „Verordnung, die Einführung der Reichsmarkrechnung betreffend“ vom 31. August 1874.]

Nr. 55, 18. December 1874

Nebenbeschäftigungen

Indem wir unsere Verfügung vom 12. Januar 1867 (vide Anzeige­blatt Nr. 1), wonach der Betrieb von Neben­beschäftigungen durch Beamte und Bedienstete nur mit Genehmigung des Verwaltungs­rathes gestattet ist, zur strengen Befolgung in Erinnerung bringen, ergänzen wir dieselbe zugleich dahin, daß auch den Ehefrauen der Beamten und Bediensteten der Betrieb eines Neben­geschäftes in dem Dienst­lokal, bezw. der Dienst­wohnung und unter Mit­wirkung des Mannes ohne vorher eingeholte specielle Erlaubniß verboten ist.

Nr. 55, 18. December 1874

Regenmäntel

Nachdem nunmehr seit einigen Jahren sämmtliche zur Anfertigung von Uniforms­stücken verwendete Tücher imprägnirt wurden, sind die Uniforms­stücke geeignet, gegen Regen in höherem Maße Schutz zu bieten, als dies durch die Regen­mäntel, welche diesem Zwecke nur unvoll­kommen entsprechen, der Fall war. Wir haben daher beschlossen, die seither an verschiedene Beamten und Bediensteten des Baues und Betriebes bewirkte unent­geltliche Lieferung von Regen­mänteln für die Folge in Wegfall kommen zu lassen.

Das Uniformsdepot wird indessen nach wie vor mit einem angemessenen Vorrath von Regen­mänteln versehen sein, und ist autorisirt, dieselben an das Personal gegen Erstattung des Selbst­kosten­preises abzugeben.

Nr. 55, 18. December 1874

Rost

Es ist in neuerer Zeit wieder­holt vorge­kommen, daß durch geringe, aber andauernde Undicht­heiten an Locomotiv­kesseln, welchen seitens der betreffenden Führer nicht genügende Aufmerk­samkeit gewidmet wurde, in verhältniß­mäßig kurzer Zeit an den Verbindungs­fugen der Bleche durch die Wirkung des aus­tretenden Wassers oder Dampfes sich tiefe Rost­furchen bildeten, welche die Festig­keit der Kessel in bedenk­lichster Weise gefährden können. Ich nehme hieraus Veran­lassung, dem gesammten Personale die Sorge für gewissen­hafteste, sachver­ständige Erhaltung der anver­trauten Maschinen aufs Nach­drück­lichste aufzu­geben. Undicht­heiten an Kesseln sind nirgends zu dulden, resp. in kürzester Frist zu beseitigen, angerostete Stellen sorg­fältigst zu reinigen und durch guten Oelfarben­anstrich gegen das Weiter­rosten zu schützen; daß derartige Stellen ständig zu beobachten sind, um etwaigen Gefähr­dungen vorzu­beugen, erachte ich selbst­redend.

Nachlässigkeiten in dieser Hinsicht ziehen entsprechende Geld­strafe oder auch Zurück­setzung im Avancement nach sich.

Die Maschinen- und Werkmeister sind beauftragt, die Locomotiv­führer in dieser Hinsicht strengstens zu controliren.

Nr. 4, 28. Januar 1875

Anschluß verpaßt

Mehrfache in der letzten Zeit vorgekommene Reclamationen wegen versäumtem Anschlusse wurden dadurch hervor­gerufen, daß die tele­graphischen Meldungen entweder ganz unter­blieben, oder unvoll­kommen ausgeführt worden waren.

Fast ohne Ausnahme entschuldigten die betreffenden Beamten sich damit, daß die Meldung erst im Moment der Abfahrt oder durch Zuruf von dem betreffenden Conducteur gemacht worden sei. Des Geräusches des Zuges wegen habe man dies überhört oder miß­verstanden.

Es wird daher bestimmt, daß der dienst­habende Beamte auf den Stationen, von welchen aus diese Meldungen zu machen sind, bei allen in Betracht kommenden Zügen den Zugführer um die Anzahl und Route der mit directen Billeten versehenen Passagiere zu befragen hat, und ist der Stations­beamte mit dem Zugführer gemein­schaftlich für die richtige Ausführung haftbar.

Die Anzahl der Passagiere nach den verschiedenen Routen, sowie die allen­fallsige Verspätung des Zuges ist der nächsten Haupt- oder Ueber­gangs­station sofort telegraphisch mitzu­theilen, damit die betreffenden Anschluß­züge event[uell] das Eintreffen der Passagiere abwarten.

Nr. 5, 30. Januar 1875

Dienstwohnungen

Unter Bezugnahme auf unser Ausschreiben vom 31. August 1859 bringen wir hiermit wiederholt zur Kenntniß der Interessenten, daß diejenigen Beamten oder Bediensteten, welche in Häusern der Gesellschaft wohnen, bei Wegzug keinerlei Entschädi­gung für die in den Wohnungen, Gärten etc. auf ihre Kosten angebrachten Veränderungen, Verbesserungen, Anlagen und Ver­schönerungen zu beanspruchen haben, vielmehr bei Strafe der Wieder­herstellung auf Kosten der Schuldigen verpflichtet sind, derartige Objecte ihren Nachfolgern ungestört zu belassen. Ausgenommen hiervon sind nur gepflanzte Gemüse, sowie Baum- und Feldfrüchte, welche für das betreffende Jahr noch dem Besteller zufallen.

