Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau
Walter Kuhl
Rangierfahrt auf der Riedbahn.
Auf der Riedbahn.
Bahnhof Biebesheim.
Biebesheim.
Bahnhof Groß Gerau-Dornberg.
GG-Dornberg.
Bahnhof Groß-Rohrheim.
Groß-Rohrheim.
Bahnhof Stockstadt.
Stockstadt (Rhein).

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau

Von Leeheim-Wolfskehlen nach Stockstadt (Rhein)

Teil 3: Goddelau-Erfelden (Südseite)

Seit 1869 verband die Riedbahn die damals hessische Stadt Worms und das südliche Ried mit der groß­herzoglichen Residenz­stadt Darmstadt. Als Konkurrenz­strecke zur Main-Neckar-Bahn ließ die Hessische Ludwigsbahn ein Jahrzehnt später die heute als Riedbahn geläufige Nord-Süd-Verbindung von Frankfurt am Main nach Mannheim am Neckar von unzähligen fleißigen und vermutlich nicht gerade üppig bezahlten Arbeitern errichten. Goddelau-Erfelden war ein wichtiger Verknüpfungs­punkt von alter und neuer Riedbahn. Die nächsten Stationen im Norden und Süden waren und sind Leeheim-Wolfs­kehlen (heute S-Bahn-Haltepunkt Riedstadt-Wolfs­kehlen) und Stockstadt.

Ich habe diese Abhandlung auf vier Unter­seiten aufgeteilt. Neues foto­grafisches Material ließ sich nur so sinnvoll einarbeiten. Ein besonderer Dank geht an Karl Aßmann, Heinz Bartelmeß, Jörn Schramm und Georg und Michael Menzendorff, die für diese Seite eigene Aufnahmen beige­steuert haben. sowie an das Archiv des Eisenbahn­museums in Darmstadt-Kranichstein, in dem ich so manchen Gleisplan gefunden habe. Ganz besonders aber bin ich Frau Lorenz zu Dank verpflichtet, die in den 80er und 90er Jahren eine Fülle an Material zusammen­getragen hat, das ich hier verwenden darf. Für Unzuläng­lichkeiten in der Darstellung, gar fehlerhafte Zuordnungen, bin jedoch alleine ich verant­wortlich.

Meine eigenen Aufnahmen entstanden zwischen 2008 und 2016. Weiter unten wird auf einen Gleisplan von Goddelau-Erfelden Bezug genommen, der im zweiten Teil des Vierteilers zu finden ist.

Dieses Kapitel ist die Fortsetzung der Beschreibung der Gleisanlagen von Goddelau-Erfelden mit den Bahn­übergängen 63 und 62, den Bahnsteig­gleisen und dem Güterbahnhof.


Anschlußgleise auf der Westseite

Im Ersten Weltkrieg war der Bahnhof von Goddelau-Erfelden ein Teil der Kriegs­maschinerie. Auf der Westseite entstand ein großes Lager für Militär­güter, insbesondere Heu und Hafer für die Kavallerie und Arbeitspferde. Manche Bauern verdienten nicht schlecht an den Lieferungen für das heißhunrige Militär. Auf diesem Gelände siedelte sich im Zweiten Weltkrieg eine Dependance des Krupp-Konzerns an. Eine 1945 entstandene Aufnahme zeigt einen länglichen Schuppen parallel zu den Gleisanlagen, [online auf einer Seite der Datenkrake].

„Es waren 30–40 zum größten Teil kriegsversehrte Matrosen, 10–15 Wehrmachts-Verwaltungs­beamte sowie 2 Boots­besatzungen mit je 18 Mann, die während des Krieges bei der Goddelauer Zweig­niederlassung der Fa. Krupp die Teile für Landungs­boote (Marine­fährpram) aus verschiedenen Teilen Deutschlands erhielten und sie zusammen­setzten. Diese mit 10,5 und 2 cm Oerlikon-Geschützen bestückten Boote wurden wieder in Einzelteile zerlegt und danach per Bahn nach den Einsatzstellen am Schwarzen Meer gebracht.“ [1]

Es ist möglich, daß die zugehörige Abstell­anlage ebenfalls erst mit Beginn des Zweiten Weltkriegs errichtet wurde, und damit dann wohl auch das Stellwerk „Gr“ – Vermutlich erst nach 1945 siedelte sich etwas weiter südlich davon das Teerwerk aus Ober-Ramstadt an. In diesem wurden Papp­eindeckungen produziert.

