Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau
Walter Kuhl
Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Auf der Riedbahn.
Bahnhof Biebesheim.
Biebesheim.
Bahnhof Groß Gerau-Dornberg.
GG-Dornberg.
Bahnhof Groß-Rohrheim.
Groß-Rohrheim.
Bahnhof Stockstadt.
Stockstadt (Rhein).

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Von Leeheim-Wolfskehlen nach Stockstadt (Rhein)

Teil 2: Goddelau-Erfelden (Nordseite)

Seit 1869 verband die Riedbahn die damals hessische Stadt Worms und das südliche Ried mit der groß­herzoglichen Residenz­stadt Darmstadt. Als Konkurrenz­strecke zur Main-Neckar-Bahn ließ die Hessische Ludwigsbahn ein Jahrzehnt später die heute als Riedbahn geläufige Nord-Süd-Verbindung von Frankfurt am Main nach Mannheim am Neckar von unzähligen fleißigen und vermutlich nicht gerade üppig bezahlten Arbeitern errichten. Goddelau-Erfelden war ein wichtiger Verknüpfungs­punkt von alter und neuer Riedbahn. Die nächsten Stationen im Norden und Süden waren und sind Leeheim-Wolfs­kehlen (heute S-Bahn-Haltepunkt Riedstadt-Wolfs­kehlen) und Stockstadt.

Ich habe diese Abhandlung auf vier Unterseiten aufgeteilt. Neues fotografisches Material ließ sich nur so sinnvoll einarbeiten. Ein besonderer Dank geht an Karl Aßmann, Georg Engelhardts Sohn, Klaus D. Holzborn, Jörn Schramm und Georg und Michael Menzendorff, die für diese Seite eigene Aufnahmen beigesteuert haben, an Peter Merschroth für eine Fotografie aus seiner umfangreichen Sammlung, sowie an das Archiv des Eisenbahn­museums in Darmstadt-Kranichstein, in dem ich so manchen Gleisplan gefunden habe. Die Wiedergabe der beiden Aufnahmen von Karl Ernst Maedel erfolgt mit freundlicher Genehmigung. Ganz besonders aber bin ich Frau Lorenz zu Dank verpflichtet, die in den 80er und 90er Jahren eine Fülle an Material zusammen­getragen hat, das ich hier verwenden darf. Für Unzuläng­lichkeiten in der Darstellung, gar fehlerhafte Zuordnungen, bin jedoch alleine ich verantwortlich.

Meine eigenen Aufnahmen entstanden zwischen 2008 und 2016.

Dieses Kapitel ist die Fortsetzung der Beschreibung der Gleisanlagen von Leeheim-Wolfskehlen.


Nur eine Überschrift.

Eisenbahnfahrkarte.
Abbildung G00: Fahr­karte von Gerns­heim nach Godde­lau-Erfel­den Ob für die Fahrt ein V 36-Wende­zug benutzt wurde?

Die frühen Eisenbahn­gesellschaften planten ihre Strecken, ähnlich wie die Römer ihre Überland­straßen, möglichst geradlinig, ohne auf die konkreten Verkehrs­bedürfnisse des Publikums Rück­sicht zu nehmen. Man nahm, was die Topografie hergab, und berührte Ortschaften nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ oder ein besonders lukratives Betriebs­ergebnis zu erwarten war. Der Bahnhof Goddelau-Erfelden hieß deshalb nach den beiden Dörfern, zwischen denen er gelegen war, ähnlich wie später auch Leeheim-Wolfs­kehlen weiter nördlich. Der Darmstädter Ast der Riedbahn verlief vom dortigen Ludwigs­bahnhof zunächst in einer geschwungenen Führung parallel zur Main-Rhein-Bahn nach Mainz, zweigte an der Blockstelle Hammelstrift ab, um von dort fast schnur­gerade an der nördlichen Peripherie von Griesheim vorbei bis zum südlichsten Rand von Wolfs­kehlen geführt zu werden. Beide Stationen standen zunächst auf freiem Feld. Von Wolfs­kehlen aus verbog sich die Strecke nach links, um die Dörfer entlang des Rheinufers abzuklappern.