Nr. 28, 15. Juli 1875

Reparaturen

Es ist in letzterer Zeit wiederholt vorgekommen, daß Wagen, an welchen geringe Defecte sich befanden, welche durch die Wagenwärter oder Wagen­aufseher hätten erledigt werden sollen, der Central­wagen­werkstätte zur Reparatur überwiesen wurden.

Es wird daher:

  1. den Wagenwärtern aufgegeben, die Züge und die ihnen über­wiesenen Wagen besser wie seither zu unter­halten und gering­fügige Reparaturen selbst zu erledigen;
  2. den Wagenaufsehern anbefohlen, die Herstellung gering­fügiger Mängel ordentlich zu überwachen, und Reparatur­scheine nur an solche Wagen anbringen zu lassen, bei welchen das Verbringen in die Central­wagen­werkstätte durchaus geboten ist, wobei jeder Wagen­aufseher verant­wortlich ist, für die durch ihn oder in seinem Bezirke angebrachten Reparatur­bekleb­zettel.

Die übrigen technischen Beamten haben die Ausführung streng zu überwachen.

Nr. 39, 27. October 1875

Slow Motion

Dem gesammten Locomotiv­personale wird hiermit, unter Hinweis auf die in rubricirtem Betreffe früher erlassenen Ordnungen (zuerst am 13. Februar 1863 u[nd] f[erner]) wiederholt eingeschärft, daß die Rhein­brücke, einschließ­lich der rechts­seitigen Brücken­rampe, nur mit gemäßigter Geschwindig­keit, wie solche in der Fahr­ordnung der Züge vorgesehen ist, befahren werden darf.

Zuwiderhandlungen werden strenge bestraft.

Nr. 3, 21. Januar 1876

Stationsgebäude Gernsheim.
Bild 6: Das Stationsgebäude in Gernsheim.

Gernsheim

Wir bringen hiermit zur allgemeinen Kenntniß, daß die Bahn­meisterei Gernsheim vom 1. Februar l[aufenden] J[ahres] vom Ingenieur­bezirke Darmstadt abgezweigt und dem Ingenieur­bezirke Worms zugetheilt wird.

Nr. 4, 25. Januar 1876

Laufbretter

Obgleich das Betreten der Laufbretter auf der Rheinbrücke und bei doppel­gleisigen Strecken auf der linken (inneren) Seite des Zuges, sowie das Oeffnen der Coupethüren in den Bahnhöfen strenge verboten ist, so wird von Seiten der Conducteure vielfach gegen dieses Verbot gehandelt.

Indem ich dasselbe hiermit zur strengsten Beachtung ins Gedächtniß rufe, eröffne ich zugleich, daß bei Zuwider­handlung der Conducteur in eine Ordnungs­strafe von 3 Mark und der Zugführer, der die Anzeige unterläßt, in eine solche von 2 Mark genommen wird.

Die Bahnhofs- und Stations­verwaltungen werden angewiesen, die Ausführung zu überwachen und von jeder ihnen bekannt gewordenen Zuwider­handlung dem vorgesetzten Betriebs­controleur Kenntniß zu geben.

Nr. 5, 10. Februar 1876

Sommerheizung

Es wird hiermit bestimmt, daß von den zur Dampf­heizung eingerichteten Locomotiven folgende Theile während der Sommermonate entfernt werden:

  1. an der Maschine der Manometer des Reductions­ventils, sowie das neben ihm stehende Ventil.
  2. zwischen Maschine und Tender der Gummi­schlauch.
  3. am Tender der letzte metallene Schlußhahn, welcher die Verbindung zum Zuge vermittelt.

Alle Oeffnungen sind entsprechend zu schließen. Die genannten Theile sollen alsbald an den ersten Maschinen­meister, Herrn Merkel, zur Aufbewahrung in dem Werkstätte-Magazin dahier gesendet und mit Beginn des Winter­dienstes jeweils wieder an den Platz montiert werden.

Nr. 11, 23. März 1876

Lohn und Gehalt

Wir haben für zweckmäßig befunden, an Stelle des seither bestandenen Modus der Auslöhnung des Bahn­bewachungs­personals und der Strecken­arbeiter durch besondere Zahl­meister für die Folge die Einrichtung treten zu lassen, daß die betreffenden Bediensteten (Vorarbeiter, Weichen­wärter, Bahn­wärter, Hülfs­wärter und Geleise­arbeiter) die ihnen zukommenden Gehalte und Löhne bei den ihnen, von ihren Vorgesetzten zu bezeichnenden, nächst­gelegenen Stations­kassen selbst abzuholen haben. Dabei setzen wir als selbst­verständlich voraus, daß der Dienst eine Beein­trächtigung hierdurch nicht erleiden darf, wie denn auch namentlich den Bahn­bewachungs- und Strecken­personalen bestimmte Stunden in den zwischen den Zügen liegenden Pausen, beziehungs­weise am Schluß der Arbeits­zeit angegeben werden sollen, an welchen die Abholung zu geschehen hat.

