Wegesteine in Demitz-Thumitz und Doberschau-Gaußig
Eine wohl vollständige Sammlung dieser Relikte am Wegesrand
Die Oberlausitz bestand zu Beginn des 19. Jahrhunderts wie die meisten Gegenden Deutschlands aus ziemlich vielen kleinen Dörfern und Weilern. Als regionale Besonderheit mag die Namensähnlichkeit mancher dieser Ortschaften gelten, obwohl sie im Sorbischen sicher differenter geklungen haben. So liegt Siebitz in der Nähe von Stiebitz, und es gibt noch ein weiteres Siebitz Richtung Kamenz. Loga bei Luga, Stacha nicht weit entfernt von Storcha, Birkau in Reichweite von Burkau; und auch Auschkowitz und Drauschkowitz laden zum Fehlhören ein. Pannewitz bei Saritsch ist nicht zu verwechseln mit Pannewitz bei Uhyst. Und dann gibt es noch die Farbendörfer Rothnaußlitz, Weißnaußlitz und Schwarznaußlitz, aber seltsamerweise nicht Blaunaußlitz oder Gelbnaußlitz. Da bedurfte es einer klaren Orientierung.
Einst müssen im heutigen Landkreis Bautzen Hunderte dieser Steine gestanden haben. Und auch heute sind noch derart viele Exemplare vorhanden, daß es notwendig wird, die Steinesammlung auf dieser Webseite zu unterteilen. Daher finden sich hier die Wegesteine auf den Gemeindegebieten von Demitz-Thumitz und Doberschau-Gaußig. Eine D-Seite sozusagen.
Die Angabe bedeutet, daß der Wegestein nicht auf der Liste der Kulturdenkmale zu finden ist.
»» Auf der Hauptseite zu den Wegesteinen gibt es ein Vorwort und auf einer weiteren Seite habe ich Gedanken und Erkenntnisse zu diesen steinernen Objekten aufgeschrieben.
»» Julian Nyca hat vor einigen Jahren 78 Bilder von diesen und anderen, teils sehr verschiedenartigen Wege- und anderen Steinen auf Wikimedia Commons hochgeladen.
Meine eigenen Aufnahmen entstanden, wenn nicht anders angegeben, 2023 und 2024.
Demitz-Thumitz
Die beiden zusammengewachsenen Dörfer Demitz und Thumitz sind für ihren Granit und das Eisenbahnviadukt von 1846 (erneuert nach 1945) bekannt. Aber es gibt auch noch andere steinerne Zeugen. Bislang sind mir elf Wegesteine auf dem Gemeindegebiet begegnet. Wenn nicht noch einer ziemlich abseitig steht, dann sind dies alle noch vorhandenen.
Birkenrode / Brězyšćo
Etwas versteckt hat sich der unscheinbar aussehende Flurgrenzstein von Thumitz und Birkenrode.
Aufgrund der nicht mehr vorhandenen Beschriftung läßt sich seine Funktion nicht mehr erkennen. Doch im Vergleich zu ähnlichen Exemplaren ist klar, warum er direkt neben ihm die Ortstafel steht. Der Thumitzer Eintrag ist genausowenig lesbar, und selbst wenn, wäre er im wahrsten Sinne des Wortes versandet.
Cannewitz / Chanecy
Nicht zu verwechseln mit Cannewitz bei Panschwitz oder dem bei Malschwitz. Am Nordwestende dieses Cannewitz steht ein Wegestein an der Verzweigung nach Pottschapplitz und Leutwitz.
Auf der Südseite verweist der Stein nach Stacha und Rothnaußlitz, auf der benachbarten Ostseite nach Leutwitz. Auf der Einfahrt von Stacha (also der Westseite) wird auf das „Amtsdorf Cannewitz“ hingewiesen, von Leutwitz aus erblicken wir auf der Nordseite einen weißen Fleck.
Medewitz / Mjedźojz
Auf der Gemarkung Medewitz befinden sich drei Wegesteine.
Dieser Wegestein von 1876 steht an der Einmündung der Straße aus Zockau auf diejenige von Spittwitz nach Demitz-Thumitz. Neben dem Stein befindet sich ein moderner Holzpfosten für den kontemplativen sächsischen Jakobsweg. Der Stein weist auf seiner Ostseite nach Spittwitz und Medewitz, auf der Nordseite nach Rothnaußlitz, und auf seiner Südseite nach Zockau; das nach Westen zeigende Feld ist frei geblieben.
Die Straße aus Gaußig stößt am Gasthof in Medewitz auf die Straße aus Spittwitz bzw. Zockau nach Demitz-Thumitz. Folglich werden nur diese vier Orte benannt; die rückwärtigen Felder simd leer.