Der andere Riedbahn­ast begann in Frankfurt und zweigte an der Station Goldstein, heute Stadion, von der Mainbahn ab. Er führte in gerader Linie an Walldorf und Mörtfelden vorbei nach Groß-Gerau, kümmerte sich nicht um einen Umsteige­punkt zur Main-Rhein-Bahn, und verlief von dort in südlicher Richtung gerade auf Goddelau zu. Die ersten Planungen sahen aus denselben geradlinigen Gründen sogar vor, schon bei Wolfs­kehlen in die 1869 eröffnete Riedbahn von Darmstadt nach Worms einzumünden. Bei der Einführung des Hoch­geschwindigkeits­verkehrs mit dem damals brandneuen ICE erwies sich die kurvige Einführung der von Frankfurt aus her­kommenden Riedbahn als mißlich, weshalb Ende der 1980er Jahre die Linien­führung angepaßt wurde. Bei Biblis muß aus demselben Grund ziemlich heftig abgebremst werden. Über eine Umfahrung von Biblis wurde schon in den 1960er Jahren nachgedacht, aber bis heute bleibt es bei Gedanken­spielen. Der irgendwann vielleicht einmal gebaute Schnellfahr­korridor von Rhein-Main an den Neckar wird diese Über­legungen dann ohnehin obsolet werden lassen.

Der Bahnübergang 63

Die Bahnüber­gänge mit der Posten­nummer 63 an der Goddelauer Ludwig­straße queren die beiden schon voneinander getrennten Riedbahnäste nach Leeheim-Wolfs­kehlen und weiter nach Frankfurt in Richtung Norden und nach Wolfs­kehlen, Griesheim und Darmstadt in Richtung Nordosten. Aus Plänen und Fotografien geht hervor, daß an beiden Über­gängen jeweils eine Wärterbude gestanden haben muß.

Schon die Hessische Ludwigsbahn hatte ihre Wärter­posten durchnumeriert. Die Zählung der Posten begann mit Nummer 1 in Mannheim, so daß die bis heute vorhandenen Posten­nummern frühestens Ende der 1870er Jahre eingeführt worden sein können. Dies betrifft, nebenbei bemerkt, auch die Kilo­metrierung der Strecke. Sowohl Posten­nummern wie Kilo­metrierung wurden an der Nordseite des Bahnhofs Goddelau-Erfelden aufgesplittet und separat weiter­geführt. Daher gab es von Nummer 63 bis 85 die Posten­nummern doppelt; und in archivalischen Schriftstücken zur Riedbahn muß dann immer etwas genauer geschaut werden, welcher Streckenast gemeint ist, um Posten mit gleicher Nummer richtig zuzuordnen.

Ludwigstraße.

Bild G01: In Verlängerung der Goddelauer Ludwig­straße führte hier eine Straße in Richtung Erfelden. Sie kreuzte am Posten 63 sowohl die Strecke nach Darmstadt, etwa in Höhe des Einbahn­straßen­schildes, als auch die Strecke nach Frankfurt, im Hintergrund anhand der Oberleitung zu erkennen.

Die beiden Bahnübergänge 1988.

Bild G02: Die beiden Bahnüber­gänge über die Riedbahn aus ähnlicher Perspektive, etwa zwanzig Jahre früher. Vorne liegen noch die Gleisreste des Darmstädter Astes, während der Radfahrer auf dem Feldweg nach Erfelden der noch aktiven Strecke nach Frankfurt entgegen­strebt. Dahinter ist weites Land. Aufnahme: Eva Lorenz, August 1988.

Streckenposten 63.

Bild G03: Diese schon in mehreren Publikationen veröffentlichte Aufnahme soll den Schranken­posten 63 kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs zeigen. Die Häuser im Hintergrund gehören schon zu Goddelau, so daß wir hier am Bahn­übergang zur Darmstädter Strecke stehen dürften. Von den drei Herren rechterhand sind die Namen überliefert: Ludwig Hartung (ganz rechts), Heinrich Hartung und noch ein Heinrich Hartung, der ein Bruder von Ludwig gewesen sein soll. Dem Hartung mit zivilem Strohhut gehörte das Zimmerei­geschäft in der Bahnhof­straße [1]. Quelle: Sammlung Lorenz.

Streckenposten 63.

Bild G04: Kurz vor Einstellung des Bahn­verkehrs zwischen Goddelau und Griesheim Ende September 1970 entstand im Jahr zuvor dieses Bild des Strecken­postens am Rande von Goddelau. Das zweite Gleis fehlt schon, während der Fahrdraht für Rangier­zwecke einige hundert Meter weit über das Darmstädter Streckengleis gespannt wurde. Aufnahme: Georg und Michael Menzendorff.

Güterzug bei Goddelau.

