Rheinstraße.
Rheinstraße.
Residenzschloß.
Vor dem Residenzschloß.
Theatergleis.
Auf dem Theatergleis.
An den alten Bahnhöfen.
An den alten Bahnhöfen.
Fasanerie.
Endhaltestelle Fasanerie.

Die Straßenbahn in Darmstadt

Aus den Anfängen der elektrischen Straßenbahn

Zeitungsmeldungen und andere Fundstücke

1886 errichtete ein privates Konsortium die ersten beiden Straßenbahn­strecken in die Vororte Eberstadt und Griesheim, denen 1890 eine weitere Strecke nach Arheilgen folgte. Im Grunde handelte es sich um die Schmalspur­ausführung einer dampf­betriebenen Eisenbahn. Alle drei Linien standen in Konkurrenz zur parallel verlaufenden Eisenbahn. Die Stadt Darmstadt sah die inner­städtischen Verkehrs­bedürfnisse des Bürgertums nicht abgedeckt und ließ ein eigenes elektrisches Straßen­bahn­netz aufbauen. Aus der Verschmelzung beider Gesellschaften entstand 1912 die Hessische Eisenbahn Aktien­gesellschaft, kurz HEAG. Die Dampfstrecken wurden elektrifiziert; ein Vorgang, der aufgrund des Ersten Weltkriegs und der nachfolgenden französischen Besatzung Arheilgens und Griesheims erst 1926 abgeschlossen war.

Schon einmal darauf geachtet? In einigen Darmstädter Straßen finden sich an der Hausfassade einige seltsame Rosetten, die vor allem dort seltsam erscheinen, wo heute keine Straßenbahn zu finden ist. Und doch geben sie einen Hinweis darauf, wie vor rund einhundert Jahren die Fahr­leitungen mittels kunstvoller Objekte in den Häuser­wänden verankert wurden. Viele dieser Rosetten wurden durch Unachtsamkeit oder einfach nur deswegen, weil sie einer Renovierung der Fassade im Weg waren, entsorgt. Dennoch sind in Darmstadt, Bessungen, Eberstadt und Pfungstadt noch über 200 mehr oder weniger vollständig erhaltene Straßenbahn- oder Obus-Rosetten vorhanden. Eine detaillierte Darstellung zu diesen Rosetten gibt es auf einer eigenen Seite.

Die Lektüre älterer Zeitungsjahr­gänge verhilft zu einem besseren Verständnis einer heutigen Selbstverständ­lichkeit. Die nachfolgende tabellarische Übersicht soll Fundstellen erschließen und erhebt keinen Anspruch auf Voll­ständigkeit. Insbesondere das Gerangel hinter den Kulissen bleibt in der Regel im Dunkeln, denn die Zeitungs­meldungen der damaligen Zeit bilden einen Kontext ab, der den Damaligen sicherlich vertrauter war als uns heute.

Ausgewertet wurde vorwiegend die auch online einzusehende „Darmstädter Zeitung“ (mit der Sigle „DZ“). Hinzu kommen die Bekannt­machungen im (Großherzoglichen) Hessischen Regierungs­blatt (mit der Sigle „HR“), die Angaben im Verwaltungs­bericht der Großherzoglichen Bürger­meisterei Darmstadt (mit der Sigle „VB“) und die Geschäfts­berichte der Hessischen Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft (mit der Sigle „HEAG“).

Es war geplant, diese Übersicht nach und nach zu ergänzen. Vorgesehen war, den Zeitraum von etwa 1893 bis 1918 zu erschließen. Aufgrund der Fülle des Materials, das sich inzwischen zur Riedbahn, zum Fabrikviertel, zur Maschinenfabrik und Eisen­gießerei Darmstadt, und natürlich zur Straßenbahn angesammlt hat, verzögert sich die Weiter­führung dieser Seite auf unbestimmte Zeit. Vollständig erfaßt sind immerhin die Jahre 1901 bis 1903, sowie 1918. Eine zusätzliche Auswertung des „Darmstädter Tagblatts“ wäre, nachdem es nunmehr ebenfalls digitalisiert vorliegt, möglich.

Fehler beim Abschreiben dieser Meldungen und Berichte sind trotz sorgfältiger Nach­bearbeitung nicht zu vermeiden; Inkonsistenzen in der damaligen Orthografie sind teilweise, weil offenkundig fehlerhaft, gekenn­zeichnet, wurden jedoch dem Original entsprechend möglichst beibehalten. Die Fundstellen sind jeweils verlinkt.

»»  Siehe auch die Wikipedia zur Straßenbahn in Darmstadt.


Straßenbahnen am Schloß.

Abbildung 1: Am 23. November 1897 wurde die elektrische Straßenbahn mit zwei Linien eingeweiht. Die weiße Linie führte von den beiden Hauptbahn­höfen am heutigen Steubenplatz zum Böllenfalltor, die blaue Linie von der Taunusstraße am Rande des Martinsviertels zur Hermannstraße nach Bessungen. Auf einer von Lautz & Isenbeck aus Darmstadt heraus­gegebenen Ansichtskarte sehen wir vier Motorwagen, die für die Aufnahme künstlich drapiert wurden. Die beiden vorderen Wagen 8 und 10 fahren laut Zielschild zu bzw. von den Hauptbahnhöfen, die beiden hinteren Wagen 2 und ? haben die Taunusstraße (bzw., nicht sichtbar, da Gegenrichtung, die Hermannstraße) zum Ziel. Die Zielschilder sind, den Linienführungen entsprechend, in weiß und blau gehalten. Die hier benutzte Ansichtskarte wurde am 15. August 1898 von Darmstadt nach Heidelberg geschickt. Das zugrunde liegende Foto ist aufgrund der kahlen Sträucher im Schloßgraben sicher auf den Winter 1897/98 zu datieren und möglicherweise anläßlich der Eröffnung der Straßenbahn­strecken entstanden. [1]

1897

Tabelle 1: Fahrplan von Eberstadt nach Arheilgen.
DatumQuelleOrtInhalt
20. November 1897VBEröffnung„[Verordnung] Betreffend: die Haltestellen der städtischen elektrischen Straßenbahn. Für die elektrische Straßenbahn sind folgende Haltestellen bestimmt worden:

I. Linie Böllenfallthor – Hauptbahnhöfe: Böllenfallthor, Steinberg, Schießhausstraße, Heerdweg – Heinrichsstraße, Roßdörferstraße, Hochstraße, Capellplatz, Schulstraße, Stadtkirche, Marktplatz, Ernst-Ludwigsplatz, Louisenplatz, Grafenstraße, Neckarstraße, Casernenstraße, Bahnhöfe, Rheinthor.

II. Linie Hermannsstraße – Taunusstraße: Hermannsstraße, Wilhelmsstraße, Steinackerstraße, Heinrichtsstraße, Kiesstraße, Hügelstraße – Hölgesstraße, Schulstraße, Stadtkirche, Marktplatz, Ernst-Ludwigsplatz, Museum, Hoftheater, Infanteriekaserne, Mühlstraße – Heinheimerstraße, Stiftsstraße, Taunusstraße.“

1898

Fahrplanangelegenheiten

Schon kurz nach der Eröffnung der elektrischen Straßenbahn zeigten sich erste Dissonanzen zwischen der Stadt Darmstadt und dem betriebsführenden Unternehmen Siemens & Halske aus Berlin. Am 3. Februar 1898 richtete die Darmstädter Bürgermeisterei ein Schreiben an die Stadtverordneten­versammlung, in dem sie auf die Probleme der Betriebsführung und der Fahrplangestaltung hinwies. Dieses Schreiben wurde durch zahlreiche Anlagen ergänzt.

Seit Ende Oktober 2015 stehen diese historischen Texte als Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt zur Verfügung.

1901

Tabelle 2: Ereignisse Januar bis Februar 1901.
DatumQuelleOrtInhalt
3. Januar 1901DZlaufender Betrieb„Die Fahrgeldeinnahme der elektrischen Straßenbahn betrug im Monat Dezember 1900 17.648 Mk. 80 Pfg., gegen 16.060 Mk. 55 Pfg. im gleichen Monat des Vorjahres.“
7. JanuarDZVerwaltungs­bericht 1899/1900„Am 1. April 1899 übernahm die Stadt den Betrieb der elektrischen Straßenbahn in eigene Verwaltung. Der Verkehr hat sich auch im Verwaltungsjahr 1899/1900 in günstiger Weise entwickelt. Der Personen­verkehr stieg von 2.086.800 im Vorjahre auf 2.246.000 im Berichtsjahr und die Fahrgeld­einnahme von 206.295 Mk. 85 Pfg. auf 220.005 Mk.“
7. JanuarDZStadt­verordneten­versammlung„Herr Stadtv. Reinemer fragt an, ob es nicht angängig sei, mit Rücksicht auf die demnächst auf der Mathildenhöhe zu eröffnende Ausstellung der Künstler-Kolonie der vollständigen Verbreiterung der Erbacher­straße nahe zu treten, unter Umständen durch Einleitung des Enteignungs­verfahrens. Nach Aufklärungen des Herrn Beigeordneten Baurat Jäger und des Vorsitzenden ist man der Meinung, daß die Frage nicht so wichtig sei und daß man ruhig eine abwartende Stellung gegenüber den Grundbesitzern einnehmen solle. Herr Stadtv. Heinrich Müller ist der gleichen Ansicht; er fragt zugleich an, ob es nicht gerechtfertigt sei, während der Ausstellung auf der elektrischen Bahn einen 3½-Minutenverkehr mit Standwagen in der Stiftsstraße einzurichten. Dies wird von dem Vorsitzenden als vorläufig wegen der Weichenanlagen für unmöglich erklärt; im übrigen könne man durch Anhänge- und doppelt gehende Wagen leicht Abhilfe schaffen.“

Womöglich müßte hier näher nachge­forscht werden. So soll erst im April 1914 eine Stichstrecke von rund 150 Metern von der Dieburger Straße in die Stiftstraße geführt worden sein, um die Mathildenhöhe besser anzubinden. Diese Linie wurde mit Beginn des Ersten Weltkriegs wieder eingestellt, wobei noch bis weit in die 1920er Jahre das Gleis zur Anbindung des Postamts in der Stiftstraße genutzt worden sein soll. Ist diese Zeitungsmeldung nun so zu verstehen, daß es selbige Abstell­möglichkeit in der Stiftstraße schon 1901 gab, oder handelt es sich um eine andere Konstruktion?
12. JanuarDZAmtsgericht Darmstadt„Am 10. August v. J., nachmittags gegen 2 Uhr, entgleiste auf der Weiche an der Ecke der Rhein- und Neckarstraße ein Zug der Dampfstraßen­bahn teilweise, wobei einiger Materialschaden entstand. Ursache des Unglücks war ein am vorhergehenden Abend gegen 8 Uhr erfolgter Bruch jener Weiche, dessen ordnungsmäßige Reparatur unterblieben war. Der betreffende Weichenwärter hatte seiner Vorschrift gemäß alsbald die Beschädigung dem Bahnmeister Albert Potell, dessen Aufsicht damals die hiesigen Strecken der Dampf­straßenbahn unterstellt waren, gemeldet. Diese Meldung war an die Bahnver­waltung weiter zu geben, von wo alsdann die zur Unterhaltung der gemeinschaftlich benutzten Geleise verpflichtete elektrische Bahn benachrichtigt worden wäre. Bei Gefahr im Verzug muß der Bahnmeister selbst alle geeigneten Maßnahmen treffen. Der Weichenwärter hatte, was als vorübergehender Notbehelf geschieht, die gebrochene Weiche durch eine Klemmscheibe befestigt, so daß eine ganze Anzahl Züge und Wagen bis zum Unfall jene Stelle glatt überfuhren. Potell hatte unmittelbar nach seiner eigenen Benachrichtigung durch den Weichenwärter gehört, daß sein vorgesetzter Betriebsinspektor Kenntnis von dem Fall habe. Er verließ sich hierauf, erstattete selbst keine Weitermeldung und vergewisserte sich auch nicht, daß Schritte zur Reparatur geschahen. Der Betriebsinspektor wartete seinerseits auf diese Meldung und that gleichfalls nichts zur Reparatur. Wegen dieses Sachverhalts wurde Potell unter der Anklage fahrlässiger Gefährdung eines Eisenbahn­transports (die voraus­sichtlich auch dem betreffenden Betriebsinspektor noch bevorsteht) gestellt, für schuldig befunden und zu 30 M. Geldstrafe, event. 6 Tagen Gefängniß verurteilt.“
Zeitungsartikel.
Zeitungsartikel.

Abbildung 2: Bericht über einen von der SEG verlorenen Prozeß gegen zwei Fahrgäste aus der „Darmstädter Zeitung“ am 4. Februar 1901 [online].

Tabelle 3: Ereignisse Februar bis Juni 1901.
DatumQuelleOrtInhalt
14. Februar 1901DZStadt­verordneten­versammlung„Oberbürgermeister Morneweg teilte zu Beginn der Sitzung mit, daß ein mit der Unterschrift ‚Viele Einwohner des Johannesviertels‘ unterzeichnetes Schriftstück eingelaufen sei, worin um Verlängerung der elektrischen Bahnlinie bis zur Kahlertstraße ersucht wird. Da das Projekt ohnehin so weit ausgeführt werden soll, gilt das Schreiben als erledigt.“
16. FebruarDZvielerorts„Die Straßenbahnzüge erlitten durch den letzte Nacht neu gefallenen Schnee, sowie Sturm heute früh Verspätungen. Die auswärtigen Arbeiter trafen meist verspätet auf ihren Arbeitsstellen ein. An einem Wagen der elektrischen Bahn war ein Salzstreu-Motor angehängt, um den Schnee zum raschen Schmelzen zu bringen.“
8. MärzDZ und DZRheinstraße„Heute mittag 3 Uhr wurde an der Kreuzung Rheinstraße – Grafenstraße, wo ein Dampfstraßen­bahnzug und ein elektrischer Wagen sich entgegen­kamen und die letzte Chaise eines Leichenkondukts die Straßen­kreuzung zu passieren im Begriff stand, ein über Straße laufendes Mädchen des Arbeiters Walter von der Dampf­straßenbahn überfahren und ihm der Kopf vom Rumpfe getrennt.“

„Ueber den gestrigen Unglücksfall teilt uns die Betriebs-Inspektion der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft mit: Nachmittags um 3 Uhr wurde durch den von Eberstadt kommenden Zug Nr. 45a der Dampfstraßen­bahn in der Rheinstraße gegenüber dem Haupt­postamt ein dreijähriges Mädchen des Schuhmachers [Carl] Walter (Rheinstraße 19) hier überfahren und sofort getötet. Da das Kind ohne Aufsicht war und unmittelbar vor der Lokomotive in das Gleis trat, war eine Verhütung des Unfalls unmöglich und trifft das Lokomotiv­personal keine Schuld.

Weiter wird uns von unserem […]-Korrespondenten über den sehr traurigen Fall das Nähere geschrieben: Der Tod des Kindes war ein augenblicklicher, da demselben der Kopf vom Rumpfe getrennt wurde; außerdem wies der Körper noch schwere Quetschungen auf. Die Leiche des Kindes wurde sofort in der nächst­liegenden Thorhalle eines Hauses der Rheinstraße bis zum Eintreffen des Transport­wagens niedergelegt. Der alsbald eingetroffene Großh. Staatsanwalt Müller, sowie das Großh. Polizeiamt stellten daselbst den Thatbestand fest. Ein gerade aus der Grafenstraße, die Rheinstraße überschreitender Leichenzug, sowie die von Eberstadt kommende Dampf­straßenbahn und ein nach den Bahnhöfen fahrender Wagen der elektrischen Bahn kreuzten sich, wie schon kurz bemerkt, an dieser Stelle und ist das mit noch anderen Kindern über die Straße laufende Mädchen, anscheinend dem einen Wagen ausweichend, direkt in die Lokomotive der Straßenbahn hineingerannt. Ein Vermeiden des Unfalls war hierdurch ausgeschlossen, obgleich seitens des Zugpersonals sofort die Bremse, als auch der das Stillstehen der Maschine sehr fördernde Sandstreu­apparat in Thätigkeit gesetzt wurde. – Die schwer heimgesuchten Eltern finden allgemeine Teilnahme.“
16. MärzDZHessischer LandtagWährend der Haushaltsberatungen der Zweiten Kammer bezweifelt der Abg. Noack die Wirksamkeit der staatlichen Aufsicht bei der Aussprache über das Kapitel 108, Privat­eisenbahnen: „Er habe sich bemüht diese [Aufsicht] zu finden, er habe sie aber nicht gesehen. […] Man brauche nur nach Arheilgen oder Griesheim zu gehen, da träfe man sehr schlechte Verhältnisse.“ Dem zuständigen Finanz­ministerium fehle es wohl am Personal, weshalb man das Innen­ministerium damit beauftragen solle. Ministerialrat Ewald widerspricht, die Aufsicht werde ausreichend ausgeübt. Darauf Noack: „Wenn die Aufsicht ausgeübt werde, so sei er erstaunt, daß dem Publikum ein solches Material geboten würde.“
21. MärzDZStadt­verordneten­versammlung„Der Sommerfahplan der Dampfstraßenbahn, der nur unwesentliche Aenderungen gegen den vorjährigen Plan enthält, wird genehmigt. – Der Theaterzug nach Griesheim soll nur noch an Sonntagen und Feiertagen fahren, da sich ein weiteres Bedürfnis nicht heraus­gestellt hat.“
Anfang AprilDZStadtkasseDer Entwurf des Voranschlags der Stadtkasse und der städtischen Nebenkassen für das Haushaltsjahr 1901/02 sieht für die Erweiterung des Netzes der elektrischen Straßenbahn Ausgaben in Höhe von 490.000 Mark vor.

„Die Einnahmen und Ausgaben der städtischen Straßenbahn­kasse sind auf je 791.735 Mk. veranschlagt. Bei der Einnahme für den Betrieb sind aus Fahrgeld 243.040 Mk. eingestellt, die Einstellung eines Zuschusses aus der Stadtkasse ist zum erstenmale unterblieben, es ist vielmehr beid er Ausgabe für den Betrieb eine Ablieferung von 1.000 Mk. an die Stadtkasse angenommen. Für die neuen Linien: Grafenstraße ab Rheinstraße, Wendelstadt­straße und Liebigstraße bis zur Kahlertstraße, Ernst-Ludwigsplatz – Saalbau, Taunusstraße – Hirschköpfe, Hermannstraße durch Bessunger- und Ludwigs­höhstraße bis Landskronstraße, sind 490.000 Mk. erforderlich, die aus Anlehensmitteln der Stadtkasse bestritten werden.“
18. AprilDZ, DZ und DZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Schupp beantragt unter kurzer Begründung, die Fahrpreise bei der elektrischen Bahn für Schulkinder und für Arbeiter (für Letztere vorerst täglich nur je einmal) in der Frühe zur Arbeit und abends nach Feierabend auf fünf Pfennige per Fahrt zu ermäßigen sowie die Gültigkeits­dauer der bestehenden Ermäßigungs­karten von einem auf mindestens zwei Monate auszudehnen. Der Antrag wird der betreffenden Kommission überwiesen.“

„Zur Ausführung der bereits genehmigten Verbreiterung der Dieburger­straße sind zwei kleine Gelände­erwerbungen bisher perfekt geworden und werden die dafür geforderten 582 Mk. bewilligt.“

„Nach einem Bericht des Vorsitzenden soll die Einführung des Schienengeleises der elektrischen Bahn von der Grafenstraße zur Kostenersparung nur einseitig von der oberen Rheinstraße aus erfolgen, auch soll der Betrieb in der Grafenstraße vorerst nur eingeleisig mit größerer Weiche an der Wendelstadt­straße erfolgen.“
2. MaiDZStadt­verordneten­versammlung„Die Dieburgerstraße soll auf der Südseite zwischen dem Hohlen Weg und der Eisenbahn­brücke verbreitert werden und hat mit allen Anliegern eine Einigung stattgefunden, nur die Firma Gebr. Schul [Dieburger Straße 85] verlangt für Schaden, Umbau etc. 10.000 Mk., während Sachverständige einen Betrag von 5.000 Mk. für vollständig hinreichend erachten. Man beschließt deshalb, das Expropriations­verfahren einzuleiten.“ – Die Verbreiterung der Südseite dient der Aufnahme des Straßenbahn­gleises für die geplante Verlängerung der Strecke von der Taunusstraße (hier auch Einmündung Hohler Weg) zu den Hirschköpfen.
9. MaiDZStadt­verordneten­versammlung„Die Neuherstellung von Straßendeckungen gelegentlich der Erweiterung des elektrischen Straßenbahn­netzes in der Rheinstraße, Grafen-, Bismarck-, Liebig-, Kahlert- und Ernst-Ludwigsstraße, Ludwigsplatz, Elisabethen- und Saalbaustraße erfordert die Summe von 61.000 Mk., die genehmigt wird. Stadtv. Reinemer wünscht, daß kein Sand aus hiesiger Gegend zu den Pflasterungen verwendet werde, da er sich schlecht hierzu eigne; besonders die Nieder-Ramstädter­straße habe aus diesem Grunde ein sehr schlechtes Aussehen. Eventuelle Abhilfe wird zugesagt.

Stadtv. Nodnagel wünscht Auskunft, 1) ob man nicht die Bürgersteige im Interesse einer besseren Reinigung und Reinhaltung mit etwas Quergefälle bauen konnte, 2) wann mit dem Bau der neugenehmigten Strecke der elektrischen Bahn begonnen werden würde, worauf der Vorsitzende erwiderte, daß man bei Herstellung von Gefällen bei breiten Bürgersteigen sehr leicht gefährliche Stellen schaffe; durch die Benützung der Cement­plättchen mit Rinnen u. s. w. habe man aber in dieser Beziehung ganz gute Erfahrungen gemacht. Bezüglich des Anfanges mit dem Bau der neuen Bahnstrecke sei man nicht in der Lage, einen bestimmten Termin festzusetzen, da die Schienen­lieferung mindestens zwei Monate Zeit in Anspruch nehme. Die Erdarbeiten seien jetzt ausgeschrieben.“
12. MaiDZGewitter„Bei dem am Sonntag abend um 7 Uhr über unsere Stadt niedergegangenen heftigen Gewitter schlug der Blitz in die Oberleitung der elektrischen Bahnanlage und veranlaßte dadurch eine Betriebsstörung von ca. 1½ Stunden.“
13. MaiDZBessungenAm Abend gegen 18.15 Uhr „ist in der Heidelberger­straße ein Radfahrer mit einem Fuhrwerk zusammenge­stoßen, was dadurch herbeigeführt wurde, daß die Pferde vor der gerade vorbeifahrenden Dampf­straßenbahn scheuten und nach rechts ausbogen. Der Radfahrer, ein Mann aus Frankfurt a. M., wurde gegen einen Gaskandelaber gedrückt und trug dabei solche Verletzungen am Kopfe davon, daß er in das städtische Krankenhaus verbracht werden mußte.“
23. MaiDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Schupp regt hier eine regelmäßige direkte Verbindung der Bahnhöfe mit dem Ausstellungs­platze der Künstlerkolonie durch die Elektrische Bahn an, wird aber von dem Vorsitzenden belehrt, daß die Bahnver­waltung im Interesse einer prompten Beförderung alles thun werde, was in ihren Kräften stehe.“

Dann wird darüber palavert, daß wegen der erhöhten Stromabnahme das Elektrizitäts­werk vergrößert werden müsse.

„Stadtv. Wolfskehl berichtet, daß infolge der Erweiterung des elektrischen Straßen­bahnnetzes es angebracht und vorteilhaft sei, zur Vermeidung von Störungen die oberirdischen Telephon-Leitungen unterirdisch zu legen und sei vorerst diese Umänderung in der Grafen-, Kahlert- und Wendelstadt­straße vorgesehen. Es werden hierfür 4.534 M. verlangt und bewilligt.“
30. MaiDZBessungen„[Es] ist an der Haltestelle am Postamt in der Bessungerstraße ein Wagen der elektrischen Straßenbahn mit einem Postwagen zusammenge­stoßen, wobei letzterer erheblich beschädigt wurde.“
4. JuniDZStadt­verordneten­versammlung„Die elektrische Straßenbahn hat den im vorigen Jahre vorgesehenen Zuschuß von 10.000 Mk. in diesem Jahre nicht nötig und sind 1.000 Mk. zur Abführung an die Stadtkasse vorgesehen. Es ergiebt sich eine Fahrgeld­einnahme von insgesamt 243.040 Mk. Einer Anregung auf leichtere Sommerkleidung der Straßenbahn­schaffner soll baldigst stattgegeben werden.