Den Stations- beziehungs­weise Schalterkassen werden zu diesem behufe getrennt aufge­stellte Belege zugefertigt, ihnen auch die erforderlichen Geldmittel durch die Hauptkasse auf Anfordern übersandt, soweit die Bestände nicht ausreichen. Die betreffenden, mit der Aufstellung und weiteren Behandlung der Ausgabe­belege befaßten Stellen werden angewiesen, diese Arbeiten so zeitig zu bethätigen, daß sich die Belege über die Gehalte des angestellten Personals am 29.jeden Monats und die Belege über Auslohnung der Strecken­arbeiter und Hülfs­wärter je am 5. und 21. jeden Monats für die vorher­gehende Löhnungs­periode im Besitze der betreffenden Zahl­stellen befinden.

Bei der Auszahlung ist darauf zu achten, daß die Empfangs­berechtigten persönlich ihre Gehalte und Löhne in Empfang nehmen und quittiren. Die ordnungs­mäßig quittirten Belege sind sofort nach ihrer Erledigung an die Hauptkasse zurückzu­rechnen.

Dieses neue Zahlungs­verfahren wird mit dem 1. Juni laufenden Jahres ins Leben treten.

Nr. 20, 19. Mai 1876

Bitte, nehmen Sie Platz!

Nach einer Verfügung Sr. Excellenz des Herrn Handels­ministers sollen die in Personen- und Schnell­züge eingestellten Personen­wagen, namentlich bei großer Wärme nicht in einer die Reisenden belästigenden Weise mit Passagieren besetzt werden, sondern ist auf eine thunlichst bequeme und rücksichts­volle Beförderung der Reisenden Bedacht zu nehmen und eine ungehörige Kargheit mit Plätzen in den Coupees ebensosoehr, wie eine unstatthafte Verschwen­dung derselben zu vermeiden, Unter Verweisung auf meine Verfügung in gleichem Betreffe vom 15. Juli v[origen] J[ahres] Nr. 26563 A. wiederhole ich, daß die Coupees I. Classe nur mit 6 und die II. und III. Classe nur mit 8 Personen besetzt werden sollen.

Es ist wie bisher auch künftig darauf zu achten, daß sich in jedem Zuge mindestens 2 Coupees erster Classe befinden.

Nr. 22, 31. Mai 1876

Einquartierung

Sie erhalten nachstehend Abschrift einer Verfügung des Groß­herzoglichen Ministeriums des Innern an die Groß­herzoglichen Kreisämter in rubricirtem Betreffe zur Kenntniß­nahme und Nachachtung.

Wie in dieser Verfügung näher ausgeführt ist, kann unsere Gesellschaft für die Folge zu Quartier­leistungen nicht mehr herange­zogen werden, da die sämmtlichen Gebäude derselben fast ausnahmslos zu Dienst­zwecken bestimmt sind. Dagegen steht den Gemeinden das Recht zu, die Dienst­wohnungen und sonstigen bewohnten Räumlich­keiten mit Einquartierung zu belegen, bei deren Zutheilung indessen selbst­verständlich nicht das Steuer­capital unserer Gesellschaft, sondern dasjenige der betreffenden, die Wohnung innehabenden Beamten oder Bediensteten resp. Miether in Ansatz zu kommen hat, welche letztere auch in einem solchen Fall die Quartierlast selbst zu tragen haben.


Betreffend: Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedens­zustandes

Von dem Verwaltungsrath der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft ist mit Bezug auf die Bestimmungen im § 4. pos. 3 des Gesetzes vom 25. Juni 1868, betreffend die Quartier­leistung für die bewaffnete Macht während des Friedens­zustandes, das Ansuchen gestellt worden, daß den Gemeinden untersagt werden möge, die Stations­gebäude der genannten Gesellschaft für die Folge mit Einquartierung zu belegen. Wir finden uns hierdurch veranlaßt, Ihnen Folgendes zu eröffnen:

Nach der erwähnten Bestimmung des Quartier­leistungs­gesetzes sind von der Inanspruch­nahme für Quartier­leistungen befreit: Gebäude und Gebäude­theile, welche zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch bestimmt sind, insbesonder­heit die zum Gebrauch von Behörden bestimmten, sowie die zum Betriebe der Eisenbahnen erforderlichen Gebäude und Gebäude­theile. Es kann hiernach die Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft in Gemeinden, in welchen sie weitere, als die zum Betriebe der Eisenbahn erforderlichen Gebäude nicht besitzt, für Quartier­leistungen überhaupt nicht in Anspruch genommen werden, und es hat deßhalb in diesen Fällen bei der Vertheilung der einzu­quartierenden Truppen auf die für Quartier­leistungen benutzbaren Baulich­keiten der Gemeinde auch das Steuer­kapital der Ludwigsbahn außer Ansatz zu bleiben.

Werden die zum Bahnbetrieb erforderlichen Gebäude oder Theile derselben als Dienst­wohnungen von Beamten der Gesellschaft benutzt, so können zwar die zu diesen Dienst­wohnungen gehördenden Räumlich­keiten zur Einquartierungs­last herange­zogen werden, die Einquartierung ist aber in diesem Falle nicht von der Gesellschaft, sondern von den betreffenden Beamten zu tragen, und es kommt daher bei Zutheilung derselben nur das Steuer­kapital der Beamten, und nicht dasjenige der Gesellschaft in Betracht.