Bild G05: Noch ganz ohne die heutige Lärm­schutzwand präsentiert sich 1969 die elektrifizierte Riedbahn kurz vor der nördlichen Einfahrt nach Goddelau. Hier rollt ein bunt gemischter Güterzug gen Süden, ganz anders als heute, wo Ganzzüge häufig recht monoton aus Containern, Kesseln und Schütt­wagen bestehen. Aufnahme: Georg und Michael Menzendorff.

Ausfahrt Goddelau-Erfelden.

Bild G06: Nördliche Ausfahrt Goddelau-Erfelden, aus dem Richtung Frankfurt fahrenden Zug aufgenommen. Dieses vermutlich in den 70er Jahren entstandene Bild zeigt rechts den Gleisstummel mit abschließendem Prellbock auf der ehemaligen Bahntrasse nach Darmstadt, sowie links den Wärter­posten 63. Aufnahme: Karl Aßmann.

S-Bahn nach Frankfurt.

Bild G07: Der Weg am linken Bildrand knickt hinter dem Busch nach links ab und bildet dann den weiteren Verlauf der ehemaligen Straße nach Erfelden – oder handelte es sich bloß um einen besseren Feldweg? Bahnüber­gang 63 befände sich dann etwa auf Höhe des Pantografen des S-Bahn-Zuges. Hier fährt Triebwagen 420 271-9 mit einer weiteren Einheit kurz nach Verlassen des Bahnhofs Riedstadt-Goddelau bei Kilometer 46,2 in der Kurve Richtung Frankfurt Haupt­bahnhof.

Der Bahnüber­gang war schon in den 1960er Jahren nur tagsüber zugänglich. Von April bis Oktober 1971 beispiels­weise war er nur von 6 bis 20 Uhr geöffnet [2]. Zwischendrin wurde auch einmal gebaut. Wegen Umbau der Gleisanlagen war der Übergang im September 1971 für vier Tage voll­ständig dicht [3]. Im November 1971 war Übergang Nr. 62 von ähnlichen Gleisbau­arbeiten betroffen; auch hier dauerte die Sperrung vier Tage [4].

Ausfahrt Richtung Frankfurt.

Bild G08: Zur Beschleunigung des ICE-Hoch­geschwindigkeits­verkehrs auf der Riedbahn wurden in Goddelau 1992/93 zwei Maßnahmen durch­geführt. Zum einen wurde die Kurve in Richtung Frankfurt entschärft. Auf dem ehemaligen Auszieh­gleis mit dem zugehörigen Gleis­anschluß des Holzhandels Horst wurde das Einfahrts­gleis nach Goddelau verlegt. Im weiteren Verlauf wurde die alte Trasse gekreuzt …

Ausfahrt Richtung Frankfurt.

Bild G09: … und etwas weiter östlich in einer Art ausholender Gleis­schwingung fort­geführt, um alsdann aufs alte Gleisbett zurück­zukehren. Die andere Maßnahme bestand darin, den Bahnüber­gang 62 durch eine Brücke über die Riedbahn zu ersetzen. Für beide Aufnahmen nutzte Eva Lorenz 1992 oder 1993 die neue Brücke. [5]

Der Bahnübergang 62

An der Nordwest­seite des Bahnüber­gangs 62 an der Straße nach Erfelden befand sich die Holz­handlung Horst. Diese erhielt wohl mit Beginn der französischen Besatzung 1919 einen eigenen Gleis­anschluß. [6].

Holzhandel Horst.

Bild G10: Der Holzhandel A. Horst vom Bahn­übergang aus gesehen. Im Hintergrund stehen zwei Holzwaggons auf dem Anschluß­gleis. Am Holzhandel führt das Auszieh­gleis vorbei, es folgen die beiden Gleise der Riedbahn von und nach Frankfurt; im Vorrdergrund das Einfahrts­gleis aus Darmstadt. Quelle: Horst Zennen, Sammlung Lorenz.

Holzhandel Horst.

Bild G11: Eine weitere Aufnahme der Holz­handlung. Beide sollen um 1960 herum entstanden sein. Quelle: Horst Zennen, Sammlung Lorenz.

Bahnübergang 62.

Bild G12: Sozusagen in den letzten Zügen präsentiert sich der Bahnüber­gang 62 kurz vor seiner Schließung mit Blick auf Goddelau. Aufnahme: Eva Lorenz.

Wie schon in Leeheim-Wolfs­kehlen, so fotografierten sich die hier stationierten Bundes­bahner auch in Goddelau-Erfelden gegenseitig in typischen Betriebs­situationen.

Posten 62.
Posten 62.