Auf eine Anfrage des Stadtv. Säng bezüglich des Ausbaus der übrigen Straßen­bahnlinien teilt der Vorsitzende mit, daß durch die Petition der Anwohner der Ernst-Ludwigsstraße gegen das Projekt neuerdings wieder Schwierig­keiten eingetreten seien.“
Verordnung zur Dampfstraßenbahn.

Abbildung 3: Verordnung in der „Darmstädter Zeitung“ am 10. Juni 1901 [quelle].

Tabelle 4: Ereignisse Juni bis Oktober 1901.
DatumQuelleOrtInhalt
15. Juni 1901DZBessungen (?)„[Am N]achmittag zwischen 6 und 7 Uhr ist ein 12jähriger Knabe in der Karlstraße auf das Schienengeleise der elektrischen Straßenbahn gegangen und wurde von einem Motorwagen beiseite geschleudert.“
4. JuliDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Nodnagel fragt an, ob sich die Gerüchte, die in der Stadt bezüglich des Ausbaues der elektrischen Bahn kursieren, bestätigen, worauf der Vorsitzende erklärt, daß er darüber eine bestimmte Auskunft nicht geben könne. Thatsache sei, daß die Schienen teilweise geliefert seien und nur die Kurvenschienen fehlen, deren Lieferzeit nicht festgesetzt sei. – Auch Stadtv. Egenolf wünscht Aufklärung über die in der Stadt umgehenden unkontrollierbaren Gerüchte, wonach die Stadt nicht weiterbauen könne, ehe sie sich mit der Süddeutschen Bahngesell­schaft nicht vollständig geeinigt habe u. s. w. Der Vorsitzende sagt zu, in der geheimen Sitzung entsprechende Aufklärung zu geben.“ – Diese Geheimnis­krämerei wird die umher­schwirrenden Gerüchte gewiß befördert haben.
21. JuliDZ und DZInnenstadt„Der Zug der Straßenbahn Eberstadt – Arheilgen, der [um] 8 Uhr die selbstthätige Weiche am Mathildenplatz passierte, erfuhr dadurch ein Mißgeschick, daß ein Wagen des Zugs infolge nicht richtiger Funktionierung dieser Weiche in ein falsches Geleise geriet und umstürzte. Die in dem Wagen sitzenden Personen kamen glücklicher­weise mit dem Schrecken davon.“

„Ueber den […] Unfall erfahren wir beteiligterseits noch Näheres wie folgt: [Am Abend] 7½ Uhr entgleiste der erste Personenwagen des nach Arheilgen fahrenden Zuges Nr. 53 der Dampfstraßen­bahn an der erst neu eingelegten Weiche am Kanzlei­gebäude und fiel nach der linken Seite um. Personen wurden nicht verletzt; der Material­schaden ist unbedeutend. Als Ursache der Entgleisung ist anzunehmen, daß die Weiche nicht richtig funktionierte. Infolgedessen wurden Maschine und erster Personenwagen in das Nebengeleis, die nachfolgenden Wagen in das Hauptgeleis geleitet.“

Am Mathildenplatz befand sich eine Ausweiche für die Strecke nach Arheilgen. Vermutlich befanden sich hier zwei Rückfallweichen.
2. AugustDZEberstadt„Infolge des wolkenbruch­artigen Regens, der viel Schlamm und Schutt auf das Geleise brachte, mußte heute früh der zweite Zug der Dampfstraßen­bahn von Eberstadt ausfallen.“
8. AugustDZStadt­verordneten­versammlung„Ein Antrag des Bessunger Bezirksvereins, der verlangt, daß der Bebauungsplan bis an die Eberstädter Gemarkungs­grenze ausgedehnt werde, geht an die Kommission, ebenso ein Antrag einer Anzahl Bewohner der Ernst-Ludwig-Straße, welche Beseitigung des Weißen Turma verlangt, wenn die Elektrische Bahn durch diese Straße geführt werden solle. (Daß man anderwärts alle baulichen Denkmäler möglichst zu erhalten sucht, scheinen die Antragsteller nicht zu wissen.  Red.)

Der Vorsitzende giebt bekannt, daß nach Mitteilung der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft bei derselben fortwährend anonyme beleidigende Schreiben wegen des angeblich durch dieselbe verzögerten Ausbaus der elektrischen Straßenbahn einliefen. Er fühle sich verpflichtet, die schon kürzlich in der geheimen Sitzung gemachte Erklärung heute öffentlich zu wiederholen, daß in diesem Fall die Gesellschaft keine Schuld an der Verzögerung trage; auch sei es falsch, daß die Führung der Bahn durch die Grafenstraße nach dem neuen Stadtviertel besondere Schwierigkeiten biete, wohl aber sei man aus verschiedenen anderen Gründen, auch aus Sparsamkeits­rücksichten der Frage näher getreten, ob man nicht die Bahn über den Mathildenplatz u. s. w. nach diesem Stadtteil einführen solle. Die Prüfung dieses neuen Momentes bringe zwar bedauerlicher­weise eine neue Verzögerung mit sich, doch müsse in diesem Falle das Interesse der Allgemeinheit dem der Sonder­interessen vorangehen. – Ex. Stadtv. Schupp, wünscht, daß unbedingt an dem s. Zt. einstimmig genehmigten Plan festgehalten werde.“
Ende AugustDZVerkehrsverein„Betreffs Erweiterung des städtischen elektrischen Straßenbahn­netzes ist nach überein­stimmenden Meldungen hiesiger Blätter der Verkehrsverein bei den zuständigen Stellen vorstellig geworden, und zwar 1) mit der Bitte um Genehmigung der von der Stadtverordneten-Versammlung einstimmig beschlossenen neuen Linie Heinrichstraße – Saalbaustraße – Elisabethen­straße – Ludwigsplatz – Ernst-Ludwigsstraße – Ernst-Ludwigsplatz, 2) mit der Bitte, die beschlossene und genehmigte Linie Frankfurter­straße – Kahlerststraße – Liebigstraße – Wendelstadt­straße – Grafenstraße u. s. w. alsbald unverändert ausführen zu lassen, und 3) bezüglich der obengenannten Linien auf dem einmal gefaßten Beschluß zu verharren.“
SeptemberDZGeschäfts­bericht der SEG 1900/01„Unter der Rubrik ‚Neubeschaffungen und Bauten‘ lesen wir über die Darmstädter Straßenbahnen: Mit der Auswechslung des Oberbaues wurde weiter fortgefahren. Es sind 1.500 laufende Meter der Strecke Darmstadt – Eberstadt gegen schwereren Oberbau und davon gleichzeitig 1.104 laufende Meter Querschwellen-Oberbau auf eigenes Planum neben der Staatsstraße Darmstadt – Eberstadt, zwischen Ludwigshöhe und Waldfriede, verlegt und ferner auf der Strecke Darmstadt – Arheilgen 1.132 laufende Meter Gleis gegen Haarmannschen Wechselsteg-Verblattstoß Oberbau ausgewechselt worden. Bis zum Schlusse des Betriebsjahres sind insgesamt an schwererem Oberbau 9,852 km vorhanden und zwar auf der Strecke a. Darmstadt – Eberstadt 1,130 km Oberschwellen-Oberbau und 3,505 km Haarmannscher Oberbau; b. Darmstadt – Arheilgen 0,21 km Querschwellen-Oberbau und 1,609 km Haarmannscher Oberbau; c. Darmstadt – Griesheim 2,853 km Querschwellen-Oberbau und 1,234 km Haarmannscher Oberbau.“ – Im Betriebsjahr 1900/01 betrugen die Einnahmen in Darmstadt 200.065 Mark, das bedeutet ein Plus in Höhe von 7.900 Mark.
12. SeptemberDZStadt­verordneten­versammlung„Ueber den Rechnungsabschluß der stdärischen Straßenbahn referiert Stadtv. Kahlert und bezeichnet das Resultat als ein erfreuliches. Die Betriebs­einnahmen betragen 259.600 Mk. die Ausgaben 197.782 M. und sei somit ein Bruttoüberschuß von 61.818 Mk. vorhanden. Nach Deckung verschiedener vorgesehener Abschreibungen werden ca. 18.165 Mk. an die Stadtkasse abgeführt werden, ungefähr derselbe Betrag wie im Vorjahre. Es sei dies um so erfreulicher, als man im Budget einen Zuschuß von 10.000 Mk. vorgesehen habe.

Stadtv. Schupp regte im Anschluß hieran wiederholt mit Rücksicht auf das erfreuliche Ergebnis den Bau der Linie durch das Johannesviertel an, die doch schon genehmigt und ein Bedürfnis sei, während Stadtv. Saeng ein Anhören der Verkehrs­kommission über die Angelegenheit der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft gewünscht hätte. Oberbürger­meister Morneweg giebt zu erwägen, daß sich die ganzen Verhältnisse nach einem gefaßten Beschlusse ändern können, und daß eine gewissenhafte Verwaltung ohne Rücksicht auf neu eingetretene Umstände nicht vorwärts gehen dürfe. Die Sachlage werde sich in der nächsten Zeit, nach Rückkunft noch eines maßgebenden Herrn, mit dem er noch verhandeln müsse, entscheiden.“
21. SeptemberDZSEGBilanz zum 31. März 1901 (in der „Darmstädter Zeitung“ veröffentlicht am 25. September 1901).
24. OktoberDZNetzer­weiterung„Die Vergrößerung unserer elektrischen Straßenbahn wird sich, wie bekannt, zunächst auf drei Linien erstrecken. Vor allem wird, laut ‚Tägl. Anz.‘, eine durchge­hende Linie von der Saalbau­straße nach den Hirschköpfen geschaffen. Dieselbe nimmt in der Saalbau­straße die westliche und in der Elisabethen­straße die nördliche Seite der Fahrbahn ein, wodurch eine allzu scharfe Kurve an der Kreuzung dieser beiden Straßen vermieden wird. Vor der Kreuzung der Wilhelminen­straße wird in der Elisabethen­straße eine Ausweiche gelegt. In der Ernst-Ludwigs­straße wird das Gleis auf der Ostseite der Fahrbahn geführt. Diese neue Strecke mündet an dem Jagdhause in die bestehende Linie, welche letztere dann von der Taunusstraße bis zu den Hirschköpfen fortgesetzt wird. Diese Verlängerung der Bahn wird von dem Hugenschützschen Felsenkeller [auf dem Gelände des heutigen Biergartens] an auf der Südseite der Straße geführt werden. Am Rosenhöhweg wird eine Weiche von 300 Meter Länge angelegt, so daß auch bei kleinen Verspätungen eines Wagens durch die Kreuzung keine Verzöherung im Betrieb entsteht. Die Linie durch Bessungen nach der Landskron­straße wird ebenfalls eingleisig geführt werden, und zwar mit Kreuzung an der Schießhausstraße.

Auch nach dieser Erweiterung des Straßenbahn­netzes wird der 7½ Minuten-Betrieb voraus­sichtlich beibehalten werden. Ausgenommen hiervon ist im Winter die äußere Strecke nach den Hirschköpfen, die in der kalten Jahreszeit vormittags überhaupt nicht und nachmittags nur viertel­stündlich gefahren werden soll.

Wir möchten dem noch zufügen, daß für die Hirschköpfe-Linie die Erweiterungs-Arbeiten der dortigen Straße an der Südseite bereits im Gange sind; meist werden – leider! – die seitherigen Hecken, die dem Weg etwas landschaft­lich belebendes geben, durch nüchterne Holzzäune ersetzt, während den Abschluß des Wiener'schen Brauerei­terrains eine solide, auch ästhetischen Anforderungen gerecht werdende Mauer bildet, deren Ausführungsart für solche Fälle durchaus nachahmens­wert erscheint. D. Red.“
Mauer am Biergarten.

Bild 4: Die im Bericht angesprochene Mauer vor dem Biergarten an der Dieburger Straße zeigt den erlesenen Kunstgeschmack des eher spießbürgerlich zinnen­begeisterten Bürgertums, das sich zwar weltoffen gibt, aber am liebsten von der hohen Warte der heimischen Burg aus. Allerdings war dasselbe Bürgertum (oder auch nur eine andere Fraktion desselben) im selben Jahr sehr wohl in der Lage, die Ausstellung der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe zu bestaunen und zu vermarkten. – Die Straßenbahn wird auf dem heutigen Fuß- und Radweg verkehrt sein.

Tabelle 5: Ereignisse Oktober 1901.
DatumQuelleOrtInhalt
24. Oktober 1901DZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Gantz fragt an, wann mit den Arbeiten der Bahn in das Johannesviertel begonnen würde, worauf der Vorsitzende erklärt, daß sich aus den von ihm bekannt gegebenen Gründen darüber noch keine bestimmten Mitteilungen machen lassen.“
Anzeige der SEG 1901.

Abbildung 5: Anzeige in der „Darmstädter Zeitung“ am 30. Oktober 1901 [quelle].

Tabelle 6: Ereignisse Oktober bis Dezember 1901.
DatumQuelleOrtInhalt
5. November 1901DZVerein der InnenstadtAuf seiner Gründungs­versammlung diskutiert dieser Lobbyverein u.a. die „brennende Frage“ des Ausbaus der elektrischen Straßenbahn „und hofft man jetzt nunmehr auf eine alsbaldige, alle Interessenten zufrieden­stellende Lösung.“
7. NovemberDZDampf­straßen­bahnAus dem seit 1. November geänderten Fahrplan der Dampfstraßen­bahn ist der Zeitung allein der letzte Eberstädter Zug wichtig, vermutlich wegen der späteren Abfahrt nach Theaterschluß. Hingegen bleiben die Fahrplan­änderungen für Griesheim unerwähnt.
7. NovemberDZStadt­verordneten­versammlung„In der […] geheimen Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung wurde […] bezüglich des zum Ausbau der elektrischen Bahn nach den Hirschköpfen und zur entsprechenden Verbreiterung der Dieburger­straße notwendigen Geländes der Gebrüder Schul [Nr. 85] hier eine beide Teile zufrieden­stellende Einigung erzielt.“
7. NovemberDZBezirks­verein Johannes­viertel„Im ‚Frankfurter Hof‘ fand […] eine von ca. 50 Personen besuchte Versammlung des Bezirksvereins Johannes­viertel in Sachen der bisherigen Nicht­ausführung der elektrischen Bahn in das Johannesviertel statt und wurde nach Referat des Rechners des Landes­gewerbevereins, Herrn Götz, eine Resolution einstimmig angenommen, worin die Versammlung die bestimmte Erwartung ausspricht, daß alsbald der Bau der Bahnlinie, und zwar gerade so, wie dieselbe beschlossen und konzessioniert ist, mithin ohne Aenderung in der Linien­führung, in die Wege geleitet werde. Die Nicht­ausführung der Bahnlinie komme einer schweren Schädigung und einer Zurücksetzung der Interessen der Bewohner des ganzen Stadtviertels gleich, das zudem schon durch die Errichtung der Gasfabrik in seiner unmittelbaren Nachbar­schaft geschädigt worden sei.“
8. NovemberDZBürger­versammlungAuf einer von den Bezirksvereinen im Vorfeld der Nachwahl zur Stadt­verordneten­versammlung einberufenen Bürger­versammlung wird in einem 10-Punkte-Programm u.a. ein „baldiger Ausbau der elektrischen Bahn“ gefordert.
14. NovemberDZStadt­verordneten­versammlung„Auf Antrag der Bürgermeisterei soll den beiden Schaffnern der elektrischen Bahn Schmidt und Trinkaus II, die durch ihre Geistes­gegenwart zwei voraus­sichtlich schwere Unglücksfälle verhütet haben, ähnlich wie in früheren Fällen, je eine Gratifikation von 25 Mk. zugebilligt werden und wird bewilligt. Stadtv. Heß wünscht, daß den Schaffnern und Kontrolleuren für die im verflossenen Sommer während der Ausstellung mit großer Schaffens­freudigkeit vollzogenen Bewältigung des außer­ordentlichen Verkehrs auf Weihnachten eine Gratifikation zuteil werde. Stadtv. Egenolf wünscht die Anbringung von Fangnetzen, während Stadtv. Reinemer das Anbringen von auffallenden Schildern an gefährlichen Straßenstellen empfiehlt und von Stadtv. Dr. Osann hierin unterstützt wird. Der Vorsitzende sagt Prüfung dieser Fragen zu.“
21. NovemberDZStadt­verordneten­versammlung„Das Großh. Finanzministerium hat der Stadt mitteilen lassen, daß die direkten Zugverbindungen mit dem Truppen-Uebungsplatz während der Wintermonate ausfallen, da z. Zt. Truppen daselbst nicht liegen und der Betrieb der Postanstalt ruht.“ – Gemeint dürfte hier der direkte Verkehr der Dampf­straßenbahn zum Griesheimer Sand sein.
7. DezemberDZ und DZKonsortium SEG / Stadt Darmstadt„Zur Vorlage an die Stadtverordneten-Versammlung liegt ein Vertrag der städtischen Verwaltung mit der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft betreffs der Vorortbahnen Darmstadts vor, wonach das Konsortium (Stadt und Gesellschaft) um Erteilung der Konzession für die Linien Gernsheim (Hafen) – Pfungstadt – Eberstadt, Griesheim – Crumstadt – Pfungstadt, Darmstadt – Eberstadt – Malchen – Seeheim, Darmstadt – Dornheim – Kornsand nachsucht.

Voraussetzung dafür wäre die pachtweise Ueberlassung der Nebenbahnen Eberstadt – Pfungstadt und Seeheim – Bickenbach an das Konsortium u. s. w.

Das Konsortium erwirbt weiter von der Gesellschaft Konzessionen und Eigentum der Bahnlinien von Darmstadt nach Eberstadt, Griesheim und Arheilgen.  (Näheres folgt.)“

„Die Elektrizitätswerks-Deputation, sowie die Finanz-Kommission und die Verkehrs-Kommission der Stadtverordneten-Versammlung, die bereits seit Monaten mit der Angelegenheit des Vertrags-Abschlusses wegen der Vorortbahnen zwischen der Stadt und der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft befaßt waren, haben [Korrektur am 9.11.: nahezu] einstimmig beschlossen, der Stadtverordneten-Versammlung die Annahme des Antrags der Bürgermeisterei vom 30. November d. Js. zu empfehlen.“
11. DezemberDZBürger­versammlung„Der Zuschrift eines ständigen Bericht­erstatters entnehmen wir: Die von dem Stadt­verordneten Schupp gestern abend in den ‚Schützenhof‘ einberufene allgemeine Bürger­versammlung zur öffentlichen Besprechung des Vertrags­entwurfs zwischen der Stadt Darmstadt und der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft in der Sache der Vorortbahnen war von etwa 300 Personen, darunter zahlreichen Vertretern einzelner interessierter Riedorte, besucht. Stadtv. Schupp ist der Ansicht, daß der Vertrag der Gesellschaft bedeutend mehr Vorteil biete wie der Stadt und meinte, daß man vor allem für den Bau der Linie nach Kornsand eintreten müsse, welche die Riedorte mehr nach Darmstadt führe und im übrigen eine kürzere Verbindung mit dem Rhein herstelle; nach seiner Ansicht solle man zunächst die Innenlinien der Stadt bauen und im übrigen den Vertrag mit der Gesellschaft nochmals einer gründlichen Prüfung unterziehen. Für genauere Prüfung des Vertrags traten noch Landtagsabg. Cramer und die Stadtver. Reinemer und Götz ein. Gutsbesitzer Dr. Deblinger von Wolfskehlen, Bürgermeister Kraft von Trebur, Bürgermeister Dörr von Leeheim und Lehrer Strobauer von Dornheim sprachen sich für die Ausführung der Linie Darmstadt – Kornsand vor allem aus. Landtagsabg. Backes hat die von einigen Vorrednern gegen den Vertrag gehegten Bedenken nicht, ist aber auch dafür, daß die Linie Kornsand mitgebaut werden müsse. – Von Fassung einer Resolution wurde abgesehen.“
12. DezemberDZStadt­verordneten­versammlung„Eine nichtöffentliche Sitzung beschäftigte sich hierauf mit der Angelegenheit des Vertragentwurfs über die Vorortbahnen. Wie man hört, dürfte die Beratung im Plenum am Donnerstag nächster Woche stattfinden.“
19. DezemberDZ, DZ, DZ und DZStadt­verordneten­versammlungDer ausführliche Bericht über den „Vertragentwurf über die Vorortbahnen vor der Stadt­verordneten-Versammlung“ wird an dieser Stelle nicht abgeschrieben wiedergegeben, sondern aufgrund seiner Länge auf einer eigenen Seite dokumentiert. Nach längerer Debatte billigt die Versammlung den Vertrag nahezu einstimmig mit der einen Gegenstimme des Stadt­verordneten Schupp.
20. DezemberDZStadt­verordneten­versammlung„Zu Punkt 7 schlägt Stadtv. H. Müller vor, dem Antrag der Finanzkommission gemäß zur Herstellung von Gartenanlagen am Verwaltungs­gebäude der elektrischen Straßenbahn die veranschlagten 2.300 Mk. zu genehmigen (die Höhe der Kosten versteht sich durch Planierung des Geländes u. s. w.), was auch einstimmig erfolgt.“
24. DezemberDZPersonalDie Weihnachtsfeier der Straßenbahn­angestellten fand in den Vereinsräumen in der Neckarstraße 22 statt. Rund 60 Gäste sangen und wurden besungen: „Sie fühlten sich so wohl an diesem Abend, sie waren derartiges so gar nicht gewohnt, und zeigten sich von Herzen dankbar und erfreut, daß auch ihnen einmal so etwas geboten wurde.“ Vermutlich ist dem Schreiber dieser Eloge nicht bewußt gewesen, wie deutlich er die Kluft zwischen dem standes­gemäßen Theaterbesuch des Bürgertums und dem harten Alltag der Straßenbahn­angestellten samt Familie benannt hat.
Ende DezemberDZ und DZVerwaltungs­bericht 1900/1901„Die Straßenbahn­kasse weist eine Mehreinnahme 61.818 M. 19 Pf. auf. Von dieser Summe wurden 40.927 M. 46 Pf. als Abschreibungs­mittel mit 8.217 M. 61 Pf. zur Schulden­tilgung verwendet und mit 32.709 M. 85 Pf. für Zwecke des Erneuerungs­fonds reserviert, 1.924 M. 90 Pf. dem Reservefonds zugeührt und der alsdann noch verbliebene Rest von 18.965 M. 83 Pf. als reiner Betriebs­überschuß an die Stadtkasse abgeliefert. (Im Betriebsjahr 1899/1900 lieferte die Straßenbahn­kasse an die Stadtkasse einen Ueberschuß von 19.826 Mk. 18 Pfg., für das Betriebsjahr 1900/1901 war ein Zuschuß zur Straßenbahn­kasse von 10.000 Mk. vorgesehen.) Zur Deckung außer­ordentlicher Aufwendungen leistete die Stadtkasse einen vom 1. April 1901 einen mit 3½ pCt. verzinslichen Zuschuß von 26.878 Mk.98 Pfg. aus Mitteln des Anlehens Lit. K.“

„Das Gesamtvermögen der Stadt beträgt 27.450.940 Mk. 47 Pfg., die Gesamtschulden 18.134.604 Mk. 25 Pfg.“; von diesem Vermögen entfällt auf die Straßenbahn 811.639,43 Mark, bei den Schulden sind es 802.038 Mark.
Straßenbahn an der Fasanerie.