Blick auf das ehemalige Krupp-Werksgelände.

Bild E01: Die beiden Kräne auf dem vormaligen Werks­gelände von Krupp Stahlbau. Aufnahme vom August 2008.

Im Mai 1955 erfolgte die Abnahme des von der Biebesheimer Bauunter­nehmung Hch. Ph. Schäfer III. errichteten (zweiten) Anschluß­gleises der Fried. Krupp Stahlbau Goddelau. Auf dem Werks­gelände standen ein Zehn- und ein Zwei­tonnenkran; dieses Anschluß­gleis wurde allerdings nicht bis dorthin durchgeführt; es muß jedoch 1955 schon ein weiteres von Süden herkommend bestanden haben. [2]

Zuführung auf das ehemalige Krupp-Werksgelände.

Bild E02: Von Süden her, fast schon in Höhe des Rangier­stellwerks „Gr“, wurde das Anschluß­gleis für die Krananlage zugeführt. Damit verbunden scheint eine eigene Abstell­gruppe gewesen sein. Gleisreste dürften (auch 2019) immer noch im Gestrüpp zu finden sein. Aus diesem Anschluß­gleis wurde 1949 ein weiterer Gleis­anschluß für das Teerwerk mit Sitz in Ober-Ramstadt ausge­fädelt. Dieser Gleis­anschluß wurde innerhalb des Firmen­geländes auf zwei Gleise aufgesplittet.

Ausschnitt Meßtischblatt 6116.

Bild E03: Das Fabrik­gelände mitsamt Gleis­anschluß der Goddelauer bzw. Erfelder Nieder­lassung des Teerwerks – es liegt schon auf Erfelder Gemarkung – ist auf einem 1954 datierten Meßtisch­blatt gut zu erkennen. Quelle: Army Map Service, Corps of engineers, März 1956 [online].

Das Gelände, auf dem in den 1950er Jahren das Teerwerk und Krupp ihre Dependancen besaßen, ist heute zersplittert. Ein Kran­unternehmen, ein Auto­logistiker und ein Reifen­handel sind die größten Anlieger; nur der Auto­logistiker wird heute noch über ein Anschluß­gleis beliefert. Der Reifen­handel hätte zwar gerne seinen Anschluß behalten, aber die Deutsche Bahn hatte andere Pläne und verkündete anfangs des Jahr­tausends ihr wegweisendes Infrastruktur-Zerstörungs­werk MORA-C.

Autoanlieferung.

Bild E04: Das Unternehmen ARS Altmann betreibt in Goddelau eines ihrer vielen Logistik­zentren. So wurden hier beispiels­weise Opel Astra aus Groß­britannien in geschlossenen Doppelstock­waggons angeliefert. Auf einer Fläche von 210.000 Quadrat­metern können bis zu 7.500 miefige Einheiten abgestellt werden. Eher zufällig begegnete mir im Mai 2013 auf einer Exkursion die Rangier­lokomotive V 62 der Darmstädter Kreis-Eisenbahn [porträt] mit einigen dieser Waggons beim Umsetzen auf dem südlichen Goddelauer Bahnhofs­gelände.

Die Ironie dieser Geschichte ist: die Deutsche Bahn entledigt sich großer Teile des ihr lästigen Güter­verkehrs, befördert aber liebend gerne die Gefährte der Konkurrenz. Kein Wunder, wurden doch mit Mehdorn, Grube und Lutz ehemalige Automobil­manager auf den Chefposten gehievt. Da kann nun wirklich nichts schief gehen … – Und im Sinne der Auftraggeber stimmt das ja auch.

Die Stellwerke

Eine erste „centrale Weichen- und Signal­steuerung“ mit zwei Stellwerks­buden wurde am 2. Mai 1888 in Betrieb genommen. Diese Anlage wurde bald darauf abgeändert am 14. Juli 1894 in Betrieb genommen. Die zugehörige „besondere Dienst­vorschrift für die Bedienung der Weichen- und Signal­stellwerke auf dem Bahnhof Goddelau-Erfelden“ wurde im Juli 1902 geändert. [3]

Nr. 326.  Aenderungen und Versetzung von Signalen auf den Stationen Groß-Rohrheim, Biebesheim und Goddelau-Erfelden.

