Signal in Griesheim. Formsignal in Griesheim.

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Der Streckenrückbau zwischen Goddelau und Griesheim

Dokumentation

Mitte der 1870er Jahre begann die Hessische Ludwigsbahn mit ihren Planungen zur Neujustierung der Riedbahn, die zunächst von Ost (Darmstadt) nach West (Worms) konzipiert war. Mit weiteren Teilstücken von Biblis nach Mannheim, von Goddelau-Erfelden nach Goldstein (heute Station Frankfurt-Stadion) und von Worms nach Lampertheim wurde die Hauptachse des Verkehrs in eine Nord-Süd-Richtung verschwenkt.

1965 begann die Deutsche Bundesbahn mit dem Rückbau der Strecke zwischen Darmstadt und Goddelau-Erfelden. Diesem Teilstück wurde keine Zukunft mehr gegeben. Zunächst wurde das zweite Gleis zwischen Goddelau und Griesheim entfernt, dann 1970 der Personen­verkehr komplett und der Güterverkehr zwischen Goddelau und Griesheim eingestellt. In den Folgejahren wurden die Gleisanlagen westlich von Griesheim komplett abgebaut; zwischen Griesheim und der Blockstelle Bergschneise das zweite Streckengleis. 1991 wurde der Betrieb vollständig eingestellt und die Gleisanlagen bis auf ein kurzes Stück entfernt.

Zuweilen erschienen den Zeitgenossinnen und Zeitgenossen die Zerstörung der Eisenbahn-Infrastruktur in der Fläche als derart selbstver­ständlich, daß nicht einmal die lokalen Zeitungen davon Kenntnis nahmen. So muß anstelle einer Zeitungsmeldung eine Übersicht der Langsamfahr­stellen, eine sogenannte La, dazu herhalten, das Datum der beginnenden Zerstörung zu bestimmen.


La zur Riedbahn.

Abbildung 1: Ausschnitt aus der Zusammen­stellung der Langsam­fahrstellen, gültig ab dem 27. Februar 1966.

Spalte 1 nennt die laufende Nummer. Spalte 2 nennt die Betriebsstellen oder den Bereich zwischen Betriebsstellen. Spalte 3 gibt den Ort an. Spalte 4 nennt die Besonderheiten und die Fahrtge­schwindigkeit. Spalte 5 gibt Auskunft über die Tageszeit oder die betroffenen Züge. Die Spalten 6 und 7 nennen das In- und Außerkrafttreten. In Spalte 8 wird die rechnerische Verlustzeit bei den Fahrtzeiten von Personen- und Güterzügen angegeben. Spalte 9 führt die Gründe und sonstige Angaben auf. So zeigt das Symbol in Spalte 4 an, daß ein zweigleisiger Streckenab­schnitt nur eingleisig betrieben wird. Dies ist im vorliegenden Fall einleuchtend, denn das Streckengleis wurde ja mutwillig entfernt. Die Strecken­blockung wurde zudem zwischen Goddelau-Erfelden und Griesheim vereinfacht; zwei nahe hinter­einander fahrende Züge waren ebensowenig vorgesehen wie eine Begegnung auf freier Strecke.

Wenn es hier heißt, daß das Streckengleis Richtung Griesheim zwischen km 47,2 und km 48,3 unbefahrbar sei, dann hat dies natürlich eine Vorgeschichte.

Ab dem 1. August 1960 durfte zwischen den Kilometern 46,7 und 48,3 aufgrund des schlechten Oberbaus nur noch mit maximal 50 km/h gefahren werden; ab dem 14. April 1963 nur noch mit 30 km/h. Vermutlich im Oktober 1963 wurde der Oberbau im Bahnhofs­bereich von Goddelau-Erfelden so weit hergerichtet, daß ab dem 18. Oktober 1963 nur noch über das Streckenstück ab km 47,2 geschlichen werden mußte. Nun werden die hier verkehrenden Schienenbusse den Oberbau sicher nicht angegriffen haben, eher jedoch die schweren Güterzüge Richtung Hanau und Aschaffenburg und die US-amerikanischen Militärzüge von der Pfalz nach Oberfranken. Diese Militärzüge sollen sogar noch einige Zeit nach Einstellung des Personen­verkehrs im September 1970 anstelle der schon offenen neuen Gleiskurve bei Groß-Gerau über Wolfskehlen und Griesheim gefahren sein.

Es sieht so aus, daß der Strecken­abschnitt zwischen Goddelau und Wolfskehlen nach 1945 niemals nachgebessert wurde. Die Angabe, der Strecken­abschnitt sei unbefahrbar, läßt vermuten, daß zumindest zum Zeitpunkt der La vom Februar 1966 das Gleis noch nicht entfernt worden ist.


Literatur


 
 
 
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