Abbildung 6: Der Sommer 1902 brachte die Erweiterung des Streckennetzes von der Taunusstraße zur Fasanerie. Während die Linie zur Taunusstraße vom lustwandelnden Publikum gerne angenommen wurde, das zur jugend­gestilten Mathildenhöhe gelangen wollte, diente die Verlängerung der Linie zu den Hirschköpfen dem gutbürgerlichen Ausflugs­verkehr. Das einer zeit­genössischen Ansichtskarte entnommene Motiv zeigt den Triebwagen 18 an der mit Hirschköpfen verzierten Fasanerie­mauer. Dieser zur ersten Bauserie gehörende Triebwagen ist vorbereitet, um auf der blauen Linie zur Hermann­straße zu fahren. Angesichts der Begrünung kann das Bild nur im Spätsommer 1902 aufgenommen worden sein, denn ab Februar 1903 verkehrte von den Hirschköpfen aus die grüne Linie zum Saalbau. Da zudem die blaue Linie im April 1903 von der Hermann­straße bis zur Landskron­straße verlängert wurde, scheint eine spätere Datierung ausgeschlossen. Insofern ist die Angabe im der Darstellung von Dieter Höltge (siehe Literatur) mit „um 1910“ relativ ungenau. – Doch es wurde auch gestritten, vorwiegend um den Sinn und den Linienverlauf der Anbindung des Johannes­viertels. Zudem galt es, eine andere gutbürgerliche Lokalität galt zu erreichen, den Saalbau. Während an den Hirschköpfen gegessen und getrunken wurde, bedienten im Saalbau Militär­kapellen und Theater­gruppen das gute Gewissen und die patriotische Einstellung des Darmstädter Bürgertums. Nur zwölf Jahre später trug dies mörderische Früchte.

Hingegen führen die Verhandlungen mit der Süddeutschen Eisenbahngesellschaft zu keinem gemeinsamen Konsortium, in dem Dampf­straßenbahn und elektrischen Bahnen aufgehen. Die Diskussion über eine Verlängerung der Dampf­straßenbahn von Griesheim zum Kornsand (damals als fliegende Brücke bei Oppenheim) zur Anbindung der links­rheinischen Gemeinden verläuft im Sande, zeigt jedoch, daß es durchaus Pläne gegeben hat, das Umland (auch Pfungstadt, Gernsheim, Seeheim etc.) besser anzubinden.

1902

Tabelle 7: Ereignisse Januar 1902.
DatumQuelleOrtInhalt
2. Januar 1902DZStadt­verordneten­versammlung„Zum besseren Schutze der Wagenführer und Schaffner der Elektrischen Straßenbahn in den Wintermonaten, besonders gegen Kälte und schlechtes Wetter, sollen 30 sogenannte Kalmückenmäntel und 12 Paar Pelzüberschuhe angeschafft werden und wird zu dem Zweck der Kredit des Kleiderfonds um 800 Mk. erhöht. Stadtv. Rockel bemängelt, daß man noch nicht eine praktische dauernde Vorrichtung gegen die schlechten Wetterverhältnisse für die Wagenführer habe, worauf Beigeordneter Riedlinger erwidert, daß vielfache Versuche in anderen Städten bisher zu einem praktischen Resultat nicht geführt haben, insbesondere auch, weil viele Schutzvorrichtungen wieder große Nachteile mit sich bringen. Im übrigen solle bei einer Temperatur unter 7 Grad von jetzt ab den Schaffnern und Führern an den Endstationen vormittags je eine Tasse Kaffee und ein Brödchen verabreicht werden.“
6. JanuarDZVerwaltungs­bericht 1900/1901„Die seit November 1897 im Betrieb befindlichen Linien der elektrischen Straßenbahn erfreuen sich stets zunehmender Frequenz. Im ganzen wurden während des Berichtsjahres etwa 2.397.700 Personen befördert, die Fahrgeld-Einnahme betrug 237.106 Mk. 25 Pfg. Wagenkilometer wurden im ganzen 599.942 gefahren.“ – Das wären etwa 7.500 Fahrgäste pro Tag, was als Beleg für eine privilegierte Nutzung durch das Darmstädter Bürgertum gelten könnte.
9. JanuarDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Götz hat eine Anfrage an Großh. Bürgermeisterei gerichtet, betreffend die elektrische Straßen­bahnlinie nach dem Johannesviertel, die Verjährung der Konzession und die Aenderung der Linienführung (Bahnhof, Bismarckstraße, Kahlertstraße und Pallaswiesen­straße, Schloßgartenplatz) und den Ersatz der Dampfstraßenbahn durch die elektrische in der Frankfurter Straße. Herr Oberbürger­meister Morneweg beantwortet die Anfrage dahin, daß die Konzession nicht verjähre, auch sei ein bestimmtes Projekt der Linienführung noch gar nicht festgesetzt. Infolgedessen könne er auch keine bestimmte Zusagen bezüglich der Linienführung machen. Das ganze Projekt sei noch in Bearbeitung. Die Frage, betreffend die Straßenbahn in der Frankfurter­straße, beantworte sich von selbst. Stadtv. Götz begründet seinen Antrag nochmals eingehend und bittet, die neue Linie möglichst bald in Angriff zu nehmen. Es sei ihm bei seiner Interpellation in der Hauptsache darum zu thun gewesen, in der Angelegenheit einmal Klarheit zu schaffen. Stadtv. Schaub spricht sich für die Linie Pallaswiesen­straße etc. aus.“
Anzeige der SEG 1902.

Abbildung 7: Anzeige in der „Darmstädter Zeitung“ am 28. Januar 1902 [quelle].

Tabelle 8: Ereignisse Januar bis Juli 1902.
DatumQuelleOrtInhalt
Januar 1902DZProspektSüddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft in Darmstadt mit Zweigniederlassung in Karlsruhe. Erhöhung des Aktienkapitals. Bilanz zum 31. März 1901. Enthält u.a. Angaben zur Darmstädter Dampf­straßenbahn: Betriebslänge 17,82 Kilometer, eröffnet am 30.8.1886 (nach Eberstadt und Griesheim) bzw. 3.4.1890 (nach Arheilgen), konzessioniert am 5.5.1886 bzw. 7.9.1889 auf jeweils 50 Jahre (wobei die Konzession der Arheilger Linie zusammen mit den beiden anderen Linien erlischt). Reinertrag für 1900/01 nach Abzug der Rücklagen zu den Erneuerungs- und Reservefonds 63.363,59 Mark.

„Mit der Stadt Darmstadt ist wegen Fortsetzung der Darmstädter Straßenbahnen und Regelung des innerstädtischen elektrischen Betriebs ein Vertrag abgeschlossen worden, wonach die Darmstädter Straßenbahnen Darmstadt – Griesheim, Darmstadt – Eberstadt und Darmstadt – Arheilgen an ein Consortium käuflich übertragen werden, welches aus der Stadt Darmstadt und der Südd. Eisenbahn-Ges. unter je hälftiger Betheiligung besteht. Dieses Consortium soll die Errichtung des electrischen Betriebs auf den Bahnen nach Eberstadt und Arheilgen durchführen und die Concession für die geplanten Fortsetzungs­linien übernehmen. Zur Beschlußfassung über diesen Vertrag ist eine außerordentliche General­versammlung auf den 28. Februar 1902 eingerufen worden.“
28. FebruarDZAktionärs­versammlung der SEG„Die gestern [also am 28.2.] stattgefundene Haupt­versammlung der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft, in welcher 11.960 Aktien mit 1.710 Stimmen vertreten waren, genehmigte einstimmig die Anträge der Verwaltung betreffend die Genehmigung des Vertrags mit der Stadt Darmstadt, Bildung einer Eisenbahn­gruppe für Nebenbahnen und Beschaffung der nötigen Geldmittel.“
28. FebruarDZHessischer Landtag, Zweite Kammer der StändeFinanzminister Gnauth erklärt: „Bezüglich der von dem Abgeordneten Backes beanstandeten Verzögerung des Baues der Bahnstrecke Darmstadt – Kornsand müsse er etwas Wasser in den Wein des Herrn gießen, indem er auf das Schlußprotokoll des Vertrags der Stadt Darmstadt mit der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft hinweise, wonach die Ausführung dieser Linie erst dann in Betracht komme, wenn der Bau der anderen Strecken vollendet und deren Rentabilität erwiesen sei; man werde sich also noch etwas gedulden müssen.“ – „Abg. Koch tritt für den baldigen Ausbau der Strecke Darmstadt – Kornsand ein, da die rhein­hessischen Orte an einer besseren Verbindung mit Darmstadt Interesse hätten. Die Strecke würde sich voraus­sichtlich gut rentieren.“

„Abg. Morneweg führt u. a. aus: Nicht die Sucht nach Erwerb, sondern nur die Hoffnung, die mißlichen Bahnver­hältnisse der Innenstadt Darmstadts endgültig zu regeln, habe letztere veranlaßt, den Schritt zur Bildung des Konsortiums zu thun; denn die aufgestellten Rentabilitäts­berechnungen seien wenig günstig und werde man voraussichtlich für die nächsten Jahre und wahrscheinlich während der ganzen Vertragsdauer Zuschüsse leisten müssen. Man habe sich daher gefragt, welche Linien die zunächst für Darmstadt rentabelsten seien, und sei man zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Linie Darmstadt – Kornsand die am wenigsten rentierende sei. Deshalb beabsichtige man, diese Linie erst nach der Fertigstellung der anderen Bahnen zu bauen. Allerdings sei ein diesbezüglicher Ausweg leicht zu schaffen, wenn sich die für die Strecke interessierenden Orte zur Leistung entsprechender Zuschüsse bereit erklären wollten. Wenn Darmstadt auch großes Interesse an der Erbauung dieser Bahnstrecke habe, so sei doch das aus dem bez. Vorteil entspringende Interesse der anliegenden kleinen Orte sicher noch viel größer.“
20. MärzDZStadt­verordneten­versammlung„Nach dem Bericht des Beig. Jäger wird die Enteignung eines zur Verlängerung einer Weiche der Dampf­straßenbahn in der Dieburger­straße gelegenen Stückes Gelände wegen der hohen Kosten aufgegeben, da zudem ein Nachteil nicht entsteht, sondern nur die Weiche etwas kürzer wird. Auf die Anfrage des Stadtv. Cramer, wer die bisher entstandenen bez. Kosten zu tragen habe, macht der Oberbürger­meister darauf aufmerksam, daß der Antragsteller, in diesem Falle die Stadt, die Kosten zu tragen habe. – Auf die Anfrage des Stadtv. Kahlert, ob ein Hindernis gegen die Ausführung der Bahnlinien nach den Hirschköpfen und durch die Elisabethen­straße entgegenstehe, erwiderte der Vorsitzende, daß zunächst noch keine Konzession vorhanden sei, die an der Genehmigung der Post bisher gescheitert sei. Ueber den Sommer­fahrplan der Dampf­straßenbahn berichtet Stadtv. Jacobi. Derselbe hat nur geringe Abweichungen gegen den bisherigen Fahrplan und wird genehmigt.

Ueber den Anschluß des nordwestlichen Stadtteils an das Netz der elektrischen Straßenbahn berichtet Beig. Riedlinger: die Linie durch die Grafenstraße soll aufgegeben werden und ist daher vorgesehen eine Linie von dem Schloßgarten­platz durch die Pallaswiesen-, Liebigstraße – Wendelstadt­straße und Bismarckstraße nach den Bahnhöfen, dieselbe solle ohne langen Aufenthalt an den Bahnhöfen nach dem Ernst-Ludwigsplatz durchgehen. Wo es möglich, soll dieselbe zweigeleisig durchgeführt werden; die eingeleisige Durchführung koste 165.000 M., die teilweise zweigeleisige Ausführung 180.000 M., die Betriebskosten betragen jährlich 38.000 M. Die günstigste Ausführung soll der Bürgermeisterei überlassen bleiben, die gemeinsamen Ausschüsse schlagen Gesamtbe­willigung von 200.000 M für diese Linie vor. Stadtv. Möser bestreitet, daß die Linienführung vom Schloßgarten­platz nach den Bahnhöfen praktisch sei und tritt für die Linienführung durch die Grafenstraße ein. Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, daß es nicht im Interesse des Viertels liege, die Linie, welche auf die Strecke mit der Frankfurter­straße parallel laufe durchzuführen; bekanntlich sei die Linie durch die Grafenstraße s. Zt. als Konkurrenzprojekt gedacht gewesen, das vorweg schon zahlreiche Mängel hatte. – Die Ausfahrt der Post, das Krankenhaus, der Marstall etc. seien drei Momente, die der Ausführung dieses Projektes sehr hindernd entgegenständen; auch sei der Betrieb bei der Einfahrt in die Rheinstraße sehr störend gewesen. Die Rentabilität der Linie sei allerdings nicht nachgewiesen, doch sei in diesem Viertel eine andere Durchführung nicht gut möglich.

Stadtv. Götz tritt für die baldige Genehmigung der Linie ein, da die rasche Durchführung im Interesse der Bewohner liege, während der Verkehr nach der Stadt durch den Umbau der Frankfurter­straßenlinie demnächst weitere Vorteile bringe. Stadtv. Schupp glaubt nicht, daß den Wünschen der beiden Stadtteile durch den Bau dieser Linie Rechnung getragen werde, die unpraktisch und unrentabel sei, man solle die Linie in das Martinsviertel doch durch die Magdalenen­straße führen. Er bittet um Zurückverweisung des Projekts und Ausarbeitung neuer Linien in die Herzen der beiden Viertel; sonst würde man viele Kosten umsonst ausgeben, was nicht im Interesse des Stadtsäckels liege, früher habe die Elektrizitäts-Kommission auch auf gleichem Standpunkt gestanden. Ein Antrag auf Vertagung des Gegenstandes wird abgelehnt. Stadtv. Gallus ist mit der jetzigen Projektierung der Linie sehr zufrieden und glaubt, daß dieselbe sehr im Interesse des Viertels liege, schon zwei Jahre wartet dasselbe auf die Bahn. – Stadtv. Küchler glaubt, daß die Vorlage nur mit Rücksicht auf den Umstand gekommen sei, um dem Viertel um jeden Preis eine Verbindung zu geben, man solle doch die Frankfurter­straße elektrisch durchführen, dann werde allen Wünschen rasch Rechnung getragen; er werde gegen die beantragte Linie stimmen. – Stadtv. Rockel wird für den Kommissions­antrag stimmen; er muß aber die Ausführungen des Stadtverordneten Küchler unterstützen, da man es wahrscheinlich doch bereuen würde. Er stimme nur mit schwerem Herzen zu. – Stadtv. Säng erklärt, daß auch die Kommission nur schweren Herzens diese Zickzack-Linie beschlossen habe, doch sei zur Zeit ein anderer Ausweg nicht möglich; die nächste Linie sei dann diejenige nach dem Ostbahnhof. Nicht nachgewiesen sei bis jetzt, daß die Linie nicht rentiere, doch könne man darauf nicht immer Rücksicht nehmen. – Stadtv. Heß wird nicht aus Ueberzeugung, sondern nur im Hinblick auf das Vertrauen, das er zu der Kommission hat, dem Antrag zustimmen. Der Antrag wird gegen 5 Stimmen angenommen.“
20. MärzVBStadt­verordneten­versammlungIm Verwaltungsbericht der Bürgermeisterei liest sich das folgendermaßen: „Da in dem Vertrag mit der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft die Einführung elektrischer Bahnbetriebe vom Louisenplatz durch die Frankfurterstraße in Aussicht genommen ist, machte die Bürgermeisterei der Stadtverordneten-Versammlung eine weitere Vorlage wegen Abänderung des früher beschlossenen Projektes von der Rheinstraße durch die Grafenstraße. Diese Linie war zu einer Zeit projektirt worden, zu der die Aussichten auf eine Einigung mit der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft noch geringe waren, um den nördlichen Stadttheil an das Netz der städtischen elektrischen Straßenbahn anzuschließen. Nachdem inzwischen die Verhandlungen mit der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft eine günstigere Wendung genommen hatten, verschob die Bürgermeisterei, obwohl die Concession seitens der Regierung bereits ertheilt war, den Bau dieser Linie, um nicht gegenüber der Linienführung vom Louisenplatz durch die Frankfurterstraße eine nachtheilige und dabei kostspielige Concurrenz zu schaffen und um außerdem die Schwierigkeiten zu vermeiden, die durch das Vorhandensein des Krankenhauses und durch den Postverkehr in der Grafenstraße etc. dem Betrieb erwachsen mußten. Als nunmehr Aussicht auf Einführung elektrischen Betriebes durch die Frankfurterstraße vorhanden, jedoch ohne daß die Möglichkeit gegeben war, damit sofort zu beginnen, während andererseits das Drängen des nördlichen Stadttheils auf Erlangung eines Bahnanschlusses durchaus berechtigt erschien, beantragte die Bürgermeisterei, für den genannten Stadttheil zunächst eine Verbindung zu den Bahnhöfen zu schaffen durch Erbauung einer Linie von letzteren aus durch die Casernestraße, Bismarckstraße, Wendelstadtstraße u. s. w., wie früher projectirt. Die Stadtverordneten-Versammlung ertheilte am 20. März diesem Projekt mit der Aenderung ihre Zustimmung, daß die Linie von der Liebigstraße aus nicht durch die Kahlertstraße, sondern durch die Pallaswiesenstraße nach dem Schloßgarten­platz geführt werden soll und bewilligte die zu dem Bau erforderlichen Mittel im Betrage von 200.000 M.“
3. AprilDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Säng berichtet über das Gesuch der Stadt an die Süddeutsche Eisenbahn­gesellschaft betreffend die Späterlegung des letzten Zuges nach Arheilgen, welche von der Direktion als nicht notwendig abgelehnt wird, da die jetzige Abfahrzeit den Verhältnissen thatsächlich entspreche. Hoffentlich würden durch baldige Umwandlung in elektrischen Betrieb bald spätere Züge gehen. Der Oberbürger­meister ist nach Lage der Sache für Beibehaltung der jetzigen Abfahrtszeit und tritt für event. Neueinstellung eines späteren Zuges ein.“
17. AprilDZStadt­verordneten­versammlung„Der Vorsitzende, Herr Oberbürger­meister Morneweg, teilt mit, daß die Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft mitgeteilt habe, daß nach den gemachten Erfahrungen sich ein Bedürfnis für einen später zu legenden Zug nach Arheilgen nicht herausgestellt habe. Man werde aber die Angelegenheit im Auge behalten.“
2. MaiDZStadt­verordneten­versammlung„Zu 43: Elektrische Straßenbahn, teilt der Vorsitzende mit, daß die Konzession für sämtliche Linien (ohne die der Bismarckstraße) seit Ende 1901 fertig sei, doch sei in zwei Punkten noch keine Einigung mit der Postverwaltung erfolgt. Nach den neuesten Verhandlungen stehe eine baldige Regelung der Frage in Aussicht.

Stadtv. Gallus fragt bezüglich des Konzessions­gesuchs der Linie nach dem Johannesviertel an, worauf der Vorsitzende erklärt, daß dieselbe in Arbeit sei. Auch fragt Redner, ob man nicht den Krankenschwestern freie Fahrt auf der elektrischen Bahn bewilligen wolle, worauf der Vorsitzende erwiedert, daß man dies schon anfangs beabsichtigt, aber aus verschiedenen Gründen davon abgesehen habe. Einige Stadtverordnete sprechen dafür, bezw. dagegen.“
2. MaiDZEberstadt„Gestern abend [2. Mai] 5 Uhr 50 Minuten ist, wie wir zuverlässig erfahren, unmittelbar nach der Abfahrt von Eberstadt die Lokomotive des Straßenbahn­zuges defekt geworden, so daß der Zug nicht weiter fahren konnte und ausfallen mußte. Die Folge davon war, daß die späteren Züge größere Verspätungen erhielten und zum Teil nicht mit der erforderlichen Anzahl Wagen ausgerüstet werden konnten. In den Arbeiterzügen um halb 7 Uhr nach Eberstadt, Griesheim und Arheilgen mußten deshalb die Fahrgäste dicht gedrängt untergebracht werden.“
15. MaiDZStadt­verordneten­versammlungNicht näher bezeichneter Antrag der Stadtverordneten Lindt, Säng, Götz und Schupp zugunsten eines besseres Schutzes der Straßenbahn­wagenführer vor der Witterung.
12. JuniDZMartins­viertel / FasanerieBaubeginn der Straßenbahn­verlängerung von der Taunusstraße zu den Hirschköpfen (Fasanerie): „Mehrere Felsenkeller der dortigen Gegend haben bereits ihre Sommerwirt­schaft eröffnet und dürften von der erhöhten Frequenz, die das neue Verkehrsmittel demnächst wohl mit sich bringt, auch Vorteil haben.“ Wir soll man/frau das verstehen: Städtische Subventionierung des Alkoholismus?
19. JuniDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Kahlert fragt, ob sich das Gerücht bewahrheite, daß außer der Ausführung der Linie nach den Hirschköpfen die der anderen Linien verschoben worden sei, worauf der Vorsitzende erwidert, daß man nicht überall beginnen konnte, und man in der Dieburgerstraße auch ohne Schienen den Bau anfangen konnte.“
1. JuliDZMartins­viertel / Fasanerie„Die Herstellung der elektrischen Bahn nach den Hirschköpfen schreitet recht rege vorwärts; die Geleislegung ist bereits über den Rosenhöhe-Weg gekommen. Am Beginn der neuen Linie in der Dieburgerstraße liegt das Geleis auf der nördlichen Seite, um dann vom Wienerschen Felsenkeller zur südlichen überzugehen. Zur Transportierung, bezw. zum Legen der besonders langen und schweren Doppelschienen werden sehr geschickt konstruierte Greifer benutzt.“
3. JuliDZStadt­verordneten­versammlung„Es ist ein Schreiben des vat. Handlungs­gehilfen-Verbandes, betreffend Sonntagsruhe, sowie ein Cirkular mit Flugschriften und Prospekten des Centralverbandes deutscher Hausbesitzer­vereine einlaufen; außerdem eine Anfrage des Vereins der Innenstadt betreffs der anscheinend verzögerten Ausführung der Elektrischen Bahnlinie Heinrichstraße – Ernst-Ludwigstraße. Eine zweite Eingabe in derselben Angelegenheit geht von Bewohnern des südlichen Teils der Saalbaustraße aus. Dieselben befürchten die Störung der Ruhe der Straße und das damit verbundene Sinken des Mietwertes. Die Bahn soll nur bis zur Kreuzung der Sandstraße geführt werden. Die Eingaben gehen an die Deputation.

Beigeordneter Riedlinger erklärt, daß die Bürgermeisterei mit allen Kräften an die Ausführung der bewilligten Arbeiten herantrete; doch träten bei den näheren Ausführungen sehr oft große Schwierigkeiten ein, die sich nicht so leicht beseitigen ließen. Gerade in der Ernst-Ludwigsstraße sei durch das vorhandene 42 Kabel starke Kabelnetz ein großes Hemmnis entstanden; darüber könne man nicht hinausfahren und eine Verlegung koste etwa 14.000 Mk. Auch verlange das Tiefbauamt in der Ernst-Ludwigsstraße die Legung eines Entlastungs­kanals, den man erst schaffen müsse. Daß in der Zeitung befürchtete Hindernis bei dem Bau der Bahn über die Eisenbahn­brücke in der Dieburger­straße bestehe nicht.

Stadtv Saeng ist über die zweite Eingabe der Anwohner der Saalbaustraße sehr erstaunt, da dieselbe jedenfalls sehr post festum komme. Sehr wünschenswert ist, daß man gerade in den Geschäftsstraßen die Vorarbeiten jetzt, zu der stillen Geschäftszeit, ausführen lasse. Ebenso erstaunt ist Redner darüber, daß man als Grund der Verzögerung jetzt die von den städtischen Aemtern geforderten Abänderungen und Kabelver­legungen bekannt gebe, nachdem die Bahn schon zwei Jahre genehmigt sei, worauf Beigeordneter Riedlinger erwidert, daß einzelne Hindernisse jetzt bekannt geworden, andere aber zu ihrer Beseitigung viel Ueberlegung und Zeit beanspruchen. Die Aemter seien alle gefragt worden und treffe dieselben kein Vorwurf.