[…]

c) Bahnhof Goddelau-Erfelden.
Das einfl[ügelige] Ausfahrtsignal B – Ausfahrt aus Gleis VI nach Stockstadt – ist von km 45,05 nach km 44,95 sowie das einfl[ügelige] Ausfahrtsignal C – Ausfahrt aus Gleis V nach Stockstadt – von km 45,05 nach km 44,95 versetzt worden.

Quelle: Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahn­direktion in Mainz, Nº 31 vom 15. Juni 1907 [online ulb darmstadt].

Signalanordnung. Signalanordnung.

Abbildungen E05 und E06: Veränderung der Signale auf Bahnhof Goddelau-Erfelden. Quelle: Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahn­direktion in Mainz, Nº 63 vom 14. Dezember 1907 [online ulb darmstadt] und [online ulb darmstadt].

Im Juli 1908 wurde an der nördlichen Einfahrt von Wolfs­kehlen (Darmstadt) her eine elektrische „Huppe“ eingebaut. Sie diente der Verständigung des vor dem Haltesignal angekommenen Zuges mit der Befehls­stelle in Stellwerk III. „Der hierdurch betätigte Wecker erinnert das Stellwerk III an die Freigabe des Einfahrt­signals.“ Sofern die Strecke noch nicht frei war, wurde über die Hupe das Wartezeichen (kurz lang kurz kurz kurz) übermittelt. [4]

Anfang der 1960er Jahre verfügte der Bahnhof Goddelau-Erfelden über vier Stellwerke. Das Fahr­dienstleiter­stellwerk „Gef“ (zuvor auch „Geb“ genannt) stand am Nordkopf vom Bahnsteig mit den Gleisen 2 und 3. Das mittlere Stellwerk „Gm“ befand sich am Südkopf des Bahnsteigs mit den Gleisen 4 und 5. Ein drittes Stellwerk „Gs“ stand in Höhe des heutigen Stellwerks, jedoch zwischen den Strecken- und den Rangier- und Abstell­gleisen. Ganz am Südende, am Posten bzw. Bahnüber­gang 60 an der Straße nach Erfelden gelegen, überwachte Stellwerk „Gr“ die Einfahrt in die Rangier­abteilung. Diese vier Stellwerke besaßen rein geografisch geordnete Zuständig­keiten von Nord nach Süd. Sie wurden am 6. Mai 1968 durch ein Spurplan­stellwerk (Bauart Sp Dr S60) abgelöst.

Das Befehlsstell­werk „Gef“ war mechanisch, Bauart Jüdel, und wurde 1907 gebaut. Dasselbe gilt auch für die Wärter­stellwerke „Gm“ und „Gs“. Das Rangiers­stellwerk „Gr“ wurde 1940 gebaut und war ein mechanisches Einheits­stellwerk [5]. Das Baujahr 1940 läßt an eine kriegsbedingte Erweiterung der Gleisanlagen denken; ob Krupp schon damals hier eingebunden war, muß eine vorerst offene Fragestellung bleiben. Die Lokomotiv­fahrordnung von 1959 gibt Einblick in einen Betriebsablauf, an dem drei Stellwerke beteiligt waren.

Lokomotivfahrordnung.

Abbildung E07: Die Lokomotiv­fahrordnung ist auf einer eigenen Seite abgebildet.

Die vier Stellwerks­bezirke, wie sie vor 1968 bestanden haben, sind auf dem nachfolgenden Bahnhofs­plan mit Stand von 1965 eingetragen.

Stellwerksbezirke. Stellwerksbezirke. Stellwerksbezirke. Stellwerksbezirke. Stellwerksbezirke.

Abbildung E08 bis E12: Die Stellwerks­bezirke in Goddelau-Erfelden 1965. Quelle: Sammlung Lorenz.

Wenige Jahre zuvor sah die Gleisanlage am südlichen Stellwerk noch ein wenig anders aus, wie die nach­folgende Aufnahme belegt. Die beiden Hauptgleise sind mittels zweier Doppel­kreuzungs­weichen mit den Seitengleisen verbunden. Hier überholt im Juni 1955 der aus einem VT 08 gebildete Ft 78 zwei am Ausfahrts­signal stehende Züge.

Helvetia.