Bild G13/14: Am Schrankenposten 62. Links beobachtet Heinz Lumpe, dem wir noch als Stellwerker begegnen werden, aufmerksam den Verkehr. Rechts findet ein Culemeyer-Transport zum Erdölfeld zwischen Wolfskehlen und Stockstadt statt. Aufgenommen vor 1964; Sammlung Lorenz.

Der Bahnhof Goddelau-Erfelden besaß zwei Culemeyer-Verlade­stellen. Eine befand sich in Höhe der alten Güter­halle, eine weitere in Höhe der Gurkenhalle (Lebensmittel Vatter). Täglich sollen zehn Öltransporte statt­gefunden haben. [7]

Zugausfahrt.

Bild G15: 1960 oder 1961 fertigte Karl Ernst Maedel vom Bahnüber­gang 62 aus zwei Bilder ausfahrender Züge an. Schemenhaft ist auf den Scans eine Uhrzeit zu erahnen; es dürfte kurz vor neun Uhr morgens sein. Während auf dem ersten Bild mit der ausfahrenden 50 2292 nur ein Schienenbus zu sehen ist …

Zugausfahrt.

Bild G16: …  sind es bei der kurz darauf erfolgten Ablichtung derer zwei. Dies paßt – Verspätungen einmal ausge­schlossen – zu folgenden Zug­leistungen: Der linke Schienenbus wird um 9.42 Uhr als 3623 nach Darmstadt fahren. Der zweite Schienenbus ist auf dem zweiten Bild gerade erst um 9.37 Uhr als 3626 aus Darmstadt eingetroffen und wird um 9.42 Uhr weiter nach Worms fahren. Der mit 01 094 ausfahrende Eilzug müßte dann der E 595 von Freiburg nach Frankfurt, Abfahrt um 9.40 Uhr, sein. Aufnahmen: Karl Ernst Maedel. [8]

Das Stellwerks­gebäude im Hintergrund schauen wir uns nach dem Gleisplan des Bahnhofs­geländes etwas näher an.

Die Gleisanlagen von Goddelau-Erfelden

Gleisanschlußplan Goddelau-Erfelden 1973 nördlicher Teil. Gleisanschlußplan Goddelau-Erfelden 1973 Teil 2. Gleisanschlußplan Goddelau-Erfelden 1973 Teil 3. Gleisanschlußplan Goddelau-Erfelden 1973 Teil 4. Gleisanschlußplan Goddelau-Erfelden 1973 südlicher Teil.

Abbildung G17: Gleisplan des Bahnhofs Goddelau-Erfelden, Bearbeitungs­stand 1973. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bahnüber­gänge 63 (Ludwig­straße), 62 (Bahnhof­straße), 60 (Am Schwarzbach) und 59 (Bundes­straße 44 zwischen Stockstadt und Goddelau) noch vorhanden; ebenso der am Wärterposten 60 abzweigende Schienen­strang mit Gleis 18­. Nach der Elektrifizierung der Strecke 1964 verschwanden die beiden Wasser­türme (1969) und das alte Stellwerk „Gef“. [9]

Stellwerk Geb.

Bild G18: Eine frühe Aufnahme zeigt das Befehls­stellwerk „Geb“ am Nordkopf von Bahnsteig 2 mit den Gleisen 2 und 3. Es handelt sich entweder um die „centrale Weichen- und Signal­steuerung“ von 1888 oder um das 1907 errichtete Stellwerk der Bauart Jüdel. Das Stellwerk selbst wechselte mehrfach die Bezeichnung. Es hieß um 1900 herum Stellwerk III und schließlich als Fahrdienst­leiter­stellwerk „Gef“. Links daneben die Güterhalle, rechts im Hintergrund die Holz­handlung Horst am Bahnüber­gang 62. Quelle: Spengler, Sammlung Lorenz. [10]

»»  Die Stellwerke von Goddelau-Erfelden und die dazu gehörigen Stellwerks­bezirke werden im dritten Teil ausführlicher vorgestellt.

Der Bahnhof

Als im April 1869 die ersten Züge von Darmstadt nach Gernsheim fuhren, mußten die Reisenden zunächst mit einer besseren Bretterbude vorlieb nehmen. Den Aktionären der Hessischen Ludwigsbahn wollte man nicht zuzumuten, auf eine angemessene Dividende verzichten zu müssen; und so ließ die Gesellschaft zunächst sogenannte „provisorische“ Stations­gebäude errichten. Nicht einmal bis zur Verstaat­lichung der Gesellschaft 1897 waren alle Stationen der Riedbahn mit „definitiven“ Empfangs­gebäuden versehen worden. Die Geschäfts­berichte der Gesellschaft berichten eher kärglich von den Fortschritten zur Herstellung von Minimal­standards eines gewissen Reise­komforts.