Besitzt dagegen die Gesellschaft in der betreffenden Gemeinde zur Einquartierung benutzbare Baulich­keiten, welche nicht zum Bahnbetrieb erforderlich und nicht etwa als Dienst­wohnung an einen Beamten überlassen oder an Dritte vermiethet sind, so können sie in derselben Weise wie andere Baulich­keiten, welche nicht zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch bestimmt sind, für Einquartierung in Anspruch genommen werden, und es sind alsdann bei Vertheilung derselben die Steuer­kapitalien der Gesellschaft nach denselben Grundsätzen zu berück­sichtigen, wie diejenigen der übrigen Einquartierungs­pflichtigen.

Den Gemeinden ist übrigens nach § 7. Absatz 5. des Quartier­leistungs­gesetzes gestattet, durch Ortsstatut festzusetzen, daß in allen oder in bestimmt bezeichneten Fällen die einzu­quartierenden Truppen in gemietheten Quartieren unter­gebracht werden sollen, und die dadurch entstehenden Kosten auf die Gemeindekasse zu übernehmen.

Wird von dieser Befugniß Gebrauch gemacht, so werden selbst­verständlich alle Communal-Steuer­kapitalien zu den fraglichen Kosten, sofern diese durch Umlagen aufgebracht werden, herangezogen, und es haben daher die Gemeinden hierin ein Mittel, alle Steuer­pflichtigen und somit auch die steuer­pflichtigen Besitzer von Baulich­keiten, welche nach dem Gesetze von Einquartierung frei sind, mit ihren Steuer­kapitalien zur Tragung der Einquartierungs­last heranzu­ziehen.

Wir beauftragen Sie hiermit, von dem Inhalte dieses Ausschreibens den betreffenden Gemeinde­vorständen in Ihrem Bemessen Kenntniß zu geben.

Nr. 30, 22. August 1876

Brieftauben

Zu Ihrem Bemessen theile ich Ihnen mit, daß die Begleiter der Brieftauben, welche Eigenthum der Fortification Straßburg sind, auf unserer Strecke Worms – Mainz bei ausreichender Legitimation auf Militärbilette befördert werden und außerdem die Befugniß haben, zur Beauf­sichtigung und Pflege der Tauben im Packwagen mitzufahren.

Vorerst gehen diese Transporte über die Station Mainz nicht hinaus.

Nr. 32, 5. September 1876

Zu langes Holz

Es wurde die Anfrage gestellt, ob die Fracht von zwei direct kartirte Wagen Langholz, welche, da bekanntlich eine Trajectirung solcher Wagen in Rosengarten nicht möglich ist, über Mainz gelaufen sind, trotzdem anzuer­kennen sei.

Zur Behebung von Zweifeln weise ich Sie an, in denjenigen Fällen, in welchen Langholz etc. zwischen Stationen, die über Rosengarten instradiren, zur Aufgabe gelangt, die Absender auf die Unmög­lichkeit aufmerksam zu machen, und dieselben zu bedeuten, daß solche Sendungen via Traject Rosengarten nicht ange­nommen werden können, und demnach eine Route mit fester Rheinbrücke über Mainz oder Ludwigs­hafen, je nach der Lage vorzu­schreiben sei.

Die Tarifberechnung hat dann auf die geeignete Umkartirungs­station zu erfolgen.

Nr. 32, 5. September 1876

Von Niederrad nach Sachsenhausen

Montag am 18. September l[aufenden] J[ahres] wird die Strecke Niederrad – Sachsen­hausen dem Betrieb übergeben und damit ein directer Anschluß der Linie Niederrad – Mainz mit der Linie Sachsen­hausen – Hanau – Bebra der Frankfurt – Bebraer Bahn ohne Berührung der Station Frankfurt West­bahnhof hergestellt.

Wie aus den ausgegebenen Fahr- und Dienstplänen, sowie aus den Tarif-Nachträgen hervorgeht, sind beide Stationen sowohl für den Personen-, wie auch für den Güter­verkehr eröffnet, und es ist beim Rangiren der Güterzüge ganz besonders darauf zu achten, daß die für die Frankfurt – Bebraer Bahn und den mittel­deutschen Verband bestimmten Wagen von Niederrad aus der Frankfurt – Bebraer Bahn direct via Sachsen­hausen zugeführt werden; sie müssen deßhalb am Kopf des Zuges stehen.

Ein Theil der Personen­züge der Strecke Mainz – Frankfurt, worüber der Fahrplan näheren Aufschluß gibt, hält in Niederrad an, um die Passagiere nach oder von Niederrad und Sachsen­hausen abzu­setzen oder aufzu­nehmen. Da zwischen Niederrad und Frankfurt West­bahnhof ein Verkehr vorerst nicht eingerichtet wird, so können in Ermangelung von Passagieren die Züge nach Frankfurt in Niederrad durch­fahren. Von Kelsterbach und von Sachsen­hausen aus sind bei Verspätungen die directen Passagiere nach Niederrad zu melden.

Zwischen Niederrad und Sachsen­hausen coursiren besondere Züge, und muß daher in Niederrad umgestiegen werden.

Für das Ein-, Aus- und Durchfahren der Züge in Niederrad ist der Stations­plan dieser Station maßgebend.