Bild E13: Der aus dem Stellwerk „Gs“ fotografierende Georg Engelhardt notierte als Uhrzeit 19.10 Uhr. Demnach wäre der Fernschnell­triebwagen „Helvetia“ mit etwa acht Minuten Verspätung unterwegs gewesen. Links daneben stehen zwei Güterzüge.

Leider hat Georg Engelhardt nicht das Stellwerk selbst fotografiert, so daß wir über sein Aussehen nicht Bescheid wissen. Allerdings hat er sowohl die Hebelbank des Befehls­stellwerks an der Nordseite des Bahnhofs (mit dem Kollegen Fahrdienst­leiter) als auch selbige des südlichen Stellwerks abgelichtet. Er brachte es vom Weicherwärter bis zum Betriebs­obermeister und verrichtete seinen Dienst auf den beiden hier abgebildeten Stellwerken.

Hebelbank Gef.
Hebelbank Gs.

Bild E14/15: Links die Hebelbank von „Gef“, rechts die von „Gs“ Beide Aufnahmen entstanden Ende der 1950er Jahre.

Das nunmehr seit einem halben Jahrhundert bestehende Stellwerk „Gef“ ist nicht gerade ein Ausbund an Ästhetik.

Stellwerk Gef.

Bild E16: In der Nähe des S-Bahn-Wende- und Abstellanlage steht unübersehbar das Goddelauer Stellwerk.

Drehkreuze.

Bild E17: Eine etwas eigenwillige Konstruktion findet sich an der Ostseite der Bahnhofs­gleise auf dem Fußweg zwischen dem Bahnsteig und dem Stellwerk, um ein ausgefädeltes Gleis zu überqueren. Da die Türe an der Lärm­schutzwand vermutlich nur selten geöffnet wird, fehlt hier das Drängel­gitter zu den Drehkreuzen.

Aus dem Stellwerk „Gs“ fotografiert

Mittagessen.
Bild E18: Das Mittagessen wird gebracht.

Georg Engelhardt hat bei unter­schiedlichen Gelegen­heiten durchfahrende Reise- und Güterzüge im Bild festgehalten. Auf seinem Stellwerk am Südende des Bahnhofs war er natürlich bestens darüber informiert, wann besondere Zugleistungen zu erwarten waren. So erhalten wir einen einzigartigen Einblick auf das Geschehen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre. Noch seltener sind Alltäg­lichkeiten im Bild fest­gehalten worden. Wie bekam der Stellwerker am Sonntag sein Mittagessen, wenn es weit draußen keine Kantine gab? Nun, das Essen kam mit Ehefrau und Kindern den Bahndamm entlang. Georg Engelhardt wird schon dafür gesorgt haben, daß beim Überschreiten der Gleise kein Zug gefahren ist.

Albert Engelhardt, der Sohn des Stellwerkers, schildert diese Episode in seinen Jugend­erinnerungen, die er für sein Büchlein „Golle. Eine Kindheit in Goddelau (Ried) 1955–1965“ zusammengetragen hat. Als Eisenbahner­kind hat er den Bahnhof von Goddelau und seine Umgebung sehr fein atmo­sphärisch eingesogen. Mehr zum Buch schreibt er auf seiner Webseite.

Rheingold bei Goddelau.

Bild E19: Dem Zug entsprechend liegt hier die einzige Farb­aufnahme vor. Es handelt sich um den F-Zug 10 Rheingold, der bis Mai 1959 mittags von Mainz über die Riedbahn nach Mannheim geführt wurde. Anhand der Bespannung mit einer V 200 und der Wagen­reihung läßt sich das nicht überlieferte Aufnahme­datum auf den Juni 1957 oder den April/Mai 1958 eingrenzen. [6]

Panzerzug bei Goddelau.

Bild E20: Panzerzug mit fünfund­zwanzig M 48A1-Panzern auf dem Weg von Baumholder nach Grafenwöhr, Aufnahme von Ende der 1950er Jahre. Zu diesen Transporten siehe auch die Darstellung zu den US-Militärzügen auf der Riedbahn Mitte der 1950er Jahre.

TEE Helvetia bei Goddelau.

Bild E21: Bei mittäglichem Gegenlicht erschien Ende der 1950er zur Mittagszeit der TEE 77 Helvetia auf dem Weg nach Frankfurt.

Auf dem Weg nach Stockstadt

Halle.