Abseits der Landstraße steht ein Wegestein am nördlichen Ende des Dorfes. Hier verläuft ein Weg von Zockau durch den Gutshof in Medewitz weiter durch Feld und Wald nach Birkenrode. So endete auch die Straße aus Gaußig hier am Nordende des Dorfes. Die Südseite des Steins verweist auf Birkenrode, die Ost- und die Westseite auf Gaußig, sowie die Nordseite auf Zockau und Spittwitz.
Dieser wohl ursprünglichere Weg geht durch Felder und Wälder und trifft am Dreieck der Straßen aus Rothnaußlitz (links), Birkenrode (halblinks) und Medewitz (rechts) wieder auf asphaltiertes Terrain. Hier wird irgendwo ein weiterer Wegestein gestanden haben, der jedoch keine Spuren hinterlassen hat.
Pohla / Palow
An der Weggabelung Schönbrunn, Stacha und Taschendorf vereinsamt ein Wegestein.
Der Wegestein ist an der Südseite mit Pohla und Stacha beschriftet. Die Ostseite ist verwittert, aber Bischofswerda und Schönbrunn in die eine Richtung und Uhyst sowie Taschendorf in die andere lassen sich noch entziffern. Die beiden übrigen Felder sind leer gelassen.
Pottschapplitz / Počaplicy
An der Bushaltestelle der auf einer Anhöhe gelegenen neueren Siedlung steht ein Wegestein. Ein weitere Wegestein steht in der älteren Siedlung. Ein dritter Wegestein, der auf einzelnen Listen Pottschapplitz zugerechnet wird, befindet sich bereits auf der Gemarkung Stacha.
An der Südseite wird nach Stacha, Cannewitz und Rothnaußlitz verwiesen, an der Ostseite nach Leutwitz und Wölkau, die Nordseite ist nicht beschriftet.
Dieser Stein steht an der südlichen Ausfahrt nach Wölkau. An seiner Westseite wird der Ort Pottschapplitz vermerkt und nach Bischofswerda und Wölkau verwiesen. Die Nordseite nennt ebenso den Ort. Auf der Ostseite geht es nach Stacha und Cannewitz. Das Feld auf der Südseite ist frei geblieben.
Rothnaußlitz / Čerwjene Noslicy
In Rothnaußlitz stand und steht genau ein Wegestein.
Der Wegestein steht an der Verzweigung nach Karlsdorf und Zockau. Die Nordostseite verweist nach Medewitz und Zockau, die Südwestseite nach Karlsdorf und Birkenrode. Das nach Südosten zeigende Feld ist leer, während an der Nordwestseite der Ort Rothnaußlitz festgehalten ist.
Stacha / Stachow
In der Gemarkung Stacha stehen zwei Wegesteine. Der eine befindet sich am Gasthof in der Mitte des Ortes, der andere an der Gemarkungsgrenze zu Pottschapplitz.
Gegenüber dem Gasthof von Stacha steht diese Säule mit rundem Schaft. Auf der Südseite geht es nach Schönbrunn und Pohla, auf der Westseite nach Uhyst, Taschendorf und Wölkau, auf der Nordseite nach Pottschapplitz; das Feld auf der Ostseite ist leer geblieben.
Von der Straße von Stacha nach Cannewitz geht kurz vor Pottschapplitz nach links ein Feldweg nach Leutwitz ab. Der ebenfalls als Rundsäule gestaltete Wegestein steht am Ort der früheren Einmündung des Weges. An der Südseite werden Rothnaußlitz und Cannewitz angezeigt, an der Ostseite Stacha, an der Westseite Leutwitz; das nördliche Feld ist erwartungsgemäß leer geblieben.
Wölkau / Wjelkowy
Auf Wölkauer Gemarkung steht ein einziger Wegestein.
An der Weggabelung nach Stacha und Pottschapplitz steht der Wölkauer Stein. Die Südseite weist nach Pottschapplitz, die Westseite nach D.-Thumitz und Stacha, die Ostseite nennt den Standort Wölkau und zeigt den Weg nach D.-Thumitz, und die Nordseite ist ohne Aufschrift.
Doberschau-Gaußig
Die Gemeinde ist vor und nach der „Wende“ mit den umliegenden Ortschaften zusammengewürfelt worden. Wie so viele Gemeinden in Sachsen. Die Gemarkungen erstrecken sich teilweise über lang gezogene Flächen.
Arnsdorf / Warnoćicy
An der Straße von Gaußig nach Wilthen steht im Dorf Arnsdorf selbst ein Wegestein. Ein zweiter steht hinter der Auffahrt nach Sora an der Straße nach Schlungwitz.
Dieses Arnsdorf liegt an der Straße von Gaußig nach Wilthen. Bei der Abzweigung nach Gnaschwitz steht ein Wegestein, dessen Aufschriften derart verwittert sind, daß sie allenfalls noch zu erraten sind. So etwa an der Ostseite Gnaschwitz, Schlungwitz (??) und Bautzen.