1877 befand sich das definitive Stations­gebäude im Bau, auch ein Güter­schuppen war errichtet worden, sowie eine neue Verladerampe wegen der Einführung der Riedbahn­gleise aus Frankfurt 1879. Im Jahr darauf war das Empfangs­gebäude, ein Typenbau, fertig­gestellt, sogar an einen Abtritt hatte man gedacht. 1880 gab es eine kleine Drehscheibe; der Verladeplatz wurde chaussiert. Ende 1882 waren die Neben­gebäude im Rohbau, im Jahr darauf voll­ständig hergestellt. 1883 war auch eine Brücken­waage aufgestellt. 1885 wurden die Steine für den Bau eines Wohn­gebäudes für die Bahnbeamten aus dem Steinbruch der Hessischen Ludwigsbahn bei Flonheim geliefert. Im Jahr darauf war das Wohn­gebäude mit Waschküche und Stall errichtet worden; zudem wurde der Wartesaal neu hergestellt. [11]

Bahnhofsgebäude Ortsseite.

Bild G19: Ansicht des Empfangs­gebäudes vom Ort aus, Aufnahme vom August 2013.

Bahnhofsgebäude Gleisseite.

Bild G20: Seit über zwanzig Jahren erfüllt das Gebäude keinen erkennbaren Zweck mehr. Automaten haben den Fahrkarten­schalter ersetzt und Reise­gepäck kann auch nicht mehr aufgegeben werden.

Mehrzweckgebäude.

Bild G21: Anfang der 1970er Jahre bestand das Gebäude­ensemble noch aus Sozial­gebäude, Schlosserei, Schreinerei, Eilgut­schuppen (gleisseitig links vom Empfangs­gebäude), sowie Übernachtungs­gebäude für das Bahn­personal und Waschküche rechts davon. Die Aufnahme vom August 1988 zeigt das Mehrzweck­gebäude, in dem Sozialräume, Werkstätten und die Basa untergebracht waren. Aufnahme: Eva Lorenz.

Mehrzweckgebäude.

Bild G22: Das Vergleichsbild vom Juli 2013 auf das längst privatisierte Mehrzweck­gebäude.

Weiterleitungshalle.

Bild G23: Wesentlich früher fiel der Spitzhacke ein Gebäude zum Opfer, das ohne Krieg und Militarismus gar nicht denkbar gewesen wäre. Zwischen dem Mehrzweck­gebäude und dem Schranken­posten 62 wurde während des Ersten Weltkrieges eine sogenannte Weiterleitungs­halle gebaut. In Goddelau-Erfelden wurden Züge zusammen­gestellt oder umgruppiert, die den Nachschub in beiden Weltkriegen an die Front brachten. Das zugehörige Personal, aber auch manches Material wurde in einer eigens errichteten Baracke untergebracht. [12]

Schalterhalle.

Bild G24: Vor vierzig Jahren gab es hier noch keine Automaten, sondern Schalterdienst, und zwar montags von 5.00 bis 20.30 Uhr; dienstags bis samstags wurde erst um 6.00 Uhr aufgemacht. An Sonntagen war der Schalter von 7.00 bis 10.15 und von 11.50 bis 21.00 Uhr geöffnet [13]. Aufnahme: Eva Lorenz, 1995.

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Der Fahrkartenschalter in Goddelau-Erfelden wird ab 01. November 1995 geschlossen.

Ihre
Deutsche Bahn AG“ [14]

Wasser und Züge

Bahnhofsgebäude mit Wassertürmen.

Bild G25: Sicherlich hundert Jahre hat diese Aufnahme auf dem Buckel, die ich in der Bahnhofs­gaststätte „Zum Ali“ in Goddelau hängen sah und abfoto­grafierte. Die Qualität der Wiedergabe dieser Aufnahme ist folglich bescheiden, aber das Motiv ist stark. Zwei Wassertürme versorgten den Bahnhof und die umfangreichen Gleis­anlagen mitsamt ihrer Dampf­lokomotiven mit ausreichend Frischwasser. [15]

Die beiden Wassertürme.

Bild G26: Der Geschäfts­bericht für 1888 vermeldet die Errichtung eines Wasser­reservoirs, das einige Jahre später durch einen zweiten Wasserturm ergänzt werden mußte. Quelle der Aufnahme unbekannt, Sammlung Lorenz.

Bahnhofsszene.