Stadtv. Dr. Merck wünscht , daß man die Eingabe der Anwohner der Saalbaustraße doch eingehend prüfe und vielleicht berücksichtige, da dieselbe sonst doch sehr den ruhigen Charakter verliere. Stadtv. Schupp widerspricht den Ausführungen der [sic!] Beigeordneten Riedlinger, daß die Stadt sich mit ihren Ausführungen so beeile, an der Bahn werde schon bald 6 Jahre in sehr langsamem Tempo gearbeitet. Die anderen Bemerkungen der Beigeordneten wolle er acceptieren. Nur müsse man den Bau mehr beschleunigen. Der Vorsitzende erklärt, daß die Konzession zu den Bahnlinien erst kurze Zeit vorhanden sei, und daß man sich nach Möglichkeit beeile, alles Genehmigte durchzuführen. Stadtv. Schmidt als Anwohner der Saalbaustraße unterstützt die Eingabe der dortigen Anwohner, zudem die Stadt dabei Geld spare.“
18. JuliDZMartins­viertel / Fasanerie„Die Herstellung des Oberbaues der elektrischen Bahnlinie Taunusstraße – Hirschköpfe schreitet sehr rege voran, das Geleis hat nahezu den Endpunkt erreicht und gedenkt man, dem Vernehmen nach, dieselbe Ende n[ächsten] Monats in Benutzung nehmen zu können. Das Geleise ist jenseits des Viadukts, der übrigens noch nicht überschient ist, erhöht gelegt, um die Steigung am Heiligen Kreuzberg in etwas zu ermäßigen. Die für Fuhrwerke demnächst benutzbare Breite der Straße stellt sich zweifelsohne als ziemlich beschränkt dar. Daß die Gegend landschaftlich durch die Anlage eine gewisse Einbuße erleidet, ist nicht abzuleugnen.“
23. JuliDZMartins­viertel / Fasanerie„Für die elektrische Bahn Taunusstraße – Hirschköpfe werden seit gestern die eisernen Masten für die Oberleitung aufgestellt, während das Geleise selbst fast ganz gelegt ist, auch die Lücke über den Odenwaldbahn-Viadukt jetzt zur Ausfüllung gelangt. Der größte Teil der Strecke östlich diese Viadukts wird neu chaussiert und höher gelegt, sowie eine regelrechte Floßrinne längs der Baumreihe angebracht, welch letztere jedenfalls zur Wasserabführung die besten Dienste leisten um lästige Schlamm- und Wasseran­sammlungen wie seither durch Platzregen u.s.w. möglichst verhindern wird. Die ganze Arbeit geht nach wie vor rüstig vonstatten.“
Zeitungsartikel.
Zeitungsartikel.

Abbildung 8: Auszug aus dem Bericht aus der Stadtverordneten­versammlung vom 24. Juli 1902 in zwei Teilen, und zwar Teil 1 und Teil 2.

Tabelle 9: Ereignisse Juli bis August 1902.
DatumQuelleOrtInhalt
26. Juli 1902DZEinladungIX. ordentliche Generalversammlung der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft am 10. September 1902 im Vewaltungsgebäude in Darmstadt, Neckarstraße 5.
7. AugustDZStadt­verordneten­versammlung„Oberbürgermeister Morneweg eröffnet die Sitzung und teilt dem Hause mit, daß eine Eingabe des Bezirksvereins Johannesviertel vorliege, in der die Ablehnung des Antrages Kalbfuß, betr. die Umlegung der elektrischen Bahn durch das Johannesviertel, beantragt wird. Durch den Antrag würde die ganze Sache verzögert. Der Vorsitzende bemerkt dazu, die Annahme des Herrn Kalbfuß, daß der Vertrag mit der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft nicht zu Stande kommen werde, sei nicht richtig, es hänge dies nur von der Stadt ab; durch neue Projekte werde die ganze Angelegenheit nur hinausge­schoben, zudem an dem ganzen neuen Projekt absolut gar nichts geändert worden sei. – Stadtv. Saeng wünscht, daß trotz des guten Kerns, den der Antrag Kalbfuß in sich schließe, über denselben zur Tagesordnung übergegangen werde, wenn er denselben nicht zurückziehe. – Stadtv. Wolfskehl ist bei der Zustimmung, den Antrag in geschäfts­ordnungs­mäßige Behandlung zu nehmen, von der Voraussetzung ausgegangen, daß das geplante Projekt dadurch in keiner Weise aufgehalten werde. – Stadtv. Götz wünscht ebenfalls, daß der Antrag Kalbfuß die Bearbeitung des anderen Projektes in keiner Weise aufhalten solle. – Der Vorsitzende weist darauf hin, daß diese beiden Momente sich eigentlich direkt gegenüber­stehen. Er hoffe, daß Herr Kalbfuß seinen Antrag doch zurückziehe. – Stadtv. Schupp ist entschieden dagegen, daß man über den Antrag Kalbfuß zur Tagesordnung übergehe.

Stadtv. Voigt berichtet über den Ausbau der Kanalisation. Die Ende der 70er Jahre erbauten Kanäle hätten sich als zu klein erwiesen. Zu einer entsprechenden Vergrößerung seien 550.000 Mk. erforderlich. Es sollen pro Sekunde und Hektar 125 Liter Wasser befördert werden können. Die Kanäle durch die Bismarck-, Ernst-Ludwig- und Elisabethenstraße sollen sofort in Angriff genommen werden mit Rücksicht auf die concessionierten Straßenbahn­linien. – Beigeord. Jäger erläutert nochmals die gesamten Pläne. Bau-Inspektor Keller weist darauf hin, daß z. B. der Kanal in der Ernst-Ludwigstraße in ca. 14 Tagen fertiggestellt werden könne. Bis Anfang November könnten alle projektierten Kanäle bestimmt ausgeführt sein. Die Mittel sind im Voranschlag bewilligt und findet der Antrag Annahme.“
14. AugustDZStadt­verordneten­versammlungAuf dem Ernst-Ludwigplatz sollen wegen der Bauarbeiten für die Straßenbahn für die nächste Messe keine Plätze versteigert werden.
28. AugustDZ und DZStadt­verordneten­versammlungEingabe einer Anzahl Einwohner des Südwest­viertels um Verlängerung der Elektrischen Straßenbahn­linie von der Saalbau- nach der Heidelberger­straße. Angesichts fehlender Einigung mit der SEG könne es sich nur um ein totes Gleis handeln. Am Abend (nach der StaVo) soll um ½7 eine Probefahrt zu den Hirschköpfen stattfinden. Vier neue Haltestellen: an der inneren Ringstraße [heute: Rhönring] beim Wiener Felsenkeller [heute: Biergarten], am Rosenhöhweg mit Weiche, am Eingang des Heiligen Kreuzes, sowie an der Weiche vor dem Parkhotel [heute: Lichtenberg-Haus]. Der Tarif für die gesamte Strecke beträgt 15 Pfennige, die Tarifgrenze liegt an der Odenwald­bahn. Fahrzeiten: halbstündlich bis 1.25 Uhr nachmittags, danach viertelstündlich, mittwochs, samstags und sonntags bei Bedarf, insbesondere bei günstigem Wetter, Verstärkerzüge. „Da, durch den Betrieb verursacht, bisher nicht alle Wagen bis zu den Hirschköpfen laufen können, ist eine Beförderung dahin nur mit denjenigen Wagen garantiert, welche ganz dahin laufen.“

„Stadtv. Schupp tritt nochmals für seinen Antrag ein. Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, daß man einen Vergleich mit der Haltestelle an der Heinrichstraße hier nicht heranziehen könne, da dort die Strecke nur sehr kurz sei. – Der Antrag der Kommission wird angenommen. Stadtv. Stemmer fragt an, ob man jetzt nicht gleich die Linie durch die Ernst-Ludwigstraße bauen könne, da das Pflaster doch aufgebrochen sei, worauf Beig. Riedlinger dies jetzt für möglich erklärt.“

„Infolge der Erweiterung des Straßenbahnnetzes ist die Verlegung einer Anzahl Telephonkabel auf Kosten der Stadt notwendig und werden hierfür 13.025 Mk. genehmigt.“ – Nach der Sitzung Probefahrt zu den Hirschköpfen.
29. AugustDZMartins­viertel / FasanerieAbnahme der Strecke zu den Hirschköpfen.
30. AugustDZInbetrieb­nahme„Mit dem heutigen Tage hat unser elektrisch betriebenes Bahnnetz eines wertvolle Bereicherung mit der Inbetriebnahme der Linie Dieburger­straße – Hirschköpfe (Fasanerie) erhalten, die den allgemeinen Zugang zu einem der schönsten Waldgebiete der Umgebung unserer Stadt ganz wesentlich erleichtert. Die neue Linie wurde im Laufe des Sommers begonnen; am 16. Juni nahm die Schienenlegung ihren Anfang und ist Dank der regen Thätigkeit durch das Personal der städtischen Straßenbahnen rasch vollendet worden. Die etwa 1600 Meter lange Strecke (mit einer Steigung von etwa 1:16 am Heiligen Kreuz) enthält eine Zwischen-Ausweiche am Rosenhöhe-Weg, desgleichen eine Weiche am Parkhotel; die Anlage einer Schleife hinter dem Darmstädter Forsthaus zur Vermeidung des Abkuppelns der Anhängerwagen ist für später in Aussicht genommen. Am Odenwaldbahn-Viadukt konnte der südliche Fußsteig benutzt werden und ist jenseits der Brücke das jetzige Geleis so gelegt, daß bei Annahme einer demnächstigen Straßenbreite von 12,50 Meter das spätere Doppelgleis die Mitte der Straßenfahr­bahn einnimmt.

Die Makadam-Straße nach den Hirschköpfen wurde gleichzeitig mit angemessener Wölbung aus straßen­technischen Gründen hergestellt, längs der Platanenreihe eine gepflasterte Rinne angebracht u.s.w. Der Oberbau ist wie auf den alten Strecken nach dem Haarmannschen Wechselstegverblattsystem ausgeführt, wobei die Schienen auf einer 1,70 Meter breiten Packlage ruhen und mit Kleinschlag gestopft sind; die Oberleitung hat die bekannte Konstruktion. Zunächst ist, wie schon kurz bemerkt, für vormittags halbstündiger Verkehr, von nachmittags etwa 1¾ Uhr ab viertelstündiger Verkehr (Abfahrt des letzten Wagens von Haltestelle Fasanerie 8 Uhr abends) vorgesehen, der in Ausnahmefällen natürlich intensiver gestaltet wird. Es ist nicht zu zweifeln, daß die neue Strecke, die nach so bevorzugten Punkten unsrer östlichen näheren Umgebung führt, zahlreiche Benutzer findet.“
Bus an der Fasanerie.

Bild 9: Ein heutiges Winterbild ohne Schnee zeigt die Zufahrt zur Fasanerie. Die Dieburger Straße ist längst auto­mobilisiert und anstelle der Straßenbahn verkehrt der F-Bus zum Oberwald­haus. Die ehemalige Straßenbahn­schleife (hinter der Mauer) wird auch weiterhin von einzelnen Fahrten des F-Busses genutzt. Das zu den Hirschköpfen zugehörige Gasthaus steht am rechten Straßenrand.

Tabelle 10: Ereignisse September bis Dezember 1902.
DatumQuelleOrtInhalt
3. September 1902DZGeneral­versammlung der SEGÜbersicht über die Tagesordnung der Aktionärs­versammlung, darunter Anmerkung zu Darmstadt: „Wegen der Durchführung des mit der Stadt Darmstadt abgeschlossenen, durch die außerordentliche General­versammlung der Aktionäre am 28. Februar 1902 genehmigten Vertrages mit der Stadt Darmstadt schweben noch die Verhandlungen mit der Großherzoglich Hessischen Regierung.“
10. SeptemberDZGeneral­versammlung der SEGSämtliche Anträge der Direktion und des Aufsichtsrats wurden genehmigt.
10. SeptemberDZSEGBilanz zum 31. März 1902 (in der „Darmstädter Zeitung“ veröffentlicht am 16. September 1902).
11. SeptemberDZ und DZStadt­verordneten­versammlung„Durch die in der Nieder-Ramstädterstraße vorgesehene doppelte Straßenbahn­linie, breitere Vorgärten etc. ist die Verbreiterung derselben in ihrer Verlängerung auf 26 Meter vorgesehen und wird diesem Vorschlag zugestimmt.“

„Stadtv. Schupp richtet hier die Bitte an die Großh. Bürgermeisterei, die an den Hirschköpfen beabsichtigte Schleife nicht ausführen lassen zu wollen, die Kosten hierfür könne man sparen, da die jetzige Einrichtung vollauf genüge. Der Vorsitzende weist darauf hin, daß das Konzessions­gesuch mit dieser Schleife seinerzeit genehmigt worden sei und zur Zeit dem Ministerium vorliege. Es liege keine Veranlassung jetzt vor, irgendwelche Aenderung vorzuschlagen, man könne, was man beschlossen, nicht jeden Augenblick nach den Wünschen Einzelner wieder umwerfen.

Stadtv. Saeng wünscht alsbaldigen weiteren Ausbau der Linien, damit die Rentabilität eine bessere werde, worauf der Vorsitzende feststellt, daß die Rentabilität eine sehr gute sei, die vielleicht etwas abnehme. Dies kann aber nicht abhalten, in dem vorgesteckten Ziele weiter fortzufahren.“

„Stadtverordneter Saeng berichtet über den Winter­fahrplan der Dampf­straßenbahn, der im wesentlichen die seitherigen Fahrzeiten einhalte. Stadtverordneter Wittmann wünscht an der Heidelberger­straße eine weitere Haltestelle zwischen Chausseehaus und Ludwigshöhe eingerichtet zu wissen. Das neue Stadtviertel daselbst erheische Berücksichtigung hinsichtlich des Theaterbesuchs u. s. w. Der Vorsitzende erklärt, daß man daselbst eine Haltestelle nur errichten könne, wenn die Bahn neue schwerere Maschinen daselbst laufen lasse, da das Gefäll so stark sei, daß die jetzigen Maschinen die Anfahrt nicht bewältigen können. Man wolle die Frage nochmals anregen.“
25. SeptemberDZStadt­verordneten­versammlung„Ferner teilt [der Oberbürgermeister] mit, daß auf neuerliche Vorstellung der Bürgermeisterei die Direktion der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft abermals erklärt gabe, daß ein Anhalten der Eberstädter Züge an der Weinbergstraße im allgemeinen aus betriebs­technischen Gründen nicht möglich sei, sie wolle aber vom 1. Oktober an den letzten (sog. Theater-Zug) regelmäßig halten lassen.“
9. OktoberDZStadt­verordneten­versammlung„Anläßlich eines Gesuches von Bewohnern der Heidelberger­straße wegen der Fortführung der elektrischen Bahn an den Saalbau bis zur Saalbaustraße, bezw. der darauf ergangenen Antwort der Bürgermeisterei entsteht eine längere Geschäftsordnungs­debatte, da Stadtv. Saeng den in der Antwort erwähnten zustimmenden Beschluß der Versammlung vermißt. Denselben Standpunkt nehmen die Stadtv. Gallus, Rockel und Cramer ein, während die Stadtv. Kalbfuß, Wolfskehl, Dr. Buff, Dr. Osann, Dr. Küchler, Dr. Merck, K. Müller, Lehr die Auffassung der Bürgermeisterei teilen, daß das stillschweigende Einverständnis der Versammlung vorgelegen habe. Auf Antrag des Sradrv. Nodnagel erklärte sich die Versammlung mit der Auffassung der Bürgermeisterei einverstanden und ging zur Tagesordnung über.“
21. OktoberDZVersammlung der Wahlmänner für die Landtagswahl„Kandidat [Oberbürgermeister] Morneweg soll demnach erklärt haben: „Dankbar müsse man den seitherigen Vertretern der Stadt (Schmeel und Köhler) dafür sein, daß sie durch einen diesbezüglichen Antrag es ermöglicht hätten, daß die Stadt in erster Linie die Konzession für die so sehr ihre Interessen berührenden Bahnen Darmstadt – Oppenheim und Pfungstadt – Gernsheim erhalten habe.“
30. OktoberDZ und DZStadt­verordneten­versammlung„Ein Antrag Lindt-Götz und Konsorten auf Einführung von elektrischen Motorwagen mit geschlossenen Plattformen ist dahin modifiziert worden, daß man wenigstens zwei solcher Wagen versuchsweise anschaffe.“

„Stadtv. K. Müller berichtet über Abgabe von Freikarten für die elektrischen Straßenbahn an die im öffentlichen Dienst thätigen Krankenpflege­schwestern. Aehnlich wie in anderen Städten sollen den Diakonissen 12, den katholischen Schwestern 6, dem Alice-Hospital 2 Karten zur Verfügung gestellt werden, da eine Gefahr durch deren Benutzung der Straßenbahn nach Meinung des Ortsgesund­heitsrats nicht entstehen kann. Dr. Nöllner wünscht, daß man die Verhältnisse der einzelnen Schwestern-Anstalten mehr berücksichtige, zudem die barmherzigen Schwestern viel stärker an der Zahl und deren Dienst viel ausgebreiteter sei. Stadtv. Gallus unterstützt dies. Stadtv. Kolb erklärt, daß die meisten Diakonissinnen in sehr ausgedehnten Bezirken wohnen und es deshalb sehr notwendig sei, der Mehrzahl entsprechend, die nötigen Karten zu bewilligen. Die Herren Dr. Merck und Dr. Buff beantragen für alle Schwestern im Ordenskleid freie Fahrt. Nach weiterer Debatte wird beschlossen, behufs nochmaliger Prüfung der Frage, die Angelegenheit an den Ausschuß zurückzuverweisen.“

Der üblicherweise auf dem Ernst-Ludwigs-Platz stattfindende Kartoffelmarkt muß aufgrund der Bauarbeiten für den Ausbau des elektrischen Straßenbahnnetzes auf den Platz am Schloßgraben abgehalten werden.
11. NovemberDZGerücht„Zur Beseitigung eines gewiß allseits empfundenen Mangels soll dem Vernehmen nach auf Anregung der Stadt­verordneten Lindt und Rockel eine Wartehalle auf dem Ernst-Ludwigsplatz zur Einrichtung kommen. Bei dem an jener Stelle herrschenden starken Verkehr der elektrischen Bahn erscheint die fragliche Einrichtung recht wünschenswert.“
13. NovemberDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Nodnagel fragt an, was an den Gerüchten über neue Hindernisse bei der Ausführung der elektrischen Bahn in das Johannesviertel wahres sei. Oberbürgermeister Morneweg teilt mit, daß außer einigen Anliegern der projektierten Linie Stadtv. Schupp Einspruch erhoben habe. Stadtv. Nodnagel spricht sein Bedauern aus, daß auch ein Mitglied der Stadtverordenten-Versammlung gegen einen Beschluß der Versammlung sich an diesen Bestrebungen beteilige. Der Vorsitzende teilt ergänzend mit, daß nur über die Einsprüche der direkten Interessenten Verhandlungen stattfänden. Stadtv. Schupp führt aus, daß er die Strecke für unrentabel halte und deshalb als Bürger und Steuerzahler das Recht für sich in Anspruch nehme, Einspruch zu erheben. Nach weiteren Ausführungen der Stadtv. Kalbfuß, Nodnagel und Götz führt der Vorsitzende aus, daß der Vertrag mit der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft demnächst in Kraft treten könne; die Genehmigung des Großh. Finanz­ministeriums sei zwar noch nicht formell, aber materiell gegebn, bis auf die zwei in Pachtung zu nehmenden Linien. Den hierdurch zu erwartenden Einnahmeausfall müsse man auf anderem Wege zu decken suchen.“
Anfang DezemberDZPersonal„Die Angestellten der städtischen elektrischen Straßenbahn haben einen Verein begründet, der die Pflege der Kollegialität und die Wahrung geistiger und materieller Interessen zum Gegenstand hat.“
11. DezemberDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Rockel fragt bezüglich der Fertigstellung der elektrischen Bahnlinie durch die Elisabethen­straße an, worauf der Vorstitzende erklärt, daß er darüber keine Auskunft geben könne, er wolle aber konstatieren, daß da [sic!] Bürgermeisterei keine Schuld trage, wenn bei der Ausführung der Linie in keiner Weise den Verkehrs­verhältnissen und gerechten Ansprüchen der Anwohner Rechnung getragen worden sei. Anscheinend sei von Seiten der Straßenbahn­verwaltung ohne die nötigen Vorbereitungen der Bau begonnen worden; so sei die Bereitstellung der für den Ernst-Ludwigsplatz nötigen Stücke erst im November gemacht und werde die Lieferung erst Ende Dezember erfolgen.“
Straßenbahnen auf dem Ernst-Ludwigs-Platz.

Abbildung 10: Anfang 1903 wurde das Darmstädter Straßen­bahnnetz um die Linie zum Saalbau erweitert, im April die Bessunger Linie um zwei Stationen zur Landskron­straße, und Ende des Jahres folgte nach längeren Diskussionen und geänderten Planungen die Linie durch das Johannes­viertel zum Schloßgarten­platz. Da sich die Linie zum Saalbau als nur mäßig rentabel erwies, wurde sie im Herbst des Jahres um ein kurzes Stück bis zur Kreuzung der Heinrichstraße mit der Neckar- bzw. Heidelberger Straße verlängert. – Beginnend an der Westseite des heutigen Friedensplatzes umfuhr die Saalbau­linie beidseitig den im Bild rechts stehenden Weißen Turm, bevor sie eingleisig die Ernst-Ludwig-Straße zum Ludwigsplatz geführt wurde. Über die Elisabethen­straße ging sie weiter bis zur Saalbau­straße, die anschließend (über das heutige Staatstheater hinaus) bis zur Heinrich­straße durchfahren wurde. Die hier gezeigte Ansichts­karte kann demnach frühestens 1903 entstanden sein und spätestens 1912 aufgenommen, denn die am Schloß entlang geführten Gleise Richtung Woog und Ostbahnhof sind noch nicht zu erkennen. Vermutlich läßt sich das Aufnahme­datum bei genauerer Kenntnis des Auslieferungs- bzw. Umbau­zustandes einzelner Straßen­bahnwagen noch besser eingrenzen. – Gut zu erkennen sind die unterschiedlichen Führer­stände, die mal offen und mal geschlossen sind, und deren offene Variante 1902 Anlaß zur Klage gegeben hatte.

1903

Tabelle 11: Ereignisse Januar bis April 1903.
DatumQuelleOrtInhalt
8. Januar 1903DZ und DZStadt­verordneten­versammlung„An der neuen Straßenbahnlinie nach dem Saalbau sollen Haltestellen an der Schuchardstraße, Ludwigsplatz, Wilhelminenstraße, Grafenstraße, Saalbaustraße [an der Ecke Elisabethen­straße], Marienplatz und Saalbau errichtet werden. Die Versammlung stimmt dem zu.“

„Bezüglich der Abgabe von Fahrkarten der elektrischen Straßenbahn an Krankenschwestern wird nach Debatte und unter Ablehnung verschiedener Abänderungs­anträge beschlossen, daß das Elisabethenstift 12, das barmherzige Schwesternhaus 6 und das Alicehospital 2 Karten erhalten sollen.