Dieses Exemplar scheint recht kurz zu sein. Doch ist davon auszugehen, daß sowohl der benachbarte Baum wie auch die Böschung sekundär sind und ein Teil des Steins unter der Erdaufhäufung verborgen ist. Hier ging einst der Weg nach Dretschen ab, wo auch der korrespondierende Stein steht. Dies ist an diesem Stein schon lange nicht mehr abzulesen.
Diehmen / Demjany
An der Straße von Gaußig nach Wilthen steht oberhalb von Diehmen ein Wegestein.
An diesem Wegestein ist keine Beschriftung mehr nachzuweisen. Er korrespondiert mit dem Wegestein in Golenz.
Dretschen / Drječin
An der Straße von Gaußig nach Wilthen steht oberhalb von Dretschen ein Wegestein.
An diesem Wegestein ist keine Beschriftung mehr vorhanden. Der abzweigende Weg rechts geht auch nach Weißnaußlitz, aber der Stein führte wohl eher nach Schlungwitz und Schwarznaußlitz. Oberhalb von Arnsdorf steht der zugehörige korrespondierende Stein.
Gaußig / Huska
In Gaußig sind mir drei Wegesteine begegnet. Zwei davon stehen im oberen Ortsteil, einer in Kleingaußig.
In der Nähe der Schule kreuzt die Straße von Diehmen nach Günthersdorf (Hunćericy) die Hauptstraße. Dort steht am südwestlichen Eck der Wegestein. Die wenigen erahnbaren Buchstaben helfen nicht weiter.
Von Naundorf kommend steht am Ortseingang rechts ein eigentlich recht ansprechendes Exemplar, doch es spricht nicht mehr zu uns. Er verwies wohl an seiner hier rechten Flanke nach Neukirch.
Dieser Wegestein ist aufgrund seiner Lage eigenartig geschnitten. Da sich vor ihm die Gaußiger Hauptstraße in zwei nach Brösang und Seitschen führende Straßen im spitzen Winkel splittet, ahmt der Stein das daraus resultierende Dreieck nach. Die angebrachten Orte sind nicht mehr lesbar.
Gnaschwitz / Hnašecy
In Gnaschwitz steht am einstigen Weg nach Grubschütz und – wie ich mir habe sagen lassen – Techritz ein Wegestein. Ein weiterer steht am äußersten südlichen Ende der Gemarkung an der Straße von Schlungwitz nach Arnsdorf.
Während die vordere und die linke Seite nicht mehr lesbar sind, stand auf der rechten Seite vermutlich „Ort Gnaschwitz“. Dieser Stein hat sein korrespondierendes Gegenstück in Grubschütz.
An der Straße von Arnsdorf nach Schlungwitz geht links ein Waldweg nach Gnaschwitz ab. Der dort errichtete Wegestein hat eine erhebliche Schieflage und spricht auch nicht mehr zu uns.
Golenz / Holca
Der einzige Wegestein steht abseits des Hauptweges durch den Ort an der Stelle eines früheren Weges nach Diehmen. Dort steht oberhalb des Ortes der korrespondierende Stein. Warum dieser Stein nicht an der heutigen Hauptstraße des Ortes führt, ist leicht zu erklären. Es gab einmal einen Weg von Gaußig aus, der weiter nach Katschwitz führte. Und dieser Weg traf hier auf den Weg von Diehmen.
Der Stein ist zwischen dem Mai 2022 und dem April 2024 grünlich neu bemalt, aber (noch) nicht beschriftet worden. Das Schriftfeld der beiden hier nicht sichtbaren Felder ist in weißer Farbe gehalten. Das gänzlich grüne Feld zeigt nach Westen.
Grubschütz / Hrubjelčicy
Der (vermutlich) einzige Wegestein in Grubschütz ist eine fotografische Herausforderung. Er hat sich unter einem Baum versteckt.
Möglicherweise gibt es noch Restspuren der Beschriftung. Dieser Stein hat sein korrespondierendes Gegenstück in Gnaschwitz.
Preuschwitz / Přišecy
Die Wegesäule in Preuschwitz fällt durch ihre Gestaltung aus dem üblichen Rahmen. Sie wird von einer Kugel gekrönt und trägt die Jahreszahl 1926. Dies kann jedoch nicht das Jahr der Errichtung sein. Schon die ersten Meßtischblätter zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigen hier einen Wegestein. Zudem ist auf einer Fotografie der benachbarten Gerums Gaststätte Preuschwitz dieser Stein mit seiner Kugel abgebildet; und diese Aufnahme entstand vor dem Ersten Weltkrieg.
Die Säule soll den Weg nach Bautzen und Doberschau gewiesen haben; von der Beschriftung sind jedoch nur noch Spuren vorhanden.