Bild E22: Dieser zum Zeitpunkt der Aufnahme im Umbau befindliche Gebäude­komplex auf der Ostseite der Bahnhofs­anlagen war einst Arbeits­stätte der Goddelauer Fahrleitungs­kolonne. Er steht unweit des Stellwerks, wurde 1969 gebaut und sollte eigentlich eine eigenständige Fahrleitungs­meisterei beherbergen. Aus Kosten­gründen erstellte die Bundesbahn eine Sparversion. Das Gebäude wurde so ausgelegt, daß eine spätere Aufstockung möglich sein sollte. Neben dem Haupt­gebäude umfaßte der Komplex die Werkstätte, eine Lehrlings­werkstatt, Lagerräume und eine Garage. [7]

Halle.

Bild E23: Zwischen dem Gebäude für die Fahrleitungs­kolonne und dem neuen Stellwerk ließ die Bundesbahn am Ende von Gleis 157 eine Triebwagen­halle, wohl für einen Turm­triebwagen der Kolonne, hochziehen [8].

Die Bahnschranken

Die Bahnschranken zwischen Wolfs­kehlen und Stockstadt waren immer wieder unaufmerk­samen Autofahrer­innen und Autofahrern im Weg. Wer freie Fahrt für freie Bürger erwartet, duldet kein der eigenen Sicherheit dienendes Hindernis. Folgerichtig krachte es häufiger. Manche Ausreden waren durchaus kurios. Als ob es eine Über­raschung wäre, wenn man und frau auf einen Bahn­übergang zufährt, und dann die Schranken verschlossen sind. Huch, also damit konnte ich doch niemals rechnen! Fahrer(in)­flucht war bei dieser mentalen Disposition folgerichtig schon damals en vogue. So nach dem Motto: die Bundesbahn ist Staats­eigentum und der Staat gehört auch mir, also darf ich das. Natürlich ist diese Geistes­haltung weit verbreitet, insbesondere in den oberen Etagen der Reichen, Schönen und Mächtigen.

„Eine noch unbekannte Pkw-Fahrerin befuhr die Ludwig­straße in Richtung eines Aussiedler­hofes. Beim Überqueren des Bahnüber­gangs streifte sie mit ihrem Fahrzeug den Schranken­wärter, der sich dort kurzfristig wegen der engen Straßen­verhältnisse verkehrs­regelnd betätigte. Der Schranken­wärter zog sich leichte Verletzungen zu. Die Pkw-Fahrerin setzte ihre Fahrt fort, ohne sich um den Verletzten zu kümmern.“ [9]

„Der Fahrer eines aus Leeheim in Richtung Wolfs­kehlen fahrenden Lastkraft­wagens durchbrach in der Oppen­heimer Straße die geschlosenen Schranken des Bahn­über­gangs. Auf der gegegnüber­liegenden Seite prallte er gegen ein dort haltendes Lastauto. An den Wagen entstanden Schäden von etwa 6000 DM. Die Schranken­bäume wurden völlig deformiert. Der Lastkraft­wagenfahrer, der mit zu hoher Geschwindig­keit die Kreis­straße 3096 entlang­gefahren war, hatte wegen des Nebels die geschlossene Schranke zu spät bemerkt und das Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Halten bringen können.“ [10]

„Am Sonntag gegen 19.20 Uhr befuhr ein Kraftfahrer mit seinem Auto die B44 Stockstadt – Goddelau und bog in die Kreis­straße in Richtung Erfelden ein. Dabei fuhr er, ohne seine Geschwindig­keit zu verringern, gegen die geschlossenen Bahn­schranken. Nach seinen Angaben hatten die Bremsen des Autos, das sicher­gestellt wurde, versagt. Die Bahnbarriere und die Baumlager­schale wurden stark beschädigt. Bei dem Aufprall wurde eine Goddelauer Beifahrerin verletzt. Sachschaden etwa 3000 Mark.“ [11]

„Ein Lastkraftwagen­fahrer, der am Mittwoch­vormittag die Straße von Leeheim nach Wolfs­kehlen befuhr, konnte in Anbetracht der Witterungs­verhältnisse vermutlich wegen zu hoher Geschwindig­keit sein Fahrzeug am Bahn­übergang nicht mehr rechtzeitig anhalten und stieß gegen die geschlossene Bahn­schranke. Eine Behinderung des Eisenbahn­verkehrs trat dabei nicht ein. Der Sach­schaden beläuft sich auf etwa 1500 Mark.“ [12]