Gegen das Konzessionsgesuch für die elektrische Straßenbahn Bahnhof – Schloßgartenplatz ist von Rentner Heß (Liebigstraße [Nr. 17]) Einspruch erhoben worden, da dann kein Möbelwagen vor seinem Haus halten könne. Die Versammlung beschließt, an dem vorgesehenen Projekt festzuhalten.“
JanuarDZ und DZVerwaltungs­bericht 1902/1903„Die Straßenbahn­kasse weist eine Mehreinnahme von 66.282,48 Mk. auf. Von dieser Summe wurden 41.894,25 Mk. als Abschreibungs­mittel teils zur Schuldentilgung, teils für Zwecke des Erneuerungs­fonds verwendet, bezw. reserviert, 1.422,32 Mk. dem Reservefonfs zugeführt und der alsdann noch verbliebene Rest von 22.965,91 Mk. als reiner Betriebs­überschuß an die Stadtkasse abgeliefert. Zur Deckung außer­ordentlicher Aufwendungen leistete die Stadtkasse einen vom 1. April 1902 ab mit 3½ pCt. verzinslichen Zuschuß von 118.969,26 Mk. aus Mitteln des Anlehns Lit. K.“

„In Bezug auf die elektrische Straßenbahn ist hervorzuheben, daß im Berichtsjahr die 2. Wagenhalle und das Verwaltungs­gebäude, mit deren Bau bereits im vorigen Jahr begonnen worden war, fertiggestellt und in Benutzung genommen wurde. Der Verkehr hatte eine außer­ordentlich starke Steigerung erfahren, die im Wesentlichen auf die engere Benutzung der Bahn während der Dauer der Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie zurückzuführen ist. Der Personenverkehr stieg von 2.397.700 im Vorjahr auf 2.838.000 im Berichtsjahr und die Fahrgeld­einnahme von 237.106,25 Mk. [auf] 270.648,23 Mk.“ – Der krumme Betrag von 23 Pfennigen ist angesichts der Tarifpreise von 10 bzw. 15. Pfennigen erklärungs­bedürftig. Aber wer gibt sich schon mit der Nachforschung nach derlei fipsigem Kleingeld ab?
5. FebruarDZStadt­verordneten­versammlungDie mit Freifahrkarten bedachten Schwestern haben sich artig bedankt und versichert, daß sie erst nach gehöriger Desinfektion die Straßenbahn benutzen werden.
7. FebruarDZStadtmitte„Auf dem Ernst-Ludwigs-Platz wird gegenwärtig an der Einführung des Gleises der neuen, vom Ludwigsplatz kommenden Linie der elektrischen Straßenbahn, welches die Gleise der Bahnhofs- u. s. w. Linie überschneiden und sich nach der Taunusstraße fortsetzen wird, gearbeitet. Die Eröffnung der Saalbaustraßen-Linie dürfte danach wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen.“
14. FebruarDZ, DZ und DZInbetrieb­nahmeDie neue Strecke vom Ernst-Ludwigs-Platz zum Saalbau wird am Vormittag eröffnet und mit der bestehenden Teilstrecke vom Ernst-Ludwigs-Platz zur Taunusstraße bzw. Fasanerie zusammen­gelegt. Sie er- bzw. behält als Linienkenn­zeichnung die grüne Farbe. Die andere Teilstrecke der Fasaneriestrecke vom Ernst-Ludwigs-Platz zur Hermannstraße wird als eigenständige Linie fortgeführt und erhält die Farbe Blau. Auf der neuen Linie verkehren die Straßenbahnen wie auf den anderen Strecken im 7½-Minuten-Takt. Abfahrt ab Saalbau von 6.52 bis 22.37 Uhr: „Eine Aenderung des Tarifs findet durch die Inbetrieb­nahme der neuen, in den Bezirk des Zehnpfennig­tarifs fallenden Strecke nicht statt.“
16. FebruarDZPersonal„Die Angestellten der elektrischen Straßenbahnen haben an die Großh. Bürgermeisterei und die Stadtverordneten­versammlung ein Gesuch gerichtet, worum sie um Anstellung als städtische Unterbeamte, Regelung des Sonn- und Feiertagsdienstes und Festlegung dienstfreier Sonntage bitten.“
18. FebruarDZHessischer LandtagFinanzminister Gnauth antwortet auf Anfragen in der Zweiten Kammer der Stände: „Bezüglich der Bahn Pfungstadt – Gernsheim, bezw. der vom Abg. Langenbach angeregten Frage der Abänderung derselben müsse er mitteilen, daß sich ein Unternehmer für die normal­spurige Ausführung bis jetzt nicht gefunden habe. Deshalb sei die Regierung einer eventuellen Abänderung des Nebenbahn­gesetzes nicht abgeneigt, zumal das von der Stadt Darmstadt und der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft gebildete Konsortium auf die Pachtung der Staatsbahn­strecken Eberstadt – Pfungstadt und Bickenbach – Seeheim nunmehr verzichte und so dem baldigen Inkrafttreten des Vertrages nichts entgegenstehe.“
19. FebruarDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Reinemer bespricht die vielfachen Wünsche bezüglich der Bahn in das Johannesviertel. Stadtv. Nodnagel glaubt, daß die Stadtverordneten-Versammlung in dieser Sache ihre Schuldigkeit getan habe; im übrigen kann er als Anwohner des Johannes­viertels erklären, daß wohl die meisten Anwohner die Linie so gebaut sehen möchten, wie sie zuletzt genehmigt worden sei. Abg. Wolfskehl glaubt auch, daß diejenigen, welche an den letzten Beschlüssen wieder rütteln wollen, dem Viertel einen schlechten Dienst erweisen. Mit dem Ausbau der Linie durch die Liebigstraße und der Umwandlung der Linie durch die Frankfurter­straße, die wohl nicht in allzuweiter Ferne stehe, sei dem Viertel am besten gedient. Die Verzögerung sei auf die bedauerlicher­weise inzwischen eingetretenen Schwierigkeiten mit der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft zurückzu­führen, man müsse inzwischen aufklärend und belehrend wirken. Stadtv. Kalbfuß ist der Ansicht, man solle wenigstens die Strecke durch die Grafenstraße bis zur Bismarckstraße bauen, bis die Einigung mit der Süddeutschen Bahn zustande komme. Stadtv. Gallus glaubt, daß die Linie nach der Bahn durch die Bismarckstraße absolut im Interesse des Johannesviertels liege, inzwischen könne man ja die Linie durch die Grafenstraße ebenfalls bauen.

Der Vorsitzende erklärt, daß man nicht jeder Zeitungs­stimmung folgen könne, sondern mit dem Steuersäckel der Einwohner rechnen müsse. Man müsse überhaupt mit dem Bau neuer Linien sehr vorsichtig sein, da die zuletzt eröffneten Linien bis jetzt kaum die Stromkosten aufbrächten. Die Verhandlungen mit der S.E.G. nähmen jetzt den besten Verlauf und er werde nach Abschluß der Tarifgestaltung nähere Vorlage machen. Die Eisenbahn-Direktion Mainz habe großes Interesse gezeigt. Bezüglich des elektrischen Bahnbaues nach Jugenheim schweben z. Zt. ebenfalls Verhandlungen. Stadtv. Schupp spricht dafür, die Johannesviertel-Linie in der zuerst geplanten Weise zu bauen. Weitere Redner in dieser Sache folgen.“
1. MärzDZStadtmitte„[Am] Sonntag abend gegen 8 Uhr ist, wie uns von zuständiger Seite mitgeteilt wird, in der oberen Rheinstraße vor der Dr. Merck'schen Apotheke ein Wagen eines leeren Dampfbahn­zuges infolge falscher Weichen­stellung entgleist. Derselbe wurde von dem Zugpersonal alsbald wieder in das Geleis gehoben. Material­schaden ist nicht eingetreten. Der regelmäßige Betrieb erfuhr keine Störung.“
12. MärzDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Lindt desideriert [= wünscht] raschere Erledigung des Antrags des städtischen Straßenbahn­personals betreffend der freien Sonntage. Der Vorsitzende sagt dies zu, erklärt aber zugleich, daß die Erhebungen auf andere Städte ausgedehnt werden müßten und nicht zu rasch zu Ende geführt seien.“
26. MärzDZStadt­verordneten­versammlung„Oberbürgermeister Morneweg […] machte einen von 15 Stadtver­ordneten unterzeichneten Antrag auf Weiter­führung der elektrischen Bahnlinie von der Saalbau­straße nach der Heinrich­straße […] bekannt.“

„Haltestellen der neuen Linie der elektrischen Bahn nach der Ludwigshöhe sollen an der Weinberg- und der Landskron­straße errichtet werden. – Ueber den Sommer­fahrplan der Dampfstraßen­bahn unterrichtet Stadtv. F. Schmidt. Derselbe weist eine Anzahl Vermehrungen der Züge, besonders an Sonntagen, sowie einige Zugverlegungen auf. Derselbe wird genehmigt.“
30. MärzDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Nodnagel brachte das bekannte Schmerzenskind, die elektrische Bahn in das Johannes­viertel, zur Sprache. Der Oberbürger­meister antwortete, daß erst nach der Konzessions­erteilung die Möglichkeit gegeben war, das Material zu bestellen und vor dessen Lieferung könne nicht gebaut werden. Für die Führung der Bahn an die Bahnhöfe sei es wichtig zu wissen, wie die Anlage des Bahnhofs-Empfangs­gebäudes geplant sei. Zur Zeit könne man dies nicht sehen, weil die Pläne in Berlin lägen. Seiner Ansicht nach werde eine Verbreiterung des Gebäudes zweifellos erfolgen, und es sei richtig, vor dem Bahnhofe einen größeren Platz frei zu lassen. Ein Plan werde zur Zeit ausgearbeitet, der unabhängig von der Bahnhofs­anlage sei.“

„Der Bau der elektrischen Straßenbahn läßt ein Regulativ bezüglich des Erneuerungs­fonds und Reservefonds notwendig erscheinen. Am 1. April d. Js. habe der Erneuerungs­fonds bereits 166.300 Mk. betragen, die in Wertpapieren vorliegen. Das Anlagekapital berechnet sich zur Zeit auf 1.250.000 Mk. Das Regulativ schreibt vor, daß die Mittel nicht zur Vermehrung, sondern zum Ersatz für abgegangene Betriebsmittel dienen. Der Erneuerungs­fonds soll nicht mehr als 20 pCt. des Anlage­kapitals ausmachen. Der Reservefonds, der für außer­gewöhnliche Fälle vorgesehen ist, darf nur 10.000 Mk. betragen. Das Regulativ fand vom 1. April an auf 5 Jahre Annahme.“

„Bewohner des Villenviertels in der Schießhaus­straße [heute Jahnstraße] haben um Einbeziehung der Strecke Herdweg – Schießhaus­straße in den 10-Pfennigtarif nachgesucht. Der Oberbürger­meister erklärt dazu, daß diese Frage erledigt werden solle, sobald man sehe, wie sich die Frequenz bei der Linie Hermannstraße – Landskron­straße stelle. Stadtv. Bormet erachtet schon jetzt den Wunsch der Gesuchsteller für berechtigt, wenn man bis an den Fuß der Ludwigshöhe für 10 Pfennig fahre. Die Frage wird vorerst die zuständigen Ausschüsse beschäftigen.“
1. AprilDZInbetrieb­nahmeNach Abnahme des neuen Strecken­abschnitts von der Hermann­straße zur Landskron­straße am 27. März 1903 wird dieser am 1. April dem Betrieb übergeben.
Endhaltestelle Landskronstraße.

Abbildung 11: Das Eckhaus der Ludwigshöhstraße zur Landskron­straße ist nur leicht verändert worden; selbst die Rosette zum Aufhängen des Fahrdrahtes ist ein Jahrhundert später noch vorhanden. Irritierend ist die Fortsetzung der Oberleitung über die Landskron­straße hinaus, obwohl die Fortsetzung der Linie gen Süden erst 1966 mit dem Umzug der Lichtenbergschule zum heutigen Standort erforderlich wurde. Keiner der mir bekannten Stadtpläne aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg belegt eine Querung der Landskron­straße durch das Straßen­bahngleis; allerdings sind derartige Zeichungen grund­sätzlich mit Vorsicht zu betrachten.

Das Bild ist als Vorlage für diese zeitgenössische Ansichtskarte offen­sichtlich gestellt, denn Fahrer und Schaffner schauen gen Süden, obwohl das Zielschild „Ernst-Ludwigs-Platz“ die bevorstehende Fahrt in die Gegen­richtung anzeigt. Auch die morgendlichen Radfahrer gehören zweifellos zur Motivstellung.

Tabelle 12: Ereignisse April bis Juli 1903.
DatumQuelleOrtInhalt
13. April 1903DZArheilgenGegen 18.00 Uhr „wurde, wie uns zuständigerseits mitgeteilt wird, von dem Zug Nr. 52 der Dampf­straßenbahn Arheilgen – Darmstadt, in der Nähe des Ortes Arheilgen, der 3½jährige Knabe der Witwe Korb in Arheilgen überfahren und sofort getötet. Das Kind saß mit anderen kleinen Kindern ohne Aufsicht auf einem neben dem Bahngeleis aufgeschütteten Haufen Steinschotter. Als der Zug vorbeifuhr, rutschte dasselbe plötzlich von dem Steinhaufen herunter, fiel zwischen den vorletzten und letzten Wagen des Zuges auf das Bahngeleis und wurde zerstückelt. Von den Zugbeamten wurde der Vorfall nicht bemerkt.“
Mitte AprilDZ und DZBürger­meistereiDer Entwurf des städtischen Haupt­voranschlags sieht vor, daß von Seiten der Straßenbahn­kasse ein Überschuß von 4.500 Mark zu erwarten sei. Im Vermögens­haushalt werden für die Straßenbahn Ausgaben in Höhe von 26.000 Mark eingeplant.
23. AprilDZStadt­verordneten­versammlung„Die mangelnde Frequenz des Teils der neuen Elektrischen Straßenbahn von der Wilhelminen- bis zur Heinrichstraße hat eine Anzahl Stadtver­ordnete veranlaßt, zu beantragen, daß die Linie bis zur Heidelberger­straße durchgeführt wird. Der Antrag, sowie der hierfür geforderte Kredit von 6.000 Mk. werden ohne Debatte genehmigt.“
11. MaiDZVerkehrsverein„Es folgt nun eine lebhafte Besprechung der hiesigen Verkehrs­verhältnisse, in welcher zunächst Herr Fabrikant Langenbach die Aussichten des neuen Vertrags der Stadt mit der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft, insbesondere die Bahn Gernnsheim über Pfungstadt, erörtert, woran sich eine längere Aussprache schließt. Ueber den Ausbau der städtischen Elektrischen Straßenbahnen spricht Herr Stadtv. Schupp und tritt insbesondere für eine Verbindung mit dem Ostbahnhof ein, die dringend nötig sei. Dies wird von allen Seiten anerkannt, doch wünschen einige Redner die alsbaldige Verbindung durch die Soderstraße, während die Mehrzahl für den natürlichen direkten Weg durch die neu anzulegende Altstadt­linie eintritt. Es werden noch Wünsche bezüglich Verlängerung des Betriebs der letzten Wagen, wegen Anschlüssen der letzten Züge, Anbringung von Fensterschildern, Fenstermänteln, Beleuchtung der Haltestellen bei Nacht etc. bekanntgegeben und die Versammlung um ¾ 12 Uhr geschlossen.“
15. MaiDZViadukt Frankfurter Straße„Heute früh gegen ¾ 7 Uhr wurde das Fuhrwerk eines Metzgermeisters von dem von Eberstadt kommenden Dampfstraßen­bahnzuge unterhalb des Viadukts an der Frankfurter­straße angefahren, sodaß der Wagen stark beschä­digt und der Metzgermeister zu Boden geschleudert und am Kopfe verletzt wurde. Außerdem wurde dabei das Pferd eines Landwirts aus Arheilgen, dessen Fuhrwerk vor dem Viadukt hielt, unbedeutend beschädigt.“
20. MaiDZStadt­verordneten­versammlung„Ein Antrag der Stadtv. Stieler, Kolb, Stemmer, Saeng auf Ausarbeitung eines Gesamtplanes der städtischen Elektrischen Straßenbahn im Interesse eines rationellen Ausbaues geht an die Deputation, desgleichen eine Reihe von dem Verkehrsverein geäußerter Wünsche.“

„Stadtv. Nodnagel fragt über den Stand der Bahnbaufrage in das Johannes­viertel an; Beigeordneter Ekert erklärte hierauf, daß Schienen bestellt und die Vergebung der Arbeiten im Gange seien, die Wagen sollen noch bestellt werden; doch wolle man mit den Arbeiten nicht eher beginnen, bis alle Vorarbeiten so getroffen seien, daß man die Bahn ungestört fertig stellen könne.“
Ende MaiDZBessungen„Am Ende der Karlstraße und zu Anfang der Bessunger­straße war bekanntlich die städtische elektrische Straßenbahn bisher zweigleisig. Das ist nunmehr durch deren Verlängerung bis zur Landskron­straße unnötig geworden und ist man gegenwärtig mit der Beseitigung des zweiten Gleises beschäftigt.“

Ich vermute, hierbei handelt es sich um das Umsetzgleis der bisherigen Endhalte­stelle Hermannstraße. Wo befand sich eine eventuelle Ausweiche zwischen Innenstadt und der neuen Endhalte­stelle Landskron­straße und besaß selbige ein ähnliches Umsetzgleis, was den im vorherigen Bild fortgesetzten Fahrdraht erklären könnte?
28. MaiDZStadt­verordneten­versammlungBei den Haushalts­beratungen findet sich unter Position 42: „Elektrische Straßenbahn, wünscht Stadtv. Lindt Regelung der freien Sonntage des Personals, besonders mit Rücksicht auf die lange Dienstzeit, die oft 10 bis 12 Stunden betrage. Ungerechtfertigt sei auch die weite Abrechnungs­stelle am Böllenfalltor an den Abenden, worauf der Vorsitzende erwidert, daß man die Sache regeln werde. Die Angelegenheit werde z. Zt. bearbeitet. Stadtv. Schupp erklärt, daß bei Staatsbahnen die freien Sonn- und Feiertage für Fahrbeamte ausgeschlossen sind. Redner wünscht noch genauere Aufstellung über die Einnahmen der einzelnen Straßen­bahnstrecken. Stadtv. Dr. Merck weist darauf hin, daß die Leute alle 7 Tage einen freien Tag haben. Der Vorsitzende hält die Wünsche mit Rücksicht auf Kirchenbesuch für berechtigt. Stadtv. Kalbfuß weist darauf hin, daß die Hälfts der Schaffner Sonntags vormittags frei habe.“

Wie sich die Interessens­vertretung der städtischen Bourgeoisie ziert, ihren Arbeitern ein wenig Freizeit zu gewähren! Und wenn, dann nur mit Hinblick auf die wöchentliche ideologische Kleister­veranstaltung am Sonntag.
11.-13. JuniDZ und DZOrpheumIm Varieté Orpheum wird als Gastspiel des Berliner Apollotheater-Ensembles die Posse Lysistrata aufgeführt. Aufgrund des zu erwartenden großen Andrangs wird vorgesorgt: „Die Vorstellung ist abends 10½ Uhr zu Ende und stehen genügend elektrische Wagen zur Zurück­beförderung nach jeder Richtung hin an der Brücke der Ringstraße bereit.“ Am 10. Juni heißt es hierzu im redaktionellen Teil: „Die Besucher der Vorstellungen […] seien darauf aufmerksam gemacht, daß die Verwaltung der städtischen elektrischen Straßenbahn in bereitwilligster Weise angeordnet hat, daß nach jeder Vorstellung an der Odenwald­bahnbrücke (Dieburger­straße) 6 Wagen bereitstehen und somit die Besucher noch nach allen Endpunkten der Bahn Fahr­gelegenheit finden.“
12. JuniDZStadt­verordneten­versammlungEs erfolgt eine Mitteilung über die Verlängerung der Fahrzeiten der elektrischen Straßenbahn ab 1. Juli. Das Elektrizitätswerk soll an der Luisenstraße erweitert werden.
21. JuniDZInnenstadt„In scharfem Tempo kam gestern ein Hausbursche die Dieburger­straße herab mit seinem Fahrrad. An der Schienen­kreuzung vor dem Oelsnerschen Hause [Nr. 61, zwischen Taunsusstraße und Lichtenberg­straße] blieb der Bursche mit dem Rad in den Schienen stecken und wurde aus dem Sattel geschleudert. in großem Boden flog er, mit dem Kopf nach vorn, gegen die dort befindliche Tür des früher Achenschen Felsenkellers und durchschlug glatt zwei Füllungen derselben. Außer einigen Abschürfungen im Gesicht und Kopf trug er glücklicherweise keinen Schaden davon.“
26.-28. JuniDZOrpheumWie schon beim Varieté Lysistrata werden auch nach der Aufführung von Frau Luna wieder elektrische Straßenbahnen die Besucherinnen und Besucher nach Hause fahren.
1. JuliDZVerlängerte Fahrzeiten„Anträgen der Stadtverordneten Jacobi und Lindt entsprechend ist die Erweiterung des Betriebs der elektrischen Bahnen ab 1. Juli beschlossen. Danach wird der erste Straßenbahn­wagen um 6½ Uhr an den Hauptbahnhöfen eintreffen und der letzte Wagen 11½ Uhr von da abgehen. Von 10 Uhr abends ab soll Viertelstunden­betrieb stattfinden.“
14. JuliDZVerhaltens­maßregel„Wie gefährlich es ist, von einam in vollem Laufe befindlichen Straßenbahn­wagen abzuspringen, hat heute morgen ein junger Mensch, Bediensteter eines hiesigen Geschäfts, in der Karlsstraße erfahren. Dieser stürzte, fiel auf den Rücken und hat es großem Glücke zu verdanken, wenn er, wie es schien, keine namhaften Verletzungen davontrug.“
16. JuliDZInnenstadt„[Am N]achmittag um 7 Uhr sprang ein 7jähriger Knabe von der Hölgesstraße aus in die Karlsstraße und kam gerade vor einem Motorwagen der elektrischen Straßenbahn zu Fall. Der Wagenführer brachte den Wagen sofort zum Stehen, wodurch ein großes Unglück verhütet wurde. Die Räder des Wagens waren nur noch wenige Zentimeter von dem Jungen entfernt.“
23. JuliDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Stieler fragt bezüglich der freien Sonntage der Straßenbahn­beamten, sowie bezüglich der probeweisen Anschaffung von zwei mit Glasscheiben auf den Perrons versehenen Straßen­bahnwagen an. Beigeordneter Ekert erklärt, daß nach den erfolgten Erhebungen eine andere Einteilung der freien Sonntage dieser Beamten auch bei anderen Straßenbahnen nicht existiere. Die fraglichen neuen Wagen mit Schutzfenstern seien, da noch kein Bedürfnis vorliege, noch nicht bestellt; die neueren Wagen seien übrigens zum Einsetzen von Glasfenstern eingerichtet. Der Vorsitzende erklärt, daß eine bezügliche Aenderung der Wagen nicht möglich sei. Stadtv. Cramer führt darüber Beschwerde, daß bei den Beurlaubungen von Beamten die Gesuchsteller allzusehr über den Zweck des Urlaubs ausgefragt würden. Der Vorsitzende erklärt, daß die Urlaubs­erteilungen hauptsächlich erfolgten, damit die Leute ihre Angelegenheiten ordnen könnten, ohne pekuniäre Verluste zu erleiden; im übrigen seien ihm diesbezügliche Klagen kaum bekannt.“
Veranstaltungsankündigung im Orpheum.

Abbildung 12: Veranstaltungsankündigung zur Operette Die Geisha im Orpheum am 1. August 1903 [quelle].

Tabelle 13: Ereignisse August bis September 1903.
DatumQuelleOrtInhalt
1. August 1903DZOrpheum„Wie aus dem Inseratenteil schon ersichtlich gewesen, werden die Vorstellungen im Orpheum heute abend mit den ‚Geishas‘ beginnen. […] Der Besuch kann aufs beste empfohlen werden. – Am Schluß der Vorstellung stehen genügend Wagen der elektrischen Bahn an der Odenwaldbahn, bezw. Taunusstraße zur Verfügung.“
3. AugustDZInnenstadtAm Mittag „wurde ein junger Hund in der Nähe des Lazaretts von der Straßenbahn überfahren und anscheinend totgefahren. Solche Tiere, die mit der Bahn nicht vertraut sind, sollte man nicht frei herumlaufen lassen.“
ab 4. AugustDZOrpheumFür einen humoristischen Fritz Reuter-Abend stehen zum Schluß der Vorstellung „an der Odenwald­bahnbrücke genügend elektrische Wagen bereit“.
6. AugustDZStadt­verordneten­versammlung„Oberbürgermeister Morneweg teilt mit, daß mit Datum vom 25. Juli seitens der Stadtvv. Stieler u. Gen. ein Antrag betreffs Regelung der dienstfreien Sonntage und der Gehalts­verhältnisse der städtischen Straßenbahn­bediensteten eingelaufen sei. Dieser Antrag, sowie ein weiterer dringlicher Antrag von gleicher Seite, betreffend die Ausstattung der neuen Straßenbahn­wagen mit Glasscheiben u. s. w., wird von Stadtv. Stieler begründet. Der Vorsitzende erklärt, daß man aus technischen Gründen mit der veränderten Ausstattung der Wagen, so wie gewünscht, sehr vorsichtig vorgehen müsse, da man erst die nötigen Erfahrungen sammeln müsse. Der s. Zt. gefaßte bezügliche Beschluß sei übrigens in der Ausführung begriffen. Er habe das Nötige behufs Beschleunigung der Sache bei der Verwaltung der städtischen Straßenbahn verfügt. Beigeordneter Ekert versichert, daß man hinreichend Vorbereitungen getroffen habe, damit die Einrichtungen der Glasfenster getroffen werden.“
7. AugustDZStrecke zum BöllenfalltorAm Vormittag „stieß an der Ecke Nieder-Ramstädter- und Kiesstraße der vom Heerdweg kommende Motorwagen der elektrischen Straßenbahn mit einem aus der Kiesstraße kommenden Milch­fuhrwerk zusammen. Personen wurden nicht verletzt; nur die Deichsel des Milch­fuhrwerks ist abgebrochen.“
27. AugustDZStadt­verordneten­versammlung„Die Wirte in der Gemarkung Traisa haben ein Gesuch um Verlängerung der elektrischen Straßenbahn­stracke über das Böllenfalltor hinaus eingereicht. Es geht an den Ausschuß, wobei der Vorsitzende [Glässing] mitteilt, daß das Großh. Ministerium die der Stadt seinerzeit erteilte Genehmigung zur Vornahme von Vermessungs­arbeiten auf dieser Strecke bis Ende d. J. verlängert hat. Die Vorarbeiten sind im Gange. […] Auf eine Anfrage des Stadtv. Gallus bezüglich des Vertrags zwischen der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft und der Stadt über den Ausbau der inneren Bahnstrecken und der Vorortbahn teilt der Vorsitzende mit, daß das diesbezügliche neue Projekt z. Zt. einer besonderen Prüfung unterzogen werden wird.“

„Weiter wird für eine Bedürfnis­anstalt nächst den Hirschköpfen ein Kredit von 850 Mk. genehmigt. Stadtv. Dr. Nöllner fragt an, wie es mit der beabsichtigten neuen Wartehalle an den Hirschköpfen stehe, worauf die Erklärung erfolgt, daß diese Halle demnächst erbaut werde.“
29.-31. AugustDZ, DZ, DZ und DZProgramm und Tagungsbericht

kurzer Abriß der Straßenbahn­geschichte in Darmstadt
Die 40. Jahresversammlung des Mittelrheinischen Gas- und Wasserfach­männervereins findet in Darmstadt statt. Dabei stehen auch Fahrten mit der Straßenbahn und Besichtigung von Einrichtungen auf dem Programm. Zunächst begrüßt man sich freundlich beim abendlichen Umtrunk, dann steht ein anstrengendes Programm bevor. Berichtet wird von der ersten Darmstädter Gasfabrik in der Kranichsteiner Straße 3, vom Gaswerk auf der späteren Schulinsel und vom neuen Gaswerk an der Frankfurter Straße. Dort gibt es einen normal­spurigen Gleisanschluß und eine betriebseigene Feldbahn. Auch das Elektrizitäts­werk und das Wasserwerk werden näher vorgestellt.