Nr. 34, 22. September 1876

Sachsenhausen

Am 18. d[ieses] M[ona]ts wird die Strecke Niederrad – Sachsen­hausen eröffnet mit der eneuen Station „Frankfurt–Sachsen­hausen.“ Diese Station dient zugleich als eine Station für Frankfurt und werden Güter- und Eisenbahn­packet­sendungen, welche in Sachsen­hausen für in Frankfurt wohnende Adressaten ankommen, in Bezug auf Anmeldung resp. Zustellung nach den für Frankfurt Ost­bahnhof geltenden einschlägigen Bestimmungen behandelt. Genannte Station tritt mit denselben Entfernungen und Tarif­sätzen in den Local­verkehr, welche für Frankfurt West­bahnhof publicirt sind.

Ich setze Sie hiermit zur Darnach­achtung mit dem Auftrag in Kenntniß, das Publikum möglichst auf die Bedeutung der Station Frankfurt – Sachsen­hausen als Station von Frankfurt aufmerksam zu machen.

Nr. 34, 22. September 1876

Winterheizung

Mit dem Eintritt der kälteren Jahreszeit werden die auf den dies­seitigen Linien laufenden Personen­wagen theils durch Dampf, vereinzelt auch durch Preßkohlen geheizt.

Die mit Dampfheizung versehenen Wagen erster und zweiter Classe sind für jedes Coupe regulirbar, und haben Zugführer und Conducteure den Wünschen des Publikums insofern Rechnung zu tragen, als ihnen das Reguliren der Hahnen obliegt, welche sich theils in den Coupes selbst befinden, zumeist aber an den Lang­schwellen der Wagen angebracht und mittelst des gewöhn­lichen Wagen­schlüssels regulirbar sind, wobei dieselben je nach Erfordern mehr oder weniger in den Richtungen der Marken „K (kalt) W (warm)“ verstellt werden.

Im allgemeinen gilt als Regel, daß die Temperatur in den Wagen resp. Coupes 8–10 Grad Réaumur betragen soll. Wagen, welche auf Anschluß­bahnen über­gehen, sollen gegenseitig mit mindestens 5 Grad Wärme übergeben, resp. übernommen werden. [4]

Um die Coupes warm zu erhalten, sind außerdem nach­stehende Bestimmungen zu beobachten, welche hiermit von Neuem eingeschärft werden :

Das Oeffnen der Thüren ist thunlichst zu beschränken, und müssen dieselben beim Ein- und Aussteigen der Passagiere stets sofort wieder geschlossen werden.

Die in den Coupes befindlichen Ventilatoren sind – insofern nicht von den Reisenden Gegen­theiliges verlangt wird – stets geschlossen zu halten. Ebenso müssen die Fenster – zumal in nicht besetzten Coupes – geschlossen bleiben, und sind beim Ende der Fahrt allerwärts zu schließen. Bei den mit Preß­kohlen­heizung versehenen Wagen ist besonders darauf zu achten, daß die äußeren Verschlüsse der Heizkasten ordnungs­mäßig durch die Vorreiber geschlossen sind.

Nr. 43, 11. November 1876

Dampfheizung

Nachdem die Dampf­heizung auf unseren Linien durchge­führt worden und der benöthigte Dampf zumeist von den Locomotiven entnommen wird, wollen Sie darauf achten, daß die Heizung entsprechend ausge­führt wird, was nur dann möglich ist, wenn zwischen Maschine und Zug keine Wagen eingestellt werden, welchen die entsprechende Einrichtung fehlt.

Es müssen daher für die Regel Vieh-, Eilgut- und andere Wagen genannter Art an den Schlusse des Zuges geführt werden.

Nr. 47, 3. Dezember 1876

Gefährdungen

Das gesammte Fahr­personal wird hiermit zur Vermeidung von Beschädigungen [5] wiederholt gewarnt, weder auf der Strecke, noch in Bahnhöfen sich zu irgend welchem Zweck weit über die Fuß­tritte vorzubeugen. Auch dürfen die Dächer der Wagen an Wegübergängen und Ueber­führungen von Telegraphen­leitungen nur mit besonderer Vorsicht betreten werden.

Nr. 50, 20. Dezember 1876

Disziplin halten

Im Nachgange zu unserer Verfügung vom 10. November v[origen] J[ahres] Nr. 43562 A., betreffend die Regelung der Competenz­verhältnisse für die der Special-Direction unterstellten Organe (vergl[eiche] Anzeige-Nr. 44) sehen wir uns, um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen, zu nach­stehender Bemerkung veranlaßt:

Die den einzelnen Stellen nach pos. B genannter Verfügung oder laut specieller Instruction verliehene Straf­befugniß bezieht sich nur auf die eigentlichen Disciplinar­vergehen bezw. Zuwider­handlungen gegen die Dienst­obliegen­heiten und die damit in directem Zusammen­hang stehenden Pflichten. Bei allen weiter­gehenden, in das öffentliche Recht eingreifenden Vergehen und namentlich in Fällen, durch welche die Ehren­haftigkeit des Charakters eines Bediensteten in Frage gestellt oder überhaupt das Vertrauen erschüttert wird, welches in denselben mit Rücksicht auf das bestehende Dienst­verhältniß gesetzt werden muß, ist unter allen Umständen die Entscheidung der Special-Direction auf dem vorge­schriebenen Dienst­wege nachzu­suchen. Selbst­redend soll hierdurch das den einzelnen Dienst­stellen zustehende Recht der vorläufigen Suspension vom Dienst, sowie die Befugniß zur sofortigen Dienst­entlassung der im Taglohn stehenden Arbeiter nicht beein­trächtigt werden.