Schlungwitz / Słónkecy
Am südlichen Ende von Schlungwitz treffen die Straßen von Gnaschwitz nach Schwarznaußlitz und von Schlungwitz nach Arnsdorf aufeinander.
Weißnaußlitz / Běłe Noslicy
In Weißnaußlitz befindet sich zwar kein Wegestein, aber ein Felsbrocken, der eine ähnliche Funktion erfüllt.
Abseits vom lärmenden Verkehr auf der Brauseroute von Bautzen nach Neukirch steht bemalt besagter Fels.
Zockau / Cokow
Die westliche Nachbargemarkung von Seitschen verfügt über drei Wegesteine.
Der Wegestein am östlichen Ortsrand von Zockau steht an einem heute nicht mehr nutzbaren Abzweig nach Gaußig.
Das Straßenschild „Zockau, Am Anger 28“ hat einen Wikipedianer dazu verführt, den Stein auf einer Landkarte an die rund dreihundert Meter entfernte Bahnstrecke zu verfrachten, wo das zugehörige Wohnhaus steht. Dies mag daran liegen, daß er auch auf der Denkmalliste falsch verortet wird. Im Bildhintergrund rechts liegt Zockau in einer Mulde.
An der Rampe nach Medewitz steht ein weiterer Wegestein am „Hohlweg“, einer direkten Verbindung nach Neuspittwitz. An der Südseite ist der Weg nach Seitschen vermerkt, an der Ostseite der nach Spittwitz. An der Westseite steht einfach nur „Zockau“ in einer Art früher Ortstafel, und die Nordseite ist leer.
Der Hohlweg von Zockau nach Spittwitz hat noch sein ursprüngliches Pflaster erhalten. Überall sonst dürfte es als Untergrund für eine Asphaltschicht gedient haben.
Der vorherige Stein korrespondiert mit diesem Exemplar am Waldesrand oberhalb von Neuspittwitz. An dessen Nord- und Südseite geht es nach Zockau und Gaußig, an der Ostseite nach Nedaschütz und Spittwitz, und an der Westseite nach Medewitz und Demitz-Thumitz.
An der Straße von Zockau nach Brösang, vorbei an Seitschen, steht vor der Brücke über die Bahnstrecke von Dresden nach Görlitz auf Höhe des Bahnkilometers 55,2 kein Wege-, sondern ein Hektometerstein.
Erstaunlicherweise ist auf beiden Seiten keine Vertiefung (mehr) zu erspüren, die Aufschluß auf seinen früheren Standort geben könnte. Ein Kuriosum am Wegesrand.
Anmerkungen
Am Ende der angeklickten und eingefärbten Anmerkung geht es mit dem Return ( ⏎ ) zum Text zurück.
- Caveat: Ich kenne nur die Liste in der Wikipedia, nicht das (vollständige) Original; dieses versteckt sich hinter einem Anmeldeformular. Allerdings hilft hier auch die (nicht direkt verlinkbare) zugehörige Denkmalkarte weiter. ⏎
- Der Wegestein Richtung Stacha wird in der Wikipedia unter Pottschapplitz einsortiert. Der Wegestein an der Bushaltestelle der neueren Siedlung wird auf der Liste des Landesamtes für Denkmalpflege fälschlich an anderer Stelle verortet. ⏎
- Vergleiche die Aufnahme vom 8. Mai 2022 auf Wikimedia Commons. ⏎
- Die Denkmalliste führt den Stein als Objekt 09252946. Das zugehörige Dokument verortet den Stein an der richtigen Stelle, aber die Fotografin des Denkmalamtes hat 2011 für dieses Dokument einen anderen und damit falschen Stein aus der unmittelbaren Umgebung fotografiert. Was ihr fast schon nachzusehen ist, denn der Stein versteckt sich ganz gut. ⏎
- Von dieser Ansichtskarte sind mir zwei Exemplare bekannt. Eine wurde auf einer Auktionsplattform angeboten. Leider wurde hier nicht die Rückseite gezeigt, so daß wir uns mit der dortigen Information Feldpostkarte von 1915 zufrieden geben müssen. Die andere Karte wurde am 5. Oktober [1916] in Preuschwitz beschrieben und an einen Gutsbesitzer in Elsa bei Löbau adressiert. Mit Elsa soll wohl Oelsa gemeint sein. Gestempelt wurde die Karte in Bautzen fünf Tage später. Diese Daten weisen auf eine Errichtung vor dem Ersten Weltkrieg hin. Aber was geschah dann 1926? ⏎
- Die Denkmalliste führt den Stein als Objekt 09252966. Das Dokument gibt keine Fotografie zum Objekt. Ich habe daher bei den Anwohnern vor Ort nachgefragt. ⏎