Bild G27: Bahnhofsszene mit Wittfeld-Triebwagen auf dem Haus­bahnsteig, wohl bei der Ankunft aus Darmstadt. Diese Aufnahme aus dem Fahrdienst­leiterstellwerk entstand vielleicht in den späten 1920er oder frühen 1930er Jahren. Aufnahme: vermutlich Georg Spengler.

Bahnhofsszene.

Bild G28: Rund drei Jahrzehnte später sehen wir Ende der 1950er Jahre um die Mittagszeit einen Transport mit Lademaß­überschreitung auf Gleis 2 stehen. Aufnahme: Georg Engelhardt.

Auf dem Bahnsteig.

Bild G29: Das hat sich der Fotograf näher angeschaut. Es scheint sich um den Transport eines von Siemens gefertigten Transformators zu handeln. Der Aufenthalt auf Gleis 2 könnte darauf hindeuten, daß der Zug von Darmstadt oder Aschaffen­burg herkam.

Rheingold.

Bild G30: Von 1928 bis 1939 fuhr der von 18 524 gezogene luxuriöse Fern­schnellzug „Rheingold“ auf dem Weg aus den Niederlanden in die Schweiz auch durch Goddelau-Erfelden. Diese Aufnahme entstand ebenfalls aus einem Fenster des Befehls­stellwerks heraus; vermutlich durch Georg Spengler. Quelle: Sammlung Lorenz. [16]

Weitere Aufnahmen des Rheingold mit 18 524.

Im digitalen Archiv der Eisenbahn­stiftung gibt es (mehr als?) zwei Aufnahmen. Hermann Maey lichtete den Rheingold Richtung Süden 1930 an der Blockstelle Peternach bei Boppard ab [online], ein Jahr später lauerte Carl Bellingrodt dem Gegenzug bei Brohl am Rhein auf [online]. Im Gegensatz zur Bild­legende zeigt die Aufnahme nicht FFD 102, sondern FFD 101.

Auch Georg Engelhardt bannte den Rheingold mit der damals modernen Zuglokomotive V 200 vom Stellwerk „Gs“ aus auf seinen Farbfilm; zu sehen im dritten Teil dieser Reihe.

Rheinblitz.

Bild G31: In den 1950ern befuhr ein aus mehreren Triebwagen bestehender Fern­schnellzug vom Rhein herkommend die Riedbahn, der „Rheinblitz“. Hier besteht er aus einem modernen Triebwagen der Baureihe VT 08, gefolgt von einem weiteren Triebwagen. Dabei handelt es sich vermutlich um einen SVT 06 der Bauert „Köln“. Siehe hierzu auch die Darstellung zu Schnell­triebwagen in den 1950ern auf der Riedbahn. Aufnahme: Georg Engelhardt, Ende der 1950er Jahre.

Rheinblitz.

Bild G32: Eher eine Art Exot war der Ft 1124 von Frankfurt nach Metz aus französischer Produktion. Aufnahme: Georg Engelhardt, Ende der 1950er Jahre.

Intercity nach Basel.

Bild G33: Wieder machen wir einen Sprung um etwa drei Jahrzehnte. Kurz nach sieben am Morgen durch­fährt IC 571 „Breisgau“ den Bahnhof auf dem Weg nach Basel. Die Farbgebung der 103 144 entsprach dem verwirrten zeit­genössischen Geschmack des Bundesbahn-Managements. Linkerhand der Güter­bahnhof mit einigem interessanten abgestellten Gerümpel, rechterhand deuten einige gelbe Fahrzeuge den Bau der neuen Über­führung als Ablösung des Bahnüber­gangs 62 an. Aufnahme: Jörn Schramm, 21. April 1992.

Schnellzug nach Frankreich.

Bild G34: Genau eine Woche später, allerdings diesmal am späten Nachmittag, durcheilt im strömenden Regen der von 110 318 gezogene D 1173 den Bahnhof. Sein Ziel, das er über Strasbourg und Avignon erreicht, ist Port Bou an der französisch-spanischen Grenze. Aufnahme: Jörn Schramm, 28. April 1992.

Unterirdisch.

Bild G35: Unser Fotograf gelangte auf den Bahnsteig durch eine schon lange bestehende und einem anderen düsteren Zeit­geschmack entsprungene sehr bahntypische Unter­führung. Aufnahme: Jörn Schramm, 21. April 1992.

Weitere Aufnahmen aus Goddelau-Erfelden.