Nr. 6, 6. Februar 1877

Südliche Mainzer Rheinbrücke.
Bild 7: Südliche Rheinbrücke Mainz, heutiges Aussehen.

Raserei

Die Fahrten über die Rheinbrücke und die beiderseitigen Rampen werden häufig zu schnell zurück­gelegt. Hieraus erwachsen Gefahren für den Betrieb und Nachtheile für die Brücken­construction.

Es wird deßhalb strengstens eingeschärft, daß kein Zug die Strecke vom Bahnhof Mainz bis zur Ueber­wachungs­station Gustavs­burg und umgekehrt in einer kürzeren Zeit zurück­legen darf, als die Fahr­ordnung dies vorschreibt.

Diese Fahrzeiten betragen bei Güterzügen 10, bei Personen­zügen 5–6 und bei Courirzügen 5 Minuten.

Unter allen Umständen sind die Brücken­rampen bei der Hinunter­fahrt mit abgesperrtem Dampf zu befahren, und es haben die Zugführer Zuwider­handlungen in dem Stundenpasse aufzuführen.

Die Bahnwärter sind ebenfalls verpflichtet, dem Bahn­meister diejenigen Züge bei der täglichen Strecken­revision zu bezeichnen, welche zu schnell und ohne Dampf­absperrung die Rampen hinunter­gefahren sind.

Nr. 12, 10. März 1877

Der Perron in Mainz

Unter Hinweis auf die bestehenden Verfügungen in rubricirtem Betreffe machen wir wiederholt darauf aufmerksam, daß das Betreten des Perrons im Bahnhofe Mainz, sowie der Geleise den Beamten und Bediensteten, deren Obliegenheiten den Aufenthalt daselbst nicht erfordern, untersagt bleibt.

Das Bahnhofs-Aufsichts­personal, sowie die Bahnwärter werden hiermit angewiesen, ein strenges Augenmerk hierauf zu richten und Zuwider­handlungen auf dem vorge­schriebenen Dienstwege zur Anzeige zu bringen.

Nr. 14, 22. März 1877

Fahrende Teppiche

Es wird hiermit bekannt gegeben, daß in den Personen­wagen erster Classe zu jeder Zeit auf den Fußböden Teppiche, Matten oder Pelze – je nach der Jahreszeit – einliegen sollen, und daß auch in der zweiten Classe, da, wo Bleche die Heiz-Einrichtungen überdecken, stets Matten oder Teppiche einzulegen sind. Nur in diejenigen Coupe's zweiter Classe, woselbst durch­laufende Fußboden-Wachs­tücher sich befinden, soll während des Sommer­dienstes eine weitere Einlage nicht erfolgen.

Reservewagen müssen stets so ausgerüstet sein, daß sie jederzeit ohne Weiteres in Dienst genommen werden können.

Nr. 20, 17. April 1877

Außerhalb der Heizperiode

Es wird hiermit bestimmt, daß – wie dies in früheren Jahren geschah – während des Sommers an sämmtlichen diesseitigen Personen- und Gepäckwagen, sowie an den diesseitigen Postwagen die messingenen Dampf-Abschluß- resp. Ver­bindungs­hahnen an den beiden Kopfseiten der Wagen entfernt bleiben, damit dieselben nicht in Verlust gerathen. Die Beseitigung der Hahnen und gleichzeitige Verschließung der Rohre durch Zinkkapseln oder Holzscheiben hat im Laufe des Monats April in allen Stationen, woselbst Wagen stationirt sind, durch oben­genannte Beamte [6] zu geschehen, und sind alle Hahnen, Einband­theile und Schrauben unter Angabe der Wagen­nummer an die Central­wagen­reparatur­werkstätte einzusenden, woselbst die Controle über die Theile geführt wird, und die benöthigten Zink­verschlüsse und Holz­scheiben zu reclamiren sind. Zwischen dem 1. und 15. October jeden Jahres sind die genannten Theile wieder an den Wagen anzubringen und die Verschluß­theile zurückzu­liefern.

Die Dampfheiz-Einrichtungen an den diesseitigen Güterwagen sind, nebst Leitungsrohr und Verkleidung ebenfalls im Monat April cr. ganz zu entfernen. Auch sämmtliche Gummi­schläuche sind durch Vermittelung der Werkmeister und Wagen­aufseher an die Central­wagen­werkstätte zu liefern, woselbst sie nach laufenden Nummern controlirt und in ähnlicher Weise bei Beginn des Winter­dienstes wieder verabfolgt werden.

Nr. 20, 17. April 1877

Wärmflaschen

Die sämmtlichen Wärmflaschen, Pelzeinlagen der Coupe's I. Classe, die Cocos- oder Strohmatten aus III. Classe, sowie die etwa sonst vom Winter­gebrauche über­zähligen Matten, Teppiche und dergleichen sind alsbald mit Liefer­schein und der Bezeichnung der Nummern resp. aus welchem Wagen die Theile entnommen wurden, an die Central-Wagen­reparatur­werkstätte Darmstadt abzugeben, woselbst sie reparirt und zum Weiter­gebrauche aufbewahrt werden.