„Den weiter folgenden Mitteilungen des Herrn Direktor Fehmer über die elektrische Straßenbahn sei, was folgt, entnommen:

Die Bauausführung der elektrischen Straßenbahn von 6,59 Kilometer Bahnlänge wurde der Aktien­gesellschaft Siemens & Halske übertragen und ist mit dem Bau Ende April 1897 begonnen und der Betrieb am 24. November 1897 eröffnet worden. Zur Ausführung gelangten ursprünglich die Linien: Bahnhöfe – Böllenfalltor und Taunusstraße – Hermannstraße.

Die Linien sind mit Ausnahme der Rheinstraße, die gleichzeitig von der Dampf­straßenbahn benutzt wird, durchweg eingleisig mit Ausweichen für 7½ Minuten­betrieb angelegt. Für die Geleisanlage wurde Haarmannscher Wechselsteg-Vorblatt-Oberbau gewählt. Der Unterbau besteht aus einer Packlage aus Bruchsteinen. Der Strom wird dem städtischen Elektrizitäts­werk entnommen. Die Stromzuführung ist mit Ausnahme der 5 Speisekabel oberirdisch. Die Stromrück­leitung erfolgt durch die Schienen. Der Wagenpark besteht aus 18 Motorwagen für je 16 Sitzplätze und 14 Stehplätze. Zur Bewältigung des Sonntags­verkehrs wurden später 6 offene Anhängewagen beschafft. Im Frühjahr dieses Jahres wurden 8 weitere Motorwagen für je 18 Sitzplätze und 24 Stehplätze angeschafft. Am Böllenfalltor befindet sich die Wagenhalle, Revisions­halle mit Werkstätte und den Abrechnungs­räumen. Im Anschluß wurde das Verwaltungs­gebäude mit den Verwaltungs­räumen und der Dienstwohnung für den Werkführer errichtet. Der sich notwendig machende Ausbau des Netzes wurde unter Heranziehung von Hilfsarbeitern von der Stadt ausgeführt.

Mit dem Bau der Erweiterung wurde im Juni 1902 begonnen. In kurzer Folge wurden eröffnet die Linien Taunusstraße – Fasanerie am 30. August 1902, Ernst-Ludwigsplatz – Saalbau am 14. Februar 1903, Hermannstraße – Bessungen am 1. April 1903. Im Bau ist zur Zeit eine weitere Linie Bahnhöfe – Schloß­gartenplatz von zirka 1700 Meter Bahnlänge und zirka 600 Meter Doppelgleis, die in wenigen Wochen dem Betriebe übergeben wird. Nach Fertigstellung dieser Linie beträgt die Bahnlänge insgesamt 12 Kilometer. Der Verkehr hat sich günstig entwickelt.

Im verflossenen Berichtsjahre 1901/02 wurden geleistet 634.059 Wagenkilometer, befördert wurden 2.812.000 Personen. Die Einnahme betrug 270.648,23 Mk, Ueberschuß an die Stadtkasse 22.965,91 Mk. Beschäftigt werden zur Zeit außer einem Direktor, 1 Buchhalter, der gleichzeitig die Kassengeschäfte erledigt, 3 Bureaugehilfen, 1 Werkmeister[,] 3 Kontrolleure, 87 Fahrbedienstete, 23 Mann Werkstatt- und Hilfspersonal und 2 Streckenwärter.“
ab 30. AugustDZ und DZOrpheumDas Orpheum kündigt die „Wiedereröffnung der Spezialitäten-Saison“ an. Geboten wird „Die Fahrt im Todesring“. Da an Werktagen wohl mit weniger Besuch gerechnet wird als an Sonntagen, weist der Veranstalter darauf hin: „Jeder zahlende Besucher erhält an Wochentagen an der Kasse einen Fahrschein zur freien Rückfahrt mit der elektrischen Bahn.“
ab 9. SeptemberDZBessungen„In der Karlsstraße zunächst der Wilhelmstraße [heute Goethestraße] hat […] ein Rohrbruch der städtischen Wasser­leitung stattgefunden, wodurch das Schienengeleise derart unterspült worden ist, daß der Verkehr der elektrischen Straßenbahn heute vormittag bis gegen ½8 Uhr gestört gewesen ist.“
10. SeptemberDZStadt­verordneten­versammlung„Eine lebhafte Debatte verursacht die Eingabe von 274 Bewohnern der Elisabethen-, Saalbaustraße u. s. w. über die plötzlich erfolgte Früherlegung der letzten Wagen auf der Linie nach dem Saalbau. Verschiedener­seits wird darauf hingewiesen, daß man in dieser Sache auf die Wünsche einzelner keine Rücksicht nehmen könne, zudem sei der Abendverkehr nicht so schlecht, wie er von einzelnen Seiten angegeben werde. Das gesamte bezügliche Material soll alsbald an den Ausschuß zur beschleunigten Beratung gehen; auch wird die Aufnahme einer Statistik über die Linie zugesagt.“
ab 16. SeptemberDZOrpheumDas Orpheum kündigt neues Personal an und, wie schon zuvor: „Jeder zahlende Besucher erhält an Wochentagen an der Kasse einen Fahrschein zur freien Rückfahrt mit der elektrischen Bahn.“
18. SeptemberDZInnenstadtAm Abend „gegen 7 Uhr ist in der Elisabethen­straße in der Nähe der Louisenstraße ein dreijähriges Kind von einem Motorwagen der elektrischen Straßenbahn überfahren worden, so daß es unter die untere Plattform zu liegen kam. Nur durch das schnelle Eingreifen des Wagenführers Schuchmann, der den Motorwagen auf der Stelle zum Stehen brachte, ist ein größeres Unglück verhütet worden. Außer einer blutenden Nase hat das Kind bei dem Unfall weitere Verletzungen nicht davongetragen.“
21. SeptemberDZInbetrieb­nahme„Auf der Strecke Hauptbahnhöfe – Johannesviertel der elektrischen Straßenbahn fand […] Probefahrt statt. Wie man hört, wird die Linie am 1. Oktober in Betrieb genommen.“
24. SeptemberDZStadt­verordneten­versammlung„Der Vorsitzende, Oberbürgermeister Morneweg, teilt mit, daß von Hoflieferant Georg Karp ein Gesuch vorliegt, betreffend Anbringung von Uhren in den Wagen der elektrischen Straßenbahn, die Reklamezwecken dienen sollen. Dasselbe geht an die betreffende Deputation. – Der Bezirksverein Altstadt bittet in einer Eingabe um einen rechtwinkligen Straßen­durchbruch in der dortigen Gegend. Der Gegenstand wird in geschäfts­ordnungsmäßige Behandlung genommen. Die in voriger Sitzung beschlossene Statistik über die Frequenz der Straßenbahn­linie nach dem Saalbau hat, wie Beig. Ekert mitteilte, ergeben, daß die Wagen nach 6 Uhr durch­schnittlich nur von einer Person benutzt werden. Es wird deshalb beschlossen, es bei dem jetzigen Fahrplan zu belassen. –

Die polizeiliche Abnahme der Straßen­bahnlinie Bahnhof – Schloßgartenplatz hat gestern stattgefunden. Die ursprünglich für Montag beabsichtigte Inbetrieb­setzung der Strecke kann vorläufig noch nicht stattfinden, da die vom Großherzoglichen Ministerium angeordnete Haltestelle der Dampf­straßenbahn am Kreuzungspunkt vorher öffentlich bekannt gemacht werden muß. Als Haltestellen für die neue Linie sind vorgesehen Bleichstraße (Bahnhof, a. d. Hinfahrt), Lagerhausstraße, Kasinostraße, Wendelstadt­straße [heute: Wilhelm-Leuschner-Straße], zunächst der Bismarckstraße, Landwehrstraße, Alicestraße, Pallaswiesen­straße, Frankfurter­straße, Schloßgarten­platz. Stadtv. Jaconi wünscht Haltestellen an der Fabrikstraße [heute: Sieboldstraße] und der Viktoriastraße, Stadtv. Götz eine solche an der Kahlertstraße. Stadtv. Wolfskehl hält die Haltestelle an der Bleichstraße für eine Verschlechterung des bisherigen Zustandes. Stadtv. Saeng bemängelt, daß mit der Frage der Haltestellen nicht der Verkehrs­ausschuß befaßt worden sei, und meint, daß man die Linie nach dem Saalbau so lange betreiben müsse wie die übrigen Linien. Stadtv. Kahlert schließt sich diesen Ausführungen an. Stadtv. Schupp hält die vorgeschlagenen Haltestellen für sehr zweckmäßig und führt weiter aus, daß die Verlegung der Haltestelle an die Bleichstraße dadurch bedingt sei, daß man die Linie vom Böllenfalltor bis zum Schloß­gartenplatz durchführen wolle. Beig. Ekert und der Vorsitzende legen die Gründe dar, die die Verwaltung zu den eben mitgeteilten Maßnahmen veranlaßt haben. Stadtv. Wolfskehl bringt nochmals seine vorherigen Bedenken vor, während Stadtv. Cramer für die Wiederher­stellung des früheren Fahrplans auf der Saalbaulinie eintritt, ebenso Stadtv. Möser. Der Vorsitzende macht Mitteilungen über die zukünftige Gestaltung des Straßenbahn­betriebes und bittet, von einer Aenderung des Betriebs der Saalbaulinie abzusehen, da der in der nächsten Sitzung zu beratende Winter­fahrplan doch schon am 15. Oktober in Kraft trete.“
Geschäftsanzeige Saalbau.

Abbildung 13: Geschäftsanzeige für die Saalbau-Restauration im Städtischen Adreßbuch von 1904 [digitalisiert online].

Mehr als einhundert Jahre später ist es recht erheiternd zu entdecken, daß es den Damen und Herren der feinen Gesellschaft nicht zuzumuten zu sein scheint, ein paar Schritte bis zur nächsten Haltestelle zu gehen. Eine Haltestelle an jeder Seitenstraße im Bereich des Johannesviertels würde allerdings die Fahr­geschwindigkeit deutlich drosseln. Eine Linie mit einem Fahrgast pro Fahrt, die denselben feinen Interessen dient, nämlich dem Besuch der Saalbau-Restauration, wurde gewiß als rentabel angesehen. Wir ersehen hier, wie sich ganz spezielle Bedürfnisse des wohlhabenderen Bürgertums in allgemeinen Verkehrs­maßnahmen umsetzen.

Tabelle 14: Ereignisse September bis Oktober 1903.
DatumQuelleOrtInhalt
28. September 1903DZSEGBilanz zum 31. März 1903 (in der „Darmstädter Zeitung“ veröffentlicht am 30. September 1903).
1. OktoberDZInbetriebnahme„[Es] wurd die Neubaustrecke Hauptbahnhöfe – Schloßgarten­platz der elektrischen Straßenbahn dem Betrieb übergeben und vorerst mit der Strecke Hauptbahnhöfe – Heerdweg (Böllenfalltor) als eine Linie betrieben. (Signalfarbe der Motorwagen weiß.) Die neue Linie fällt in den Bezirk des Zehnpfennigtarifs.“
1. OktoberDZSEG / Inbetrieb­nahme„Bei der landespolizeilichen Abnahme der städtischen Straßenbahn­linie Bahnhöfe – Schloßgarten­platz hat sich zur Erzielung einer größeren Betriebs­sicherheit als dringend wünschenswert herausgestellt, daß die Haltepunkte ‚Schloßgarten­straße‘ und ‚Emilstraße‘ der Dampfstraßen­bahn vereinigt werden, so zwar, daß die Züge für jede Fahrt­richtung getrennt etwa 20 Meter vor der Kreuzung der elektrischen Linie zum Halten gebracht werden, ähnlich wie dies jetzt schon an dem Haltepunkt Chausseehaus der Fall ist.

Als Ersatz für den in Wegfall kommenden Haltepunkt ‚Emilstraße‘ wird nunmehr vor der Ueberführung der Odenwaldbahn an der Inneren Ringstraße [heute: Rhönring] ein neuer Haltepunkt der Dampfstraßen­bahn eingerichtet, wodurch vielfachen Wünschen der Anwohner entsprochen wird.“
8. OktoberDZ und DZStadt­verordneten­versammlung„Ueber die Straßenbahnkasse für 1902/03 berichtet Stadtv. Merck. Bei 338.835 Mk. Einnahmen wurde ein Betriebsüber­schuß von 50.813 Mk. erzielt, die nach den regelmäßigen Rücklagen für den Erneuerungsfonds im Betrage von 12.359 Mk. der Stadtkasse überwiesen werden sollen.“

„Die Bewohner des Villenviertels an der Schießhausstraße haben um Ausdehnung des Zehnpfennig­tarifes bis zu dieser Straße nachgesucht. Dem Bericht des Stadtv. Ekert entsprechend wird das Gesuch abgelehnt. Stadtv. Säng regt an, wenigstens den Bewohnern ein ermäßigtes Abonnement zu gewähren. Der Vorsitzende stellt eine Prüfung dieser Anregung bei den gegenwärtig stattfindenden Erhebungen über eine Abänderung des Abonnements in Aussicht.

Der Fahrplan der elektrischen Straßenbahn soll, wie Beig. Ekert berichtet, für den Winter so geändert werden, daß von morgens 6 Uhr 45 Min. bis 7 Uhr 45 Min. 15 Minuten-Verkehr, von da bis 10 Uhr 30 Min. 7½ Minuten-Verkehr und bis 11 Uhr 30 Min. wieder Viertelstunden-Verkehr sei, bloß die Saalbaulinie soll 10 Uhr 30 Min. schließen. Der Außenverkehr soll so geregelt werden, daß von 6 Uhr 30 Min. bis 10 Uhr 30 Min. viertelstündlich gefahren wird; der Verkehr nach den Hirschköpfen bleibt unverändert. Stadtv. Dr. Kolb bittet, daß die Saalbaulinie gleichmäßig behandelt werde und regt an, daß die Landskronstraßen-Linie bis zum Bahnhof durchgeführt werde. Stadtv. Möser tritt dem bei, hält aber einen allgemeinen Verkehr bis 10½ Uhr für genügend und regt weiter eine Verlängerung der Abonnements­karten an. Stadtv. Bormet ist erstaunt, daß die Verwaltung mit dem Vorschlag bezüglich der Saalbazlinie zu kommen gewagt habe, das beweise mangelndes Feingefühl. Es müsse unbedingt mit gleichem Maße gemessen werden und er sei überzeugt, daß der Eingabe der dieser Meinung entgegen­stehenden Interessenten nicht entsprochen worden sei, wenn dort Arbeiter wohnten. Der Vorsitzende hält den Vorwurf, die Verwaltung messe mit zweierlei Maß, für sehr unangebracht, übrigens sei auch die Deputation mit der Maßnahme einverstanden.

Stadtv. Mahr ist für gleichmäßigen Verkehr bis 10½ Uhr. Stadtv. Kahn unterstützt die Anregung des Stadtv. Kolb. Nach einigen Bemerkungen des Stadtv. Ekert pflichtet Stadtv. Cramer den Ausführungen des Stadtv. Bormet bei. Die Stadtvv. Dr. Merck und Kahlert legen den Standpunkt der Deputation dar. Auch Stadtv. Nodnagel ist für Ausdehnung bis 11½ Uhr, der allein einer werdenden Großstadt entspreche, auch für die Saalbaulinie. Stadtv. Bormet will nicht von Feingefühl, sondern von feinerem Gefühl für die Stimmung in der Versammlung gesprochen haben. Allerdings sei eine weitgehende Rücksichtnahme auf die Interessen einzelner zu bemerken. Stadtv. Stemmer spricht für die Ermöglichung des Umsteigens am ‚Prinz Karl‘, für Anbringung von Seitenschildern an den Wagen und eine Wartehalle am Ernst-Ludwigsplatz. Stadtv. Schupp hält den in Aussicht genommenen Verkehr für zu lang, damit nehme man nicht auf das Personal Rücksicht. Stadtv. Saeng steht auf dem Standpunkt des Stadtv. Bormet, ebenso Stadtv. C. Müller. Der Vorsitzende spricht sein Bedauern aus, daß gegen die Saalbaulinie von einigen Anwohnern so agitiert worden sei, und meint, man solle die Sache noch einmal an den Ausschuß verweisen. Vielleicht werde man sich dann auf 11 Uhr einigen. Stadtv. Cramer meint, man solle sich heute entscheiden und bei 11½ Uhr bleiben. Stadtv. Schupp ist für 11 Uhr, ebenso Stadtv. Wolfskehl. Stadtv. Wittmann bemerkt, daß man auch in der Richtung Landskronstraße mit dem letzten Wagen bis zum Endpunkt fahren solle. Stadtv. Götz tritt für 11½ Uhr ein, ebenso die Stadtv. Nodnagel und Gallus. Bei der Abstimmung wird zunächst mit 22 gegen 7 Stimmen beschlossen, daß die Saalbaulinie gleichmäßig mit den anderen behandelt wird und sodann, mit 17 gegen 12 Stimmen der allgemeine Schluß auf 11½ Uhr festgesetzt, ebenso wird der Anregung des Stadtv. Wittmann folgegegeben.
Ansichtskarte Johannesplatz mit Kirche.

Abbildung 14: Ansichtskarte Darmstadt Wendelstadt- und Liebigstraße. Mit freundlicher Genehmigung durch H. Müller-Lütgenau und Christof Doffing [weitere Bilder] übernommen.

Diese frühestens 1904 entstandene Aufnahme zeigt neben der Johanneskirche die an dieser Stelle zweigleisige Straßen­bahnlinie in der Liebigstraße. Die Straßenbahn­rosette am Eckhaus an der Einmündung der Landwehr­straße am rechten Bildrand ist auch heute noch vorhanden.

Tabelle 15: Ereignisse Oktober bis Dezember 1903.
DatumQuelleOrtInhalt
22. Oktober 1903DZStadt­verordneten­versammlung„Die Verwaltung der Süddeutschen Eisenbahn­gesellschaft hat Mitteilung über einige nachträgliche Abänderungen im Fahrplan der Dampf­straßenbahn gemacht, die die Versammlung zur Kenntnis nimmt.

Beigeordneter Ekert macht Mitteilung über einige mit Inkrafttreten des Winter­fahrplans eingetretene Verbesserungen im Verkehr der elektrischen Straßenbahn, so z. B. Einführung eines Standwagens am Schloßgarten­platz und Durchführung der Linie Landskron­straße nach dem Schloß­gartenplatz. Dies habe 15.000 Mk. Mehrausgaben jährlich verursacht, da nunmehr 22 Wagen statt 19 im Betrieb sind. Stadtv. Schupp bringt den Mißstand zur Sprache, daß nunmehr kein Platz für das Einstellen von Fuhrwerken vorhanden sei. Oberbürger­meister Morneweg hält die Sache für übertrieben dargestellt und bemerkt, daß das Polizeiamt die hierfür zuständige Behörde sei. Aus hygienischen Gründen empfehle sich eine Freigabe der Straßen für das Stehenlassen von Gespannen nicht. Mit Rücksicht auf die in einem hiesigen Blatt im Bericht über die vorletzte Stadtverordneten-Versammlung enthaltene Bemerkung, daß die Verzögerung der Eröffnung der Linie nach dem Schloßgarten­platz durch das Großh. Ministerium der Finanzen verursacht sei, teilt Beigeordneter Ekert mit, daß dies nicht der Fall sei, dasselbe habe im Gegenteil bei der Abnahme das größte Entgegen­kommen bewiesen.

Stadtv. Kahlert bringt den Wunsch zur Sprache, auch in den frühen Morgenstunden auf der elektrischen Bahn den 7½ Minuten-Verkehr einzuführen. Der Vorsitzende hält dem die Rücksicht auf das finanzielle Ergebnis entgegen, man solle deshalb davon absehen. Stadtv. Reinemer hält die Klage des Stadtv. Kahlert für berechtigt und stellt einen entsprechenden Antrag in Aussicht.“
26. OktoberDZInnenstadt„[Am N]achmittag gegen 4 Uhr hat ein Fuhrmann mit einer mit zwei Pferden bespannten Rolle, die mit leeren Fässern beladen war, zwischen der Saalbau- und Georgenstraße die Rheinstraße zu überfahren versucht. Hierdurch hat ein Zusammenstoß mit einem Motorwagen der elektrischen Straßenbahn stattgefunden und der Führer der Rolle ist hierbei durch ein herabfallendes Faß so verletzt worden, daß er in das städtische Krankenhaus aufgenommen werden mußte.“
1. NovemberDZSEGDie Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft annonciert am 22. Oktober 1903: „Vom 1. November l. J. treten folgende Beförderungs­preise für sechstägige Arbeiter-Wochenkarten auf den Darmstädter Straßenbahnen in Kraft: zwischen Chemischer Fabrik (Hammelstrift) und Ecke Rhein- und Neckarstraße = 0,70 Mk., Chausseehaus  0,90 Mk., Eberstadt  1,40 Mk., Griesheim  1,50 Mk.“
1. NovemberDZStreckennetz„Nachdem die Strecke Taunusstraße – Saalbau der elektrischen Straßenbahn bis zur Heidelberger­straße verlängert worden ist, verkehren die Wagen nunmehr bis zur Einmündung der Heinrichstraße in die Heildelberger­straße. Für die Linie Landskron­straße – Schloß­gartenplatz ist außer den bisherigen Haltestellen noch eine Haltestelle an der Kahlertstraße errichtet worden.“
2. NovemberDZSEGDie Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft annonciert am 5. November 1903: „Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde wird im Tarif die Zusatz­bestimmung 2 zu § 21 der Verkehrs-Ordnung dahin abgeändert, daß bei sofortiger Zahlung der Betrag für eine Nachlösekarte von 4 Mk. auf 1 Mk. herabgesetzt wird. Personen, welche die sofortige Zahlung dieses Betrages verweigern, werden von der Weiterfahrt ausgeschlossen und sind zur nachträglichen Zahlung des auf 4 Mk. erhöhten Betrages für eine Nachlösekarte verpflichtet.“
5. NovemberDZStadt­verordneten­versammlung„Stadtv. Schupp hat mit 18 anderen Stadt­verordneten einen (durch ihn verlesenen) Antrag gestellt, wonach Großh. Bürgermeisterei alsbald die Vorarbeiten für eine elektrische Straßenbahn­linie Ernst-Ludwigsplatz – Ostbahnhof anfertigen lassen und hierüber und über den Altstadt-Durchbruch alsdann Vorlage machen wolle. Der Antrag wird in geschäfts­ordnungsmäßige Verhandlung genommen.“
20. NovemberDZ und DZSEG„[Am M]orgen ist unter den Streckenarbeitern der Dampfstraßen­bahn ein Streik ausgebrochen, der damit begann, daß dieselben nach der Frühstückspause um 10½ Uhr nicht mehr erschienen. Darüber zur Rede gestellt, erhoben sie die Forderung, daß die Verwaltung sich verpflichte, sie den ganzen Winter über zu beschäftigen, was begreiflicher­weise abgelehnt wurde. Hierauf folgte die endgültige Niederlegung der Arbeit. Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, daß für das Vorgehen der Arbeiter ein ungünstigerer Zeitpunkt nicht gewählt werden konnte, da gerade im Winter auf den Strecken am wenigsten zu tun ist. Wenn nicht alles trügt, so steht der bekannte Hamburger Transport­arbeiter-Verband hinter der Sache.“

„Zu der gestrigen Mitteilung über den Streik der Streckenarbeiter der Dampf­straßenbahn sei ergänzend bemerkt, daß sämtliche Arbeiter einschließlich der hauptsächlich beteiligten Vorarbeiter von der zuständigen Betriebsinspektion sofort entlassen und ausgelohnt wurden.“

Hier würde mich ja eine Darstellung aus den Reihen der Arbeiter, der Gewerkschaft bzw. der Sozialdemokratie interessieren. Die Wahrscheinlich­keit, eine solche zu finden, dürfte jedoch extrem niedrig liegen.
26. NovemberDZStadt­verordneten­versammlung„Ein Gesuch um Anbringung von Reklame-Plakaten und Uhren in den Wagen der elektrischen Straßenbahn ruft eine längere Besprechung hervor. Der Referent, Stadtv. Stieler, sowie Beigeordneter Ekert, sind aus ästhetischen und finanziellen Gründen (es werden für eine Uhr nur 10 Mark geboten) gegen das Gesuch, während Stadtvv. Möser und Reinemer für ev[entuelle] Genehmigung sind. Nachdem sich noch der Vorsitzende ebenfalls gegen Bewilligung ausgesprochen hat, wird das Gesuch gegen 2 Stimmen abgelehnt.