Der Fotostream von Nancy Cunningham auf Google Plus (ihr wißt schon: Datenkrake) zeigt drei Bilder eines Transportes von vermutlich Displaced Persons im Sommer 1945 in Kranichstein und Goddelau-Erfelden. Außer dem aus Güterzug­wagen bestehenden Zug auf dem Goddelauer Hausbahn­steig sind im Hintergrund das Stellwerk „Gm“ und rechts die Güter­anlagen mit einigen abgestellten Wagen­einheiten zu sehen. Der Fotograf gehörte vermutlich dem 713th Railway Operating Battalion der US Army an. Das Bild aus Goddelau kann hier betrachtet werden.

Am 13. März 1991 entgleiste am Nordkopf des Bahnhofs von Goddelau-Erfelden in Höhe der Holz­handlung Horst ein ICExperimental, vermutlich aufgrund von Gleisbau­arbeiten, bei langsamer Fahrt. Von den Folgen der Entgleisung gibt es Aufnahmen von Wolfgang Pfaffen­berger im Historischen Forum von Drehscheibe Online.

ICE Experimental.

Bild G36: Auch Klaus D. Holzborn schaute sich das Malheur an. Im Hintergrund wartet 294 234, um den noch einzugeisenden Triebzug­rest abzuschleppen.

Auf welchem Gleis

Die folgende Zusammen­stellung gibt eine Übersicht über die ankommenden, abfahrenden und nach einem Zwischen­stop weiter­fahrenden Züge im Laufe der Jahr­zehnte. Angestrebt wurde in etwa ein 20-Jahres-Rhythmus, wobei mitunter die Quellenlage die Auswahl des Jahres bestimmte. Selbst wenn ich die Züge nicht richtig durchge­zählt haben sollte, ist die Aufstellung als Tendenz aussage­fähig genug. Manch frühe Schnellzüge wurden später zu Eilzügen degradiert. Heutige Regional­expresse wurden den Eilzügen zugeordnet, heutige Regional­bahnen und vorherige Nahverkehrs- und Nahschnell­verkehrszüge den Personen­zügen. Im Sommer 1989 gelangten zwei Züge aus Frankfurt als Eilzüge nach Goddelau-Erfelden, waren danach jedoch als Nahverkehrs­züge eingruppiert. Praktischer­weise wurden sie halbe/halbe als Personen- und Eilzug gerechnet. Hinsichtlich der geringeren Halte­frequenz im Sommer 1989 gegenüber dem Sommer 1969 wirkt sich die 1970 vollzogene Einstellung des Verkehrs von Goddelau-Erfelden nach Darmstadt zahlenmäßig aus.

Tabelle G1: Zugbewegungen in Goddelau-Erfelden.
Zughalte in Goddelau-Erfelden bzw. Riedstadt-Goddelau
 Sommer
1869
Winter
1889/90
Sommer
1910
Sommer
1928
Winter
1937/38
Sommer
1950
Sommer
1969
Sommer
1989
Sommer
2013
 So 1869Wi 89/90So 1910So 1928Wi 37/38So 1950So 1969So 1989So 2013
Schnellzüge033222000
Eilzüge / RE008245181640
Personenzüge10194565687575642
S-Bahnen0000000074
Auf dem Bahnsteig.

Bild G37: Diese Aufnahme eines unbekannten Fotografen soll um 1930 herum entstanden sein. Sie zeigt einen von 57 2076 gezogenen Personenzug. Diese Lokomotive wurde 1920 bei Hanomag gebaut und ging zunächst an die Königliche Eisenbahn­direktion Stettin. Sie gelangte 1945 nach Polen, wo sie 1971 ausgemustert wurde. Quelle: eigene Sammlung.

Reichsarbeitsdienst.

Bild G38: Arbeiter des in Crumstadt stationierten Reichs­arbeits­dienstes (RAD) während ihrer Verpflegungs­pause auf dem Güter­bahnhof von Goddelau-Erfelden. Ihre Aufgabe war es 1936, mit der Reichsbahn angelieferte vorgefertigte Baracken­teile für den Aufbau des Lagers in Crumstadt umzuladen. Von Crumstadt aus zogen die Arbeits­kolonnen durch das Hessische Ried, um Gräben und Kanäle für die Entwässerung zu ziehen. Quelle: Thomas Kraft, Crumstadt; Sammlung Peter Merschroth.