Mit Beginn der Heizung sind die Theile dem Betriebe wieder zu überweisen.

Nr. 20, 17. April 1877

Beleidigungen

In den bei uns eingehenden Anzeigen wegen Beleidigung diesseitiger Beamten in Ausübung ihres Dienstes Seitens dritter Personen fehlt oft jede Angabe darüber, ob bei den beleidigenden Aeußerungen oder Thätlich­keiten Zeugen zugegen gewesen sind oder nicht. Dieser Mangel gibt bei der späteren gerichtlichen Unter­suchung zu Weiterungen Anlaß, welche durch eine erschöpfende bericht­liche Darstellung vermieden werden können.

Wir weisen Sie daher an, für die Folge in allen derartigen Berichten und Anzeigen die etwaigen Zeugen namhaft zu machen, im Falle aber solche nicht vorhanden sind, dies ausdrück­lich zu vermerken.

Außerdem ist, wenn die betreffenden Beamten oder Bediensteten die Einleitung einer Klage wegen der ihnen zugefügten Beleidigung wünschen, der desfallsigen Anzeige stets ein besonderer Strafantrag beizufügen, welcher zur Abgabe an den Staats­anwalt bestimmt und für den die nach­stehende Form zu wählen ist:

Ich Unterzeichneter (Dienstcharacter)   .  .  .   der hessischen Ludwigsbahn, stelle gegen den (Vor- und Zunamen, Stand) in   .  .  .  .   wegen wörtlicher/­thätlicher Beleidigung in Ausübung meines Dienstes hiermit Strafantrag.
(Datum und Unterschrift)

Nr. 21, 25. April 1877

Der Inspektionsbezirk

Unter Bezugnahme auf die im Anzeigeblatt Nr. 46 vom 29. November v[origen] J[ahres] bekannt gegebene Aufhebung des Inspections­bezirks Mainz wird hierdurch bestimmt, daß die Strecke Rosengarten – Bensheim, welche dem Controlbezirk Darmstadt II unterstellt ist und früher zum Inspections­bezirk Mainz gehörte, nunmehr dem Inspections­bezirk Darmstadt zugetheilt ist.

Bezüglich der Beaufsichtigung des Trajects Worms-Hafen – Rosengarten wird bestimmt, daß die Rangirarbeiten an dem Traject auf der linken Rheinseite dem Controlbezirk Worms, der auf der rechten Rheinseite dem Controlbezirk Darmstadt II und dem inspections­bezirk Darmstadt unterstellt sind.

Die Aufsicht über die Schiffe und die dazu gehörigen Mannschaften verbleibt wie bisher dem Hafencontroleur.

Nr. 22, 5. Mai 1877

Die Überwachung des Güterverkehrs

In Bezug auf die speciellen Functionen des Güter-Controleurs Herrn Grooß wird hiermit Folgendes bemerkt:

Dem Güter-Controleur ist unter dem Güter-Inspector die Ueberwachung des eigentlichen Güter­transport­dienstes, jedoch ausschließlich des Fahrdienstes, übertragen. Er hat damit die Verpflichtung, zu überwachen, daß die Güter instructionsgemäß beklebt, beladen und instradirt, die Wagen richtig verwendet, ausgenutzt und angeschrieben, die Vorschriften über die Plombirung, sowie betreffs Uebernahme und Ablieferung der Güter zu und von den Güterzügen richtig und genau befolgt werden. Er hat darauf zu achten, daß die Beförderung in möglichst kurzer Zeit und mittelst der rechten Züge vollzogen wird, daß die Güter nicht ohne die zugehörigen Papiere zum Transport kommen. – Die Stationen, Güter- und Eilgutexpeditionen und die Güterschaffner haben demgemäß den deßfallsigen Anordnungen des Güter-Controleurs Folge zu leisten und über wahrgenommene Unregelmäßigkeiten ihm zu berichten. Ueber Unregelmäßigkeiten in der Instradirung der Güter, welche nicht auf unserer Bahn ihren Ursprung haben, ist nach wie vor dem Güter-Inspector direct zu berichten; die betreffenden Berichte sind jedoch in Zukunft per Couvert des Güter-Controleurs einzusenden.

Die Disciplinargewalt, welche dem Güter-Controleur über die Güterschaffner und Verbands­packmeister eingeräumt ist, soll sich ferner auf Verweise und Ordnungsstrafen bis zu 3 M[ar]k erstrecken. Dieselbe wird auf das den Vorständen der Güter- und Eilgutexpeditionen unterstellte Personal ausgedehnt.

Nr. 22, 5. Mai 1877

Das Signal

Wegen der vom 15. Mai 1877 an einzurichtenden Local­personenzüge der Frankfurt-Bebraer Eisenbahn zwischen Offenbach und Station Louisa wird zwischen den Bahnwärter­häusern 3 und 4, an der Weiche, mittelst welcher aus dem Frankfurt-Bebraer Geleise eine Verbindung nach dem östlichen Hauptgeleise der Main-Neckar-Bahn abzweigt, und zwar in der Mitte zwischen den beiden ebengenannten verbundenen Geleisen ein einarmiger Semafor als Einfahrts­signal für die von Offenbach nach Louisa fahrenden und dort endigenden Personenzüge aufgestellt.