„Infolge starken Nebels am Sonntagvormittag mit einer Sichtweite zwischen 70 und 100 Meter erkannte ein Autofahrer, der die B 44 von Dornheim in Richtung Wolfs­kehlen befuhr, die geschlossene Bahn­schranke zu spät und fuhr dagegen. Dabei entstand relativ hoher Sach­schaden von ca. 2500 Mark.“ [13]

„Infolge überhöhter Geschwindig­keit kam am Sonntag gegen 1 Uhr ein amerika­nischer Autofahrer, der die Straße von Erfelden in Richtung B 44 befuhr, am Bahnposten 59 nach links von der Fahrbahn ab und landete auf den Bahn­gleisen der Strecke Frankfurt – Mannheim. Durch die Geistes­gegenwart des Schranken­wärters, der diese Bahnstrecke gleich sperren ließ, konnte ein größeres Unheil vermieden werden. Zwei verletzte Insassen der US Army wurden von einem amerika­nischen Ambulanz­wagen in das Hospital gebracht. Zur Bergung des Fahrzeuges wurde von der Bundesbahn die Biebesheimer Feuerwehr angefordert. Nach den ersten Schätzungen beläuft sich der Sach­schaden auf etwa 5000 Mark.“ [14]

„Am Mittwoch gegen 11.20 Uhr befuhr ein heller Bus die Oppenheimer Straße in Wolfs­kehlen in Richtung Leeheim. Am Bahn­übergang beachtete er nicht das Rotlicht der DB-Ampel­anlage und fuhr gegen die sich senkende Bahn­schranke. Danach stieß er zurück, wartete das Öffnen der Schranke ab und setzte seine Fahrt fort, ohne sich um den ange­richteten Schaden zu kümmern. Das Fahrzeug müßte rechts oben beschädigt sein. Über eine Fernseh­kamera der Bundesbahn wurde der Unfall beobachtet, ohne daß jedoch vorher Beschädi­gungen am Schrankenmast (ca. 500 Mark) bemerkt wurden […].“ [15]

Bahnübergang 60.

Bild E24: Das Stellwerk „Gr“ am Posten 60 hatte schon ausgedient, als diese Aufnahme 1974 entstand. Im Text zum Bild heißt es lapidar: „Neu ausgeschlagen und mit einem ‚Einlauf‘ versehen wird das Bachbett am Bahn­übergang Goddelau – Erfelden in Höhe der Bundes­straße 44.“ [16].

Ehemaliger Bahnübergang 60.

Bild E25: Nur ein etwas unmotiviert im Gelände verbliebener asphaltierter Weg auf der Ostseite der Strecke erinnert an den ehemaligen Bahnüber­gang Nr. 60.

Fundamentrest.

Bild E26: Bei dieser Steinpackung auf der gegenüber­liegenden westlichen Streckenseite dürfte es sich um das Fundament des ehemaligen Bahnwärter­postens 60 bzw. des im Zeitungs­bild erkennbaren Stellwerks handeln.

Bahnübergang 60.

Bild E27: Nachdem 1981 die Bundes­straße 44 in den Westen von Goddelau und Wolfskehlen verlegt worden war, wurden die Bahnüber­gänge Nr. 60 an der Straße nach Erfelden und Nr. 59 für die alte B 44 am 15. Juni 1982 geschlossen. Am linken Bildrand lugt das Stellwerk ins Bild. Die Straße führte noch einige Meter weiter und endete an der alten B 44 von Goddelau nach Stockstadt. Aufnahme: Peter Melchior, Sammlung Lorenz.

Bahnübergang 59.

Bild E28: Während bei der obigen Aufnahme der Bahn­übergang schon geschlossen war, stehen hier noch einige Kraftfahr­zeuge an der Schranke. Links im Hintergrund ist Goddelau zu erahnen, wir blicken demnach von West nach Ost. Diese beiden Aufnahmen dürften 1982 entstanden sein. Aufnahme: Peter Melchior, Sammlung Lorenz.

Erdölbohrung.

Bild E29: Ganz in der Nähe des ehemaligen Bahnüber­gangs 60 wird seit 2015 im Süden von Goddelau ganz unspekta­kulär und ohne Förder­türme Erdöl in vergleichs­weise kleinen Dosen hochgepumpt. Aufnahme aus der Zeit des Probe­betriebs vom September 2015.