Beigeordneter Ekert berichtet über ein Gesuch des Verkehrsvereins betreffend die elektrische Straßenbahn. Die Anbringung von Seitenschildern an den Wagen soll versuchsweise geschehen; von einer Beleuchtung der Haltestellen soll abgesehen werden, dagegen wird eine möglichst zweckmäßige Anbringung der Haltestelle-Schilder vorgesehen. Auch die Anbringung von Fenstermänteln soll aus praktischen Gründen unterbleiben. Die Versammlung ist mit diesen Vorschlägen einverstanden.

Stadtv. Bormet fragt an, wie es mit den im Frühjahr beschlossenen Probefahrten der Wagen mit Schutz­vorrichtungen stehe. Es seien zwei Wagen vorgesehen gewesen, aber nur einer sei bis jetzt in Betrieb. Beigeordneter Ekert teilt mit, daß der zweite Wagen voraussichtlich anfangs Dezember in Betrieb genommen werde. Ob die Einrichtung sich bewähre, müsse abgewartet werden.

Stadtv. Reinemer fragt, wie weit die angeregte Abänderung der Abonnementskarten gediehen sei. Der Vorsitzende erwidert, daß die Angelegenheit noch in der Schwebe sei, da mancherlei Bedenken entgegen­ständen. Er hoffe, dieserhalb schon bald Vorlage machen zu können.“
1. DezemberDZSEGDie Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft annonciert am 12. November 1903 neue Fahrpreise für die II. und III. Wagenklasse. Demnach kostet die Fahrt von der Chemischen Fabrik (Merck) zum Luisenplatz oder zum Schloß 20 bzw. 10 Pfg., zum Chausseehaus 30 bzw. 15 Pfg. und nach Eberstadt 50 bzw. 25 Pfg.

1904

Tabelle 16: Ereignisse Januar 1904.
DatumQuelleOrtInhalt
7. Januar 1904DZ und DZStadt­verordneten­versammlung„Stadt[verordneter] Schupp bemerkt, daß die elektrische Bahn in den 3 letzten Tagesstunden fast nicht benutzt werde. Er ersucht um Aufstellung von Erhebungen über die Frequenz in dieser Zeit und Vorlage um Einschränkung des Betriebs. Der Vorsitzende bemerkt, daß die Klagen des Stadtv[erordneten] Schupp teilweise berechtigt seien, aber man solle nicht fortwährend am Fahrplan ändern. Stadtv[erordneter] Saeng ist ebenfalls der Ansicht, daß man jetzt nichts ändern solle.“

„Eine Aenderung im Bebauungsplane des Bauquartiers zwischen Pankratius- und Schwanenstraße wird genehmigt, nachdem Beigeordneter Ekert ausgeführt hat, daß die darin vorgesehene Verbreiterung der Eckhardtstraße im Hinblick auf die eventuelle Verlängerung der elektr[ischen] Straßenbahn sehr wünschenswert ist.“
16. JanuarDZInnenstadt„Das Auf- und Abspringen von in voller Fahrt befindlichen Eisenbahn- oder elektrischen Straßenbahn­wagen ist bekanntlich straffällig. Daß aber das Bahnpersonal sich auch gegen diese Bestimmung vergeht und hierdurch ein schlechtes Beispiel abgibt, konnte man am Samstag nachmittag beobachten, wo ein Kondukteur der elektrischen Straßenbahn von dem in voller Fahrt dahinjagenden Wagen am Kreuzungspunkt der Rhein- und der Grafenstraße absprang und mit voller Wucht auf das Straßenpflaster aufschlug. Glücklicherweise scheint der Fall für ihn keine schlimmen Folgen gehabt zu haben.“
28. JanuarDZBessungen„Gestern mittag kurz nach 12 Uhr ist ein 7 jähriges Mädchen in der Bessungerstraße von einem im Fahren begriffenen Motorwagen der elektrischen Straßenbahn gesprungen und kam unter den Wagen. Der Wagenführer konnte den Wagen gleich zum Stehen bringen, so daß dem Kind kein Schaden zugestoßen ist.“
[Fortsetzung folgt]

1912

Sommerfahrplan der Dampfstraßenbahn 1912.

Abbildung 15: Sommerfahrplan der Dampfstraüenbahn 1912.

Tabelle 17: Einzelne Ereignisse 1912.
DatumQuelleOrtInhalt
13. Mai 1912HRHEAG„Bekanntmachung, den Übergang der Konzessionen für die Nebenbahnen Darmstadt – Eberstadt, Darmstadt – Griesheim (Artillerie-Schießplatz) und Darmstadt – Arheilgen, sowie der Konzessionen für die städtischen elektrischen Straßenbahnen zu Darmstadt auf die Hessische Eisenbahn-Aktien­gesellschaft zu Darmstadt betreffend“. Die Konzessionen wurden mit Wirkung zum 10. Mai 1912 übertragen, vgl. den Text auf den Seiten 383–394.
3. JuliHRDarmstadt / Offenbach„Bekanntmachung, Vermessungen und Vorarbeiten für eine elektrische Straßenbahn von Darmstadt über Arheilgen, Egelsbach, Langen, Sprendlingen, Isenburg nach Offenbach betreffend“. Hier arbeiten HEAG und die Aktien­gesellschaft für Bahn-Bau und -Betrieb in Frankfurt/M. zusammen. Die Genehmigung zu den Explorations­arbeiten wurde aufgrund Weltkrieg, französischer Besatzung und wirtschaftlicher Probleme immer wieder verlängert, zuletzt bis zum 31. Dezember 1926; hier zu finden in der Beilage auf Seite 201.
1. OktoberFahrplanGesamtnetzWinterfahrplan der elektrischen und der Dampf­straßenbahn mit den vier elektrischen Linien vom Böllenfalltor zum Hauptbahnhof, von der Landskron­straße zum Hauptbahnhof, von der Heidelberger Straße zur Fasanerie und vom Ernst-Ludwigs-Platz zum Schloßgartenplatz.
14. DezemberHRNetz­erweiterung„Bekanntmachung, Konzession zum Umbau, zur Ergänzung und Erweiterung der Darmstädter Straßenbahn betreffend“. Text der Konzessions­urkunde dort auf den Seiten 519–522 bzw. auf meiner Seite zur Konzession von 1912.

1913

Tabelle 18: Einzelne Ereignisse 1913.
DatumQuelleOrtInhalt
31. Januar 1913DZGriesheim„In der […] Gemeinderatssitzung wurde der Vertragsentwurf über die Umwandlung des Dampfbahn­betriebs in elektrischen durch Direktor Möller, als Vertreter der Hess. Eisenbahn-A.-G., eingehend begründet. Im allgemeinen ist die Stimmung für die Elektrifizierung der Bahn günstig, da den Anwohnern Griesheims eine ganze Reihe von Vorteilen gewährt werden wird. Direktor Möller hob besonders hervor, daß nach Errichtrung von Doppelgleisen auf eigenem Bahnkörper, von der Breiten Allee [heute: Rheinstraße] bis nach Griesheim, die Fahrzeit von 24 Minuten auf etwa 16–17 Minuten verkürzt werden könnte, da die Aufsichts­behörde in Aussicht gestellt hätte, eine erhöhte Geschwindigkeit zuzulassen. Durch die dichtere und häufigere Wagenfolge als bisher würde nach Ausbau der Doppelgleise zur gewissen Zeit ein 30 Minuten-Verkehr, und nach Bedarf ein Wagenabstand von 15 Minuten eingerichtet.

Außer den von Direktor Möller ausführlich erörterten Vorteilen, den der elektrische Betrieb gegenüber dem jetzigen Dampfbetrieb aufweisen wird, hätten die Gemeinden und die Grundstücks­besitzer noch den Vorteil, daß die Bodenwerte durch den Zuzug neuer Anwohner steigen, bessergestellte Leute wieder nach den Vororten ziehen und hierdurch für die Gemeinde eine Erhöhung der Steuerkraft erbringen. Zum Schluß machte Direktor Möller noch darauf aufmerksam, daß bei derartigen Verbesserungen die Vororte die moralische Verpflichtung hätten, das große Unternehmen zu unterstützen, zumal die Stadt Darmstadt die erheblich höheren Lasten übernommen hätte. Sollten jedoch die Vororte sich gegen das Projekt ablehnend verhalten, so müßte eben der alte Zustand bestehen bleiben, da man der einen Seite nicht alles zumuten könne.

Auch Gemeinderat Maus hob die Vorteile, die durch die Einführung der elektrischen Bahn den Einwohnern gebracht würden, hervor, und war der Ansicht, daß man nach Berücksichtigung einiger Wünsche auf den Vorschlag der Kreisämter eingehen sollte. Er warnte vor einer vollkommen ablehnenden Haltung und hob hervor, daß die Stadt Darmstadt bzw. die Heag, wenn sich die Vororte ablehnend verhalten sollten, auch imstande sei, die Bahn zu elektrifizieren, jedoch dann wohl aus berechtigten Gründen auch den Tarif erhöhen würde, wodurch dem einzelnen Einwohner bzw. dem Fahrgast eine erhebliche Mehrausgabe im Jahr erwachsen würde. Gemeinderat Bassenauer sprach sich im allgemeinen für die Einführung des elektrischen Betriebes aua, war jedoch der Ansicht, daß man ihn auch erhalten könne, ohne daß die Gemeinde Griesheim Zinsgarantie übernehme. In der nächsten Gemeinderats­sitzung soll über die ganze Angelegenheit nochmals beraten werden.“
2. MaiDZStadt­verordneten­versammlung„Mit der Einführung des Sommerfahrplans soll der Verkehr auf den neuen, jetzt ausgebauten Linien der elektrischen Straßenbahn innerhalb des Stadtgebietes gleichzeitig eröffnet werden. Für diese neuen Strecken kommt insbesondere in Betracht der Verkehr: 1. in der Heidelberger Straße von der Landskronstraße ab, 2. in der Elisabethenstraße, unter Aufgabe des Verkehrs in der Saalbaustraße, 3. auf der Ostbahnhoflinie bis zur Beckstraße. Durch die Vermehrung der Linien hat sich die Notwendigkeit ergeben, ihre Bezeichnung kurz zu fassen, was nach dem bewährten Vorbild in anderen Städten außer durch die angebrachten Schilder durch Nummern erfolgt. Die Nummerbezeichnung und die Linienführung der ersten 6 Linien ist wie folgt geregelt: Linie Nr. 1 Hauptbahnhof – Schloß – Herdweg, Linie Nr. 2 Hauptbahnhof – Schloß – Böllenfalltor, Linie Nr. 3 Hauptbahnhof – Schloß – Landskronstraße, Linie Nr. 4 Schloß – Elisabethenstraße – Hauptbahnhof, Linie Nr. 7 Heidelberger Straße – Schloß – Taunusstraße, Linie Nr. 9 Beckstraße – Schloß – Schloßgartenplatz. Die noch fehlenden Nummern 5, 6 und 8 sind für die noch später hinzukommenden Linien vorbehalten. Die Fahrzeiten, insbesondere die Abfahrt, haben sich gegenüber dem vorjährigen Sommerfahrplan im wesentlichen nicht geändert. Es ist 7½-Minutenverkehr für alle Linien vorgesehen; etwa um 6 Uhr früh beginnr der ¼sründliche Verkehr und um ¾7 Uhr der 7½-Minutenverkehr auf allen Strecken, der bis ¼ und ¾9 Uhr abends durchgeführt wird; dann setzt der ¼stündliche Verkehr wieder ein. Die letzten Wagen vom Hauptbahnhof gehen wie früher, 12.35 Uhr ab. Nach einigen Anfragen wird der Sommerfahrplan genehmigt.“
29. AugustHEAGGeschäftsberichtDer für die 2. ordentliche General­versammlung am 29. September 1913 verfaßte Geschäftsbericht für den Zeitraum vom 1. April 1912 bis zum 31. März 1913 enthält folgende Angaben zur Infrastruktur und zum Betrieb der Dampf- wie der elektrischen Straßenbahn:

Für den Betrieb der Dampfstraßenbahn sind drei Beamte und 66 Arbeiter, für den der elektrischen Straßenbahn sechs Beamte und 123 Arbeiter zum Stichtag 31. März 1913 beschäftigt. Die Bauabteilung der Straßenbahn besteht aus sechs Beamten. Der Wagenpark umfaßt bei der Dampfstraßenbahn acht Lokomotiven, 40 Personenwagen, zwei Güterwagen und einen Bahnmeister­wagen. Bei der elektrischen Straßenbahn sind es 34 Motorwagen, sechs Anhänger­wagen und zwei Salzwagen.

Neu gebaut wurde die Strecke vom Schloß zur Beckstraße mit einfachem Gleis und sechs Weichen auf 2.040 Meter Länge und ein Verbindungsstück auf der Elisabethenstraße zwischen Neckarstraße und Saalbaustraße mit einfachem Gleis, drei Weichen und einer Kreuzung auf 310 Metern Länge. Hinzu kam auf der Eberstädter Strecke von der Rheinstraße bis zur Landskronstraße ein einfaches Gleis mit 19 Weichen und vier Kreuzungen auf 4.320 Meter Länge. An der oberen Rheinstraße vor dem Schloß wurden die Weichen umgebaut mit fünf Weichen und zwei Kreuzungen. An der Landgraf-Philipps-Anlage wurde ein Gleiswechsel mit zwei Weichen errichtet. „Wegen Elektrifizierung der Dampfbahnen und deren weiteren Ausbau nach der Bergstraße wurde mit den Nachbargemeinden verhandelt und diesbezüglicher Vertrag mit der Gemeinde Eberstadt zum Abschluß gebracht.“
Winterfahrplan der Dampfstraßenbahn 1913/14.

Abbildung 16: Winterfahrplan der Dampfstrßenbahn 1913/14.

Tabelle 19: Einzelne Ereignisse Oktober bis Dezember 1913.
DatumQuelleOrtInhalt
1. Oktober 1913DZWinter­fahrplan„Der neue Winterfahrplan der [elektrischen, WK] Straßenbahn, der am 1. Oktober in Kraft tritt, liegt uns vor. Aus ihm geht hervor, daß auf allen Linien innerhalb der Stadt ab Schloß morgens ¾8 bis abends um ¾9 Uhr der 7 ½-Minuten-Betrieb anhält. Als erhebliche Verkehrs­verbesserung ist zu erwähnen, daß die bisher am Herdweg aufhörende Linie 1 bis zur Ohlystraße geführt wird. Interessant ist, daß durch diese Verlängerung, welche die Einnahme der Linie nicht erhöhen wird, jährlich etwa 20.150 Wagenkilometer mehr gefahren werden, was einer Betriebs­mehrausgabe von ca. 5.600 Mark entspricht.

Der Winterfahrplan enthält folgende Linien: 1. Haupt­bahnhof – Ohlystraße. 2. Haupt­bahnhof – Böllenfalltor. 3. Haupt­bahnhof – Landskron­straße. 4. Schloß – Elisabethen­straße – Haupt­bahnhof – Dornheimer Weg – Bismarckstraße, Ecke Wendelstadt­straße. 7. Fasanerie – Heidelberger Straße – Ecke Landskron­straße. 8. Taunusstraße – Heidelberger Straße – Ecke Landskron­straße. 9. Ostbahnhof – Schloß – Mathildenplatz – Schloßgartenplatz. Der Fahrplan der letztgenannten Linie und der Strecke Haupt­bahnhof – Dornheimer Weg tritt jedoch erst nach Fertig­stellung der Gleisarbeiten in Kraft und wird vorläufig die bisherige Linienführung über den alten Bahnhof beibehalten.

Besonderen Wert legt der neue Winterfahrplan auf die Abschlüsse der einzelnen Linien aneinander an den Umsteigeplätzen. Die von der Fasanerie ankommenden Wagen ermöglichen ein sofortiges Umsteigen in Linie 3 nach dem Haupt­bahnhof und Linie 9 zum Ostbahnhof und umgekehrt. Ebenso ist ein Umsteigen von Linie 7 und 8 in Linie 4 zum Haupt­bahnhof ermöglicht, wie auch die Wagen der Linie 4 vor dem Abfahren der Wagen der Linie 7 und 8 zur Fasanerie am Schloß ankommen. Ferner haben die Wagen der Linien 3 und 9 am Schloß direkten Anschluß zum gegenseitigen Umsteigen. An der Neckarstraße, Ecke Rheinstraße, haben die Wagen der Linie 4 vom Haupt­bahnhof direkt Anschluß an die Wagen der Linie 7 zur Heidelberger Straße und umgekehrt. Ecke Wendelstadt- und Bismarck­straße ist die sofortige Umsteige­möglichkeit von den vom Haupt­bahnhof kommenden Wagen der Linie 4 in die zum Schloß­gartenplatz fahrenden Wagen der Linie 9 vorhanden und umgekehrt.

Der letzte Wagen ab Hauptbahnhof 1 Uhr nachts hat Anschluß an den von Heidelberg eintreffenden Eilzug und den von Mainz kommenden Personenzug 12.59 Uhr an Haupt­bahnhof. Auch die Abfahrt der Straßenbahn­wagen vom Haupt­bahnhof im Anschluß an die vorletzten Züge von Groß-Gerau und Frankfurt sind um einige Minuten günstiger gelegt. Ein Sonderwagen vom Hoftheater nach dem Haupt­bahnhof nach Schluß der Vorstellungen ist ebenfalls vorgesehen.“
14. NovemberHRDarmstadt – Eberstadt„Bekanntmachung, Konzession zum Bau und Betrieb einer zweigleisigen elektrischen Bahn von Darmstadt nach Eberstadt betreffend“, mit Strecken­beschreibung und Konzessions­urkunde. Vgl. den Text auf den Seiten 306–307.
Szene rund um das Bismarckdenkmal.

Abbildung 17: Während im Mai 1914 noch mit dem Bau einer neuen Stichstrecke vom Hoftheater ins Martinsviertel begonnen wurde [siehe eigene Darstellung] und zur 4. Künstlerausstellung auf der Mathildenhöhe ab April oder Mai eine Stichbahn auf der Stiftstraße eröffnet worden war, bedeutete der Beginn des Ersten Weltkriegs das Ende des Straßenbahn­verkehrs durch die Elisabethen­straße. Es galt, Kupfer aus dem Fahrdraht zu gewinnen und überflüssige, weil Energie verschlingende Fahrten zu vermeiden. Da die Strecke vom Ernst-Ludwigs-Platz durch die Elisabethen­straße zum Saalbau ohnehin als ein Luxus des Bürgertums angesehen werden kann, verwundert die Einstellung gerade dieser Strecke nicht. Mitbetroffen war das erst 1912 angefügte Verbindungs­stück zwischen Saalbaustraße und Neckarstraße. Dieses Bild stammt jedoch noch aus besseren Zeiten und muß auf den Zeitraum zwischen 1903 und 1914 datiert werden. Von der Ernst-Ludwig-Straße biegt in wenigen Augenblicken Motorwagen Nummer 17 aus der ersten Bauserie von 1897 gegen 14.00 Uhr auf dem Weg zur Heidelberger Straße in die Elisabethen­straße ein. Der Herr mit Hut am rechten Bildrand sowie die Schulkinder auf der linken Bildseite gehören zu den üblichen Requisiten einer gestellten Aufnahme. Als der Versender dieser Ansichtskarte seine Zeilen am 23. Oktober 1914 auf die Rückseite schrieb, dokumentierte er hiermit eine schon verflossene Episode der Darmstädter Straßenbahn­geschichte. Quelle: Ansichtskarte von Leitermann & Jäger in Mainz.

1914

Tabelle 20: Einzelne Ereignisse 1914.
DatumQuelleOrtInhalt
28. Mai 1914HRNetz­erweiterung„Bekanntmachung, die Konzession zum Bau und Betrieb einer elektrischen Bahn betreffend“. Es handelt sich hierbei um die noch vor dem Ersten Weltkrieg begonnene, aber anschließend nicht fortgeführte Straßenbahn­linie vom Staatstheater über die Hochschul­straße, die Pankratius­straße und Wenckstraße zum Riegerplatz. Vgl. den Text der Konzessions­urkunde auf den Seiten 236–237.

»»  Siehe hierzu auch meine Darstellung Straßenbahngleise rund um das ehemalige Theater.
1. AugustHEAGGeschäftsberichtDer für die 3. ordentliche General­versammlung am 26. September 1914 verfaßte Geschäftsbericht für den Zeitraum vom 1. April 1913 bis zum 31. März 1914 enthält folgende Angaben zur Infrastruktur und zum Betrieb der Dampf- wie der elektrischen Straßenbahn:

Für den Betrieb der Dampfstraßenbahn sind zwei Beamte und 25 Arbeiter, sowie 26 Mann Fahrpersonal, für den der elektrischen Straßenbahn fünf Beamte und 30 Arbeiter, sowie 129 Mann Fahrpersonal zum Stichtag 31. März 1914 beschäftigt. Die Bauabteilung der Straßenbahn besteht aus drei Beamten. Der Wagenpark umfaßt bei der Dampfstraßenbahn acht Lokomotiven, 40 Personenwagen, zwei Güterwagen und einen Bahnmeister­wagen. Bei der elektrischen Straßenbahn sind es 49 Motorwagen, 16 Anhänger­wagen und zwei Salzwagen.

Eröffnet wurden am 1. Mai 1913 die Linie 9 vom Schloß zur Beckstraße, die elektrifizierte Strecke nach Eberstadt von der Rheinstraße bis zur Landskronstraße, sowie die Verbindungsstrecke von der Elisabethenstraße zum Hauptbahnhof. Am 1. Oktober 1913 folgte die Reststrecke der Linie 9 von der Beckstraße zum Ostbahnhof. Am 1. Dezember 1913 wurde die entbehrlich gewordene Strecke von der Rheinstraße vorbei an den Alten Bahnhöfen zur Bismarckstraße aufgehoben [wobei die Gleise noch länger liegen blieben, WK]; dafür wurde die direkte Verbindung vom Luisenplatz über den Mathildenplatz zur Wendelstadtstraße (heute: Wilhelm-Leuschner-Straße) errichtet. Der (elektrische) Ausbau der Vorortstrecke nach Eberstadt konnte am 1. April 1914 doppelgleisig auf eigenem Bahnkörper in Betrieb gehen. Für die Vorortstrecke nach Arheilgen wurden mit der dortigen Gemeinde die nötigen vertraglichen Grundlagen geschaffen [die Ausführung erfolgte kriegs- und besatzungsbedingt später, WK].