Auf welchem Gleis die Lokomotive mit ihrem Zug eingelaufen ist, läßt sich nicht genau bestimmen. Das Bild der jungen Männer mit den Bahnsteigen im Hintergrund hilft jedoch bei der Eingrenzung. Goddelau-Erfelden verfügte in den 1930er Jahren über fünf Bahnsteig­gleise. Der Haus­bahnsteig scheidet schon allein aus architek­tonischen Gesichts­punkten aus. Die beiden Mittelbahn­steige sind so ausgestattet, daß das Schild mit dem Stations­namen jeweils in Fahrt­richtung am vorderen Ende des Zuges angeschraubt war; und links daneben hing die jeweilige Bahnsteig­uhr. Die Bahnhofs­unterführung ist an beiden Bahnsteigen von der Südseite aus erreichbar. Leider trägt das Lokomotiv­bild dies­bezüglich nicht zur Klärung bei, weil schon der Abzug zu unscharf ist. Wir erkennen jedoch keine Uhr und das Stations­schild befindet sich am Ende des Bahnsteigs. Somit scheiden die beiden Durchgangs­gleise 3 und 4 aus, weil auf deren Seite die Uhr gehangen hat. Demnach ist die Lokomotive entweder mit einem Personen­zug aus Darmstadt auf Gleis 2 eingelaufen oder sie kam von Mannheim oder Worms auf Gleis 5 an. Schemen­haft ist im Hintergrund ein Stellwerks­gebäude zu erkennen. Da jedoch am Ende beider Bahnsteige jeweils ein Stellwerk stand, hilft auch dies bei der Identifizierung nicht weiter.

Am Güterbahnhof

Schon im 19. Jahrhundert wurde auf der Westseite der Gleisanlagen der Grundstock für die späteren ausgedehnten Güter­anlagen gelegt. In den beiden Weltkriegen bildeten die Güter­gleise einen Teil der Nachschub­logistik der jeweiligen Militärs. Deshalb waren die Bahnhofs­anlagen von Goddelau-Erfelden im Zweiten Weltkrieg wiederholt das Ziel alliierter Bomben­angriffe. Heute wird nur noch ein Teil dieser Gleise genutzt, um Über­holungen durch­zuführen oder Autotransport­wagen dem Gleis­anschluß des örtlichen Auto­logistikers zuzuführen. Die zu einem Güter­bahnhof gehörenden Gebäude und Schuppen hingegen sind längst abgetragen worden. Das war Ende der 1980er Jahre noch nicht der Fall, so daß einige Aufnahmen dieses Ensembles erhalten sind.

Altes Ladegleis.

Bild G39: In den Sommer­monaten verstecken sich die traurigen Überreste der Gütergleise unter viel Gestrüpp. Nur ab und zu, wie hier im Mai 2013, blitzt ein Restbestand der Güter­verladung aus dem Grün hervor. Hier das im Plan mit der Nummer 152 bezeichnete Gleis an der Ladestraße.

Kleine Rangierlokomotive.

Bild G40: Auf einem der noch angebundenen Güter­gleise steht die Deutz-Rangier­lokomotive Nr. 57511 [info], zu ihrem eigenen Schutz in einem Käfig eingesperrt. Sie gehört zum örtlichen Reifenhandel Kurz, kam dort jedoch nicht mehr zum Einsatz. Das zugehörige Anschluß­gleis wurde Mitte der 2000er Jahre gekappt. Aufnahme vom März 2014.

Güterhalle.

Bild G41: Schon nicht mehr benötigt wurde im August 1988 die Güterhalle an der Straße nach Erfelden. Aufnahme: Eva Lorenz.

Güterschuppen.

Bild G42: Ähnlich trostlos präsentierte sich der ehemalige Güter­schuppen für Gurken und andere landwirt­schaftliche Güter. Aufnahme: Eva Lorenz.

Güterschuppen.

Bild G43: Ein Blick von der gegenüber­liegenden Seite. Aufnahme: Eva Lorenz.

Lademaß.

Bild G44: Bei den sich selbet über­lassenen Gleisen an der Westseite fand ich im Oktober 2015 noch das Lademaß vor.

Fahrt frei in den Süden

Im Innern von Stellwerk II.

Bild G45: Am Richtung Stockstadt gelegenen Ende des Bahnsteigs zwischen den Gleisen 4 und 5 stand das mittlere der drei Goddelauer Stellwerke (Stellwerk II). An den Stellhebeln ließ sich Heinz Lumpe von seinem Kollegen Albert Roth ablichten. Durch das Fenster schemen­haft zu erahnen ist der südlichere der beiden Wassertürme; die offene Türe führt zum Abgang auf den Bahnsteig. Die Aufnahme entstand vermutlich Ende der 1950er Jahre. Quelle: Sammlung Lorenz.