Dieses Signal hat für alle von oder nach Frankfurt fahrenden Züge der Main-Neckar- oder der Hessischen Ludwigsbahn durchaus keine Bedeutung, es mag stehen wie es will.

Nr. 24, 17. Mai 1877

Vorsicht, freilaufende Wagen!

Wir machen wiederholt darauf aufmerksam, daß Wagen in Zügen oder Materialzügen auf Strecken ohne Gefälle, wenn überhaupt, nur mit größter Vorsicht, unter Wahrung aller nöthigen Vorsichts­maßregeln und unter Verantwortlichkeit des anordnenden Beamten vom Zuge getrennt werden dürfen, daß dies aber in Gefällen unbedingt untersagt ist.

Den Herren Bau-Ingenieuren wird dieserhalb besondere Verfügung noch zugehen.

Nr. 39, 19. September 1877

Schlüsseldienst

Die bestehende Verordnung, nach welcher während der Fahrt sämmtliche Schlösser an den Thüren der Personenwagen zu deren Oeffnung es eines besonderen Schlüssels bedarf, geöffnet bleiben müssen, wird hiermit zur strengen Nachachtung in Erinnerung gebracht.

Die Stationsvorstände und Zugführer werden wiederholt angewiesen, strenge darauf zu achten, daß vor Abfahrt des Zuges die betreffenden Schlösser zu beiden Seiten der Wagen geöffnet werden.

Nr. 39, 19. September 1877

Stationsgebäude Groß Gerau-Dornberg.
Bild 8: Stationsgebäude Groß Gerau-Dornberg.

Stationsnamen auf der erweiterten Riedbahn

Nach Bestimmung des Großherzoglichen Ministeriums der Finanzen werden die auf der Bahnstrecke von Frankfurt a. M. nach Mannheim bei Groß-Gerau und Wolfskehlen neu zu errichtenden Stationen zur Unterscheidung von den an den genannten Orten bereits bestehenden älteren Stationsanlagen der Main-Rhein-Bahn, beziehungsweise der Riedbahn, die Bezeichnung „Dornberg-Groß-Gerau“ und „Leeheim-Wolfskehlen“ erhaltem.

Die resp. Dienststellen wollen sich vorkommenden Falles, insbesondere bei Bearbeitung der Tarife und Fahrpläne, bei der Anfertigung der Billete [etc.], hiernach bemessen.

Nr. 43, 13. October 1877

Mißbrauch

Es ist zu unserer Kenntniß gekommen, daß auf die zum Zwecke der Beförderung nach den Arbeitsorten bezw. wegen auswärtiger Wohnung ertheilten Arbeiter­freifahrt­karten schon häufig die Expedition und der unentgeltliche Transport von Traglasten und Gepäckstücken vorgenommen worden ist, und zwar meistens solcher Gegenstände, welche nicht einmal den Inhabern der Karten selbst gehörten, sondern von denselben für Dritte zu transportiren übernommen worden waren.

Um diesem durchaus unstatthaften Mißbrauch der lediglich für die Person der betreffenden Arbeiter ausgestellten Freifahrt­karten zu steuern, untersagen wir Ihnen hiermit strengstens, fernerhin auf Arbeiter­freikarten die Expedition irgend welcher Sendungen vorzunehmen. Die betreffenden Gegenstände sind vielmehr nach Maßgabe des Reglements und der Tarifbestimmungen zu behandeln.

Nr. 44, 19. October 1877

Von Rosengarten nach Lampertheim

Am 15. d[es] M[ona]ts wird die Station Lampertheim dem Verkehr übergeben, und hat von diesem Tage ab directe Abfertigung von Gütern [etc.] nach und von dieser Station zu dem in dem neuen Localtarif bereits enthaltenen Frachtsätzen stattzufinden.

Die Station Lampertheim hat hierbei insbesondere die Verfügungen Nr. 25005 und 29508 A vom 20. Juli und 25. August [diesen Jahres], Anzeigeblatt Nr. 33 und 38, zu beachten.

Nr. 44, 19. October 1877

Wohnungswechsel

Damit die Abnahme und Ueberlieferungen von Wohnungen der Gesellschafts stets in vorgeschriebener Weise erfolgen kann, sehen wir uns veranlaßt, zu bestimmen, daß die Inhaber von Wohnungen bei bevorstehendem Auszuge den Tag des Auszugs, so zeitig wie möglich, jedenfalls aber spätestens drei Tage vor jenem Termine, dem betreffenden Bezirksingenieure, welchem die Wohnungen unterstellt sind, direct mitzutheilen haben. Das gleiche Verfahren ist vor Bezug einer der Gesellschaft gehörigen Wohnungen zu befolgen.

Die mit der speciellen Beaufsichtigung der zum Vermiethen bestimmten Wohnungen betrauten Beamten sind von den Bezirks-Ingenieuren anzuhalten, den derzeitigen Inhabern von Wohnungen Kenntniß dieser Bestimmung zu geben.

Der Inhalt des §. 3. des Reglements über die Wohnungen der hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft vom 24. Februar 1874, soweit er mit dem Vorstehenden in Widerspruch steht, ist als ungültig aufgehoben.

Nr. 50, 20. November 1877


Literatur

Anmerkungen

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