„Außerdem ist die Gleisstrecke vom Dornheimerweg bis zur Bismarckstraße und an dem Hauptbahnhof eine Ausweiche ausgeführt worden, um die Linie 4 vom Hauptbahnhof mit der Linie 9 Ecke Wendelstadtstraße, in Verbindung zu bringen.“

Gebaut wurden: von der Beckstraße zum Ostbahnhof 1.150 Meter Einfachgleis mit drei Weichen; vom Luisenplatz über Mathildenplatz nach der Bismarckstraße 1.490 Meter Einfachgleis mit 17 Weichen und sieben Kreuzungen; vom Dornheimer Weg zur Bismarckstraße 480 Meter Einfachgleis; die Ausweiche am Hauptbahnhof mit 170 Metern Einfachgleis und zwei Weichen; auf der Strecke von der Landskronstraße nach Eberstadt 5.470 Meter Einfachgleis mit fünf Weichen; der Betriebsbahnhof Eberstadt mit 120 Metern Einfachgleis und drei Weichen, sowie die Wagenhalle in Eberstadt mit 240 Metern Einfachgleis.
7. JuliDZStreckenausbau„Im Laufe des letzten Monats ist der zweigleisige Ausbau in der Dieburger Straße, zwischen Mühl- und Lichtenbergstraße einschließlich eines Zufahrt- und Abstellgleises in der Stiftstraße für die Wagen nach der Ausstellung auf der Mathildenhöhe fertiggestellt worden. Der zweigleisige Weiterbau von der Lichtenberg- zur Taunusstraße wird sofort in Angriff genommen, sobald die beiden Häuschen Ecke Dieburger- und Lichtenbergstraße, die sich im Eigentum der Stadt befinden, abgerissen sind.“
12. JuliDZBetriebs­störung„Eine große Verkehrsstockung entstand am Sonntag nachmittag wieder einmal auf der elektrischen Straßenbahnstrecke nach dem Hauptbahnhof. In der Nähe des Hauptbahnhofs war das Leitungsnetz herabgefallen und hatte den Verkehr behindert, der durch Umsteigen mit großer Verzögerung aufrechterhalten wurde. Die Störung dauerte von 12 bis ½2 Uhr.“
13. JuliDZStrecken­erweiterung„Die Arbeiten an der elektrischen Bahn durch Eberstadt sind bis zum Fuße des Frankensteins vorgerückt und soweit gediehen, daß eben die letzte Montage der Oberleitung in Angriff genommen ist. In einigen Tagen findet die staatliche Abnahme statt.“
17. JuliDZStrecken­erweiterung„Die Elektrische nach dem Frankenstein ist [heute] morgen dem Betriebe übergeben worden und hierdurch den Besuchern der Bergstraße und den Touristen, die vom Odenwald über den Frankenstein nach Darmstadt zurückkehren wollen, 1½ Kilometer Weglänge durch Eberstadt erspart. Die Ausflügler werden die neue Bahnverbindung mit Freuden begrüßen.“

1915

Tabelle 21: Einzelne Ereignisse 1915.
DatumQuelleOrtInhalt
22. September 1915HEAGGeneral­versammlungZur 4. ordentlichen Generalversammlung wird der Geschäftsbericht für das Betriebsjahr vom 1. April 1914 bis zum 31. März 1915 vorgelegt. Soweit es den Betrieb der Dampf- und der elektrischen Straßenbahn betrifft, sind die entsprechenden Passagen aus dem Geschäftsbericht auf einer eigenen Seite wiedergegeben.

 

Ausweiskarte.
Ausweiskarte.

Abbildung 18: Ausweiskarte des Darmstädter Monteurs Leonhard Müller, damit dieser mit den Dampfstraßen­bahnen der HEAG auch ins französisch besetzte Griesheim und Arheilgen einreisen und dort arbeiten konnte. Zur Verfügung gestellt von K. M. aus Darmstadt.

Das letzte Weltkriegsjahr war für die meisten Menschen ein Jahr der Entbehrungen. Lebensmittel waren auch rationiert nicht ausreichend vorhanden, wärmende Kohle fehlte genauso wie Schuhe oder andere Kleidung. Kein Wunder, daß zum Jahresende während der Revolutionswirren im gesamten Deutschen Reich gezielt Läden oder Warenlager geplündert wurden. Nun darf man und frau sich nicht beschweren, wenn der eigenen Regierung und den eigenen Militärs begeistert zugejubelt wird, wenn sie einen Angriffskrieg gegen ihre westlichen und östlichen Nachbarn beginnt. Insofern waren die Waffenstill­standsbedingungen zwar hart, aber angesichts der verwüsteten Erde, die deutsche Heere vor allem in Frankreich und Belgien hinterlassen hatten, noch geradezu kommod. Weniger begeistert waren die Deutschen, als französische Truppen vereinbarungs­gemäß das Gebiet westlich des Rheins besetzten und an vier strategischen Brückenköpfen auch weiter östlich zogen. Die Demarkationslinie zwischen Freund und Feind verlief zunächst rund einhundert Meter westlich des Darmstädter Hauptbahnhofs. Die Vororte Griesheim und Arheilgen wurden in der Folgezeit weitgehend von der nahe gelegenen Stadt abgeschottet. Nur mit besonderen Passierscheinen war es zunächst möglich, die Demarkationslinie zu überqueren.

1918

Tabelle 22: Ereignisse Januar bis Juni 1918.
DatumQuelleOrtInhalt
2. Januar 1918DZGesamtes Streckennetz„Die elektrische Straßenbahn hat infolge der durch den Kohlemangel verminderten Stromerzeugung den Betrieb der Stadtlinien von 8 Uhr abends ab eingestellt, mit Ausnahme der Strecke Hauptbahnhof – Schloß, die viertel­stündlich verkehrt. Die Linien 1 und 2 zwischen Herdweg und Böllenfalltor, sowie Linie 7 zwischen Taunusstraße und Fasanerie fallen außerdem in der Zeit von 9–12 und 2–5 aus. Auch auf den Vorortbahnen stehen Einschränkungen bevor.“
10. JanuarDZ und DZStadt­verordneten­versammlungDie Tagesordnung sieht die Aufhebung von Haltestellen der elektrischen Straßenbahn vor, von der Sitzung selbst wird jedoch nur von Mitteilungen des Oberbürger­meisters Glässing berichtet: „Hierauf entstand eine lebhafte Aussprache über die starken Betriebs­störungen der Elektrischen Straßenbahn, der Vorortbahnen, über die ungünstige Kohlen­versorgung u. a. Die Verwaltung wird durch geeignete Maßnahmen eine Milderung herbeizu­führen versuchen.“
24. JanuarDZ und DZFliegeralarmAm Abend „vor halb 10 Uhr wurde Fliegeralarm geschossen. Es herrschte heller Mondschein. Erst 10 Minuten vor 11 Uhr fuhr die elektrische Bahn wieder, woraus zu erkennen war, daß die Gefahr vorüber war. Gleich darauf wurde auch geläutet.“

Zwei Tage später erklärt uns die „Darmstädter Zeitung“ das Prozedere bei Fliegeralarmen, die im Gegensatz zum Zweiten Weltkrieg in der Regel recht glimpflich ausgingen:

„Es wird wiederholt darauf hingewiesen, daß die Warnung der Bevölkerung im Falle eines Fliegeralarms durch Abschuß von je einer Signalbombe auf 7 Plätzen innerhalb der Stadt erfolgt. Das Zeichen ‚Fliegeralarm aufgehoben‘ wird durch 3 Minuten langes Läuten je einer Glocke der Kirchen der Stadt gegeben. Außerdem wird die Aufhebung des Fliegeralarms daran erkennbar sein, daß die Straßenbahn ihren Betrieb, der bei einem Fliegeralarm sofort eingestellt wird, wieder aufnimmt. In der Zeit des Stilliegens des Verkehrs von 9 Uhr 30 Min. abends bis 5 Uhr morgens findet eine Alarmierung zufolge militärischer Anordnung nicht statt. Wenn ein in den Abendstunden erfolgter Fliegeralarm erst nach 9 Uhr 30 Min. aufgehoben werden sollte, wird dies aber selbst­verständlich noch durch Glockenläuten bekannt gegeben werden.“
7. FebruarDZStadt­verordneten­versammlung„Schließlich wurden noch Beschwerden über Kontroll­maßnahmen der ‚Heag‘ eingebracht, andererseits aber darauf hingewiesen, daß vielfach das kostenlose Fahren geschäftsmäßig betrieben wurde.“ – Ist daraus zu schließen, daß Schwarzfahren ein kriegsbedingter Normalzustand war?
11. MärzDZBergstraßeMeldung aus Auerbach: „Angeregt durch die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges und durch die Aussicht auf Wiedereintritt normaler Verhältnisse in unserem ganzen Wirtschafts­leben ist bei den Bewohnern der Bergstraße der Wunsch lebendig geworden, daß der alte Plan einer elektrischen Straßenbahn an der Bergstraße, der infolge der Krieges mehrere Jahre in den Hintergrund getreten ist, möglichst bald nach Friedensschluß seine Verwirklichung finden möge. Dieser Plan, durch dessen Ausführung alle Orte an der Bergstraße, von Weinheim bis Seeheim, eine bequeme Verbindung mit Darmstadt einerseits und mit Heidelberg und Mannheim andererseits erhalten würden, wodurch diese Orte und die ganze Bergstraße eine bedeutende Verkehrs­verbesserung und einen unzweifelhaft riesigen Aufschwung erleben würden, war auf der lettzten Sitzung des Engeren Ausschusses des Verkehrsausschusses der Bergstraße, in der Vertreter von fast allen wichtigeren Gemeinden der Bergstraße anwesend waren, Gegenstand eingehender Erörterung.

Nach lebhafter Aussprache wurde einstimmig und mit großerm Beifall der Beschluß gefaßt, daß die Ausführung des Projektes als dringend notwendig anzusehen sei und daß die Gemeinden der Bergstraße, die ein einheitliches geographisches und wirtschaftliches Ganzes darstelle, unverzüglich Schritte unternehmen möchten, um den Plan seiner Verwirklichung näher zu bringen. Man vertrat den Standpunkt, daß es jedenfalls das einzig Richtige sei, die geplante Ausführung des Bahnbaues und auch die Ausführung des Bahnbetriebes durch die beteiligten Gemeinden selbst ins Auge zu fassen, in welchem Falle die Gemeinden es auch in der Hand hätten, den Fahrplan usw. nach den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Bewohner zu gestalten.“
14. MärzDZStadt­verordneten­versammlungEs „wurde eine Vorlage, betr. die Tarif- und Abonnements­erhöhung der ‚Heag‘ nach längerer lebhafter Aussprache, in der ernste gegnerische Bedenken laut wurden, an eine gemeinsame Kommission, bestehend aus dem Hauptausschuß, der sozialpolitischen und der Verkehrskommission, überwiesen. Stadtv. Henrich gab Kenntnis von einer anderweitigen Relegung der Teuerungszulagen der Aushilfskräfte.“
21. MärzDZStadt­verordneten­versammlungEs „wurde der neue erhöhte Tarif der ‚Heag‘ beraten. Der Oberbürger­meister leitete die Verhandlungen. Eine lebhafte Aussprache schloß sich an, in der Beschwerden über die Durchführung der sozialen Maßnahmen der Heag geltend gemacht, aber widerlegt wurden. Verschiedene Anträge, u. a. auf bisherige Belassung des Tarifs für die Fahrt von und nach Griesheim im Interesse des Gemüsemarktes und für die Schülerfahrten, wurden abgelehnt und der ganze Tarif gegen 1 Stimme angenommen.“
27. MärzDZ und DZHEAG Personentarif„Der neue Tarif der Hessischen Eisenbahn-A.G., der in der Stadtverordneten­versammlung vom 21. März ds. Js. und nunmehr durch das Großh. Ministerium der Finanzen, genehmigt worden ist, ist im Anzeigeteil abgedruckt. Infolge Einführung des vom Reichstag im Vorjahre verabschiedeten Verkehrs- und Kohlensteuer­gesetzes und infolge der durch den Krieg hervorgerufenen allgemeinen Teuerungs­verhältnisse und der außerordentlichen Mehrausgaben sind die Straßenbahnen gezwungen, eine Tariferhöhung vorzunehmen. Wie bei anderen, besonders bei benachbarten Straßenbahnen, wird auch in Darmstadt der Mindest­fahrpreis von 15 Pf. erhoben.

U. a. kosten nunmehr die Fahrten vom Hauptbahnhof nach Frankfurter­straße, oder Taunusstraße, oder Ostbahnhof, oder Ohlystraße, oder Niederstraße, oder Landskronstraße, oder vom Schloß nach Fasanerie, oder Böllenfalltor, oder Sandbergstraße 15 Pf. Allgemeine Zeitkarten werden ausgegeben: Innenverkehrs­karten zu 15 Mk., begrenzt durch die Tarifpunkte: Hauptbahnhof, Frankfurter Straße, Taunusstraße, Ostbahnhof, Ohlystraße, Niederstraße, Art.-Kaserne; für den ganzen Stadtbezirk zu 18 Mk. Für zusammen­stellbare Zeitkarten beträgt der Mindest­fahrpreis 8,50 Mk. für einen Kalendermonat; für jede weitere Teilstrecke 2,50 Mk. mehr. Die Preise für zusammen­stellbare Monatskarten, Schüler- und Arbeiter­fahrkarten für Fahrten auf der Dampfbahn und der elektrischen Vorortbahn sind aus dem Tarif Abt. II zu entnehmen. Der neue Tarif tritt mit dem 30. März ds. Js. in Kraft.“

Der neue Personentarif ist in der Beilage am selben Tag auf drei Seiten abgedruckt: Seite 342, Seite 343 und Seite 344.
13. AprilDZLuisenplatz„Am Samstag abend wollte ein 14jähriger Junge von der aus Griesheim ankommenden Dampfstraßenbahn am Luisenplatz abspringen, sprang jedoch gegen einen dort haltenden Wagen und kam so unglücklich zu Fall, daß ihm der rechte Arm abgefahren wurde und er am Kopf und am Bein erhebliche Verletzungen erlitt. Er wurde von der Rettungswache ins Städtische Krankenhaus gebracht.“
2. MaiDZ und DZStadt­verordneten­versammlung„Eine scharfe Kritik fand von Seiten der Stadtverordneten gegen das eigenmächtige Vorgehen des Direktors der Heag, der ohne Genehmigung der Deputation oder der Stadtverordneten die Tarifzonen der Straßenbahnen selbständig verkürzt und dadurch die Fahrten bedeutend verteuert hat. Der Ober­bürgermeister teilt mit, daß er deshalb angefragt, aber noch keine Auskunft erhalten habe.“
6. JuniDZStadt­verordneten­versammlung„Eine lebhafte Aussprache entsteht über die Tariferhöhung der Heag. Es wurde scharfe Kritik geübt an der Tätigkeit des Direktors Möller, der die Versammlung düpiert habe, und es wird ein Antrag angenommen, nach dem die anormalen Unstimmig­keiten auf den Außenstrecken beseitigt werden und die gleiche Behandlung wie auf den Innenstrecken eintreten soll.“
JuniDZPostgleis„Nach dem Vorbild anderer Städte wird demnächst auch bei uns die Paket- und Briefpost nach dem Haupt­bahnhof nicht mehr mittels der großen gelben Paketwagen, sondern mit Postwagen der elektrischen Straßenbahn befördert werden. Zu diesem Zweck wird augenblicklich von dem Hof des Hauptpost­gebäudes ein Strang durch die Grafenstraße nach dem Hauptgleise der Rheinstraße gelegt.“
11. JuniDZUnfall„Am […] vormittag wurde am Hauptbahnhof ein Taglöhner aus Zell von einem Wagen der elektrischen Straßenbahn umgefahren, wobei er Verletzungen am Kopfe erhielt. Der Mann ist durch die Rettungswache in das Städtische Krankenhaus verbracht worden.“
27. JuniDZStadt­verordneten­versammlung„Zum Schluß wurde noch eine Abänderung zu dem Tarif der Heag in kurzer Aussprache genehmigt.“
Zeitungsartikel.
Zeitungsartikel.

Abbildung 19: Annoncen der HEAG zur Tarifänderung ab dem 1. Juli 1918, in der Kurzfassung am 1. Juli 1918 und in der Langfassung am 10. Juli 1918.

Tabelle 23: Ereignisse Juli bis September 1918.
DatumQuelleOrtInhalt
2. Juli 1918DZUnfall„Am [… M]ittag ist in der Kirchstraße ein Krümperfuhrwerk mit einem Motorwagen der elektrischen Straßenbahn zusammengestoßen. Der Kutscher wurde vom Bock geschleudert und mußte mittels Kranken­automobils nach dem Garnison­lazarett verbracht werden. Das Fuhrwerk ist leicht beschädigt worden.“
16. JuliDZUnfall„Eine 12jährige Schülerin aus Eberstadt geriet [am M]ittag an der Ecke Rhein- und Heidelberger­straße beim Abspringen von der Vorortbahn Darmstadt – Eberstadt so unglücklich unter den Wagen, daß ihr der rechte Fuß abgefahren wurde. Zufällig anwesende Mitglieder der Freiw. Sanitäts-Kolonne legten der Verletzten einen Notverband an, worauf sie in das Städtische Krankenhaus gebracht wurde.“
18.? JuliDZDiebstahlNach vier ermüdenden Krtiegsjahren fehlt es an Vielem. Die Zeitung vermeldet täglich Diebstähle, Betrügereien, Einbrüche und Schiebereien. „Einer Frau wurde auf der elektrischen Straßenbahn während der Fahrt vom Marktplatz nach der Dieburger Straße aus ihrer Handtasche das Portemonnaie mit 45 Mark Inhalt gestohlen.“
19.? JuliDZBetrieb„Straßenbahnhaltestelle an der Kunsthalle. Auf Anregung des Kunstvereins wurde die durch die Heag seinerzeit beseitigte Haltestelle vor der Kunsthalle nach Anrufen der zuständigen Kriegsamtsstelle wieder hergestellt.“
8. AugustDZBetrieb„Am [… M]orgen zog sich ein Soldat beim Abspringen von der fahrenden Elektrischen am alten Bahnhof schwere Verletzungen zu. Er wurde von der Rettungswache in ein Reserve­lazarett verbracht.“
6. SeptemberHRPost­beförderung„Bekanntmachung, Güterbeförderung auf der elektrischen Straßenbahn in Darmstadt betreffend“. Das sich 1917 noch nicht abzeichnende Ende des Ersten Weltkriegs ließ das Heer alle verfügbaren Pferde mobilisieren. Deshalb sollte in Darmstadt die Paket­beförderung zwischen verschiedenen Postämtern von Pferde­fuhrwerken auf Straßenbahn­betrieb umgestellt werden. Vgl. den Text der Konzessions­urkunde auf den Seiten 192–193.

»»  Siehe hierzu auch meine Darstellung Das Postgleis in der Grafenstraße.
11. SeptemberDZBessungen„[Am V]ormittag kam der Weißbindermeister Joh. Schott von Eberstadt an der Haltestelle Artillerie­kaserne [heute: Prinz-Emil-Garten] in Darmstadt beim Aussteigen aus der elektrischen Straßenbahn unter einen von der anderen Seite kommenden Wagen und erlitt schwere Verletzungen; er wurde in das Darmstädter Krankenhaus gebracht, wo er abends seinen Verletzungen erlegen ist.“
12. SeptemberDZInnenstadt – BessungenJe länger der Krieg andauerte, desto größer die Not. Einbruch und Diebstahl waren derart an der Tagesordnung, daß damit die wenigen Seiten der Tageszeitung gefüllt werden konnten. Die Moral an der „Heimatfront“ muß – allen Durchhalte­parolen zum Trotz – ziemlich am Boden gelegen haben. Die Nazis sollten für ihren Krieg daraus den Schluß ziehen, daß es angeraten sei, die Bevölkerung am Beutezug teilhaben zu lassen. – „Einer Straßenbahn­schaffnerin der Linie 3 wurde gestern in einem unbewachten Augenblick ihre Handtasche mit ihrem Frühstück und Fahrscheinen im Werte von 160 Mark gestohlen. Bargeld befand sich jedoch keines in der Tasche.“
30. SeptemberDZSEG25. ordentliche Generalversammlung in Darmstadt.
30. SeptemberDZHEAG„Die Hessische Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft (Heag) hielt […] ihre 7. ordentliche General­versammlung im Stadthause ab. Zunächst wurde der Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1917/18 gutgeheißen. Es folgte der Prüfungsbericht des Aufsichtsrats, der ebenfalls Genehmigung fand. Die Vermögens­nachweisung, die mit 16.355.433,36 Mk. abschließt, wurde ebenso wie die Gewinn- und Verlust­rechnung für 1917/18 genehmigt, worauf dem Aufsichtsrat und Vorstand Entlastung erteilt wurde. Hieran schlossen sich die Wahlen. Man wählte für den ausgeschiedenen Beig[eordnaten] Ekert den Beig[eordneten] Henrich in den Aufsichtsrat. Zu Rechnungsrevisoren wurden Beig. Henrich und Dr. Bucerius-Essen gewählt und hierauf die Versammlung geschlossen.“
Heag-Bilanz zum 31. März 1918.

Abbildung 20: Bilanz der Hessischen Eisenbahn AG (HEAG) zum 31. März 1918, abgedruckt in der Darmstädter Zeitung am 4. Oktober 1918 [online]. Trotz oder auch infolge der Kriegs­wirtschaft konnte der Betrieb noch eine Dividende von 5% ausschütten.

Tabelle 24: Ereignisse Oktober bis Dezember 1918.
DatumQuelleOrtInhalt
Oktober 1918DZHEAG„Wohnungsfürsorge. In der letzten Aufsichtsratssitzung der Hessischen Eisenbahn-Aktien­gesellschaft wurde, wie wir erfahren, auf Antrag von Provinzialdurektor Fey ein namhafter Betrag für Erwerb von Gelände zum Zwecke der Erbauung von Wohnungen für Bedienstete und Arbeiter der ‚Heag‘ zur Verfügung gestellt. Eine Kommission, bestehend aus dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Oberbürger­meister Dr. Glässing, ferner Provinzial­direktor Fey, Stadt­verordneten Aßmuth sowie Direktor Müller, soll das Erforderliche in die Wege leiten.“
10. OktoberDZSEGAnzeige über Wechsel im Aufsichtsrat. Der Geheime Regierungsrat Holle sowie Landrat Dr. Brandt (Essen) wurden ersetzt durch Essens Oberbürger­meister Dr. Luther und Landrat Dr. Schöne (Essen). Vergleiche auch Meldung vom 1. Oktober 1918 über die General­versammlung tags zuvor.
13./14. DezemberDZFranzösische Besatzung„Ueberall dort, wo die geindliche Besetzung eintrifft, hört der Telephonverkehr auf. Die Post wird noch befördert. Seit Samstag [13.] abend 6 Uhr ist auch der Bahnverkehr von Darmstadt nach Goddelau unterbrochen. Die Nebenbahn Griesheim – Darmstadt hat gestern [14.] früh den Betrieb eingestellt. Der Markt in Darmstadt war schon am Samstag von Griesheim aus schlecht befahren.“
24. DezemberDZFranzösische Besatzung„Besetzung von Langen, Egelsbach und Arheilgen. Seit Sonntag [22.] mittag ist der Post-, Telephon- und Telegraphen­verkehr von Darmstadt nach Langen, Egelsbach und Arheilgen eingestellt, da die Franzosen diese Orte besetzt haben. Der heute ruhende Straßenbahn­verkehr nach Arheilgen zu wird, voraussichtlich von Freitag [27.] ab, nur noch vom Luisenplatz bis zur Chem. Fabrik von Merck aufrecht erhalten.“
27. DezemberDZFranzösische Besatzung„Der Lokal-Bahnverkehr Darmstadt – Arheilgen, der nach einer Bekanntmachung des Hess. Eisenbahn-Aktiengesellschaft auf Veranlassung des französischen Besatzungs­kommandos eingestellt war, ist seit heute wieder aufgenommen worden.“
31. DezemberDZFranzösische Besatzung„Die Bahnstrecke Darmstadt – Arheilgen der Heag läuft nun wieder ganz nach Arheilgen, doch müssen die Reisenden, meist Arbeiter und Arbeiterinnen, mit entsprechenden Fahrtausweisen versehen sein, die durch die Franzosen an der Grenze geprüft werden.“

Hier endet die weitgehend auf Zeitungsmeldungen beruhende Zusammenfassung der Frühzeit der Darmstädter Straßenbahn.